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Mittelalterliche Fischrezepte aus Frankreich und Italien – Zeugnisse unterschiedlicher kulinarischer Kultur?

46
Mittelalterliche Fischrezepte aus Frankreich und Italien –
Zeugnisse unterschiedlicher kulinarischer Kultur?
Salvatore Novaretti (Universität Zürich)
Zahlreiche spätmittelalterliche Rezeptsammlungen gewähren einen Einblick in
die raffinierte Kochkunst europäischer Fürsten- und Adelshöfe und vornehmer
Bürgerhaushalte.1 Hunderte von kulinarischen Handschriften werden seit etwa
zwanzig Jahren systematisch erfasst, studiert und ediert.2 Die Beschäftigung mit
spätmittelalterlichen Kochbüchern eröffnet der Forschung eine Perspektive, die
sich auf die Essgewohnheiten einer Oberschicht, jenseits von bestehenden Unterschieden
zwischen Armen und Reichen oder ländlicher und städtischer Bevölkerung,
beschränkt.
Im Folgenden steht die Frage im Mittelpunkt, ob die naturphilosophischen
Vorstellungen über die Natur der Fische einerseits und die christlichen Ernährungs-
und Fastenvorschriften andererseits in der abendländischen Kochkunst
des Spätmittelalters zu einer Angleichung der Regionalküchen geführt haben
oder nicht. Für den Kulturvergleich werden Fischrezepte aus Frankreich und
Süditalien herangezogen, die im gleichen Zeitraum niedergeschrieben wurden:
Die Rezeptsammlungen des Viandier und des Anonimo Meridionale. Während
Autor und sozaler Kontext bei der französischen Rezeptsammlung bestimmbar
sind, fehlen diese Angaben für das süditalienische Kochbuch.
Fischfang, Fischhandel und Fischkonsum
Der Verzehr von Fisch hatte im Spätmittelalter einen wichtigen Platz in den
Essgewohnheiten sämtlicher Schichten eingenommen. Die Ernährung hatte somit
einen hohen Bedarf an Fisch zu decken. Die Nachfrage wurde mit der Binnenfischerei
und dem Handel mit Salzfischen gedeckt. In Mitteleuropa bezeugen
1 Dorothee Rippmann, Vorspeise. In: dieselbe und Brigitta Neumeister-Taroni (Hg.), Gesellschaft
und Ernährung um 1000: Eine Archäologie des Essens. Vevey 2000, 10.
2 Exponenten der Forschung sind Ingemar Boström (Italien), Rudolf Grewe (Katalonien,
Skandinavien), Constance Hieatt (England), Carole Lambert (Frankreich), Bruno Laurioux
(Frankreich, Italien), Alix Prenkti (Deutschland), Terence Scully (Frankreich, Savoyen).
Vgl. Odile Redon, Françoise Sabban und Silvano Serventi, Die Kochkunst des Mittelalters:
ihre Geschichte und 150 Rezepte des 14. und 15. Jahrhunderts wieder entdeckt für Geniesser
von heute. Frankfurt/Main 1993, 13.
47
die im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts einsetzenden und bis ins 16. Jahrhundert
anhaltenden Investitionen in den Bau von Teichen die Intensivierung der
Fischzucht.3 Die gezielte Bewirtschaftung von Seen und künstlich angelegten
Fischweihern ermöglichte gesteigerte Fangerträge. Eine zweite wichtige Ertragsquelle
stellten die Fischgründe der Flüsse dar. Das Ausfischen von Flüssen
konnte den gesteigerten Fischkonsum von Stadtbürgern zumindest teilweise decken.
Den direkten Zusammenhang von Urbanisierungsprozess und expandierendem
Fischereigewerbe beschreibt Angelika Lampen anhand des Aufschwunges
von Hansestädten und der intensivierten Binnenfischerei.4 Schriftliche Quellen
sowie archäologische Funde von Fischwehren bezeugen eine intensive Binnenfischerei
in Frankreich. Auch in Italien bestätigen kommunale Statuten, die
den Fischfang und -handel regelten, Akten von Korporationen von Fischern und
Fischhändlern sowie von Konsumsteuern den allgemeinen Konsum von Süßwasserfisch.
5
Die steigende Nachfrage wurde zunehmend durch den Handel mit Meeresfischen
gedeckt. Der Handel mit großen Mengen Hering aus der Ostsee und
der Nordsee erlaubte hansischen Städten zwischen dem 11. und 14. Jahrhundert,
eine führende Rolle in der europäischen Fischerei zu übernehmen.6 Ab dem 14.
Jahrhundert verlagerten sich die Hauptfangplätze von Hering zum Atlantik.
Große Kabeljaubänke vor der Küste Neufundlands zogen seit dem Ende des 15.
Jahrhunderts das Interesse baskischer, französischer, holländischer und englischer
Fischer an. Der Kabeljaufang und -handel wurde seither zur ertragreichsten
Fischerei. Möglich war das Wachstum des Fischhandels nur durch die Konservierungsmethoden,
die den Fisch transportfähig machten. Entweder wurde
der Kabeljau noch in den Fangbooten gesalzen oder sonst an der Luft zu Stockfisch
getrocknet.
Fisch stellte mithin im spätmittelalterlichen Europa dank intensivierter
Binnenfischerei und sich ausbreitendem Handel ein ausreichend vorhandenes
Lebensmittel dar. Archäologische Funde unterstützen diese Annahme und decken
sich mit den schriftlichen Quellen auch hinsichtlich eines erhöhten Verzehrs
von Süßwasserfischen.7 Dass Süditalien von den hauptsächlichen Fangund
Handelsplätzen an der Nord- und Ostsee und an der Atlantikküste weit entfernt
liegt und ein heiß-trockenes Klima aufweist, sodass Flussläufe während der
Sommerperiode versiegen, sind Umstände, die hier einen geringeren Fischkon-
3 Urs Amacher, Die Teichwirtschaft im Spätmittelalter. Vom Frischhaltebecken zum Fischmastweiher.
In: Medium Aevum Quotidianum 34 (1996) 68-90.
4 Angelika Lampen, Stadt und Fisch: Konsum, Produktion und Handel im Hanseraum der
Frühzeit. In: Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 87/3 (2000) 293.
5 Marco Tangheroni, Artikel „Fisch, -fang, -handel“. In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 2,
1983, Sp. 493.
6 Fernand Braudel, Die Tafel: Luxus und Massenkonsum, in: ders., Sozialgeschichte des 15.-
18. Jahrhunderts. Der Alltag. München 1985, 225.
7 Die meisten der in Hansestädten ausgegrabenen Fischknochen stammen von Süßwasserfischarten
(Lampen, Stadt und Fisch 289).
