Hexenglauben, M ensch und Gemeinschaft in Finnland.
Spätmittelalter und frühe Neuzeit
MARKO NENONEN
DIE SCHAMANISTISCHEN TRADITIONEN
Die finnische Volksdichtung läßt erkennen, daß das Wort ’noita‘ (Hexe) des
Finnischen ursprünglich einen in Trance (finn. ‚lovi‘) gefallenen Schamanen
bezeichnete. Das Wort ‚lovi‘ des Finnischen bezeichnet zugleich auch eine
Kerbe, einen Einschnitt oder eine Öffnung und weist laut der volkstümlichen
Überlieferung auf die Öffnung zwischen Himmel und Totenreich hin1. Durch
diese Öffnung hatte Väinä.möinen, der Held des von Elias Lönnrot im 19. Jahrhundert
zusammengestellten Kalevala und der übrigen Volksdichtung zu gehen,
als er von Vipunen Ratschläge für die Herstellung eines Bootes erbat. Der Schamane
begann seine Trance, d. h. seine Reise durch die Öffnung ins Totenreich,
mit inspirierenden Worten und Gesten, die ihn in die passende Stimmung versetzten
und aus dem Totenreich den Schutzgeist der Ahnen herbeiriefen, der ihn
auf der Reise begleitete. Töne der Schamanentrommel und Gesänge verstärkten
die Wirkung. Wenn der Zustand der Trance erreicht und der Schamane in Bewegungslosigkeit
gefallen war, glaubte man, daß sich seine Seele im Totenreich
befinde. Der in Trance fallende Schamane hatte als Gehilfen eine zweiten Schamanen,
dessen Aufgabe es war, ihm durch Gesänge und Beschwörungen wieder
zurück zu helfen. Die Reise wurde als gefährlich angesehen – der Schamane
konnte für immer im Totenreich bleiben. Nach dem Aufwachen aus dem Trancezustand
erzählte er die erhaltene Botschaft2• Manala oder Pohjola war das
Reich der Seelen, wo sich alle Weisheit der Verstorbenen fand.
Manala wurde von einer weiblichen Gottheit namens Louhi beherrscht.
Gemäß dem Kalevala von Lönnrot wurden die Beziehungen zu Pohjola wegen
des Sampo-Raubes abgebrochen. In der anschließenden Verfolgungsjagd
verfluchten und verwünschten sich die Streitenden gegenseitig. Der Gott von
Päivölä Väinä.möinen konnte die stärkeren Verwünschungen hervorbringen und
die Herrseherin über Pohjola Louhi verlor den Streit. Mit seinen Verwünschungen
gelang es Väinä.möinen, die Flüche dorthin zurückzudrängen, von wo sie
1 Haavio 1967, 313, ebenso 283 ff.; Kemppinen 1960, 96-97 und passim.
2 Beschreibung nach Haavio 1967, 283 ff. Zu weiteren Darstellungen siehe z. B. Siilcala 1978,
97 und passim.
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gekommen waren, d. h. nach Pohjola. Der Sampo zerbrach in viele Stücke, die
über Land und Wasser zerstreut wurden und dem Volk von Päivölä zu Wohlstand
verhalfen. Gemäß der Konstruktion von Lönnrot schuf Louhi zur Vergeltung
jene Leiden und Beschwernisse, von denen das Volk von Väinämöinen
ab und zu heimgesucht wird.
Lönnrot hat für seinen Kalevala eine beeindruckende Abfolge der Geschehnisse
konstruiert, die nur zum Teil mit der ursprünglichen Volksdichtung
übereinstimmt. Die mythologische Forschung hat jedoch u. a. folgende Aspekte
bestätigt: Beim Raub des Sampo verhexten sich die Herrseherin von Pohjola
Louhi und Väinämöinen gegenseitig. Väinämöinen verfügte über die stärkeren
Beschwörungsformeln3• Gemäß der Volksdichtung wurden alle Krankheiten
und Beschwernisse im Pohjola, d. h. Manala, von der Herrseherin über Pohjola
geschaffen und der Schamane oder Heiler treibt sie mit seinen Beschwörungsformeln
wieder zurück ins Pohjola4 • ‚Kade‘ steht in der Volksdichtung oft als
Synonym für eine Hexe oder einen Unheil verbreitenden Mitmenschen (seinen
Dämon). Auch im Kalevala bezeichnete Väinämöinen die Herrseherin über
Pohjola als ‚kade‘, als Unheil verbreitenden Mitmenschen5 •
DIE SCHAMANEN VOR GERICHT
Die Angeklagten waren in den finnischen Hexenprozessen bis in die 1660er Jahre
in den meisten Fällen Männer. Dies regte bereits Rafael Hertzberg, der sich als
erster mit den finnischen Hexenprozessen beschäftigte, zu der Vermutung an,
daß die schamanistischen Traditionen noch in den Hexenprozessen der frühen
Neuzeit wirksam waren. Die gleiche Vermutung ist auch später mehrmals aufgegriffen
worden 6 •
Lappland war zu Beginn der Neuzeit für seine Hexen bekannt. Der schottische
König Jakob VI. – der sich später als König von England Jakob I. nannte –
beschäftigte sich mit der Hexerei und erwähnte in seiner Daemonologia (1597)
Lappland als ein Gebiet, wo das Hexenwesen besonders starke Wurzeln geschlagen
hatte7 • Die lutherischen Pfarrer bekämpften den Glauben und das
Hexenwesen der Lappen, zerstörten Kultorte und Hexentrommeln, so daß sich
in Finnland keine einzige dieser bekannten Trommeln erhalten hat. Pentti
Virrankoski ist in seiner Untersuchung der Geschichte Lapplands und NordOstbottniens
zum Schluß gekommen, daß sich die Schamanistische Hexenkultur
3 Haavio 1967, 181; Kemppinen 1960, 187.
4 Haavio 1967, 391 ff.; Kemppinen 1960, 277-280.
5 Haavio 1967, 283, 335; Kalevala 43:335-340.
6 Hertzberg 1889, 81; Burke 1987, 376.
7 Hertzberg 1889, 150.
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bei den Lappen noch bis ins 17. Jahrhundert erhalten habe. Die Lappenhexen
fielen in Trance, d. h. sie reisten ins Seelenreich Manala. Der christliche
Einfluß hatte sich jedoch auf den Hexentrommeln bereits bemerkbar gemacht.
