Kirchliche Kunst und mittelalterliche Wirklichkeit
EBBE NYBORG
Daß wir hier Fragen über Erkenntnis und Rekonstruktion der „Wirklichkeit“
früherer Zeiten stellen, scheint mir eine interessante Folge der Bewußtseinsentwicklung
der letzten Jahrzehnte zu sein . Unsere Fähigkeit zu abstrahieren
entwickelt sich in diesen Jahren fast explosiv – sowohl individuell als auch
kollektiv – und ermöglicht ein ständiges Wachsen plastischer und räumlicher
Erkenntnis der Wirklichkeit , die in uns und um uns ist. Daß dieselben Abstraktionsebenen
aber auch neue Probleme mit der Wirklichkeit bringen, ist
eine Frage, auf die wir noch zurückkommen.
Eine Folge der Bewußtseinsentwicklung ist, daß es uns laufend schwerer
wird, uns mit Vorstellungen von früheren Zeiten zu begnügen, die nur durch
eine Forschungsrichtung oder ein bestimmtes Erkenntnismodell geformt sind.
Wir fragen nach „Wirklichkeit“ , weil wir nun allmählich b egreifen, wie scheinbar
unvereinbare Erklärungsmodelle sich im Grunde einander ergänzen. Wir
können sie als verschiedene Wege erkennen , dieselbe Wirklichkeit zu betrachten.
Eine Wirklichkeit, die ein Ganzes ausmacht, eine Einheit aus den Dingen,
den Menschen , ihrem Denken und Handeln und deren zugrundeliegenden
Strukturen , die uns in wachsendem Maß deutlich werden.
Es liegt. auf der Hand, daß die Feststellung und Fortsetzung einer zeitlichen,
historischen Dimension in der Wirklichkeitserkenntnis eine sehr wichtige
Aufgabe ist. Mit anderen Worten: Die Fächer und Fachrichtungen, die
wir hier vertreten, sollten alle einen bedeutenden, ja unverzichtbaren Beitrag
zur Bewußtseinsentwicklung dieser Zeit leisten können. Aber die aufgeworfene
Frage nach „Wirklichkeit“ macht deutlich, daß unsere fachliche Spezialisierung,
sonst oft ein Vorteil, hier in wachsendem Maß als Nachteil erscheinen muß. Und
die Schwierigkeiten nehmen zu, je zeitlich ferner die Wirklichkeit liegt, die wir
z u erfassen suchen.
Dies kann an jenem Stück mittelalterlicher Wirklichkeit gezeigt werden,
das die Kirchenbauten und ihre Ausstattung darstellen; ein nichtschriftliches,
gleichwohl sehr beredtes Material. Kirchenbauten sind unsere ältesten erhaltenen
Gebäude. Sie sind Hauptquellen unseres Wissens über den Stand mittelalterlichen
Handwerks und mittelalterlicher Technik, über kulturelle Beziehungen
in jener Zeit, über Bevölkerungsentwicklung und den gesamten materiellen
Stand der Gesellschaft zu einer Zeit, in der Schriftquellen dazu noch schweigen.
23
Darüber hinaus stellen die Kirchen, ihre Ausgestaltungen und ihr Inventar ein
bedeutendes Zeugnis damaligen Denkens und damaliger „Mentalität“ dar – um
ein heute gängiges Wort zu gebrauchen. Ein Vorteil dieses Materials ist es auch,
daß man es sowohl in spätmittelalterlichem Zusammenhang betrachten kann,
wo Ergänzungen und Korrekturen durch Schriftquellen möglich sind, als auch
in älteren mittelalterlichen Zeiten, in denen es weitgehend allein steht. Damit
können wir bei einer vom Spätmittelalter in frühere Zeiten‘. zurückgehenden ‚ ‚
Betrachtung beobachten, was das dann ständig dürftiger werdende Quellenmaterial
für unsere Vorstellung von der damaligen Wirklichkeit bedeutet.
Für das Spätmittelalter stellt die kirchliche Kunst einen sehr guten Einstieg
nicht nur in die damalige materielle Wirklichkeit, sondern auch zu guten
Teilen in die mentale Wirklichkeit dar. Das ist nicht nur eine Folge der großen
Lebensnähe der ausgesprochen erzählfreudigen damaligen Bilder, sondern auch
dadurch bedingt, daß ein breites, vielfältiges schriftliches Quellenmaterial hinzukommt
und dadurch im allgemeinen ein hinreichend anschauliches Bild der
Lebensbedingungen und gesellschaftlichen Verhältnisse entsteht.
Wenn wir die verschiedenen Quellenarten ausgiebig nutzen und unsere Fra
gen von verschiedenen Seiten (interdisziplinär) stellen, so wird es durchaus
möglich, Altarbilder oder Wandmalereien als Teile einer weiten Wirklichkeit zu
erkennen. Sie erscheinen dann nicht nur als Ausdruck einer „religiösen Kultur“
oder als Zeugnisse des frommen , schlichten Christenglaubens, den man dem
„mittelalterlichen Menschen“ gern zugeschrieben hat, sondern als Ergebnis einer
vielgestaltigen Kommunikationssituation. Eine Situation, die auch damals
nicht einheitlich und einfach zu verstehen war, sondern aus verschiedenen Blickwinkeln
sich unterschiedlich ausnahm.