48
sum vermuten lassen.8 Diese Annahme wird zusätzlich durch Braudels Einschätzung
unterstützt; er rechnete nämlich für das „vielgerühmte Mittelmeer“ mit einem
„beschränkten Bestand“ an Fischen.9
Die kalt-feuchte Natur von Fisch – kulturelle Deutungsmuster
Vorstellungen über Ernährung wurden in starkem Ausmaß von der humoralpathologischen
Medizin beeinflusst, deren Wissen auf die Schriften des Hippokrates
(430 v.Chr.–380 v.Chr.) zurückgeht und von dem in Pergamon geborenen
Arzt Galen (129 n.Chr.–200 n.Chr.) maßgeblich ausgeformt wurde. Aufbauend
auf der naturphilosophischen Elementenlehre (Wasser, Feuer, Luft, Erde) entwickelte
die Physiologie die Säftelehre. Die Kardinalsäfte (humores) Blut,
Schleim (Phlegma), schwarze Galle und gelbe Galle steuern den menschlichen
(und tierischen) Organismus. Jeder Körpersaft besitzt nach der antiken Lehre
eine Doppeleigenschaft: Das Blut ist warm-feucht, die gelbe Galle warm-trocken,
die schwarze Galle kalt-trocken, während der Schleim kalt-feucht ist.10
Das humorale Gleichgewicht ist nach Galen für die charakterliche Ausprägung
der Temperamenttypen der Sanguiniker, Choleriker, Phlegmatiker und Melancholiker
verantwortlich. Entscheidend für die Gesundheit des Menschen ist die
Ausgewogenheit, also Verhinderung überschüssiger oder schlechter Säfte und
der ungestörte Fluss der Säfte im Körper.
Von einiger Bedeutung für die Überlieferung medizinisch-antiken Wissens
im Mittelalter war der christlich-arabische Mediziner Hunain Ibn Ishaq
(801–873), der über hundert Traktate Galens vom Griechischen ins Arabische
übersetzte. Unter anderem aus diesen Schriften schöpfte der in Bagdad geborene
christliche Arzt Ibn Butlan († 1066) für seine diätetische Schrift Tacuinum sanitatis
in medicinam (arab. Kitab Taqwim as-sihha). Sie wurde zwischen 1254
und 1266 vermutlich am Hof des Stauferkönigs Manfred von Sizilien ins Lateinische
übersetzt. Verschiedene teils reich illuminierte Handschriften waren im
14. und 15. Jahrhundert in Italien, Frankreich und im Reich verbreitet.11
Das Tacuinum sanitatis enthält als eine Art Gesundheitsalmanach Empfehlungen
zum gesunden Leben, wobei große Teile der Ernährung gewidmet
sind, einem entscheidenden Bereich der Lebensführung. Denn bereits nach Galens
Konzeption weisen alle Lebewesen und somit auch alle Nahrungsmittel Ei-
8 Die wenigen bei der Ausgrabung eines sizilianischen Dorfes aus dem 14. Jahrhundert
gefundenen Fischskelette bezeugen die geringere Verbreitung der Speise Fisch im Süden
Europas; vgl. Corinne Beck-Bosshard, L’alimentazione in un villaggio siciliano del XIV
secolo, sulla scorta delle fonti archeologiche. In: Archeologia medievale 8 (1981) 314 ff.
9 Braudel, Die Tafel 224.
10 Vgl. Terence Scully, L’arte della cucina nel Medioevo: Storia, ricette e personaggi dell’
epoca favolosa della tavola. Turin 1997, 48-50.
11 Tacuinum Sanitatis, Faksimileausgabe, hg. von Daniel Poirion und Claude Thomasset.
L’art de vivre au Moyen Âge: Codex Vindobonensis Series Nova 2644 conservé à la Bibliothèque
Nationale d’Autriche. Paris 1995, 15-18.
49
genschaften und Wirkkräfte auf, die sich nach den vier Grundqualitäten beschreiben
lassen. Bei der Nahrungsaufnahme beeinflussen sie das Säftegleichgewicht
im menschlichen Körper. Aus dem Tacuinum sanitatis ist zu entnehmen,
dass die Fische von kalt-feuchter Qualität seien, entsprechend dem Element
Wasser, in dem sie leben. Die Handschrift gibt nun Ratschläge, mit welchen
Zutaten der Fisch zubereitet werden soll, um sein Temperament zu erwärmen
und zu trocknen. Von den Köchen und Köchinnen wurde erwartet, dass sie
solche diätetischen Anweisungen zu kennen und sich danach zu richten hatten.12
Das Bedürfnis, enge Beziehungen zwischen dem Menschen und seiner
natürlichen Umwelt zu suchen, wird in der mittelalterlichen Vorstellung von den
vier Reichen der Natur, der „grande chaîne de l’être“ deutlich.13 Obwohl die
Auffassung, nach der die Schöpfung hierarchisiert gesehen wurde, nicht zu den
führenden Theorien des 15. und 16. Jahrhunderts gehörte, hatte sie großen Einfluss
gewonnen.14 Die Anschauung ordnet die Dinge der Pflanzen- und Tierwelt
den vier Grundelementen Erde, Wasser, Luft und Feuer zu; sie gehören vier
Reichen an, vom niedrigsten bis zum höchsten, luftigsten. Auf einer niederen
Stufe der Skala befinden sich die in der Erde wachsenden Wurzelgemüse und
Knollenfrüchte, nach oben folgen die Kräuter, die Sträucher und schließlich die
in den Himmel strebenden Bäume. Im zweiten Reich, dem des Wassers, sind die
Schwämme, Muscheln und Krabben den Fischen untergeordnet. Delfine und
Wale hinwiederum gelten als höher stehende Formen der Wassertiere, halten sie
sich doch oft an der Oberfläche auf und nähern sich somit dem Element Luft.
Die Vögel besetzen das Reich der Luft, während Salamander und Fabelwesen
dem obersten Reich des Feuers angehören. Die Klassifizierung der Vierfüßler
stellte ein Problem dar, weil sie weder eindeutig der Erde noch der Luft zuzuordnen
sind. Die Vermutung liegt nahe, dass sie höher als die Pflanzenwelt aber
nicht gleichrangig wie die Vögel eingestuft wurden, jedoch gewiss über den
Wassertieren stehend.15
Mit der hierarchischen Systematisierung wurde eine qualitätsbezogene
Wertung der Welt der Pflanzen und des Tierreichs vorgenommen, welche die
Auffassung einer Parallelität zwischen der Hierarchie der Naturwesen und der
gesellschaftlichen Hierarchie unterstützte. In der Auswahl der als genießbar eingeschätzten
Nahrungsmittel fand der soziale Differenzierungsprozess einer Gesellschaft
seinen kulturellen Ausdruck.16 Dementsprechend galt Gemüse als
12 Tacuinum sanitatis, fol. 82r, S. 283.
13 Allen J. Grieco, Alimentation et classes sociales à la fin du Moyen Âge et à la Renaissance.
In: Jean-Louis Flandrin und Massimo Montanari (Hg.), Histoire de l’alimentation. Rom und
Paris 1996, 485.
14 Vgl. Massimo Montanari, Der Hunger und der Überfluss: Kulturgeschichte der Ernährung
in Europa. München 1993, 108.
15 Grieco, Alimentation et classes sociales 488.
16 Nicht zufällig deckte sich die Ideologie mit der Zeit hoher gesellschaftlicher Mobilität zwischen
dem 14. und 16. Jahrhundert, in der „die bürgerlichen Schichten neben den traditionellen
Adel treten (oder gegen ihn antreten)“ und deshalb „Ordnung im Innern der herrschenden
Klasse geschaffen werden soll.“ Montanari, Der Hunger 102.
