Halbgraue Reihe
zur Historischen Fachinformatik
Herausgegeben von
Manfred Thaller
Max-Planck-Institut für Geschichte
Serie A: Historische Quellenkunden
Band 4
erscheint gleichzeitig als
MEDIUM AEVUM
QUOTIDIANUM
NEWSLETTER 17
Barbara Schuh
„Von vilen und mancherlay
seltzamen Wunderzaichen“:
die Analyse von
Mirakelbüchern und Wallfahrtsquellen
Max-Planck-Institut für Geschichte
In Kommission bei
SCRIPTA MERCATURAE VERLAG
St. Katharinen, 1989
@ Max-Planck-Institut für Geschichte, Göttingen 1989
Printed in Germany
Druck: Konrad Pachnicke, Göttingen
ISBN: 3-922661-63-7
MEDIUM AEVUM QUOTIDIANUM-NEWSLETTER 17
Der vorliegende Ne\vsletter wurde in den Vorankündigungen der letzten Heite
nicht erwähnt und stellt einen Einschub zum bestehenden Programm da.r. Verwirklicht
werden konnte er durch die Zusammenarbeit von .edium Aevum
Quotidianum mit der EDV-Abteilung des Ma.x-Planck-Instituts für Geschichte
in Göttingen. Diese stellt eines der bedeutendsten internationalen Zentren
für computerunterstützte Methoden in den Geschichtswissenschaften dar. Vor
a.llem durch die Entwicklung des Datenbanksystems K.At:LW durch den Leiter
Manfred T haller ist seine Bedeutung umfassend und weithin anerkannt.
Im Rahmen der Weiterentwicklung von K.Awv wurde nun die Halbgraue
Reihe zur historischen Fachinformatik ins Leben gerufen, deren Bände einerseits
Anleitungen geben sollen, wie K.At:LW in der praktischen historischen Forschung
eingesetzt werden kann, andererseits den Autbau von Quellprogrammen
dokumentieren. Eines der ersten erschienenen Hefte befaßt sich mit der computerunterstützten
Analyse einer Quellengruppe, welche für die Erforschung
mittelalterlieben und frühneuzeitlichen Alltags von besonderer Bedeutung ist:
den Mirakelbücbern. Aus diesem Grunde unternahmen wir den hiermit gelungenen
Versuch, jenes Heft auch in unserer Reihe erscheinen zu lassen und den
Mitgliedern zugänglich zu machen. Für die diesbezügliche spontane Bereitwilligkeit
danken wir der Autorio Barbara Schuh sowie Manfred Thaller, dem
Herausgeber der Halbgrauen Reihe.
Obwohl wahrscheinlich nur eine kleine Zahl unserer Mitglieder praktisch
mit K.At:LW arbeitet und die geschilderten Prozeduren daher nicht ad hoc einsetzbar
oder etwa auch zum Teil nicht sofort verständlich sein werden, giauben
wir dennoch, daß ein auf diese Weise mögliches erstes Kennenlernen des Datenbanksystems
und mancher seiner Möglichkeiten an band eines praktischen Beispiels
wichtige Einblicke und Entscheidungshilfen bietet, inwieweit man selbst
von den gebotenen Möglichkeiten des Systems Nutzen ziehen kann. Die von
der Autorin geschilderten Prozeduren und Analysemöglichkeiten sind nur eine
erste Orientierungshilfe und decken natürlich weder a.lle Möglichkeiten ab, die
K.Auw bietet, noch jene, welche im Rahmen der Analyse von Mirakelbüchern
angewendet werden können. Sie liefern jedoch sehr wohl einen Einblick in den
Aufbau einer Datenba sis, ihr Handling, einfache Abfragemöglichkeiten und Ergebnisse
sowie daraus zu ziehende Schlüsse.
Denjenigen, die sich näher für „>.t:tw interessieren (die Software wird zum
Materialpreis der Disketten, Druc.l.:kosten der Dokumentation sowie Porto und
Verpackung abgegeben), wird geraten, sich an die auf der Rückseite dieses
Blattes angegebene Adresse zu wenden.