Lassen Sie mich nur andeuten, wohin man mit der Frage kommt, wessen
„Mentalität“ sich in der Bildwahl und im Ausdruck widerspiegelt. Daß es nicht
eindeutig die der Geistlichen ist, kann man daran erkennen, daß die Drastik,
Naivität und der volkstümliche Witz der Bilder (und der Predigten) zum großen
Teil wohl den Versuch zeigen, die Verkündigung dem Verständnis der mehr oder
weniger einfachen Laien anzupassen und zu vermitteln. Deren Denkweise kann
man also indirekt in den Bildern widergespiegelt sehen, soweit die Erwartungen
der Geistlichen vom allgemeinen Verständnisniveau der Menschen nicht ganz
unrealistisch waren; ja, in vielen Fällen kommen die Laien in den Bildern wohl
sogar selbst direkt zu Wort. Aber das Verhältnis der Laien zur Kirche und
ihren Bildern wird vielfältig und unterschiedlich gewesen sein, vom positiven
und aktiven Engagement über Gleichgültigkeit bis zu mehr oder weniger offener
Gegnerschaft. Für die eine Seite finden wir viele Belege in den Kapellen, Altartafeln
und Bildern, die von Laien gestiftet wurden, deren Beweggründe aber bei
weitem nicht nur das waren, was wir eigentlich religiös nennen würden. Wesent-
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liehe Beweggründe waren Konventionen und gesellschaftliche Repräsentation,
wie Wappenschilde und Stifterportraits zeigen. Das andere Extrem spiegelt
sich in den Angriffen der Prediger gegen „viele verrückte und unvernünftige
Menschen“ wider, die die Hölle als bloße Schreckmärchen der Pfaffen verleugnen,
und in den moralisierenden Darstellungen in den Kirchen, die drohende
Warnungen an die Kirchgänger vor unaufmerksamem Schwätzen während des
G ottesdienstes und vor blasphemischen Reden und allerlei sonstigen Sünden
enthalten (Abb. 1).
Abb. 1: Zur Ermahnung wurden in der Kirche zu R!Zirby um 1425 diese zwei unaufmerksam
schwatzenden Kirchgänger auf der Kirchenempore sitzend dargestellt. Der eine faßt den
anderen bei der Schulter und zeigt herunter: „Sieh den da!“ , während ein schwarzer Teufel
freundlich den Arm auf dessen Schulter gelegt hat, um den bösen Tratsch zu fördem. Zugleich
wendet sich der Teufel zu einer anderen Teufelsgestalt (die darüber mit Stift und Buch sitzt):
„Schreib den auf, er erzählt Gotteslästerliches!“, und die Teufelsgestalt notiert: „Du vergißt
es, aber ich halte es fest“ . (Photo: Peder B!Zillingtoft)
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Wir erkennen, mit anderen Worten, eine damalige mentale Wirklichkeit,
die – wie die heutige – unendlich vielfältig zusammengesetzt war, bestimmt
von einem Spektrum sozialer, wirtschaftlicher, kultureller und persönlicher Momente,
dem einzelnen selbst auch oft unbekannt . Zugleich mag dies zeigen, wie
sehr wir in unserem Denken die damalige Wirklichkeit verfehlen können, wenn
wir nicht die ganze Breite der Zeugnisse ansehen und uns stattdessen von einem
zu engen „fachlichen“ Zugang steuern lassen. So schloß die Kunsthistorikerin
Ulla Haastrup beispielsweise eine – im übrigen ausgezeichnete – Untersuchung
eines reich geschnitzten Altarretabels mit folgender Bemerkung hinsichtlich seiner
Stellung im damaligen Bewußtsein: „Durch große künstlerische Qualität,
sorgfältige und zeitaufwendige Handwerksleistung und durch Verwendung kostbarer
Materialien zog das Retabel zweifellos die ganze Aufmerksamkeit und
Andacht der Kirchengemeinde auf sich.“ Die damalige Gemeinde (als Ganzes)
wurde also zu absoluter Andacht und zu Kunstintersse gebracht – eine groteske
Reduzierung unserer Vorfahren als Menschen.
Die Gefahr einer solchen verengter Betrachtung der mentalen Wirklichkeit
nimmt stetig zu, je weiter wir in der Zeit zurückgehen und vor ständig weniger
werdendem und isolierterem Quellenmaterial stehen. Im Vergleich zum Spätmittelalter
erscheint die Kirchenarchitektur und -kunst des Hochmittelalters
erheblich verfeinert und aristokratischer, die Bildsprache andersartig abstrakt.