Die Pfarrer 1 die die Trommeln beschlagnahmten, berichteten, daß sich auf ihnen
neben ‚heidnischen‘ Bildern auch Engel, Teufel und die Hölle aufgezeichnet
fanden. Trotz des Umstandes, daß Lappland und seine Hexentrommeln weitum
bekannt waren, fanden dort nur wenige Hexenprozesse statt8 •
In den Protokollen der Untergerichte der übrigen Teile Finnlands finden
sich nur vereinzelte Beschreibungen von Schamanenhexen. Aus Lohtaja wird
1663 berichtet, Antti Antinpoika Tokoi habe über eine lappische Dezentrommel
(‚lapp trumba‘) verfügt, die er wohl von einem Lappen erhalten hatte. Die Zeugen
führten jedoch nichts an, das auf Trommeln und Trancezustände schließen
lassen könnte. In diesem sowie in späteren Prozessen um Tokoi wurden viele
Streitsachen und mutwillige Beschädigungen angeführt, mit Ausnahme der Hexentrommel
wies jedoch nichts auf schamanistische Traditionen. Die Trommel
diente nicht als Mittel einer schamanistischen Seance. Sie wurde möglicherweise
für andere Beschwörungen und Verhexungen verwendet, dafür gibt es jedoch
keine eindeutigen Belege. Vermutlich hatte Tokoi die Verhaltensmuster der
Lappenhexen übernommen, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, daß diese mit
Ausnahme der Schamanistischen Traditionen auch im übrigen Finnland verbreitet
waren11•
Bei der Gerichtssitzung im ost bottnischen Ii und Pudasjä.rvi von 1733 vermutete
der Amtmann, daß Juha Talonpoika „in Trance falle oder tot niederfalle
wie die Lappen“. Der Amtmann wußte auch zu berichten, daß die Seele des in
Trance Gefallenen mit Hilfe des Teufels um die Erde fahre, da die durch Trommelklang
wieder Erweckten viele Eindrücke aus fernen Ländern zu berichten
wüßten. Juha Talonpoika gab zu, daß er Menschen heile und wä.hrend des Heilens
zittere, umfalle und ohnmächtig werde. Juha verfügte jedoch über keine
Hexentrommel noch konnten ihm andere ‚Teufelskünste‘ nachgewiesen werden.
Er berichtete, seine besonderen Fähigkeiten von Gott erhalten zu haben und
seine Anfälle nicht verhindern zu können. Einer der Zeugen vermutete, daß es
sich dabei um epileptische Arüalle handle. Das Untergericht fä.llte kein Urteil
gegen Juha. Es ist klar, daß es sich nicht um Schamanismus handelte. Der
Amtmann Johan Bäck kannte offenbar das Verhalten der Lappenhexen und
betrachtete das Umfallen des Juha als Schamanieren. Es gibt auch andere
Hinweise auf Heiler, die in Ohnmacht fielen, darunter auch Frauen, ohne daß
8 Virrankoslci 1973, 725-737; Nenonen-Kervinen 1988, 31.
9 Lohtaja 1663, rr 11:342v-345v, 18:941-949; 1664, rr 11:494-v, 18:949; 1680, qq 3:140-149
(auch 138); 1681, rr 18:910-949; 1682, rr 19:76-77, 699, 707 (VA).
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man dabei jedoch auf schamanistische Traditionen schließen könnte. Heiler,
die in Ohnmacht fallen, sind auch aus unserer Zeit bekannt10 .
Nach Martti Haavio verschwand die auf Schamanistischen Traditionen beruhende
Hexenkultur aus Finnland lange vor dem Einsetzen der Hexenverfolgungen1
1 . Die Gerichtsprotokolle stützen die auf folkloristischen Forschungen
beruhenden Resultate Haavios. Die Schamanenkultur scheint in den Hexenverfolgungen
der frühen Neuzeit keine große Rolle gespielt zu haben. Als sich das
heidnische Manala und die christliche Hölle immer mehr anzugleichen begannen,
verschwanden die Voraussetzungen für das Schamanieren. Der Schamane
reiste ins Manala, nicht in die Hölle. Ganz verschwand die schamanistische
Tradition jedoch nicht, da sich auch später einige Züge erhielten.
EINE NEUE SEHERKULTUR
Man hat vermutet, daß die finnischen Hexen gar nie schamanierten. Auch die
Hexentrommel wurde vorwiegend als ein Attribut der lappischen Schamanen
angesehen. Martti Haavio war jedoch beispielsweise der Meinung, daß auch
die finnischen Hexen in Trance fielen, selbst wenn sich anstelle der schamanierenden
Hexen eine neue Seherkultur entwickelte12 • Diese entstand neben
der herrschenden Seherkultur bereits vor der Zeit der Hexenprozesse. Seher,
die nicht schamanierten (ins Manala reisten) oder die Hexentrommel schlugen,
wurden als Into- oder Myrry6männer bezeichnet. Der Zusammenhang zwischen
der schamanistischen und der Tradition der Into- oder Myrrysmänner ist unklar.
Gemeinsam mit den ins Manala reisenden Schamanen war ihnen, daß sie
ebenfalls gewisse Erregungs- oder Verzückungszustände erreichten mußten:
“ … sie toben, beißen die Zähne, sträuben die Haare, hüpfen ekstatisch in die Luft, stammeln
einige Wörter, stampfen mit den Beinen und sind außer sih; deswegen werden sie lntomänner
(into = Eifer, Begeisterung, Enthusiasmus, Anm. des Ubers.J genannt, sie bewegen sich
enthusiastisch, außer sich … „13.
Die Heilungsmaßnahmen des Sehers glichen einem großen Schauspiel. Der Seher
verschaffte sich durch Beschwörungsformeln Kräfte von Gott oder von
anderen Göttergestalten. Der Seher hatte auch Widersacher: Mißgünstige
oder ‚Böse‘ und Dämonen. Die Mißgünstigen waren feindselige Bekannte,
die gegen den Seher oder seinen Schützling böse Kräfte, d. h. Geister oder
Dämonen, aufbrachten. Die Beschwörungsformeln des Sehers glichen denjenigen
von Väinämöinen.Der Seher gab zu verstehen, daß er die Leiden und
10 Ii und Pudasjärvi 1733-1734, Kemi 61:33-39, 87-91, 197, 199-204. OMA; Kruunupyy
1655, rr 9:29v-31v, VA; Tuovinen 1984, 17-19.
11 Haavio 1967, 295, 313-314.
12 Haavio 1967, 295, 313-314, 315 ff.
13 Ganander 1984 (1789), 21.
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Beschwernisse von ihrer Entstehung an kannte und erläuterte in den Beschwörungsformeln
die mythische Entstehung des Leidens. Darauf nahm er sich das
zu heilende Leiden zum Ziel seiner Beschwörungen. Er bewegte seinen Körper
hin und her, schrie, beschwörte und verfluchte das Leiden und den Dämonen, so
da.ß dieser sich schlußendlich dorthin zurückziehen mußte, von wo er gekommen
war, ins Manala oder Pohjola14•
Die Leiden wurden dorthin zurückgeschickt, von wo sie gekommen waren.
Die Ereignisse bei der Entstehung der Welt bestimmten also das Vorgehen des
Sehers. Die Mythen einiger anderer Völker waren noch eindeutiger: während
der Entstehungszeit der Welt führt der gute Gott einen Kampf mit dem Gott
der bösen Kräfte. Aus diesem Kampf entsteht die Weltordnung, die von den
unterlegenen Göttern ( Göttinnen) zuweilen bedroht wird, u. a. durch die Entsendung
von Krankheiten. Die Seher stellen wie der oberste Gott in ihren lliten
die Wdtordnung wieder her, indem sie in verkleinerter Form denselben Kampf
führen wie die beiden Göttergestalten am Anfang der Zeiten15 •
Die als Into- oder Myrrysmänner auftretenden Seher werden in den Rechtsquellen
häufiger erwähnt als die schamanierenden Hexen. In den meisten
Fällen, die Schamanistische Züge aufzuweisen scheinen, handelt es sich um
die neuen Sehertraditionen. Als der aus Kokemäki stammende Jaakko Jaakonpoika
Joppi heilte, las er Beschwörungsformeln aus dem Salz, stöhnte und
ächzte, hielt sich den Kopf und schien auch sonst der Ohnmacht nahe. So
beschrieb ein Zeuge auf der Gerichtssitzung in Kokemäki 1653 das Vorgehen
Joppis als Heiler16 • Obschon der Zeuge die Vermutung aufstellte, Jaako Joppi
habe sein Verhalten lediglich in der Hoffnung eines besseren Honorars inszeniert,
war der Glaube an ächzende und stöhnende Into- und Myrrysmänner
auch in Westfinnland noch im 17. Jahrhundert lebendig.