Gerha.rd J aritz
HALBGRAUE REIHE ZUR HISTORISCHEN FACHINFORMATIK
Serie A: Historische Quellenkunden (die Preise liegen zwischen DM 4,50
und 9,50 zuzüglich Versandkosten):
Band 1: Peter Becker, K.AE:u.J. Ein Tutorial (ca. 210 S.).
Band 2: Thomas Werner – Thomas Grotum, Sämtlich Hab und Gut … Die
Analyse von Besitzstandslisten ( ca. 90 S. ).
Band 3: Jürgen Nernitz, Die historische Analyse städtischer Wohn- und Gewerbelagen:
die Auswertung sozialtopographischer Quellen (ca. 65 S.).
Band 4 = Medium Aevum Quotidianum-Newsletter 17.
Band .5: Peter Becker, Leben, Lieben, Sterben: die Analyse von Kirchenbüchern
(ca. 90S.).
Serie B: Softwarebeschreibungen (die Preise liegen zwischen DM 6,50 und
11,- zuzüglich Versandkosten):
Band 1: Manfred Thaller, �t>.aw 3.1.1. Ein Datenbanksystem (ca. 2 00 S.).
Band 2: Manired Thaller, Query Net I/0 (ca. 85 S.).
Band 3: Rainer Schmale, Extended Character Library (ca. 60S.).
Band 4: Wolfgang Levermann, Mustererkennung in Zeichenketten (ca. 8 0S.).
�tAt::Lw selbst, bestehend aus Software und Dokumentation, kostet in seiner
MS-DOS Version (inklusive Versandkosten und MWSt.) DM 35,-. Preise der
Versionen für andere Betriebssysteme auf Anfrage.
Weitere Informationen und Bestellungen:
Max-Planck-Institut für Geschichte
– kleio –
Postfach 2833
D-34 00 Göttingen
Inhaltsverzeichnis
„An den guthertzigen Leser“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . 1
1. Allgemeines zur Wallfahrt und Mirakelliteratur . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . 5
1 . 1 . Wallfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.2. Mirakel oder: “ … das Ereigniswerden des Unmöglichen . . . “ . . . . …. . …. . . . . . . . . 10
2. Quellenbeschreibung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . 17
2.1. Die historische Entwicklung des Quellentyps . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . 17
2.1.1. Handschriftliche Mirakelbücher . … .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . 1 7
2.1.2. Gedruckte Mirakelbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . 18
2.1 .2.1. Gedruckte Mirakelbücher des 16. Jahrhunderts . . . . . . . .. . . . . . . . . . 1 9
2.1.2.2. Gedruckte Mirakelbücher aus der ersten Hälfte des 17.
Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2. 1.2.2. Gedruckte Mirakelbücher von der zweiten Hälfte des 17.
bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 1
2.2. Inhalte der Mirakelbücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.2.1. Angaben zu den Ursachen und Vorbedingungen des Verlöbnisses . . . . . . . . 22
2.2.2. Angaben zur Person . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.2.3. Angaben zur Heilung . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . 25
2.2.4. Angaben zum Votiv und der Art der Ausführung . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . 25
2.2.5. Angaben zu den Zeugen . . . . . . . . . . . . … .. . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . .. . . 25
2.2.6. Angaben zur Kommission .. .. … . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. . .. . . . . 26
2.2.7. Angaben zur Herkunft der Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. .. . . . . . . . . . . 26
2.3. Die Entstehung der Quelle . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
2.4. Mirakelbücher und „Realität“ . . . . .. . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . 27
3. Die Aufbereitung der Quellen für die computergestützte Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.1. Die Eingabe der Daten .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1
3.2. Datenstrukturvereinbarung . . . .. . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
4. Suchen und Zählen von Merkmalen und Merkmalskombinationen . . . . . . . . . . . . . . .. . . 46
4.1. Der scribe-Befehl . . . . … . . . .. .. . . . . .. . . . .. . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.2. Der index-Befehl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . … . . . . . . . . . . 50