Zuerst könnte der Eindruck entstehen, jene Generationen hätten im allgemeinen
eine bedeutend höhere Bildung und Kultur gehabt. Aber unser Wissen
über die längerfristige Entwicklung des Lesevermögens etc. besagt, daß wohl
das Gegenteil der Fall war. Das heißt natürlich nicht, daß die Bilder „lügen“ .
Wir dürfen sie nur nicht als Ausdruck einer allgemeinen damaligen „Mentalität“
verstehen, wenn wir nicht völlig auf Abwege geraten wollen. Wie fast
jeder geistige Ausdruck jener Zeit hat auch die kirchliche Kunst ihre Grundlage
in einer ganz kleinen geistlichen Elite. Die Kirche gebrauchte – im Dienste
eines Königs oder des Adels – ihre Architektur und Kunst in gleicher Weise
wie das Latein der Liturgie: als heilige, magische und mächtige Sprache, die
auf die Laien eine Wirkung haben sollte, aber nur sehr begrenzt verständlich
sein sollte . Es gab, mit anderen Worten, keinen richtigen Dialog, den wir als
moderne Menschen verstehen können. Wie die damaligen Menschen auf die
mächtige Inszenierung der Kirche reagierten, entzieht sich unserer Kenntnis –
jedenfalls aus dem dänischen Material heraus. Lebte der größte Teil des Volkes
– wie einige moderne „Mentalitätshistoriker“ (Le Goff, Le Roy Ladurie) wollen
– in einer eher primitiv-magischen „Volkskultur“ , die sich vergleichen ließe mit
I. Kulturen, wie sie Anopologen für Entwicklungsländer beschrieben haben?
Daß die geistige Wirklichkeit des früheren Mittelalters sich nicht vollständig
in der Ganzheit begreifen läßt, die sie einst hatte, kann uns natürlich nicht
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daran hindern, die erhaltenen Außerungen der Denk- und Vorstellungswelt jener
Zeit zu bearbeiten. Aber die Einseitigkeit des erhaltenen Materials zwingt
uns dazu, unsere Aufmerksamtkeit im wesentlichen auf die Auftraggeber, ihre
Absichten und Hintergründe zu richten. Wir können versuchen, die Urkunden,
Heiligenbiographien und Historigraphien der Zeit zu untersuchen – und ihre
Architektur und Kunst – als „Uberreste“ , ebenso als Ausdruck der Voraussetzungen
der Auftraggeber und Autoren, ihres Denkens, ihrer Vorurteile etc.
Daraus können zwar gute Erkenntnisse gewonnen werden, es stellt die Forschung
aber auch vor enorme Probleme. Das liegt u . a. an den konventionsgebundenen
Ausdrucksformen der Zeiten, die von literarischen und künstlerischen
„Zitaten“ geprägt sind, die uns nur selten erlauben, zum eigentlichen Leben
j ener Menschen vorzustoßen. Daraus resultiert auch das Defizit unseres Erkenntnisvermögens
der damaligen Wirklichkeit, sowohl der materiellen wie der
gesellschaftlichen: Wie kann man ein auch nur annähernd abgewogenes und
wirklichkeitsnahes Bild der „Mentalität“ einzelner Personen oder Gesellschaftsgruppen
erhalten, wenn man sie nicht richtig in den Zusammenhang eines G anzen
einzuordnen vermag.
Wenn sich der Forscher in verständlicher Vorsicht an die erhaltenen Quellen
hält, wird er zunächst unweigerlich – zumindest implizit – zu Assoziationen
einer mentalen Ganzheit kommen , wobei die importierte Elitekultur ein zu
großes Gewicht bekommt. Sucht er nach Ausgleich zur Einseitigkeit des Materials,
hat er keine anderen authentischen Äußerungen des Bewußtseins, mit
denen er die Bilder vergleichen könnte, und gerät leicht in ein abstraktes, schablonenartiges
Denken, das mit der damaligen Wirklichkeit nichts mehr zu tun
hat.
Die Schwierigkeiten kann man an den Versuchen verdeutlichen, den romanischen
Kirchenbau als Schlüssel zur damaligen Vorstellungswelt zu nutzen. Es
gibt einen zum Teil sehr direkten Zugang zur damaligen symbolischen Deutung
der Kirchenarchitektur, da kirchliche Symboliker (Honorius, Sicardus, Durandus)
im Laufe des 12. bis 13. J ahrhunderts ausführliche Deutungen des Kirchenbaus
und seiner Teile schufen (die gebaute Kirche wird mit der geistlichen
Institution verglichen, die Türen mit Christus, die Türme mit denen des
himmlischen J erusalem etc.). Vergleicht man jedoch die kirchliche Symbolik
mit den Kirchenbauten als solchen und ihrer architektonischen Entwicklung,
so ergibt sich recht klar, daß diese geistlichen Spekulationen nur begrenzt reale
Bedeutung für die Architektur hatten und über weite Strecken Nachempfindungen
waren. Die authentischen Schriftquellen führen uns also wohl in eine
isolierte geistliche „Wissenschaftswelt“ . Und damit allein kann man keinesfalls
eine Situation wie etwa bei der Kirche von Hammerlund in Schonen erklären,
deren zeitgleicher runder Westturm sich monumental über zwei adeligen Grab-
27
legen erhebt, eine Männer- und eine Frauenbestattung, die im ursprünglichen
Kirchenfußboden ·gekennzeichnet waren (Abb. 2). Diese Grablegen könnte man
als jene der Stifter annehmen, die die Kirche erbauen ließen mit der Maßgabe,
daß ein Turm ihre Grabstelle bezeichnen sollte – im ganzen Kirchspiel sichtbar.