Die Seher trugen viele Namen. Sie wurden Väinämöinen, Götter, Erd- und
Baumgötter oder Sänger genannt. „Weshalb läßt Du Dein Kalb sterben, da
ja ein Gott zuhause ist!“ hatte der als Seher auftretende Markku Matinpoika
Kouvo gegenüber seinem Sohn Tuomas in Talala, Huittinen geäußert17•
HEXEREI UND ZAUBEREI
Die finnische Volksdichtung kann nur schwer datiert werden. Die aufgezeichnete
Dichtung ist so alt wie der Zeitpunkt ihrer Aufzeichnung, beinhaltet jedoch
Themen und Motive, die wesentlich älter sein können. Es kann angenommen
14 Haavio 1967, 315 ff., 339-343; Kemppinen 1960, 277-278.
15 Haavio 1967, 34G-341, cf. auch 315 ff. und 342-344.
14 Kolcemälri 1653, mm 8:13-v. VA.
17 Haavio 1967, 315 ff.; Huittinen 1662. Ulfsby domsaga 1648-1725, 97v. TMA.
62
werden, daß die Volksdichtung in mancher Hinsicht das mittelalterliche Weltbild
der Finnen widerspiegelt. Die Rechtsfälle lassen erkennen, daß die Auffassung
von der Kraft und Macht der Hexe oder ‚Mißgünstigen‘ bis zum Beginn
der Neuzeit ungebrochen weiterlebte. In der Volksdichtung wird die Hexerei die
Mißgunst – mit dem bösen Willen und der Niedertracht der Menschen verbunden.
Diese Verbindung läßt sich auch eindeutig in den Prozessen der frühen
Neuzeit erkennen. Als Beispiel sei hier eine Bauersfrau angeführt, Kerttu Matintytär
aus Hanni, Eurajoki, die sich mit mehreren ihrer Nachbarn im Dorf
zerstritten hatte. Bei der Gerichtssitzung im Jahre 1649 vermutete man, sie
habe ihren Feinden Leiden und Unglück angehext. Kerttu verneinte, mit ihren
bösen Aussagen etwas Böses beabsichtigt zu haben. „Und ich weiß nicht, ob das
eintrifft, was ich sage“, sagte sie zu ihrer Verteidigung18 , was ihr Todesurteil
jedoch nicht abwenden konnte.
In den alten schwedischen Provinzial- und Stadtgesetzen war mit Hexerei
lediglich die Unheil bringende Hexerei gemeint19• Die Hexerei war die
Fähigkeit, dem anderen mit Hilfe von seelischen Kräften durch bloße Drohung
oder bösen Zauber zu schaden oder sonst auf den Verlauf der Dinge ungünstig
einzuwirken. Bereits die Helden der finnischen Volksdichtung verfügten über
diese Fähigkeit. Die Hexerei wurde in der Volksdichtung mit zwischenmenschlicher
Mißgunst und Bosheit in Verbindung gebracht. Die ‚Hexenpfeile‘, die
‚bösen Waffen‘ eines feindseligen Menschen, waren aus den Spänen entstanden,
die am Anfang der Zeiten entstanden, als die große Eiche gelallt wurde20•
Wenn ein böses Wort, eine Drohung oder ein feindseliger Gedanke Wirklichkeit
geworden waren, hatte eine ‚Verhexung‘ stattgefunden21 • Jedermann vielleicht
mit Ausnahme der Kinder – konnte verhexen, d. h. verfügte über die
Macht des verhexenden Wortes. Die Frau des Mikko Hälli aus Huittinen sagte
zu ihrem Mann: „Es ist ja klar, daß die Menschen von Dir Schlechtes glauben,
wenn Du immer drohst“22• Im Kalevala bezeichnete Vä.inämöinen, nachdem
sie sich über den Sampo zerstritten hatten, die Herrseherin von Pohjola als
Mißgünstige (Kade) und als Unheil aussendenden Menschen. Der schwedische
Wissenschafter und Forschungsreisende J ohannes Schefferus sagte in bezug auf
die Lappen, daß jeder über Hexenkünste verfügen müsse, da ihn die anderen
18 Eurajoki 1649, mm 6:623v-626v; 1650 mm 7:34v. VA.
19 In den Gesetzestexten ‚trolldom‘ oder ‚förgöring‘, lat. ‚maleficium‘. Samling af Sweriges
Gamla Lagar, vol. XII. Hg. von D. C. J. Schlyter. Lund 1869, 302. Cf. auch Anbrloo 1987,
248-250.
20 Haavio 1967, 355-356.
21 Cf. Anlcarloo 1984 (1971), 46.
22 Huittinen 1649, mm 6:56Q-v. VA.
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sonst verwünschen und zerstören könnten23• Es dürfte sich dabei nicht bloß
um einen lappischen Gedanken gehandelt haben.
Es ist unklar, wie viele selbst an ihre Fähigkeit des Verhexens oder der
‚Kade‘ glaubten. Aufgrund der Gerichtsquellen ist es klar, daß die Menschen
an die Fähigkeit der anderen zur ‚Kade‘, zur Hervorrufung böser Kräfte, glaubten.
Die Angst vor Verhexung wirkte sich auf die zwischenmenschlichen Beziehungen
aus: . eine Verletzung von Rechten oder Persönlichkeitssphären konnte
durch Verhexung gerächt werden. Der Hexenglaube war ein Teil der gegenseitigen
Überwachung von Gleichberechtigung und Unverletzlichkeit in der Gemeinschaft
24•
Man könnte sich denken, daß die Hexerei – nicht aber die schamanistische
Hexenkultur – vor allem mit der Psyche, den Geisteskräften oder dem bösen
Willen eines jeden beliebigen Menschen (eines Nachbarn) zusammenhing. Entsprechend
könnte man denken, daß die Tätigkeit eines Sehers – egal, ob dieser
nun als Hexe, Schamane oder als Seher bezeichnet wurde – eher Berührung mit
Verstorbenen und Geistern bedeutete. Die Tätigkeit eines Sehers war sozial anerkanntes,