4.3. Die Erstellung von Thesauren . . . . … . . .. . . . . … . . . . .. . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. . . . . 54
4.4. Auswertungsmöglichkeiten mit Thesauren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 58
5. Die Bearbeitung der Volltexte in den Mirakelberichten . . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . . . . . . . . 61
5.1. Die Erstellung von Repertorien . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . .. . . . . . . . . 62
5.2. Die Erstellung von Belegstellenlisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . … .. . . . . . . . . . . . . . 63
5.3. Die dauernde Sicherstellung von Belegstellenlisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . 67
5.4. Die Überprüfung der Belegstellenlisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
6. Ausblick . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .. 69
Beispiele . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . … . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
Literaturverzeichnis . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
„An den guthertzigen LeJer“ 1
„An den guthertzigen Leser“1
Mit Schlagworten wie „aufgeregte Sa.kralmobilität“ als „Ausdruck eines anderen, neuen
religiösen Bewußtseins“2, „hysterische Massenfrömmigkeit“ und „spirituelle lndividualfrömmigkeit“,
„Intensivierung der Frömmigkeit und Verkirchlichung im persönlichen
Bereich“3 charakterisieren einige Historiker spätmittelalterliche Volksfrömrnigkeit. Ihren
Ausdruck findet dieses Phänomen in mehreren Bereichen, insbesonders aber im Stiftungsund
Wallfahrtswesen.4
Im deutschsprachigen Raum (im Gegensatz zum französischen und englischsprachigen)
5 trat bislang das Desiderat der Erforschung von Volksfrömmigkeit weitgehend in der
Themenstellung der Volkskunde- und Kirchengeschichtsforschung in Erscheinung. Schieder
weist auf das scheinbar mangelnde Interesse der Soziologen und Historiker hin und
betont, daß Religion in der neueren Geschichte weitgehend auf die institutionelle Kirchengeschichte
reduziert und in der allgemeinen Geschichtswissenschaft nur in Zusammenhang
lnit Konflikten zwischen Obrigkeit und Staat berücksichtigt wird. Für Fragen nach der
sozialgescbicbtlicben Bedeutung religiöser Verhaltensmuster besteht dagegen kein großes
Forschungsinteresse. 6 Seiner Ansicht nach werden religiöse Hand/ungsorientierungen und
1 Mit Vorbemerkungen wie z.B. An den guthertzigen LeJer oder An den ChriJtlichen Le·
Jer und andächtigen Kirchfärtter leiten die meisten Verfaaser von Mirakelbüchern die Samm·
Iungen der Wunderberichte ein, um Inhalt und Ziel ihrer Schriften deutlich zu machen. Vgl.
etwa Klärliche Wa.rhafftige Anzeig und Beschreibung etlich mercklicher Begnadungen, so der
Allmächtig, Gütig und Ba.rmhertzig Gott durch ungezweiffelte Fürbitt der allzeit gebenedeyten
Junckfrawen Marie, inn nächst verschienen und verfloßneo 1602. 1603. un 1604. Jahren bey dem
Lobwürdigen und weitberühmten Gotteshauß Thunttenhausen (. ..) vielen Menschen gnädig und
vätterlich bewisen ( … ). München 1605.
2 Dieter Harmening, Fränkische Mirakelbücher. Quellen und Untersuchungen zur historischen
Volkskunde und Geschichte der Volksfrömmigkeit. In: W ürzburger Diözesangeschichtsblä.tter 28
(1966), 140.
3 Heinz-Dieter Heimann, Küche, Kinder, Kirche in der Überwindung der Krise des Spätmittelalters.
In: Alfred Haverkamp, Haus und Familie in der spätmittelalterlichen Stadt (=Städteforschung:
Reihe A, 18) Köln, Wien 1984, 339.
4 Vgl. Bernd Moeller, Frömmigkeit in Deutschland um 1500. In: Archiv für Reformationsgeschichte
56 (1965), 14.
5 Vgl. z.B. Ra.oul Manselli, La Religion Popula.ire au Moyen Age: Problemes de methode
et d’histoire. Paris 1975. Etienne Delaruelle, La Piete Popula.ire au Moyen Age. Torino 1975.