50
Arme-Leute-Essen, und allenfalls frisches Gemüse mochte gut genug sein, um
von oberen Gesellschaftsschichten wenigstens nicht geächtet zu werden. In jedem
Fall übertraf das Fleisch in den Nahrungspräferenzen der Aristokraten die
Pflanzennahrung, wobei Vogelfleisch, wie etwa das von Fasan oder Perlhuhn,
besonders geschätzt wurde und der Oberschicht vorbehalten war.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Alltagsernährung der Menschen hatten
indes die kirchlichen Fastengebote und klösterlichen Gewohnheiten. An
zwei bis drei Tagen in der Woche, meistens am Mittwoch und Freitag, forderten
sie den Verzicht auf Fleisch. Zusammen mit der vorösterlichen vierzigtägigen
Fastenzeit galt für insgesamt etwa 150 Tage im Jahr die Regel einer teilweisen
oder völligen Enthaltsamkeit von bestimmten Speisen und Getränken.17 An
sämtlichen Fastentagen musste jedoch insbesondere die Abstinenz von Fleisch
und Laktizinien eingehalten werden. Anstatt des Fleisches wurde Fisch zum
Verzehr empfohlen. Die Theologie stützte sich auf das medizinische Wissen der
Säftelehre, wenn sie aus der warm-feuchten „Natur“ von Fleisch (insbesondere
von rotem Fleisch) ableitete, dass sein Genuss einer Überhitzung des Menschen
und damit der Steigerung seiner sexuellen Begierden Vorschub leiste; das würde
die Einhaltung der sexuellen Abstinenz an den Fastentagen beispielsweise erschweren.
18 Diesen theologisch begründeten Warnungen vor den Gefahren des
Fleischgenusses zum Trotz zeigen Schätzungen zum Konsumverhalten der Gesellschaften
in Nord- und Südeuropa für das 14. und 15. Jahrhundert einen markant
gestiegenen Fleischkonsum aller Schichten an.19 Daher nehmen auch die
Fastenvorschriften seit dem Auftreten der Pest um 1350 in Europa deutlichere
Konturen an.
Aus medizinischer Sicht erklärt die Vorstellung, die Speisen würden während
der Verdauung im Magen weiterkochen, warum die Ärzte empfahlen,
Fleisch und Fisch in getrennten Mahlzeiten zu verzehren. Die grundverschiedenen
Eigenschaften des heißen Fleischs und des kalten Fischs benötigen unterschiedliche
Gar- bzw. Verdauungszeiten. Würde man Fleisch und Fisch gleichzeitig
essen, würde die Verdauung gestört, weil das Weitergaren der Speisen im
Magen nicht in der für jede Speise adäquaten Zeitdauer funktionieren kann. In
dieser physiologischen Körpervorstellung offenbart sich eine grundsätzliche
kulturelle Praxis mittelalterlicher Essgewohnheiten: Die Trennkost von Fisch
und Fleisch.
Somit ist schon allein aus naturphilosophisch-diätetischen Gründen die
Rollenverteilung von Speisefisch und Fleisch in der spätmittelalterlichen Ernährungskultur
eindeutig: Das Fleisch wird mit den Freuden und der Ausgelassenheit
des Karnevals verbunden, während der Fisch mit dem Verzicht der Fastenzeiten
verknüpft ist. Der „Kampf“ zwischen Karneval und Fastenzeit, zwischen
Fleisch und Fisch birgt eine „tiefgreifende kulturelle Integration des Konsums
17 Lampen, Stadt und Fisch 285.
18 Scully, L’arte della cucina 68.
19 Bruno Laurioux, Tafelfreuden im Mittelalter: Kulturgeschichte des Essens und Trinkens in
Bildern und Dokumenten. Stuttgart und Zürich 1992, 17 f.
51
von Fleisch und Fisch“ in sich und stellt ein entscheidendes Deutungsmuster für
die „Kultur des Fischessens“ bereit.20 Der untergeordnete Rang von Fisch in der
Vier Reiche-Lehre von der „grande chaîne de l’être“ bestätigt, trotz oder gerade
wegen der kirchlichen Aufwertung des Wassertiers durch die liturgischen Fastengebote,
den unbestrittenen Vorzug von Fleisch. Gekennzeichnet von diesen
kulturellen Bedeutungsgehalten blieb der Fisch fortan ein „leichtes“ Essen, das
als nicht sättigend galt, und obwohl man ihn häufig servierte, stand er in kultureller
Hinsicht immer im zweiten Rang hinter dem Fleisch.21
Mit Sicherheit war die Kenntnis dieser Wertungen und Deutungen innerhalb
der mittelalterlichen Oberschicht verbreitet; gerade in dem sich wiederholenden
alltäglichen Essensakt und der zyklischen Wiederkehr des christlichen
Kalenders verankerten sich die mit den liturgischen Essvorschriften verknüpften
Deutungen im kulturellen Gedächtnis der Gesellschaft.22
Die Aussagekraft von Kochbüchern
Der Analyse einiger Kochbücher aus Frankreich und Italien sind knappe Überlegungen
zum gattungsspezifischen Aussagegehalt von Kochbüchern als historische
Quellen vorauszuschicken. Um das Jahr 390 n. Chr. wurde das Kochbuch
De re coquinaria des Apicius, eines römischen Feinschmeckers aus dem 1. Jahrhundert
n. Chr., aus mündlichen Überlieferungen kompiliert; es gilt als das älteste
im lateinischen Mittelalter bekannte Kochbuch.23 Begünstigt durch den in
diesem Zeitraum intensivierten Gewürzhandel mit dem Orient entstanden erst
zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert eine Reihe von Kochbüchern in Frankreich
und Italien, aber auch in England, Deutschland und Dänemark. Wie der
Text des so genannten Anonim Meridionale und insbesondere der Viandier bezeugen,
sind Kochbücher nicht das Werk eines Einzelnen, sondern das Produkt
einer kollektiven Arbeit des Ergänzens und Korrigierens. Da für die Zutaten
grundsätzlich keine Mengen angegeben werden, setzen die Rezepte die Kochpraxis
der Benutzer voraus, und so sind Köche und Köchinnen als die primären
Adressaten zu betrachten.
Bezüglich der Nahrungspräferenzen der betreffenden Haushalte haben
Rezeptsammlungen eine beschränkte Aussagekraft. Welche Gerichte wie oft auf
die Tafel der Herrschaften kamen, läßt sich aus den Rezepten allein nicht beantworten,
noch sind Aussagen über die jeweils aufgetischten Quantitäten möglich.
Die schriftlich festgehaltenen Zeugnisse der Kochkunst dürften jedoch ins-
20 Montanari, Der Hunger 97.
21 Vgl. ebd. 100.
22 Die kulturellen Wertungen zu den Essgepflogenheiten einer Gesellschaft lassen sich auch in
der Sprache anhand „wandlungsresistenter“ Sprichwörter nachweisen. Vgl. Jean-Louis
Flandrin, Assaisonnement, cuisine et diététique aux XIVe, XVe et XVIe siècles. In: ders.
und Massimo Montanari (Hg.), Histoire de L’alimentation. Rom und Paris 1996, 490.
23 Johanna Maria van Winter, Artikel „Kochbücher“. In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 2,
1983, Sp. 1245.