auch kollektivorientiertes Verhalten. In der Volksdichtung weist die
Bezeichnung ‚Hexe‘ (gar nicht zu sprechen vom ‚Kade‘, d. h. Bösen) nicht auf
einen angesehenen und weisen Schamanen oder eine Seherhexe hin. Weil das
Wort ‚Hexe‘ oft als Synonym für ‚Kade‘ gebraucht wird, folgert Haavio, daß die
alte schamanistische Tradition zur Zeit der Dichtung der Beschwörungsformeln
ihre Bedeutung verloren hatte25• In der Volksdichtung weist die Hexe eigentlich
nur zwei Merkmale auf: sie sendet Mißgunst, böse Kräfte, aus und sie ist
ein Mitmensch, ein Nachbar, – also kein ‚Großer Weiser‘ in der Ferne28•
Vor den Gerichten wurde außer wegen Schädigung durch Hexerei auch
wegen verschiedener wohlmeinender und Glück und Gesundheit bringender
Formen von Zauberei prozessiert. Gemäß Bengt Ankarloo ist ‚Zauberei‘ ein
Sammelbegriff für verschiedene Tätigkeiten und Künste, die vorrangig nicht
auf Böses, sondern aufs Heilen, Schützen, Glück oder sonst einen guten Zweck
abzielten27• Es war nichts Außergewöhnliches an der Zauberei, sie war etwas
Alltägliches. Manche Zauberkünste waren mit den alltäglichen Beschäftigungen
derart verbunden, daß sie kaum mehr als Zauberei verstanden wurden. Die Ho-
23 Schefferus 1963 (1674), 184-185.
24 Nenonen 1989, 225-243.
25 Haavio 1967, 314. Über die Rolle eines Schamanen siehe Huva 1933, 357-371 und Sii.kal&
1978, 303-319. Wir können hier keine direkten Vergleiche zwischen den Untersuchungen
über andere Kulturen und Zeitperioden und den in dieser Arbeit behandelten Tatbeständen
ziehen, nuh:los wäre eine solche Betrachtungsweise aber keineswegs.
26 Cf. Haavio 1967, 314, 335 und passim.
27 Ankarloo 1984 (1971), 50.
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stie konnte ebenfalls zum Schutz gegen feindselige Verwünschungen dienen28 •
Die Leute konnten vermutlich kaum zwischen ihrer eigenen Zauberei und den
liturgischen Verrichtungen unterscheiden29• Rafael Herzberg hat bereits 1889
einen Gesamtüberblick über verschiedene Arten von Zauberei in den finnischen
Gerichtsbüchern des 17. Jahrhunderts zusammengestellt, und entsprechendes
Material ist später in großen Mengen gesammelt und auch publiziert worden30•
Sowohl Hexerei als auch Zauberei wirkte auf die Gesundheit der Menschen oder
der Haustiere31 •
HEXENPROZESSE IM MITTELALTER
Eine grundlegende Frage in der Forschung über die Hexerei und Hexenprozesse
in Europa lautet, warum die Gerichtsfälle in einem so beachtlichen Maß
nach dem Mittelalter zunahmen. Keith Thomas hat den Ausgangspunkt der
Betrachtung wie folgt dargelegt:
Why, if popular witch-beliefs were much the same as they had been in the Middle Ages, was
it only during the sixteenth and seventeenth centuries that legal action against witchcraft
attained such dimensions ? To this question there are only two possible answers. Either the
demand for the prosecution of witches suddenly grew, or the facilities for such prosecution
had not previously existed32•
Thomas ist der Meinung, die erste Vermutung sei glaubwürdiger. Er geht davon
aus; daß erst zu Beginn der Neuzeit überhaupt ein Drang oder eine Bereitschaft
für die Hexenverfolgungen entstand. Die für die Verfolgungen erforderliche
Apparatur wäre hingegen schon früher vorhanden gewesen33• Norman Cohn
wieder behauptet, daß das Rechtssystem die Hexenverfolgungen vor Beginn
der Neuzeit nicht ermöglicht hätte. Laut Cohn beruht dieser Tatbestand darauf,
daß der althergebrachte akku$atorüche Recht$prozeß voraussetzte, daß der
Beschädigte oder seine Familie selbst die Anklage erhob und den Verdächtigen
vor Gericht vorladen ließ34 • Der Kläger hatte auch selbst das Beweismaterial zu
erbringen. Ein Maleficium-Delikt war schwer zu belegen. Irgendein beliebiger
verdrießlicher Vorfall taugte nicht als Beweis, bemerkt Cohn, und dies war der
Fall auch in Finnland in bezug auf die Hexenprozesse zu Beginn der Neuzeit35 •
28 Ulvila 1634, mm 3:322-v. VA.
29 Cf. Suolahti 1919, 135-138.
30 Hertzberg 1889, 31 ff.; Suomen kansan vanhat runot (SKSt. 121 ff., 1908 ff.}; Suomen
kansan muinaisia taikoja I-IV (SKSt. 76, 1891-1934).
31 Nenonen 1989, 298.
32 Thomas 1988 (1971), 548.
33 Thomas 1988 (1971), 548-551.
34 Cohn 1975, 160-163.
35 Nenonen 1989, 125
65
Der Kläger hatte wegen einer unbegründeten Beschuldigung eine empfindliche
Buße zu zahlen. Gemäß Cohn verzögerte das akkusatorische Prozeßsystem die
Erhebung der Hexenprozeßklagen vor der Neuzeit. Bis zum Beginn der Neuzeit
hatte das Rechtssystem in vielen Ländern – z. B. in den nordischen Ländern
und in England – den sogenannten inqui$atori&chen Prozeß zum Grundpfeiler
genommen. Beim inquisatorischen Prozeß stellte die Obrigkeit den Strafantrag
und die Beweisführung fiel ebenfalls den Behörden oder Gerichtsorganen zu.
Ohne Zweifel stellte die Hexerei auch in älteren Zeiten eine Bedrohung dar.
Die Hexereidelikte dürften bereits lange vor ihrem Auftauchen in den schriftlichen
Quellen in den Gerichtssitzungen behandelt worden sein und aus Angst
vor Hexerei dürften auch größere Auseinandersetzungen zwischen Stämmen,
Geschlechtern und Rivalen vorgekommen sein. In der Zeit vor der Etablierung
einer starken Zentralmacht, dem Staat , funktionierte das Gerichtswesen
anders. Das Recht beruhte auf dem sogenannten Geschlechts- oder Gewohnheitsrecht.
Der Rechtsprozeß war eine Angelegenheit zwischen den Streitenden
und deren Familien. Wenn Interessen oder die physische Unantastbarkeit verletzt
worden waren, wurde das von den Familien untereinander in Form von
Vergeltungsmaßnahmen, Gegenschlägen und Verhandlungen abgerechnet36• In
Finnland gibt es historisches Quellenmaterial erst aus der Zeit des zentralistischen
Gerichtswesens.
Vor der Hexerei konnte man sich durch Gegenzauber schützen37 . Eine
durch Hexerei verursachte Krankheit konnte man loswerden, indem man sich
mit der Hexe versöhnte. Eine Einigung konnte man mit Drohungen und Gewalt
oder aber mit unterwürfigen Bitten anstreben – und der Schaden wurde dann
unter den Familien ausgeglichen. Freilich kam es vor, daß nicht alles durch Vergleich
beigelegt und eine Krankheit nicht überwunden werden konnte, aber das
gehörte ja zur Vielfalt des menschlichen Lebens. Auch dürfte wohl gelegentlich
ein Bestrafter seine Strafe als gerecht empfunden haben. Diesbezüglich sind die
Verhaltensmuster unter den Völkern, bei denen die Hexerei heute noch eine Bedrohung
darstellt, nicht viel anders geworden38• Andererseits hat man sich jedoch
bewußt zu sein, daß das Mittelalter keine Hexen kannte, die den Hexensabbat
feierten38 und daß die Verfolgungen unter den damaligen Umständen keine
großen Ausmaße annehmen konnten, da die Gegenpartei – z. B. die Großfamilie
oder Sippe – aus einer relativ kleinen Gemeinschaft bestand.