Robert W. Scribner, For the Sake of Simple Folk. Cambridge 1981. Natalie Zernon Davis, From
„Popular Religion“ to „Religious Cultures“. In: Steven Ozment, Reformation Europe: A Guide
to Research. St. Louis 1982, 221-241. Miriam Chrisman, Lay Culture. Learned Culture. New
Haven 1982. Rosalind and Christopher Brooke, Popular Religion in the Middle Ages. London
1984.
6 Wolfgang Schieder, Einleitung. In: Ders. (Hrsg.), Volksreligiosität in der modernen Sozialgeschichte.
(=Geschichte und Gesellschaft, Sonderheft 11) Göttingen 1986, 7.
2 „An den guthertzigen LeJer“
Verhaltensweisen {. .. ) weniger im Hinblick auf ihre Wirkung auf die außerreligiöse gesellschaftliche
Umwelt als auf die innerreligiöse in der Kirche untersucht.1
Bezugnehmend auf Ma.x Weber, der religiös oder magisch motiviertes Handeln als
Teil des alltäglichen Zweckbandelns8 definiert, sowie Ernile Durkheim, der die soziale
Komponente von Religion wiederholt hervorhebt9 und bemüht ist, Religion als natürliche
Äußerung der menschlichen Tätigkeit10 darzustellen, ist es umso frappierender, daß diesem
Forschungsdesiderat in nur geringem Maße nachgekommen wurde.
Das Ziel dieses Bandes ist daher am Beispiel spätmittelalterlicher Mirakelbücher die
Möglichkeiten einer Sichtbarmachung dieser sozialen Komponente, die in weiterer Folge
wertvolle Einblicke in mittelalterliche Lebensformen und „Alltäglichkeiten“ gewährt, aufzuzeigen.
Der Schwerpunkt der Berichte liegt in der Aufzeichnung von Krankheitsheilungen
und Hilfeleistungen durch einen Heiligen in besonderen Notlagen, darüber hinaus
thematisieren sie aber die „privatesten“ Bereiche der Hilfesuchenden. Sie geben Auskunft
über Beziehungen innerhalb der Familie, der Siedlungsgemeinschaft, die gerade in sozialen
Notlagen deutlich werden, z.B. in welcher Form Kranke und Behinderte in die Gemeinschaft
integriert waren, welches Verhältnis sich gegenüber kranken Kindern abzeichnete,
sie berichten über Arbeitswelten in ihren unterschiedlichsten Erscheinungsformen, über die
Möglichkeiten und Folgen eines „Ausbruchs“ aus der gewohnten Umgebung mittels einer
Wallfahrt, über die Kosten, die die Hilfesuchenden für die Heilung ihrer Krankheit bereit
waren auf sich zu nehmen und viele andere Aspekte, deren Relevanz in spätmittelalterlichen
„Alltagswelten“ durch systematische Untersuchungen der einzelnen Berichte erfaßt werden
kann.
Der Informationsgehalt der Mirakelberichte in Hinsicht auf „Realität“ und „Wahrheit“
wurde und wird selbst von Forschern, deren Schwerpunkt in der Analyse dieser
Wundergeschichten liegt, geringgeschätzt bzw. überhaupt bezweifelt. So bemühen sich
etwa Finucane und Sumption die Ereignisse als natürliche Erscheinungen in Verbindung
mit dem Superstitiösen aufzudecken und verneinen schließlich (mit neuzeitlichen Argumenten
der Vernunft) jede Form des Übernatürlichen. Ihrer Ansicht nach können sich die
Heilungen nicht in der überlieferten Art und Weise ereignet haben.11 Mit Recht fragt sich
7 Schieder, Einleitung, 10.
8 Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Auf!. T übingen 1980, 245.
9 Religion (ist) eine eminent soziale Angelegenheit [. .. ]. Die religiösen Vorstellungen sind Kollektivvorstellungen,
die Kollektivwirklichkeiten ausdrücken; die Riten sind Handlungen, die nur
im Schoß von versammelten Gruppen entstehen können und die dazu dienen sollen, bestimmte
Geisteszustände dieser Gruppen aufrechtzuerhalten oder wieder herzustellen(Em ile Durkheim, Die
elementaren Formen des religiösen Lebens. Frankfurt am Main 1981, 28).