52
gesamt eine reale Kochpraxis spiegeln. Außerdem erweisen sich Haushaltsrechnungen
mit ihren Angaben über die Mengen und die Preise eingekaufter Lebensmittel
als aussagekräftige Quellen. Ein Verzeichnis sämtlicher zwischen
1344 und 1428 für die in Florenz ansässige mensa della signoria eingekauften
Esswaren stellt ein wertvolles Beispiel eines Dokuments dar, das die Essgewohnheiten
einer Elite festhält. Die präzis geführten Konten erwähnen die Namen
von etwa zwanzig Gerichten; die meisten von ihnen finden sich in verschiedenen
italienischen Kochbüchern wieder.24
Der Viandier von Guillaume Tirel
Beim so genannten Viandier handelt es sich um das bekannteste mittelalterliche
Kochbuch Frankreichs. Ab dem 13. Jahrhundert hat die Rezeptsammlung die
Tradition schriftlich festgehaltener französischer Kochpraxis am stärksten geprägt.
Insgesamt sind vier Manuskripte aus unterschiedlicher Entstehungszeit
überliefert. Deren ältestes wurde zwischen 1250 und 1300 auf Pergament von
einer heute unbekannten Version abgeschrieben. Es befindet sich im Walliser
Staatsarchiv in Sion (im Folgenden: VAL). Ein zweites im 14. Jahrhundert entstandenes
Manuskript befindet sich in der Nationalbibliothek in Paris (BN),
während die dortige Bibliothèque Mazarine eine Handschrift aus dem 15. Jahrhundert
aufbewahrt (MAZ). Die vierte Kopie aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts
befindet sich in der Bibliothek des Vatikans (VAT). Keine der überlieferten
Handschriften weist Flecken oder eingefügte Ergänzungen auf, was sie
sämtlich als Bibliotheksexemplare kennzeichnet, sie scheinen nicht als Arbeitshilfen
in der Küche im Gebrauch gestanden zu haben.25
Durch ihren Aufbau und die zahlreichen Übereinstimmungen der Rezepte
verbinden sich die genannten Exemplare schließlich zur Gruppe des unter dem
Namen Viandier bekannten Kochbuches. Es erhielt in der Forschung seinen
Namen, weil sich die Schreiber der Handschriften BN, MAZ und VAT jeweils
in der Einleitung, dem Incipit, gegenüber dem Chefkoch am Hof des französischen
Königs Karl V., Guillaume Tirel alias Taillevent, erkenntlich zeigen.26
Trotz ihres verwandten Ursprungs stehen die vier französischsprachigen
Handschriften in keinem direkten Zusammenhang untereinander. Denn keine
diente einer der anderen als Vorlage. Die Handschriften MAZ, BN und VAT
sind mit Sicherheit nicht von VAL abgeschrieben, die ihrerseits auf eine andere
Vorlage zurückgeht. Einzig die Exemplare BN und VAT scheinen Kopien derselben
Vorlage zu sein.27 Mit Sicherheit ist Taillevent (1315-1395) nicht der Au-
24 Vgl. Allen J. Grieco, From the cookbook to the table: A Fiorentine Table and Italian Recipes
of the Fourtheenth and Fifteenth Centuries In: Carole Lambert (Hg.), Du manuscrit à la
table. Montréal 1992, 29-38.
25 Terence Scully (Hg.), The Viandier of Taillevent. An Edition of all Extant Manuscripts.
Ottawa 1988, 3 ff.
26 Ebd. 9 ff.
27 Ebd. 6 ff.
53
tor der ältesten Version, da diese vor seiner Lebenszeit verfasst wurde. Obwohl
Taillevent nicht der Autor des Basismanuskripts sein kann, werden ihm in den
folgenden Überlieferungen die Verdienste für das Werk zugesprochen. Möglicherweise
hat der Chefkoch am Hof König Karls V. in seiner langen, eindrucksvollen
Karriere zwischen 1330 und 1395 mit zunehmender Bekanntheit eine erweiterte
Abschrift seiner Vorlage vornehmen lassen, welche die jüngeren Fassungen
MAZ, BN und VAT beeinflusst hat.
Der Anonimo Meridionale
Die Handschrift des Anonimo Meridionale (im Folgenden: AM) befindet sich in
der Bibliothèque Internationale de Gastronomie in Sorengo (TI), die es vermutlich
von einer Stockholmer Privatsammlung übernommen hat.28 Das in der ersten
Hälfte des 15. Jahrhunderts entstandene Manuskript besteht aus den fragmentarisch
überlieferten Büchern A und B, die zwar von der gleichen Hand
stammen, sich jedoch stilistisch und sprachlich voneinander unterscheiden und
deshalb verschiedene Autoren vermuten lassen. Während das Buch A einige lateinische
Rezepte enthält, ist das gesamte Buch B auf Italienisch verfasst. Mit
seiner sprachlichen Analyse kann Ingemar Boström anhand gewisser Ausdrücke
einige toskanische Elemente nachweisen.29 Mit Sicherheit ist jedoch die Provenienz
des Texts aufgrund seiner Sprachstruktur dem süditalienischen Raum, am
ehesten Neapel, zuzuordnen.30 Weil der Autor beziehungsweise die Autoren
nicht bekannt sind, kann der soziale Kontext der Entstehung und Anwendung
des umfangreichen Textes nicht genauer bestimmt werden.
Boström fand in seiner Analyse keine Entsprechungen zum Inhalt der bekannten
italienischen Kochbücher des Anonimo Veneziano und Maestro Martino.
Mit dem Anonimo Toscano und dem Liber de coquina hat der Anonimo
Meridionale zwar einige Rezepte gemeinsam, es besteht jedoch keine direkte
Abhängigkeit. Mit Sicherheit dienten diese Kochbücher dem AM nicht als Vorlage.
31. Um nur zeitlich bedingte Unterschiede bei unserer Untersuchung auszuschließen,
dient die Fassung der vatikanischen Kopie (VAT) des Viandier als
Vergleichsgrundlage.
Die Fischrezepte im Vergleich
Ein Vergleich der mittel- und südeuropäischen Fischküche wird Aufschluss darüber
geben, wie stark die dargestellten diätetischen und kirchlichen Vorschriften
28 In der 1985 erschienenen Edition erwähnt Ingemar Boström eine Stockholmer Privatsammlung
als Aufbewahrungsort der Quelle, während zur Zeit die Bibliothèque Internationale de
Gastronomie das Manuskript in ihrer Sammlung auflistet.
Vgl. die Website http://www.ti.ch/ DFE/EVENTI/sapori/2003/curiosita/bing.asp.
29 Ingemar Boström (Hg.), Anonimo Meridionale, Due libri di cucina (Acta Universitatis
Stockholmensis, Romanica 11) Stockholm 1985, 59.
30 Ebd.
31 Ebd. 62.
54
die spätmittelalterliche Kochkunst prägten, und welche Kochmethoden in den
Kochbüchern empfohlen wurden. Wir gehen zunächst vom inhaltlichen Aufbau
der Rezeptsammlungen aus, um den jeweiligen Stellenwert der Fischrezepte zu
bestimmen.
Der Viandier teilt seine Rezepte klar in Gruppen ein. Einleitend (im Incipit)
gibt er Anweisungen für unterschiedliche Kochtechniken, wie zum Beispiel
das Entsalzen. Darauf beginnt der Rezeptteil mit der Gruppe Potage lians (gesottene
Fleischgerichte)32. Die zweite Gruppe bilden die rostz de chair (gebratene
oder gegrillte Fleischgerichte), gefolgt von der Gruppe der Entremez, einem
üblicherweise zwischen dem ersten und zweiten Fleischgang servierten Zwischengang.