36 Ylilcangas 1983, 8-19 und 1988, 104; lnger 1980, 58–61.
37 Cf. Schefferus 1963 (1674) 185 und passim. Dazu auch Thomas 1988 (1971), 648-649 und
Macfarlane 1970, 103 ff, 217-223; cf. auch Hiltunen 1986, 68-69.
38 Harjula 1983, 183-189; Harjula 1986, 78-87, Hiltunen 1986, 70 ff., 138 ff. und passim.
39 U. a. Cohn 1975, 225 und passim.
66
Den Tatbestand, daß sich die Klagen wegen Hexerei zu Beginn der Neuzeit
vermehrten, kann man vielleicht doch nicht als ein singuläres Ereignis ansehen.
Cohn hat sicherlich recht, wenn er behauptet, daß sich z. B. die Bauern bereits
im Mittelalter vor Schädigung durch Hexerei – Maleficium – fürchteten40 •
Manchmal ist die Angst begründeter und die Furcht größer gewesen als in anderen
Zeiten. Keith Thomas stellt die Frage, warum sich das Bedürfnis nach
Hexenprozessen und die Motive und Gründe für die Verfolgungen zu Beginn
der Neuzeit verstärkten. Eine genauer formulierte Frage lautet wohl: Warum
nahmen die Motive für die Klagen wegen Hexerei wieder einmal zu?
ENTSTEHUNG DER HEXEN- UND ZAUBERERPROZESSE
In Finnland wurden vermutlich über 2000 Menschen wegen Hexerei und Zauberei
in den Jahren 1500-1750 angeklagt41 • Die Anzahl muß als erstaunlich
hoch angesehen werden. Man hat geschätzt, daß vor den großen Hunger- und
Todesjahren arn Ende des 17. Jahrhunderts im finnischen Teil des schwedischen
Reiches über 500.000 Menschen lebten42 •
In Finnland wurden die Hexenprozesse nach der zweiten Hälfte des 16.
Jahrhunderts immer häufiger, wobei die 1680er Jahre die Spitze bildeten. Die
Anzahl der Prozesse wuchs in der Mitte des 17. Jahrhunderts merkbar an, und
zwar im westlichen Finnland etwas früher als anderswo. Die Prozesse waren
nicht einheitlich in ihrer Art; in verschiedenen Zeiten entstanden verschiedenartige
Prozesse. Ich habe an anderer Stelle43 zeigen können, daß sich die Hexenprozesse
einerseits und die Zaubereiprozesse anderseits in zwei verschiedene
Formen unterscheiden lassen. In Westfinnland und Ostbottoien (Pohjanmaa)
war es anfänglich der meistverbreitete Fall, daß ein Mann wegen böswilliger
Hexerei angeklagt wurde. Der Kläger war ein anderer Mann, ein Nachbar oder
4° Cohn 1975, 239.
41 Nenonen 1989, 31-32. Die Anzahl der Prozesse ist weitgehend dank der Untersuchung von
Timo Kervinen (1984, siehe auch Heikkinen-Kervinen 1987) bekannt. Kervinen sammelte die
bekannten Prozeßlalle aus der zerstreuten lokalhistorischen Literatur. Eine detaillierte Analyse
der Prozesse wurde nicht bezweckt. Wir haben später zusammen das Material ergänzt
und die Kartei umfaßt jetzt Informationen über mehr als 1000 Personen, die in Finnland der
Hexerei und Zauberei beschuldigt worden sind. Dieses Quellenmaterial hat das Bild von der
Anzahl der Prozesse in der Hinsicht verändert, daß bis ca. 1665 die Mehrzahl der Angeklagten
Männer waren, und daß die 1680er Jahre den Höhepunkt der Prozeßwelle bildeten. Die
Prozesse im 18. Jahrhundert sind schlechter bek&nnt, aber es gab sie – vielleicht mehr als
im 16. Jahrhundert. Die letzte vor Gericht gebrachte Anklage wegen Hexerei stammt, soweit
bekannt, aus dem Jahre 1833 (Halila 1939, 285).
42 Jutikkala 1980, 152.
43 Nenonen 1989, 90, 117-126.
67
Dorfbewohner. Eine andere Art von Gerichtsprozessen war in Westfinnland in
den 1670er und 1680er Jahren vorherrschend. Hier war die Mehrzahl der Angeklagten
Frauen, die von der Obrigkeit – vom Amtmann, Pfarrer oder der Dorfpolizei
– wegen wohlmeinender aber gleichwohl verbotener Zauberei angeklagt
wurden. Bereits früher war bei den Angeklagten die männliche einer weiblichen
Dominanz gewichen. Die Mehrzahl der Angeklagten in Nieder-Satakunta
(in Westfinnland) nach den 1650er Jahren und in Nord-Ostbottnien nach der
zweiten Hälfte der 1660er Jahren war Frauen. Je häufiger die Klage wegen
böser Hexerei (Maleficium) erhoben worden war, desto sicherer war der Angeklagte
männlichen Geschlechts und desto öfter trat ein einzelner Dorfbewohner
als Kläger auf. Und umgekehrt: Galt die Klage wohlmeinender Zauberei, so
war der Angeklagte vermutlich eine Frau und der Kläger ein Vertreter der Obrigkeit.
Im Viborger Karelien nahmen die Klagen erst in den 1680er Jahren
merkbar zu. Hier war der Angeklagte deutlich häufiger ein Mann als eine Frau
– 80 % der Fälle – und das Motiv der Klage war sowohl schädigende Hexerei als
auch Zauberei. Als Kläger trat etwas öfter eine Privatperson als die Obrigkeit
auf. Die Hexensabbatdarstellungen waren lediglich in den Prozessen auf den
Aland-Inseln seit 1666 und in Ostbottnien in den 1670er und 1680er Jahren
verbreitetoB. In Ostfinnland hingegen kennt man keinen einzigen Prozeß, der
wegen Hexensabbatphantasien angestrengt worden wäre.