Auf der Grundlage solcher Beispiele für den Einsatz von Kirchenarchitektur
zu Prestigezwecken versuchte eine Reihe – vor allem deutscher – Architekturhistoriker,
eine dahinter vermutete, nichtkirchliche Machtsymbolik zu rekonstruieren,
die folglich als „weltlich“ definiert und als eine Art Gegenstück zur
kirchlichen Symbolik verstanden wurde. Sie sahen den damaligen Kampf zwischen
weltlicher Macht (regnum) und geistlicher Macht (sacerdotium) sich direkt
in der romanischen Kirchenarchitektur abspielen, wo besonders Westtürme
mit „Stiftergräbern“ und Herrscherempore – dem Hochaltar im Osten gegenübergesetzt
– die weltliche Macht symbolisieren sollten, j a ein direkter weltlicher
„Raumanspruch“ in der Kirche gewesen wären.
Wir können dann fragen, wie die neugefundene – und allmählich akzeptierte
– Einsicht in die „weltliche“ Gedankenwelt sich zur damaligen Wirklichkeit
verhält. Diese Theorie ist nach meiner Ansicht ein Beispiel dafür, wie wir
über ältere Zeiten arbeiten; wo das Material keinen richtigen Zugang zur d
maligen Wirklichkeit zuläßt, beginnen wir, es zu reduzieren und umzuformen,
neu zu ordnen und in vorgefertige Fächer zu tun. Man hat eine Reihe interessanter
Beobachtungen in eine Deutung gepreßt, die allzu eng und überspitzt
ist. Schon die Vorstellung von einer absoluten Gegenüberstellung von weltlich
und geistlich, mit der die Forscher versuchen, Ordnung in die damaligen
Bewußtseinskategorien zu bringen, beruht ja auf einem Säkularitätsbegriff
(Weltlichkeitsbegriff ), der erst in späterer Zeit entstand. Diesen aber unterstellt
man den Menschen des 12. J ahrhunderts, wie man – mit der Festlegung
einer bestimmenden Symbolik – ihnen eine Rationalität und Eindeutigkeit in
der Anwendung und im Verständnis der Architektur unterstellt, wie sie spätere
Zeiten nicht kannten.
In Gedanken könnte man sich ein Gespräch mit dem Mann und der Frau
vorstellen, die sich damals in dem monumentalen Turm in Hammerlund begraben
ließen. Waren sie sich überhaupt klar darüber, ob ihr Bau nun eine
Manifestation der Allmacht Gottes und der Kirche, ihrer eigenen Frömmigkeit,
ihres Reichtums oder ihrer weltlichen Macht war? Im Vertrauen werden sie
vielleicht einräumen, daß sie auch eigene Gedankenpositionen hatten. Aber
wird man jemals sagen können, sie hätten den Turm als Symbol „weltlicher
Macht“ errichten lassen? Wie gesagt, sie würden wohl Schwierigkeiten gehabt
haben, überhaupt die Frage in ihrer heutigen Bedeutung zu verstehen. Und
wenn es ihnen begreiflich zu machen wäre, würde es ihnen nicht davor grauen,
unter einem Symbol „weltlicher Macht“ beerdigt zu werden?
28
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Abb. 2: Grundriß der Kirche zu Hammerlund in Schonen mit zwei zeitgleichen „Stiftergräbern“
im runden Westturm (um 1150). Außerdem sind die ergrabenen Spuren zweier älterer
Holzkirchen eingetragen. Nach E. Gustafson – M. Weidhagen, Investigations in Harnmarlunda
Church, Res Medievales Lund 1968.
29
Wenn die Quellen selten werden, neigen wir als Forscher dazu – im Bestreben,
zu Ergebnissen zu kommen – sie nach allem auszupressen, was sie
möglicherweise enthalten könnten. Das kann – wie hier – zur ganz ironischen
Situation führen, daß der heutige Forscher ernstlich behauptet, ein genaueres
und eindeutigeres Wissen über das Denken und die Beweggründe des Handeins
der fernen Generationen zu haben, als wenn er seinen eigenen Nachbarn nach
etwas Derartigem gefragt hätte! Solche „Ergebnisse“ geben uns selbstredend
keine neuen Erkenntnisse über die Vergangenheit. Sie spiegeln nur uns selbst
und tun dem Bilde unserer Vorfahren als ganzen Menschen grob Gewalt an.