10 Durkheim, Die elementaren Formen, 46.
11 Ronald C. Finuca.ne, The Use a.nd Abuse of Medi.:al Miracles. In: History 60 (1975), 2: {. ..]
there is nothing supernatural about these events known to medieval people as miraculous eures
und Jonathan Sumption, Pilgrimages. An Image of Medieval Religion. London 1975, 67: (. .. ] a
very high proportion of surviving miracle stories (. ..] can be explained without recourse to the
supernatural und ist schließlich der Ansicht (54-55), der Historiker can only work on the ba.sis
that mirades have never happened.
„An den guthertzigen Leser“ 3
James F. Skyrms, How can a scholar seriously undertake the investigation of something
which he or she cannot take seriously? No study of popular religion can avoid dealing with
the supernatural.12 Bei der Untersuchung mittelalterlicher Mirakelberichte gilt es daher
nicht zu fragen: „Was ist wirklich passiert, wenn mittelalterliche Männer und Frauen das
Auftauchen einer wundersamen Heilung bezeugten?“ sondern „What did medieval men
and wornen believe a.bout miracles?“13
In Zusammenhang mit der „Realität“ der Mirakelberichte und der Sinnhaftigkeit einer
Auswertung ihres Inhaltes möchte ich schließlich noch die Worte Jean-Claude Schmitts zitieren:
Wenn man annimmt, daß die in diesem Text beschriebenen Glaubensvorstellungen
und Praktiken, die tatsäeblich überraschend anmuten, zu außergewöhnlieb sind, um „wahr
zu sein“ (. .. ], dann tut man besser daran, mit der Untersuchung dieser Sache gleich aufzuhören.
Wenn man hingegen der Ansicht ist, daß all das doch nicht sinnlos ist, daß dieses
Dokument ernst zu nehmen ist, dann eröffnen sich immense Möglichkeiten einer Erneuerung
der Geschichte der Massenkult ur, die bis heute hinter der Darstellung der kirchlichen
Kultur verborgen gehalten wurde- und zwar von einer traditionellen Historiographie, die
im Grunde die Tochter eben dieser Kultur ist.H
12 James F. Skyrms, The Rituals of Pilgrimage in the Middle Ages. Phi!. Diss. Iowa 1986, 13.
13 Skyrms, Rituals, 29.
14 Jean·Claude Schmitt, Der heilige Windhund. Die Geschichte eines unheiligen Kultes. Stuttgart
1982, 19.
4 „An den guthertzigen Leser»
1.1. Wallfahrt 5
1. Allgemeines zu Wallfahrt und Mirakelliteratur
1.1. Wallfahrt15
Die Wallfahrt ist als besonders typische Ausdrucksform mittelalterlicher Religiosität
zu bezeichnen, da ohne Unterschied von Stand, Herkunft und Bildung alle Schichten daran
teilnahmen und vermutlich fast jedermann im Hoch- und Spätmittelalter zumindest einmal
im Leben eine Pilgerfahrt unternahm. Es genügt festzustellen, daß für die mittelalterliche
Frömmigkeit und die Mentalität aller Christen die „Vita peregrina“, das Leben als
Pilgerfahrt, geradezu ein Grundmuster menschlicher Existenz überhaupt gewesen ist.16
Als Beispiel für die Bedeutung, die der Wallfahrt im Mittelalter zugemessen wurde, sei
auf die Einleitung der Bayerischen Chronik von Aventinus verwiesen, der das Phänomen
des „Kirchfartens“ zur Charakterisierung des bairischen volkes heranzog: Das bairisch volk
(gemainlich davon zu reden) ist geistlich, schlecht und gerecht, get, läuft gern kirchferten,
hat auch vil kirchfart {. .. )Y
Wallfahrten basieren auf der Vorstellung von der Mittlerschaft des Heiligen zwischen
dem hilfesuchenden Menschen und Gott. Die Möglichkeiten des Einzelnen in gefahrvollen
Situationen, wie etwa Krankheit, Bedrohung durch Feuer, Wasser und Blitzschlag, während
einer Gefangenschaft oder vor einer Hinrichtung, selbst Abhilfe zu schaffen, waren begrenzt;
15 Weiterführende Literatur zum Thema Wallfa.hrt: Lenz Kriss-Rettenbeck, G. Möhler (Hrsg.),
Wallfahrt kennt keine Grenzen. München, Zürich 1984. R.aymond Oursel, Pelerins du Moyen Age.