Unter den Angeklagten gab es nur wenige ,Seher oder Berufshexen, die
die schamanistischen Traditionen fortsetzten. Die Mehrzahl der Angeklagten
bestand aus Bauern und Bäuerinnen. Im Gerichtsbezirk Satakunta konnte
man auch Steuerverzeichnisse beiziehen, um den Werdegang der Gerichtsfälle
zu beleuchten. Aus diesen geht überraschenderweise hervor, daß ein großer
Teil – womöglich die Mehrzahl – der Angeklagten zu den relativ wohlhabenden
Hofbesitzern zählte. Dienstleute, Soldaten, Bettler und Kätner machten unter
den Angeklagten ungefähr ein Zehntel aus45 •
Die Zunahme der Hexenprozesse im 16. und 17. Jahrhundert wurde durch
den ökonomischen und sozialen Wandel411 sowie durch wirtschaftliche Rückschläge
bestimmt, die in verschiedener Weise die Dorfgemeinden und deren
Bewohner berührten. Im Lauf der Zeit wurden diese Mißgeschicke immer bedeutsamer
und verursachten Bitterkeit. Die sozialen Widersprüche führten zu
Verdächtigungen und Beschuldigungen wegen Hexerei, und ein argwöhnischer
Nachbar verklagte den anderen. Die sozialen Spannungen erklären das Phänomen
jedoch nicht vollständig. Die Zeiten vermehrter Klagen wegen Hexe-
44 Heilricinen 1969, 204 ff., 244 ff.
45 Nenonen 1989, 127 ff., 167 ff.
46 – Uber den Wandel siehe Nenonen 1989, 27-28, 238-243.
68
rei folgten nicht auf Perioden allgemeineren Unglücks – Mißernte, Verödung
u. a. m. Das Mißgeschick betraf immer den Einzelnen47 . Die Anklagen waren
auch von psychologischen Faktoren bestimmt. In der zusammen mit Timo
Kervinen durchgeführten Untersuchung konnten wir feststellen, daß nach einem
ersten Hexenprozeß die Hexerei gewissermaßen zur ‚Modesache‘ werden und zur
Erklärung von Tatbeständen jeglicher Art dienen konnte. Die Prozesse hatten
schon an sich eine kriminogene Wirkung, d. h. sie bewirkten Straftaten48 •
Die Zauberei wurde im schwedischen Reich im 16. Jahrhundert kriminalisiert,
in Finnland begannen die weltlichen Gerichte jedoch erst ab den 1660er
Jahren regelmäßig Urteile wegen Zauberei zu fällen. Vor dieser Zeit dürfte
die Zauberei vor allem in den kirchlichen Rechtsorganen behandelt worden
sein. Die Hexenprozesse waren ein Mittel der Religions- und Sozialpolitik der
Obrigkeit, mit deren Hilfe das Alltagsleben der Menschen gezielter als vorher
kontrolliert und gelenkt wurde. Die Obrigkeit mischte sich nicht nur in
Fällen ein, wo Zauberei verübt wurde. Nach der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts,
als die lutherische Rechtgläubigkeit an Einfluß gewann, wurden die
Untertanen in ihrem Tun und Treiben immer mehr überwacht. Kirche und
Staat vereinten ihre Kräfte zur Belehrung und ‚Zähmung‘ der Untertanen. Eines
der wichtigsten Mittel war dabei die Kirchenzucht, wobei es nicht nur um
korrekte Einhaltung der kirchlichen Sittsamkeit, sondern um die Überprüfung
des gesamten alltäglichen Lebensablaufs und des reinen Glaubens ging. Die
Ausdrucksweise, die Tischmanieren, das Fluchen und Trinken, gar nicht zu
sprechen von Ehe, Sexualität und sonntäglichen Beschäftigungen, waren keine
Privatangelegenheit – soweit zumindest nicht, als es der Obrigkeit gelang, in
diese Sphäre einzugreifen. Eine rechtgläubige Lebensführung verlangte von der
ganzen Gemeinschaft Zucht und Ordnung im Verhalten und Denken. Abwesenheit
vom Gottesdienst konnte Anlaß für eine Vorladung geben, wie dies z. B. im
Bezirksgericht von Äyräpää 1680 der Fall war, wo die Namen der Abwesenden
als Vorwarnung vorgelesen wurden 49• Die lutherische Kirchenzucht unterschied
sich ihren Methoden nach nicht wesentlich von der Inquisition in Italien und
Spanien. Dieser Vergleich klingt vielleicht grob, die Forschung hat jedoch gezeigt,
daß die Grausamkeiten und die Greueltaten der Inquisition zu Beginn
der Neuzeit sehr übertrieben worden sind 5°.
47 Nenonen 1989, 229-243.
48 Nenonen-Kervinen 1988, 56.
49 Juva 1955, 74-84, 126-133; Nenonen 1989, 252-262, 271-275.
50 z. B. Kamen 1985, 161-177, bes. 175 ff.; Monter 1983, 61-62; Monter-Tedeschi 1986,
142-143; Tedeschi 1987, 83 ff.
69
DIE DOPPELROLLE DER ÜBRIGKElT
Robert Muchembled hat festgestellt, daß die Hexenverfolgungen ein Resultat
der Akkulturationsbestrebungen der religiösen und politischen Elite im ruralen
Europa waren. Es handelte sich nicht nur um ein religiöses Phänomen, sondern
um „einen Teil eines viel ausgedehnteren Phänomens, dessen Ziel es war, die
ländliche Bevölkerung zur Respektierung von Gesetz und Ordnung sowie zum
Verzicht auf die eigene Rechtsausübung zu zwingen“51 .
In Finnland führten die Anklagen wegen Hexerei – wegen Schädigung
durch Hexerei – nur selten zu Verurteilungen, besonders selten wenn die Anklageerhebung
durch einen Privatkläger erfolgte. Jeder beliebige Schaden oder
Streit wurde nicht als Beleg für Hexerei akzeptiert. Das auf genauen Untersuchungen
beruhende Rechtssystem beschränkte die Erhebung von Hexereiklagen.
Die Hexereiklagen nahmen auch absolut nach den 1 660er Jahren ab, als
die Obrigkeit immer mehr Anklage wegen Zauberei erhob. Die Zaubereiklagen
wurden eingehend behandelt und die der Zauberei Überführten wurden zu
empfindlichen Bußen, zuweilen sogar zum Tode verurteilt. Der größte Teil der
Verurteilungen kam in den von der Obrigkeit angestrengten Zaubereiprozessen
(unter Einschluß der Hexensabbatprozesse in Ostbottnien) in den 1670er
und 1680er Jahren zustande, wobei jedoch mindestens die Hälfte der Angeklagten
freigesprochen wurde. Bei der Untersuchung der finnischen Rechtsprozesse
stößt man auf ein sonderbares Paradox: Mit der Verschärfung der Einstellung
der Obrigkeit gegenüber der Zauberei ging eine Geringschätzung gegenüber den
von privater Seite angestrengten Hexereiklagen einher.
Es ist verständlich, daß die um die Reinheit des Glaubens besorgte Obrigkeit
wegen Zauberei bestrafte, aber weshalb nahmen die Hexereiklagen ab?
Man könnte vermuten, daß die aufgrund sozialer Widersprüche entstandenen
Hexereiklagen nach der Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage abnahmen oder
daß Hexerei und Aberglauben mit dem Wandel des Weltbildes an Einfluß verloren.
Keine dieser Begründungen trifft zu. Falls die Hexereiverdächtigungen in
einem Notzustand aufgrund von Streitigkeiten entstanden waren, konnten sie
auch bei einem geringeren Streitfall jeder beliebigen Art vorgebracht werden.