Zwar erkennen wir es, haben aber noch viel zu tun mit diesem Problem. Wenn
wir in der Zeitbetrachtung zurückgehen, erlauben uns die Quellen in stets abnehmendem
Umfang nur noch, die Vielfältigkeit, Mehrdeutigkeit und Weite
der damaligen Wirklichkeit des Denkens zu spüren. Und eine solche Weite in
der Vorstellung ist doch eben absolut notwendig, damit wir uns der mentalen
Wirklichkeit, wie sie einst existierte, nähern können.
Die Forschung kann nach und nach Fragen zur Klärung einer materiellen
Wi rklichkeit sammeln. Hier – im Dämmerlicht der Frühzeit – sind die
hochmittelalterlichen Kirchenbauten wegen ihrer Größe und regionalen Verteilung
eine unschätzbare Quelle zur damaligen Besiedelung und Bebauung dieser
Landschaft. In eine heutige Karte eingezeichnet zeigen Kirchenverteilung und
Kirchenspielgrenzen eine verblüffende Regelmäßigkeit und Einpassung in die
Landschaftsformen und die aus neuerer Zeit bekannte Bebauung (vgl. Abb. 3).
Und Dank der für diese Kirchen recht guten Quellenlage (kirchenarchäologisch,
baulich, schriftlich, deutbar im europäischen Kulturzusammenhang) sind wir
in der glücklichen Lage, nicht bloß das über 700 Jahre alte Aufteilungsmuster
erkennen zu können, sondern auch in Hauptzügen, wie es entstanden sein mag.
Es wurde in einem vielfältigen, jahrhundertelangen Prozeß geschaffen durch
Kirchengründungen (zuerst in Holz), Regulierungen und Anpassungen, wobei
sowohl personenbezogener, eher lokaler, als auch ganz übergeordneter ( versorgungsbezogener)
Bedarf und diesbezügliche Interessen allmählich zur Geltung
kamen. Das Netz der .Steinkirchen und Kirchspiele, das im 1 3 . Jahrhundert
im wesentlichen vollendet war, entstand aus einer Summe unendlich vieler, begrenzter
Einzelinitiativen und -beschlüsse über Kirchenanlage, -verlegungen,
-ausbauten, Kirchengemeindeteilungen, Regulierungen der Gemeindegrenzen
etc. , an denen im Laufe der früheren Jahrhunderte des Mittelalters alle gesellschaftlichen
Kräfte und Schichten beteiligt waren, wenn auch in unterschiedlichem
Maße.
In Anbetracht dieses· Wissens ist es interessant, Versuche der letzten J ahre
zu betrachten, solchen früheren Einteilungsstrukturen und anderen dinglichen
Überlieferungen nicht nur materielle Aufschlüsse, sondern auch solche über
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Abb. 3: Gotländische Kirchspielgrenzen mit Angabe der Lage der Kirchen (Kreuze), der
Höfe um 1700 (Punkte) , außerdem der Schwerpunkte (Kreise) und Mittelpunkte (Quadrate)
der Besiedlung der Kirchspiele. Nach Sven-Olof Lindquist, SockenbildrUngen pä Gotland,
Gotländsk Arkiv 1981.
3 1
größere gesellschaftliche Zusanunenhänge abzugewinnen. Auch Kirchen wurden
dazu genutzt – wohlgemerkt ohne die Quellen zur Gemeindebildung zu
beachten -, allein in der Art ihrer räumlichen Verteilung.
Die oben erwähnte verblüffende Regelmäßigkeit des Kirchengemeindegrenzennetzes
und seine schöne Einpassung in die Kulturlandschaft haben einige
Forscher als Folge einer seinerzeitigen, übergeordneten Planung angesehen! Der
Kulturgeograph, der auf jener Karte (Abb. 3) die „optimale“ Verteilung der
Kirchen in bezug auf Landschaft und Bebauung um 1700 zeigte, zog daraus
den Schluß, daß die Festlegung der Kirchenstandorte zusammen geschehen sein
müsse, innerhalb recht kurzer Zeit. Aus dem Kartenbild schlußfolgerte er, daß
sämtliche Höfe aller Gemeinden jener Zeit zugleich mit den Kirchenstandorten
festgelegt und verteilt worden seien in einer Beschlußfassung. Dahinter solle
eine Art mittelalterlicher Besiedlungskommission gestanden haben mit weitreichenden
Befugnissen, mit Überblick und Ortskenntnissen, um diese Aufgabe
so gut lösen zu können. Andere Forscher schreiben diese Planungen Gebietsversammlungen
(Thingversanunlungen), Bischöfen oder Königen zu.
Diese Überlegungen bewegen sich mit anderen Worten vollständig unabhängig
von der oben angedeuteten, organischen, ganzen „Wirklichkeit“ . Sie
zeigen nicht nur extreme Reduzierung und Verzerrung. Sie schaffen, jede für
sich, ganz frei umfassende neue Einheiten in der damaligen Gesellschaft, im
Verwaltungswesen, in den Lebensbedingungen sowie im menschlichen Denken!