33 Danach folgen die entsprechenden Gerichte für die fleischlosen
Tage und für Kranke, dann weiter die Rezepte für Poisson d’eaue doulce (Süßwasserfische),
Poisson de mer ront (Runder Meerfisch) und Poisson platz de
mer (Platter Meerfisch).34
Die Anordnung der Rezepte berücksichtigt die Zweiteilung in die Kategorien
der Land- und Wassertiere beziehungsweise Haustiere und Fische in nahezu
mustergültiger Konsequenz. Bezeichnenderweise beginnt die Sammlung mit der
Zubereitung von Fleischgerichten, während die Fischrezepte an zweiter Stelle
stehen. Die Fische sind in die Kategorien der Süßwasserfische, der runden und
zuletzt der platten Fische unterteilt, was, wie Scully bemerkt, der idealen Präferenzskala
der Ärzte entspricht. So werden die bevorzugten Fischsorten vorrangig
behandelt.35 Tatsächlich lässt sich diese Beliebtheitsskala mit der vertikalisierten
Vorstellung der natürlichen Umwelt vereinbaren. Der Lebensraum von Süßwasserfischen
– Seen, Flüsse und Bäche – steht über demjenigen der Meeresfische,
weshalb Süßwasserfisch als bekömmlicher gilt.
Der Anonimo Meridionale enthält kein Inhaltsverzeichnis, was die bereits
aus der sprachlichen Analyse gewonnene These der voneinander unabhängigen
Entstehung der Bücher A und B erhärtet. Zudem unterscheiden sie sich in ihrem
Aufbau. Buch A lässt keine logische Ordnung der Rezepte erkennen, wobei allerdings
einige Fischrezepte in einer Gruppe zusammengefasst sind und die Rezepte
von Teigkuchen Torta parmesciana, pastelle und Crespelle alle an den
Anfang gestellt werden.36 Wegen der fehlenden Gliederung von Buch A ist
diesbezüglich kein Vergleich mit dem Viandier möglich.
32 Scully (Hg.), The Viandier of Taillevent, Rezept Nr.10, S. 48. Die Rezeptzahlen entsprechen
der Nummerierung in Scullys Edition.
33 Ebd. Nr. 31, S. 81; Nr. 61, S. 112 und Nr. 75, S. 139.
34 Ebd. Nr. 97, S. 168; Nr. 118, S. 185 und Nr. 133, S. 199.
35 Ebd. 20.
36 Boström (Hg.), Anonimo Meridionale, Buch A, 1-9, S. 5-7. Beide Bücher verfügen über ein
eigenes Verzeichnis mit Nummerierung, das den Rückschluss auf die ursprüngliche Gesamtzahl
der Rezepte ermöglicht. Beim Quellenverweis wird im Folgenden die Nummerierung
des Herausgebers I. Boström übernommen. Für die Übersetzung half das angefügte
Glossar.
55
Buch B dagegen beginnt mit dem Inhaltsverzeichnis (Expliciunt capitula),
das die Gliederung der Rezeptsammlung ankündigt.37 Die ersten vier Teile
enthalten die Kochanweisungen für Rindfleisch, für Pferdefleisch (vom Wallach),
Schweinefleisch und zuletzt für Geflügelfleisch. Danach folgen Rezepte
für Gemüse und Fisch. Nach den Fleischkapiteln folgen, nach der Überleitung
mit dem Wörtchen poy (danach), die Gemüse- und Fischgerichte. Besonders die
Gemüseplatten scheinen als bloße Garnituren zum Fleisch gedacht zu sein.38
Weil er erst im letzten Kapitel behandelt wird, ist zu vermuten, dass Fisch ein
minderes Prestige hatte. Wie beim Viandier berücksichtigt der Anonimo Meriodionale
(Buch B) die Kategorien Fleisch und Fisch gesondert, indem er dabei
seine Vorliebe für das Fleisch verrät.
Tabelle I fasst die Ergebnisse der Auszählung der Typen von Gerichten
zusammen. So enthält der Viandier mit 27% deutlich mehr Fischrezepte als der
AM mit nur 17%.39 Dies ist womöglich mit der Vorliebe der Aristokratie für frischen
Fisch zu erklären; er kam eben wegen der günstigeren Umweltverhältnisse
nördlich der Alpen häufiger vor als im trockenen Südeuropa.40 Weiter fällt auf,
dass das italienische Kochbuch (AM) in 44% der enthaltenen Fischrezepte zwar
die Garmethoden angibt,41 jedoch nicht nach Fischsorten differenziert, was Ausdruck
fehlender Kenntnisse oder Erfahrungen sein könnte und am ehesten auf
die Knappheit der Ressource Fisch zurückzuführen ist.
Tabelle II führt die in den Kochbüchern erwähnten Fischarten auf. Dass
die große Fischvielfalt des Viandier im AM keine Entsprechung hat, überrascht
nicht. Hingegen sind im AM häufig Sardinen und Sardellen erwähnt, von denen
im Viandier nie die Rede ist. Die Rezepte für Meerfische konzentrieren sich
somit im AM (18%) hauptsächlich auf die Schwarmfische; sie eigneten sich in
konserviertem, geräuchertem Zustand bestens zum ganzjährigen Verzehr.42
Nach Braudels Darstellung stellen im Mittelalter die guten Fischbestände von
Sardinen, Anchovis und Thunfischen im Mittelmeer eine Ausnahme dar.43 Mit
dieser allerdings schwer überprüfbaren Feststellung würde sich der Befund im
AM immerhin decken.44
37 Boström (Hg.) Anonimo Meridionale, Buch B, Einleitung 35.
38 Ebd.
39 Das Verhältnis bezieht sich auf die Gesamtheit aller Gerichte (=100%) im Kochbuch.
40 Im hohen Preis reflektiert sich unter anderem das Prestige von frischem Fisch. Vgl. Redon,
Sabban und Serventi, Kochkunst 21.
41 Boström (Hg.) Anonimo Meridionale, Buch A, Nr. 49-51, S. 14 f.
42 Vgl. Scully, L’arte della cucina 67.
43 Braudel, Die Tafel 225.
44 Zur Ausprägung der mittelalterlichen Fischerei Italiens vgl. Giuseppe Mira, La pesca nel
medioevo nelle acque interne italiane. Mailand 1937.
56
Tabelle I: Verhältnis der Fischrezepte zu den restlichen Rezepten45
Total
Rezepte
Rezepte für
Süßwasserfische
%2) Rezepte für
Meerfische
%2) Rezepte
ohne
Zuweisung
%2) Total
Fischrezepte1)
Fischrezepte
in %
Viandier 184 20 40 30 60 0 0 50 27
Anonimo
Meridionale
A
135
8
6
11
25
Anonimo
Meridionale
B
65
5
0
4
9
14
Anonimo
Meridionale
A/B
200 13
38
6
18
15
44
34
17
1) Saucen und Gelatinen mit der Zutat Fisch sind im Total der Rezepte enthalten.
2) Prozentangaben drücken das Verhältnis zu ‚Total Fischrezepte’ aus.
Meeräsche und Schleie werden sowohl im Viandier als auch im AM erwähnt.
Bei Aal und Lamprete ist die Übereinstimmunsquote besonders hoch.46
Für den Vergleich von Regionalküchen eignen sich besonders die Rezepte für
häufig genannte und somit wohl beliebte Fischarten. Der Viandier schlägt mit
den Rezepten für Brouet vergay d’anguilles, soringue und Brouet sarrasinois
drei Zubereitungsarten von Aalsuppe vor. In die Fleischgruppe der potage lians
eingeteilt, sind sie als Ersatzgerichte für die mageren Tage des Jahres bestimmt.