Falls andererseits die Menschen aufgehört hatten, an die Hexerei zu glauben
und demzufolge keine Hexereianklagen mehr vorbrachten, weshalb glaubten
sie dann weiterhin an die Macht der Zauberei, wollten aufgrund der Zauberei
verurteilen und begannen an Hexen zu glauben, die auf dem Besen zum
Hexensabbat ritten? Der Hexensabbat wurde in Finnland erst in den 1660er
51 Muchembled 1987, 138.
70
Jahren als Hexentheorie akzeptiert und während einiger Jahre gegen Ende des
17. Jahrhunderts als Anklagepunkt aufgeführt 52•
Der Obrigkeit und der durch diese gesteuerten Justiz kommt demnach
die entscheidende Rolle zu bei der Entwicklung der Hexen- und Zaubererprozesse
zu Beginn der Neuzeit. Die Hexerei (Maleficium) ging als Gewohnheit
und geahndetes Vergehen zumindest auf das Mittelalter zurück. Die zur Erlangung
von Glück und Schutz eingesetzte Zauberei war gleichfalls eine alte
Gewohnheit, jedoch im Schwedischen Reich mit Einschluß Finnlands ein neues
Vergehen. Die erstarkte Zentralmacht verhielt sich im 17. Jahrhundert zur Hexerei
anders als zur Zauberei. Die Drohung einer Hexe (Kade) stellte für die
Obrigkeit keine solche Gefahr dar wie für die Dorfbewohner mit ihren weitgehend
noch mittelalterlich geprägten Glaubensvorstellungen. Die erstarkte,
unpersönliche Verwaltungsmaschinerie und die Armee konnten durch Hexerei
nicht bedroht werden. Die Dorfbewohner hatten bis dahin ihre Gemeinschaft
und ihre gegenseitigen Beziehungen weitgehend selbständig aufgrund
ihrer alten Rechtsgebräuche und der lokalen Selbstverwaltung beherrscht. Gegen
Ende des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit verdrängte die erstarkte
Zentralmacht, der Staat, die alten Gebräuche und stellte an seine Stelle die
zentrale Verwaltung, Justiz und Religion. Lokale Angelegenheiten wurden immer
mehr nach den Plänen und Richtlinien der Obrigkeit gestaltet und von
Vertretern der Krone oder des Adels geleitet. Die Bedeutung der königlichen
Gesetzgebung und Rechtssprechung nahm zu 53• Die Obrigkeit baute ihr eigenes
Administrations- und Überwachungssystem auf. Der Staat benötigte die
Hexerei nicht zur Wahrung seiner Interessen – dazu dienten das Schwert und
die Predigt. Die Hexerei als Kontrollmittel des sozialen Lebens wurde sowohl
unmöglich als auch unnötig.
Die Zauberei stellte für die Obrigkeit eine größere Unbotmäßigkeit dar als
die Hexerei. Die Hexerei war keine Bedrohung für die königliche Verwaltung
– außer vielleicht für einzelne Beamte -, die reine lutherische Lehre ließ sich
jedoch mit Zauberern und Zaubergläubigen nicht durchsetzen. Der Zauber
bedrohte den Glauben. Die Anklagen wegen Zauberei nahmen für die Obrigkeit
aus dem gleichen Grunde an Bedeutung zu wie die Anklagen wegen
Hexerei an Bedeutung abnahmen. Zur Beherrschung der sozialen Kontrolle
der Gemeinschaft – d. h. zur Überwachung der Gesetze und Bestimmungen,
die das Leben der Menschen regelten – bedurfte die Obrigkeit keiner Hexereianklagen,
wohl jedoch der Bekämpfung der Zauberei. Es ist bezeichnend, daß
52 Heikkinen 1969, 164, 204 ff., 244 ff.
53 Cf. beispielsweise Soikkanen 1966, 9 ff.; lnger 1980, 58-61; Nenonen 1989, 218-219, 224;
Ylikangas 1983, 113-116.
71
der größte Teil der im 17. Jahrhundert nachweisbaren Urteile in Hexerei- und
Zaubereiprozessen in den von der Obrigkeit angestrengten Zaubereiprozessen
gegen Ende jenes Jahrhunderts gefällt wurde. Zaubereiprozesse waren noch im
18. Jahrhundert häufig54• Die Anklagen verloren vermutlich ihre Bedeutung,
nachdem die Zauberei ihre Bedeutung für die von der Obrigkeit angestrebte
Einheit des Glaubens verloren hatte. Es tauchten jedoch neue Probleme auf:
zuerst die religiösen Protest- und Erweckungsbewegungen, dann die mit dem
neuen Naturbild und der Urbanisierung verbundene Verweltlichung.
ABKÜRZUNGEN:
OMA = Oulun maalrunta-arkisto (Provinurchiv Oulu), Oulu.
SKSt. = Suomen kirjallisuuden seur&n toimituksia (Publikationen der Finnischen Literaturgesell.sch&
ft ), Helsinki.
TMA = Turun maakunta-arkisto (Provinzarchiv Turku), Turku.
VA = Valtionarkisto (Staatsarchiv), Helsinki.
UNGEDRUCKTE QUELLEN:
Staatsarchiv Helsinlci: Protokolle der Untergerichte 1620-1700
Provinsarchiv Turku: Gerichtsbuch des Gerichtssprengels Ala-Sat&kunta (Ulfsby domsaga
Ord. Dombok (!ragment) 1648-1725)
Provinsarchiv Oulu: Gerichtsbücher der Gerichtssprengel Ii und Pudasjärvi 1733-1734 (Kemi
61)
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74
MEDIUM AEVUM QUOTIDIANUM 19
QUOTIDIANUM FENNICUM
DAILY LIFE IN MEDIEVAL FINLAND
EDITED BY
CHRISTIAN KRÖTZL AND JAAKKO MASONEN
KREMS 1989
Gedruckt mit Unterstützung der Kulturabteilung
des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung
Herausgeber: Medium Aevum Quotidianum. Gesellschaft zur Erforschung der materiellen
Kultur des Mittelalters. Kornermarkt 13, A-3500 Krems, Österreich. – Für den Inhalt
verantwortlich zeichnen die Autoren, ohne deren ausdrücldiche Zustimmung jeglicher Nachdruck,
auch in Auszügen, nicht gestattet ist. -Druck: HTU-Wirtschaftsbetrieb Ges. m. b. H.,
Wiedner Hauptstraße 8-10, A-1050 Wien.
Inhaltsverzeichnis
Jaakko Masonen:
Finnland im Mittelalter. Zur Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Christian Krötzl:
Migrations- und Kommunikationsstrukturen im finnischen Mittelalter . . . . 13
Luigi de Anna:
ll nutrimento del pregiudizio. Codici alimentari riferiti
agli abitanti della Finlandia e del Settentrione nelle fonti occidentali 29
Jaakko Masonen:
Zum Krankheitsbegriff im finnischen Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Marko Nenonen:
Hexenglauben, Mensch und Gemeinschaft in Finnland.
Spätmittelalter und frühe Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Jussi-Pekka Taavitsainen:
Finnish Limousines. Fundamental Questions
about the Organizing Process of the Early Church in Finland . . . . . . . . . . . . . 75
Helena Edgren:
The Dance of Death in Inkoo.
A Medieval Church Painting as a Source of Local History . . . . . . . . . . . . . . . . 89
Verzeichnis der Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Informationen an die Mitglieder von „Medium Aevum Quotidianum“ . . . 103
Verzeichnis der Mitarbeiter
De Anna, Luigi. Dr.phil. Lektor.