Das sagt einiges über unsere Bedingungen, daß wir zu weitgehende Schlüsse
allein aus materiellen Lebensäußerungen ziehen. Wir sind uns nicht oft genug
klar darüber, wie leicht wir mit unseren Fragen nach dem „Wie?“ und
„Warum?“ über ein bloßes Registrieren der Hinterlassenschaften der früheren
Zeiten hinausgehen können, bevor wir tatsächlich Feststellungen voraussetzen,
die ganz willkürliche Bilder der damaligen Wirklichkeit schaffen.
Wenn wir ins Mittelalter zurückgehen, verlieren die Quellen entscheidend
nicht nur an Fähigkeit, unsere Vorstellungen von der früheren Zeit zu lenken
und zu formen, sondern überhaupt unsere Aussagen zu falsifizieren oder zu
widerlegen. Beim Forschen stellen wir ständig mehr verschiedene und sich gegenseitig
widersprechende Vorstellungen auf, in denen Gesellschaften, Institutionen
und Menschen – paradoxerweise dazu tendieren, immer geordneter,
übersichtlicher und eindeutiger zu erscheinen. Wir – und unser Bestreben,
Zusammenhänge zu ordnen und „logisch“ zu erklären – erscheinen in diesen
Vorstellungen auf eine ftir uns sehr schwer zu durchschauende Art selbst.
Die Frage nach der Wirklichkeit ist eine große Herausforderung für uns
alle, die wir uns mit älteren historischen Epochen befassen. Zum Abschluß
möchte ich einige der Aufgaben und Perspektiven anführen, die – soweit ich es
sehe – in dieser Arbeit liegen können.
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Es stellt sich die Forderung nach größerer Breite und fachübergreifender
A rbeit in unseren Forschungen. Wir sollten im Vorhinein keine Quellenarten
und Modelle ausscheiden, die auf die eine oder andere Art über die Wirklichkeit
der damaligen Zeit berichten können. Dabei wird man desto weiter
vorankommen, je mehr wir versuchen, die verschiedenen Quellen und Methoden
zusammenzubringen und sie einander kritisch zu konfrontieren mit
dem Ziel gegenseitiger fachlicher Bereicherung und Auswahl der realistischen
Deutungsmöglichkeiten . Im Zusammenhang mit der fachübergreifenden Arbeit
möchte ich mich besonders für den Vergleich mit zeitlich j üngeren Perioden und
deren langfristigen, in die Zeit zurückreichenden Entwicklungslinien einsetzen.
Nicht, weil wir z . B. die Wirklichkeit des 15. Jahrhunderts auf ältere Zeiten
übertragen sollen. Aber u. a., weil die Kenntnisse des materiellen und geistigen
Lebens jüngerer Epochen im Verhältnis zur ganzen Weite der Wirklichkeit
mehr darüber sagen können, in welcher Art plastischen Denkens, das von uns
verlangt wird, wir uns der Wirklichkeit früherer Zeiten nähern können. Und
wir können einiges darüber erfahren, wie weit wir von einer eingeschränkten
Quellengrundlage aus Einsichten erlangen können, was offen oder nur schwach
konturierbar bleiben muß.
Wir müssen das Bewußtsein für die unendlich vielfältig zusammengesetzte
Wirklichkeit stärken, auch und gerade wenn wir über so frühe Zeiten arbeiten,
zu denen uns die Quellen nur kleine, zufällige Fragmente überliefern. Sicherlich
sind wir nie imstande, das Ganze zu erkennen (auch für die heutige Zeit nicht),
aber wir können erkennen, daß das, was wir zu verstehen versuchen, ein Ganzes
oder Teil eines Ganzen war. Daß wir nur ganz wenige Steinehen haben, macht
das Puzzle nicht kleiner. Dagegen wird die Deutung und Zuordnung jedes
einzelnen Teilchens sehr viel unsicherer, und wir dürfen vor allem nicht denken,
daß gerade die erhaltenen Fragmente zufällig einen besonders wesentlichen Teil
des Ganzen ausmachten, das einst bestand.
Vom Entwicklungsverlauf und den Ganzheitsvorstellungen (oder Modellen,
wenn man so will) , in die wir die Teilchen einpassen, sollten wir nicht nur
eine einfache und logische Zusammenfassung von Momenten verlangen. Die
Vorstellungen sollen der Wirklichkeit gleichen, was u. a. heißt, daß sie möglich
und sinnvoll sein sollen, sowohl auf abstrakter wie auf ganz konkreter Ebene.
Ein gedachtes Gespräch, wie wir es im Falle Hammerlund führten, kann dazu
eine gute Probe sein. Oft wird sich dabei zeigen, daß unsere Theorie gar keinen
Bewegungsraum für die damaligen Menschen läßt! Die Vorstellungen, die
wir erschaffen – oder als Hintergrund skizzieren – müssen die damalige Wirklichkeit
in aller ihrer Komplexität umschließen oder zumindest einen weiten
Verständnisrahmen andeuten. Dazu ist eine offene und diskursive Form gut
geeignet. Ständige Fragen ( auch nicht zu beantwortende) und ein Wechsel in
33
den Herangehensweisen (abstrakte, konkrete) können den Vorstellungen Tiefe
und Plastizität geben. Die Aufgabe ist zu einem hohen Grade mit der Sprache
zu lösen und so geartet, daß wir nicht um den Begriff Kunst herumkommen.