In der soringue wird der enthäutete Aal zuerst in Tranchen geschnitten und mit
Zwiebeln und Petersilie im Öl angebraten. Danach werden Brot, kochendes
Wasser und Wein hinzugefügt und das Ganze mit Ingwer, Zimt, Nelken, Paradieskörnern47
und Safran vermengt. Schließlich wird die Suppe mit Verjus48 und
Essig abgeschmeckt.49
45 Quellen: Boström (Hg.), Anonimo Meridionale; Scully (Hg.); The Viandier of Taillevent.
46 Vgl. Tabelle II. Der Aal und die Lamprete können lange außerhalb des Wassers überleben
und waren deshalb einigermaßen transportfähig.
47 Die kleinen, sehr scharfen schwarzen Samen sind in der Fruchtkapsel des Aframomum
melegueta enthalten, einem in Afrika heimischen Ingwergewächs. Redon, Sabban und Serventi,
Kochkunst 66.
48 Der Verjus wird aus unreifen, sauren Trauben hergestellt. Scully (Hg.), The Viandier of
Taillevent 360.
49 „Eschaudez ou escorchez l’anguille, puis couppez par tronçons et missiez ongnons par roulles
et persil effuilié, et mettez tout souffrire en huille; puis prenez pain hallé …, ou eaue
boullie et du vin plain, … mettez avec boullir; puis prenez gingenbre, canelle, girofle,
grainne de paradiz, et saffran …, et deffaictes de verjus et mettés avec boullir; et la savourez
de vanaigre“. Scully (Hg.) The Viandier of Taillevent Nr. 79, S. 145.
57
Tabelle II: Liste der erwähnten Fischsorten50
Auch enthält der Viandier ein Aalrezept mit verschiedenen Varianten des
trocken servierten Aals. Die eine sieht vor, den Fisch im Wasser zu kochen und
mit einer grünen Knoblauchsauce und Senf zu servieren. Bei der zweiten Variante
wird der Fisch mit Knoblauch gegrillt und von einer scharfen Sauce be-
50 Folgende Fischsorten aus dem Viandier sind nicht übersetzt: Alles de mer, brete, esperlans,
gaymeaux, meinuise, orfin, pleis, porpoise, santoilles (frz.) dab, brill (eng.). Da insbesondere
im A/M bei einigen Rezepten verschiedene Fischsorten für dieselbe Zubereitungsart
erwähnt werden, entspricht das Total erwähnter Fische nicht demjenigen aus Tabelle I.
Quellen: Boström (Hg.), Anonimo Meridionale; Scully (Hg.); The Viandier of Taillevent.
Bezeichnung der Fischsorte Anzahl der Erwähnungen
Viandier AM A/B
Aal 5 3
Barbe 1
Brachsmen 1
Dorsch, Kabeljau, Schellfisch,
Seehecht 4
Flussbarsch 1
Forelle 1 4
Flunder 1
Haifisch 1
Hecht 2 3
Karpfen 1
Lachs 1
Lachsforelle 2
Lamprete 2 3
Maifisch (Alse, Alose) 2
Makrele 1
Meeraal 1
Meeräsche 1 1
Palamide, Bonito 1
Rochen 1
Rotauge (Schwale) 1
Rotzunge 1
Sardelle 3
Sardine 5
Schleie 1 5
Seezunge 1
St. Petersfisch 1
Steinbeisser 1
Stör 1
Walfisch 1
Wolfsbarsch 1 1
Zwerglaube (Sonnenfischchen)
1
58
gleitet. Schließlich gibt es die Anleitung, den mit Kräutern gewürzten Aal in einen
Teig zu geben und im Ofen zu garen; er wird mit weißer Knoblauchsauce
angerichtet.51
Die im Anonimo Meridionale empfohlenen Fischsuppen werden, falls die
Sorte überhaupt genannt ist, mit Sardinen zubereitet. Für den brodo de pisci marini
soll man den Fisch tranchieren und im Öl anbraten, ungeschälte Mandeln
mahlen und abtropfen lassen, die Mandelmilch mit den Fischen kochen, die
Gewürze (ohne Safran) dazugeben und die Suppe, bevor man sie vom Feuer
nimmt, mit dem Saft von Orangen, Mandarinen oder Zitronen abschmecken52.
Ferner beschreibt der AM ein pastello d’anguille, das der Viandier hinwiederum
nicht kennt. Man bestreue den enthäuteten, in Stücke geschnittenen Aal mit
reichlich Gewürzpulver, lege ihn auf einen Teig und bedecke ihn mit einer Teigschicht.
Bevor der Fisch im Ofen gegart ist, soll man in der Mitte des Teiges ein
Loch formen und Rosenwasser, Öl und Limoncello in die Öffnung geben.53
Ein Rezept für frische Lamprete im Viandier lautet: „La lampreda dovrebe
essere dissanguata dalla bocca e la sua lingua strappata; dovreste infilare
uno spiedo dentro all’animale per farne uscire il sangue … Poi spellatela come
si farebbe con un’anguilla e arrostitela su uno spiedo sottile inserito nei suoi fianchi
… Poi pestate zenzero, cannella, chiodi di garofano, grani del paradiso,
noce moscata e un po’ di pane arrostito inumidito nel sangue insieme ad aceto
…; versate tutto insieme [in una pentola] e portate a ebollizione, poi mettete la
lampreda intera nella pentola … la lampreda dovrebbe essere portata asciutta in
tavola e la salsa liquida o il “fango” dovrebbe esservi versata sopra …“54
Der AM hinwiederum gibt folgende Anweisungen für die Lamprete: Man
wasche und entsalze sie und lege sie auf ein Stahlgitter, um sie zu grillen.
Daneben bereite man mit Essig ein Gemisch von Brotkrume, Pfeffer und Safran
vor, lasse die Masse abtropfen und mit dem Fisch kochen. Das Gericht wird mit
grüner Sauce, Zitronensaft und Rosenwasser genossen.55
51 „En eaue, aux ailletz vertz; la salee, a la moutarde; en rost, aux aulx blans; … a la saulce
chaude …; et en pasté, pouldré d’espices… “. Scully (Hg.), The Viandier of Taillevent, Nr.
107, S. 178 f.
52 „… lava lo pescie et talglialo et soffrigelo con olio… Tolli agmandole non mondate, pistale
et colale, et colatura micti colli dicti pisci abollire. Mictice donde spetie senza saffarana,
nanti che tu lo tolli dal foco, et mictice suco de cetrangoli o de limone …“. Boström (Hg.),
Anonimo Meridionale, Buch A, Nr. 66, S. 17.
53 „… scortica et lava bene l’anguilla et talgliale, et sopra ciascuno peçço mictice polvere de
spetie …, et fa pastello de pasta …, et micti lo dicto pescie dentro et coprilo con un altro
pastello …, et fa uno foramo in meço …, et quando el serrà quasi cocto, micti per lu foramo
in foramo in meçço et forame aqua rosata, poco de olio et … limoncello“; Boström (Hg.),
Anonimo Meridionale, Buch A, Nr. 77, S. 20.