Hat in Florenz studiert (Dott. in lettere), lebt seit 1973 in Finnland. Dissertation am Institut
für Kulturgeschichte der Universität Turku: Conoscenza e immagine della Finlandia e del
Settentrione nella cultura classico-medievale (Annales Universitatis Turkuensis B 180) Turku
1988. Interessen&- und Forschungsgebiete: Bild Finnlands und der arktischen Völker in der
westlichen Kultur, Beziehungen zwischen der Ostsee- und der Mittelmeerkultur im Mittelalter.
L. de Anna ist Herausgeber der Zeitschrift „Settentrione“ (Turku). Publikationen:
L’immagine della Finlandia nella cultura medievale. In: Quaderni medievali 23 (1987), 55-
71. Adresse: Dipartimento di Studi Italiani, Universita di Turku, Henrikinkatu 2, SF-20500
Turku 50.
Edgren, Helena. Lic. phil. Kurator.
Studierte in Helsinki Archäologie, Kunstgeschichte und Ethnologie sowie in Kopenhagen
Kunst und Ikonographie des Mittelalters. Hat in der Staatlichen Museumsverwaltung als
Leiterin des Archäologischen Dienstes sowie als Forscherin bei Kirchenrenovationen gearbeitet,
z. Z. angestellt als Forscherin des ikonographischen Archives mit Schwerpunkt Kunst des
Mittelalters. H. Edgren ist Redaktionsmitglied von ICO (Nordic Review of Iconography).
Publikationen: De skrivande djävlorna i Finlands medeltida kyrkor (Die schreibenden Teufel
in den mittelalterlic hen Kirchen Finnlands). In: Finskt Museum 86 (1979); Hästhandel i
Finlands medeltida lcyrlcor (Pferdehandel in den mittelalterlichen Kirchen Finnlands). In:
Finskt Museum 92 (1985); Dominilcanmunken i St. Marie lcyrlca (Der Dominikanermönch in
der Marien-Kirche). In: Monastisk lconst i Norden. Stoclcholm 1988; Kapeil eller icke lcapell
– det är fragan. In: Finskt Museum 94 (1987). Adresse: Museovirasto, Nervanderinkatu 13,
SF-00100 Helsinki 10.
Krötzl, Christian. Lic. phil.
Forschungsassistent der Akademie von Finnland. Geb. 1956. Hat in Zürich Geschichte und
Romanistik studiert. Arbeitet an einer Dissertation zum mittelalterlichen Pilgerwesen der
Slcandinavier. Publikationen: Om nordbornas vallfärder till Santiago de Compostela. In:
Historisi: Tidskri!t för Finland 72 (1987) 189-200; Parent-Child-Relations in Medieval Scandinavia
according to Mirade Collections. In: Scandinavian Journal of History 14 (1989)
21-37. Adresse: Historisches Institut der Universität Tampere, PL 607, SF-33520 Tampere
52.
Masonen, Jaakko. Dr.phil.
Forscher am Finnischen Straßenmuseum. Geb. 1957. Beschäftigt sich mit der archäologischen
und historischen Untersuchung der alten Verkehrswege Finnlands sowie mit Medizin und
Sozialwesen im finnischen Mittelalter. Hat in Tampere und Helsinki studiert, Dissertation:
Hämeen häri:ätie. Synty ja varhaisvaiheet (Tiemuseon julkaisuja 4) Helsinn 1989 (with
English summary: The Häme Oxen Road from the end of the iron age to early medieval
times). Publikationen: Ancient land communications research in Finland. In: Fennoscandia
Archaeologica V (1988). Adresse: Pellervonkatu 2 C 44, SF-33540 Tampere 54.
101
Nenonen, Marko. Lic. phil.
Geb. 1956. Hat in Tampere studiert und arbeitet an einer Dissertation über Zauberei, Hexerei
und Hexenprozesse in Finnland. Publilcationen: Noidat ja noitavainot Hämeessa ja Yli.
Satalcunnasa (Hexen und Hexenverfolgungen in Häme und Ober-Satalcunta). In: Tampere:
tutlcimulcsia ja lcuvaulcsia IX. Tampere 1988; Paholaislcultista lconfülctiteoriaan eli Ieuinka
selittää noitavainot (Vom Satanskult zur Konfliktthone oder die Erlclärung der Hexenverfolgungen).
In: Ylcsilö ja yhteislcunnan muutos (Acta Universitatis Tamperensis, Ser. A
vol. 202) Tampere 1986. Adresse: Pispalan valtatie 85 B, SF-33270 Tampere 27.
Taavitsainen, Jussi-Pekka. Lic. phil.
Geb. 1951. Arbeitet als Forscher an der prähistorischen Abteilung der Staatlichen Museumsverwaltung.
Publilcationen: Keslciajan lcangaslcaupasta lcirjallisten ja esineellisten lähteiden
valossa (On the Medieval Cloth Trade to Finland in the Light of Written Sources and Earth
Finds). In: Suomen Museo 89 (1982) 23-43; Wide-Range Hunting and Swidden Cultivation
as Prerequisites of Iron Age Colonization in Finland. In: Suomen Antropologi 12 (1987)
213-233. Adresse: Tehtaankatu 22 G 52, SF-OOHO Helsinlci 14.
102
MITTEILUNGEN AN DIE MITGLIEDER
VON „MEDIUM AEVUM QUOTIDIANUM“
Das vorliegende Heft von Medium Aevum Quotidianum widmet sich der Auseinandersetzung
mit Alltag und materieller Kultur des Mittelalters in der finnischen
Forschung. Es setzt damit die in Heft 15 begonnene „Länderserie“
fort. Unser Dank gilt den beiden Herausgebern des Heftes, Christian Krötzl
und Jaakko Masonen, sowie den Autoren der Beiträge. Die angesprochene
„Länderserie“ soll in zwangloser Folge fortgesetzt werden. Diesbezügliche vorbereitende
Kontakte wurden vor allem mit ungarischen, schwedischen und jugoslawischen
Kollegen geknüpft.
Neben den bereits in Medium Aevum Quotidianum 18 angekündigten, für 1990
geplanten Heften wird im Februar/März 1990 Medium A evum Quotidianum.
ErgänzungJband 1 erscheinen. Dieser Band leitet eine Reihe ein, die in unregelmäßigen
Abständen umfangreichere Abhandlungen zu Alltag und materieller
Kultur des Mittelalters aufnehmen soll. Wir freuen uns, die Leistungen
der Gesellschaft für ihre Mitglieder damit neuerlich erweitern zu können.
Der genannte ErgänzungJband 1 wird sich mit der „Bedeutung von Schlaf
und Traum im Mittelalter“ auseinandersetzen. Dabei handelt es sich um
eine überarbeitete und erweiterte Dissertation von Maria E. Wittmer-Butsch
(Zürich), die bei Ludwig Schmugge am Historischen Seminar der Universität
Zürich verfaßt wurde und in ihrer Methode in starkem Maße von alltagsgeschichtlichen
Ansätzen ausgeht.
Gerhard Jaritz, Herausgeber
103