In unserem Dialog mit dem Papier müssen wir ein Gefühl für die Wirklichkeit
schaffen, die viel größer ist, als das Papier sie fassen kann. Wir müssen bewußt
mit den Assoziationen arbeiten, die wir erzeugen möchten, und lassen im Kopf
Bilder von dem entstehen, dem wir uns zuwenden.
In der Entwicklung unserer Phantasie und Abstraktionsebenen liegen gewaltige
Möglichkeiten, unsere Wirklihkeitserkenntnis zu erweitern – auch in
die Zeit zurück. Aber wir müssen zugleich das Risiko im Auge behalten, daß
wir ebenso auf bislang unbekanntem Niveau Unfug reden könnten! Wir dürfen
nicht zuviele abstrakte Begriffe in einen Satz tun und etwas über ihr gegenseitiges
Verhältnis zueinander aussagen, bis wir keine Ahnung mehr haben, wohin
wir geraten sind. Das kann uns die größten Probleme mit der Wirklichkeit
bereiten.
Eine bessere Beherrschung und Steuerung unserer Abstraktionsfahigkeit
wäre – meiner Meinung nach – ein entscheidendes Ziel unserer Bewußtseinsentwicklung.
Das setzt nicht zuletzt eine eingehendere Ergründung unseres
Selbst voraus. Wir kommen ernstlich zu der wohl allerschwierigsten Abstraktion:
auch unser eigenes Bewußsein als Produkt zu begreifen. Die Erforschung
der äußeren Wirklichkeit scheint unlösbar mit der Erforschung der inneren zusammenzuhängen.
Der Weg dahin könnte sein, daß wir fortgesetzt unseren
„Bewußtseinspunkt“ verändern – räumlich, vor und zurück in der Zeit, hinein
in und hinaus aus uns selbst und anderen -, zugleich offen und unbeirrt
nach der Wirklichkeit fragen. Wenn wir dicht genug an uns selbst herankommen,
werden wir auch den Abstand zu uns erreichen, der die Voraussetzung
für ein Bewußtsein auf höherer Ebene ist: Ein lenkendes Bewußsein über das
Bewußtsein, in dem die Abstraktionen vorgenommen werden.
Interdisziplinäres Arbeiten, Können und höhere Bewußtseinsebene sind
also Forderungen, die an uns als Fachleute gestellt werden, wenn wir uns mit
unserem Denken einer lange versunkenen, ganzen Wirklichkeit annähern wollen.
Die Forderung ist ungeheuer, und im Vergleich zur Aufgabe laufen wir,
jeder für sich allein, Gefahr, nicht nur Zeit zu vergeuden, sondern auch Zerrbildern
und Mystifikationen zu erliegen. Die Herausforderung ist inzwischen
nicht mehr zu ignorieren. Und es mag Anlaß zu Mut und Zuversicht geben,
daß die Forschungen der letzten Jahre innerhalb unserer Fachrichtungen – und
quer durch sie durch – Durchbrüche erzielt haben, die zehn bis fünfzehn Jahre
zuvor ganz undenkbar gewesen wären. Wir sind bei weitem nicht der einzige
Wissenschaftsbereich, der sich in dieser Zeit vor etwas schwindelerregende Perspektiven
gestellt sieht.
34
Vortrag auf der interdisziplinären Konferenz „Tradition og Historieskrivning“ in Arhus, Mai
1986. Titel der dänischen OriginalfassWlg: „Om kirkekWlsten, kirkearkitekturen og middelalderens
virkelighed“ , in TTo.dition og HistoTiukTivn.ing, KildeTne til NoTden• o.elde•te
HistoTie (Acta. 1-u.tlo.ndico. LXIII:2, Humo.nistik SeTie 61), Red. Kirsten Hastrup und Preben
Meulengracht Srensen. Arhus 1987, S. 85-93. Übersetzt von Jöm Barfod.
35
MEDIUM AEVUM QUOTIDIANUM
NEWSLETTER 15
QUOTIDIAN UM
SEPTENTRIONALE
ASPECTS OF DAILY LIFE IN MEDIEVAL DENMARK
Edited by
GRETHE JACOBSEN
and
JENS CHR. V. JOHANSEN
KREMS 1988
Herausgeber: Mediwn Aevum Quotid.ianwn. Gesellschaft zur Erforschung der materiellen
Kultur des Mittelalters. Kömermarkt 13, A-3500 Krems, Österreich. – Für den Inhalt verantwortlich
zeichnen die Autoren, ohne deren ausdrückliche Zustimmung jeglicher Nachdruck,
auch in Auszügen, nicht gestattet ist. – Druck: HTU-Wirtschaftsbetrieb Ges. m. b. H.,
Wiedner Haupstraße 8-10, A-1050 Wien.