54 Scully (Hg.), The Viandier of Taillevent, Nr. 69, S. 130. Übersetzung aus Scully, L’arte
della cucina 245.
55 „…tolli lampreda lavata et strecata socomo è dicto de sopra, et rustila sopra la grate de
ferro, et falli peperata con aceto, con saffarana et mollica de pane poco brusciato, et cola et
fa bollire colla dicta lampreda rustica. …poy mangare con salsa verde et con suco de lomocelli
et con acqua rosata“. Boström (Hg.), Anonimo Meridionale, Buch A, Nr. 80, S. 20.
59
Die untersuchten Rezepte zeigen zahlreiche Gemeinsamkeiten der Kochpraktiken
in Frankreich und Süditalien. Die beiderseits der Alpen bekannten
Fischsuppen wurden mit brouet und brodo auch gleich bezeichnet. Sowohl der
AM als auch der Viandier empfehlen, Lamprete mit einer Sauce anzurichten.
Gemeinsam sind auch die beschriebenen Gartechniken und die Verwendung einer
breiten Palette von Gewürzen. In beiden Rezeptsammlungen ist für die
Fischsuppen vorgesehen, den Fisch zu braten, bevor er im Sud gekocht wird,
und in beiden wird die Lamprete gegrillt und anschließend gesotten. Dieser doppelte
Kochvorgang ist wegen des kalt-feuchten Temperaments der Fische empfehlenswert;
durch die mehrfache Zufuhr von Hitze sollen sie wärmer und trockener
und somit verdaulich gemacht werden. Übrigens galten gerade Aal und
Lamprete als hochgradig feucht.
Die Vorliebe beider Regionen für Gewürze kann mit Zahlen belegt werden.
Im Viandier sind über 66%56, im AM 70% der Fischgerichte gewürzt. Tatsächlich
war der Gebrauch von Gewürzen in Westeuropa zwischen dem 14. und
16. Jahrhundert auf dem Höhepunkt angelangt, was seinen Grund nicht allein in
den gastronomischen Präferenzen der Köche hatte.57 Der Tacuinum Sanitatis betrachtet
die warm-trockenen Gewürze als besonders gesundheitsfördernd, und so
erstaunt es nicht, dass sie zuerst Eingang in die Medizin gefunden hatten58 und
die Apotheker den Handel mit Würzmitteln betrieben.59 Die Beliebtheit importierter
Spezereien spiegelt die Faszination des Exotischen. In der mittelalterlichen
Vorstellung grenzte der Orient an das irdische Paradies. Ihre Herkunft aus
dem Orient verlieh den Gewürzen letztlich paradiesähnliche Eigenschaften, und
so transportierten sie, so zu sagen, auch ein „Versprechen von Ewigkeit“.60
Zur spätmittelalterlichen Kulinarik gehörte der häufige Gebrauch saurer
Zutaten wie Essig, Wein, Agrest oder Saft aus Zitrusfrüchten (69 % der Rezepte
des Viandier bzw. 65% der Rezepte des AM).61 Die konservierenden Flüssigkeiten
wurden in der Regel bis zum folgenden Jahr ohne Qualitätsverlust in Fässern
gelagert.62 Mit der Zugabe entweder von weißem Wein, rotem Wein, Agrest,
Essig oder Traubenmost erreichte man unterschiedliche Geschmacksnuancierungen
der Speisen. Auch wenn der saure Grundton der vergorenen Obstsäfte
insgesamt vorherrschend bleibt, unterscheiden sich ihre Geschmackscharakteristiken
voneinander. Keine andere Flüssigkeit war daher für die mittelalterlichen
Köche wichtiger als Wein und Essig.
56 Jean-Louis Flandrin, Internationalisme, nationalisme et régionalisme dans la cuisine des
XIVe et XVe siècles: le témoignage des livres de cuisine. In: Manger et boire au Moyen
Age, II, Actes du Colloque de Nice 1984, 85, tableau 1.
57 Ebd. 76.
58 Majoran, Petersilie und Pfefferminze sind nur einige Beispiele für die positiven Eigenschaften
von Kräutern. Poirion und Thomasset (Hg.), Tacuinum Sanitatis, fol.33v, 34r, 34v,
S.113.
59 Laurioux, Tafelfreuden 39.
60 Ebd. 40.
61 Flandrin, Internationalisme 86, Tableau 2.
62 Scully, L’arte della cucina 126.
60
Der geographische Vergleich bringt indes auch gewisse regionale Ausprägungen
der Küchen ans Tageslicht. In 50% seiner Fischrezepte ersetzt das
süditalienische Kochbuch die saure Flüssigkeit von Essig oder Wein durch Zitronensaft
oder Bitterorangensaft. Dem Viandier hingegen ist die Verwendung
von Agrumen völlig unbekannt. Kennzeichen der süditalienischen Küche ist der
häufige Gebrauch von Zucker in Fischgerichten (26%), während der Viandier
Zucker nur in 10% all seiner Rezepte und nur in wenigen Fischrezepten angibt.63
Die Verfeinerung saurer Speisen mit Zucker führte zur süß-sauren Geschmackskombination.
In Südeuropa beginnt seit dem 11. Jahrhundert die Anlage von
Zuckerrohrplantagen; mit der Verbreitung von Zucker entsteht allmählich ein
Europa des Zuckers: „… le boom sucrier enregistré au XVe siècle, aussi bien en
Sicile que dans la région valencienne“. Doch erreicht Zucker in Frankreich nie
dieselbe Bedeutung wie in seinem südeuropäischen Urspungsgebiet.64 Obwohl
Honig seit der Antike gesammelt wurde, löste erst der Zucker als teure Importware
die Faszination für das Süße und im speziellen für das süß-saure Aroma
aus. Der aromatische Kontrast zweier Geschmäcker kam dem Geschmackssinn
der Feinschmecker entgegen. Eine letzte Eigentümlichkeit südeuropäischer
Fischküche gilt der Verwendung von Mandeln und Mandelmilch, die in 35% der
Fischspeisen im Anonimo Meriodionale vorgesehen sind, im Unterschied zum
Viandier, der sie für die Zubereitung von Fischgerichten nicht anwendet.
Mit der arabischen Eroberung Südspaniens und Süditaliens gelangten
neue Kulturpflanzen wie Zuckerrohr, Bitterorangen, Zitronen und Mandeln nach
Europa. Ihre Bedeutung in der Küche Süditaliens lässt sich im AM deutlich erkennen.
Urteilt man nach den untersuchten Fischrezepten beider Kochbücher,
charakterisiert die Vorliebe für die neuen pflanzlichen Lebensmittel die süditalienische
Küche des Mittelalters.
Hingegen kennzeichnet französische Kochkultur, wenn man vom Viandier
aus urteilt, der größere Stellenwert der Fischrezepte. Darin spiegelt sich
wohl der Umstand, wonach diese tierische Nahrungsressource in Frankreich
reichlicher vorhanden war, dank des Fischereigewerbes und der im Vergleich zu
Süditalien größeren Nähe zu den wichtigen Fangplätzen Europas.65 Für beide
Regionen gilt, dass Fisch als angeblich wenig sättigende Speise in den Kochbüchern
erst an zweiter Stelle nach dem Fleisch rangiert. Er gehörte zu den Mahlzeiten
der „mageren“ Tage und der Fastenzeit.
Die kulinarische Reise in die Küchen einer Oberschicht Frankreichs und
Süditaliens führt zur Annahme, dass beide Länder eine ähnliche Kochkultur entwickelt
hatten. Die Gegenüberstellung der Fischrezepte zeigt, dass französische
wie süditalienische Köche ihren Herren kräftig gewürzte Gerichte vorsetzten,
die sie unter Verwendung von Wein, Essig oder Agrest abschmeckten. Nach den
Ingredienzien zu urteilen, gab es bei den Konsumenten eine Präferenz für span-
63 Flandrin, Internationalisme 86, tableau 2.
64 Bruno Laurioux, Cuisines médiévales (XIVe et XVe siècles)., In: Jean-Louis Flandrin und
Massimo Montanari (Hg.), Histoire de L’alimentation. Rom und Paris 1996, 469.
65 Zum Handel siehe die Erwähnungen für kabeljauartige Fische in Tabelle II.
61
nungsreiche sauer-würzige, scharfe Geschmackskomponenten und für ausgiebig
gekochtes beziehungsweise gebratenes Fleisch. Denkt man an das in beiden Rezeptsammlungen
enthaltene Rezept für Fischsuppe, den brouet oder brodo, so
kann man sogar vermuten, dass zwischen beiden Ländern ein Austausch von
Rezepten stattfand. Tatsächlich begünstigten die engen dynastischen Verflechtungen
der europäischen Fürstenhäuser einen Austausch von Kochanleitungen
und die Verbreitung einer europäischen Küche“.66
Möglicherweise förderten auch die im Abendland verbreiteten Regeln diätetischer
Traktate, die das Kochen gleichsam als einen Prozess der Vorverdauung
verstanden, eine gewisse Vereinheitlichung der Kochkunst, ohne den Spielraum
der Köche allzusehr einzuengen. Eher wirkten die Regeln im Sinne kulinarischer
Rahmenbedingungen. Ein Beispiel für die Anpassungsfähigkeit medizinisch-
dietätischer Vorschriften läßt sich gerade anhand der beliebten Fischsorten
Aal und Lamprete darstellen. Deren der Gesundheit abträgliches Temperament
vermochte eine auf harmonischen Ausgleich von Gegensätzen bedachte Hochküche
durch geeignete Zutaten und Kochverfahren ins Positive zu verwandeln.
Im Süden Europas behauptete sich nach der Einführung „neuer“ Kulturpflanzen
aus dem arabischen Raum eine Küche mit distinktiven Elementen. Zitrusfrüchte
ergänzten oder ersetzten die bisher üblichen sauren Flüssigkeiten aus
vergorenem Obstsaft, schließlich erweiterten Mandeln den Geschmackshorizont;
Am eindrücklichsten jedoch dokumentiert das süditalienische Kochbuch die regionale
Eigenheit mit der Empfehlung, Rohrzucker zu verwenden. Die auch in
der persischen und arabischen Küche bekannte Verwendung von Zucker zur
Würzung salziger Gerichte fand seit dem 11. Jahrhundert einen Weg nach Europa
und verfeinerte den sauren Grundgeschmack der mittelalterlichen Küche.
Der Zucker regte die kulinarische Kreativität der Köche an und entwickelte aus
der Verschmelzung verschiedener Geschmacksrichtungen die süß-saure Geschmackskombination.
Der Zucker wie auch der süß-saure Geschmack wurden
zunehmend auch in anderen Teilen Europas bekannt, dennoch blieben sie typische
kulinarische Züge der italienischen Küche.
66 Die Tendenz des mittelalterlichen Adels, aus herrschaftsstrategischen Motiven überlokal zu
wirken, begünstigte die Verschmelzung einer abendländischen Küche. „L’aristocrazia medioevale
tendeva a essere internazionale per sangue e aspetto … quello che indubitabilmente
succedeva era che c’era molta emulazione tra una corte e l’altra per tutta l’Europa,
poiché la nobiltà cercava di mostrare in prima istanza il suo eccezionale valore e in seconda
istanza la propria omogeneità.” Scully, L’arte della cucina 223.
M E D I U M A E V U M
Q U O T I D I A N U M
52
KREMS 2005
HERAUSGEGEBEN
VON GERHARD JARITZ
GEDRUCKT MIT UNTERSTÜTZUNG DER KULTURABTEILUNG
DES AMTES DER NIEDERÖSTERREICHISCHEN LANDESREGIERUNG
Titelgraphik: Stephan J. Tramèr
Herausgeber: Medium Aevum Quotidianum. Gesellschaft zur Erforschung der
materiellen Kultur des Mittelalters, Körnermarkt 13, 3500 Krems, Österreich.
Für den Inhalt verantwortlich zeichnen die Autoren, ohne deren ausdrückliche
Zustimmung jeglicher Nachdruck, auch in Auszügen, nicht gestattet ist. –
Druck: Grafisches Zentrum an der Technischen Universität Wien, Wiedner
Hauptstraße 8-10, 1040 Wien.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ……………………………..…………………………………………. 5
Annie Saunier, L’enfant victime: une représentation de l’enfance
au travers de quelques sources religieuses, judiciaires et hospitalières .… 6
Dorothee Rippmann, Der Körper im Gleichgewicht:
Ernährung und Gesundheit im Mittelalter ……………………………… 20
Salvatore Novaretti, Mittelalterliche Fischrezepte aus Frankreich und Italien –
Zeugnisse unterschiedlicher kulinarischer Kultur? ………………….… 46
Vilborg Auður Ísleifsdóttir-Bickel, Habenichtse und Landstreicher.
Zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Armenfürsorge
in Island und deren Zusammenbruch ………………………………..… 62
Tom Pettitt, Nuptial Pageantry in Medieval Culture and Folk Custom:
in Quest of the English charivari ……………………………………… 89
Besprechung …………………..……………………………………………….. 116

5
Vorwort
Das vorliegende Heft von Medium Aevum Quotidianum zeigt in besonderem
Maße die Breite und ‚Internationalität’ sowohl von Fragestellungen als auch von
Forschungsinitiativen im Rahmen der Geschichte von Alltag und materieller
Kultur des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Wir danken den partizipierenden
Beiträger(inne)n für ihre wertvollen Untersuchungen, von Reykjavik bis zur
Université des Antilles-Guyane.
Annie Saunier beschäftigt sich komparativ mit der Opferrolle des Kindes
in verschiedenen spätmittelalterlichen französischen Quellen. Dorothee Rippmann
und Salvatore Novaretti analysieren Quellen zur Ernährung und können
dabei wichtige Kontexte zur Gesundheit und zu allgemeinen Fragen von Kulturausformung
und Mentalität liefern. Vilborg Auður Ísleifsdóttir-Bickel widmet
sich der Armenfürsorge und deren Entwicklung im spätmittelalterlichen Island.
Tom Pettitt vermittelt neue Ergebnisse zur Kultur der Performanz im spätmittelalterlichen
und frühneuzeitlichen England.
Wir danken allen Mitgliedern und Freunden von Medium Avum Quotidianum
für das kontinuierliche Interesse und die gute Zusammenarbeit. Wir hoffen,
auch in Zukunft dazu beitragen zu können, dass jene Breite des Forschungsfeldes
und die Relevanz komparativer und kontextsensitiver Analysen weiter verfolgt
und einen Schwerpunkt der Untersuchungen darstellen wird.
Gerhard Jaritz, Herausgeber

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