2
Inhaltsverzeichnis/ C ontents
Introduction 4
N anna Damsholt:
The Legencis of Danish Saints as Sources to Daily Life 7
Brian Patrick McGuire:
D aily Life in Danish Medieval Monasteries 14
Ebbe Nyborg:
Kirchliche Kunst und mittelalterliche Wirklichkeit 23
M arianne Jobansen – Ingrid Nielsen:
The Danish Medieval Town . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Jens E. Olesen:
In der Kanzlei des Königs.
Die Kanzlei im mittelalterlichen Dänemark 43
Jens E. Olesen:
Tolls and Toll Collectors in Medieval Denmark 60
Bj!llrn Poulsen:
Possibilites et limitations du paysan danois
dans le bas moyen age . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
Helle Reinholdt – Bodil M!llller Knudsen:
„Women’s Rosegarden“ and „Women’s Herbgarden“ :
Two Symposia on the Sexuality of Medieval Warnen 84
Biographies of the authors 87
Berichte – Besprechungen – Mitteilungen 92
3
Introduction
The articles in this issue all deal with current research on life in medieval Denmark.
Though comprehensive within their respective fields, they represent only
a part of the multi-faceted research currently being undertaken in Denmark, in
spite of the adverse work and job situation of many younger scholars. Due to
a very short deadline for articles, many scholars were unable to comply with
our request for a contribution but expressed interest in participating in international
communication of current research. We hope to bring more articles
on research on medieval Danish life at a later date.
In Denmark, no particular stress is laid on the topic: medieval daily life .
Yet, the by now established social and economic history as well as the renewed
interest in political history, has made historians focus on daily life and on its
material as well as mental aspects. The articles by N anna Damsholt and Brian
Patrick McGuire concern the religion and the Church of medieval Denmark
and their fusion with secular life.
With the development of the discipline of medieval archaeology, our understanding
of the material aspects as well as the physical frames for medieval life
has been greatly expanded. In contrast to the finite number of written documents,
the quantity of archaeological sources keeps increasing, adding valuable
information to our knowledge of medieval society. The challenge to historians
and archaeologists has been to combine and interpret written, artistic and material
sources as Ebbe Nyborg discusses in his article while Marianne Johansen
and Ingrid Nielsen present a project combining achaeology and written sources.
All three authors are historians as well as archaeologists. In this connection, one
might mention the periodical hikuin (published by Forlaget Hikuin, Moesgä.rd,
DK-8270 H95jberg, Denmark) which began in 1974 and appears at irregular
intervals, the latest volume being number 14 (1988). The periodical brings
articles on medieval archaeology primarily in Danish but also in Swedish and
Norwegian with resumes in English. Special issues have been devoted to church
archaeology, urban archaeology, coins and pottery. We should also like to mention
the research tool Nordic Archaeological Abstract (NAA) which indexes all
articles on medieval archaeology (see p. 95).
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The Julland peninsular and the Danish islands. The borders of the core of the Medieval kingdom are mark ed with dotted
lines and the modern boundaries with broken lines. The areas in present-day Sweden were the medicval province of Skäne
(Scania), Hailand and Blekinge.
Ingrid Nielsen has also produced the map, accompanying the introduction,
which shows the medieval as weil as the present boundaries of Denmark. As
she and Marianne Jobansen point out in their article, the latter boundary also
determines the boundaries of much archaeological and historical research. In
part to make up for this, meetings have been held between Danish and Swedish
historians and archaeologists (the latter primarily from Skane) dealing with
aspects of the town-country relationship. The publications of these meetings
are mentioned in the article by Bjrn Poulsen.
The article by Jens E. Oiesen on tolls and toll collection deals with a topic,
hitherto seen as part of political or financial history; but this was, in fact, of
great importance to the common people, especially the many men and women
engaged in trade or commerce whether on international, inter-regional or lo
cal Ievel. Similarly, his other article, describing the development of the royal
chancellery, rerninds us that bureaucracy and bureaucrats, whether viewed negatively
or positively by contemporaries, are neither modern phenomena nor
ones, appearing during Absolutism.
Bjrn Poulsen’s article makes us aware that medieval people did not live
and produce in isolation but were integrated into the European economy,
though the extent of involvement and the awareness of international connections
would vary according to time and place. Poulsen also stresses that town
and country, so often seen as mutually exclusive, were both part of the daily
life of many medieval women and men.
The contribution by Helle Reinholdt and Bodil Mller Knudsen points to
the gender aspect, so often overlooked in traditional history which has concerned
itself mainly with the action of men. We have chosen not to have an
article on “ Women and Daily Life“ which would make women merely one ingredient
in the daily life of men but have urged the authors to include the
gender aspects, making the reader aware that history, whether of daily life or
of extraordinary events, is made by women as weil as men.
September 1988 Grethe Jacobsen, Jens Christian V. Jobansen
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