Les hommes, les chemins, les sanctuaires. Paris 1978. Pierre Andre Sigal, Les ma.rcheurs de Dieu.
Pelerinages et pelerins au Moyen Age. Paris 1974. Alfred Kienecker, Fahrt- Tour- Reise.
Selbstbestimmte Horizontale Mobilität im sozialhistorischen Kontext. Eine Strukturgeschichte.
Phi!. Diss. Wien 1987. Philip Mark Soergel, Wondrous in His Saints: Popular pilgrimage and
Catholic propaganda in Bavaria 1470-1620. Phi!. Diss. Michigan 1988. Ludwig Schmugge, Zu
den Anfängen des orga.nisierten Pilgerverkehrs und zur Unterbringung und Verpflegung von Pilgern
im Mittelalter. In: Hans Conrad Peyer (Hrsg.), Gastfreundschaft, Taverne und Gasthaus
im Mittelalter. (=Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 3) München, Wien 1983, 37-60.
Ders., Kollektive und individuelle Motivstrukturen im mittelalterlichen Pilgerwesen. In: Gerhard
Jaritz, Albert Müller (Hrsg.), Migration in der Feudalgesellschaft. (=Studien zur Historischen
Sozialwissenschaft 8) Frankfurt, New York 1988, 263-289. Ders., Die Anfänge des organisierten
Pilgerverkehrs im Mittelalter. In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken
64 (1984), 1-83. Ders., Die Pilger. In: Peter Moraw (Hrsg.), Unterwegssein im Mittelalter.
(=Zeitschrift für historische Forschung, Beiheft 1) Berlin 1985, 17-47. Ja.mes Frederick Skyrms,
The Rituals of Pilgrimage in the Middle Ages. Phil. Diss. Iowa 1986. Jonathan Sumption,
Pilgrimages. An Image of Medieval Religion. London 1975.
16 Schmugge, Zu den Anfängen des organisierten Pilgerverkehrs, 35; vgl. auch ders., Die Pilger,
17.
17 Mattbias Lexer (Hrsg.), Johannes Turmair’s genannt Aventinus Bayerische Chronik I. o.O.
1883.
6 1. Allgemeine3 zu Wallfahrt und Mirakelliteratur
so wurde die konkrete Lebenssicherung die wichtigste Funktion der Religion, 18 indem sich
der in Not Geratene an den Heiligen wandte und ihn um Fürbitte vor Gott bat, damit
er ihn aus seiner mißlichen Lage errette. Kötting beschreibt die Merkmale dieser Vermittlerstellung,
die sich seiner Ansicht nach von frühester Zeit an in den verschiedenen
Kulturen beobachten läßt. In den „Primitivreligionen“ erfüllten die guten Dämonen diese
Funktion, in der griechisch-römischen Religion übernahmen sie die Heroen, daher sei auch
der Besuch ihrer Gräber, die antike ‚peregrinatio religiosa‘, nach einem ähnlichen Muster
abgelaufen wie in der christlich-katholischen Kirche die Wallfahrten.19 Vor allem im
Bereich der Krankheit fehlte es im Mittelalter infolge des noch wenig entwickelten Zustandes
der Medizin an dem nötigen Wissen bzw. aufgrund der ärmlichen wirtschaftlichen
Lage der Bevölkerung in erster Linie vermutlich an materiellen Mitteln, die eine Heilung
ermöglichten. Der „Heilige als Arzt“, wie er auch in etlichen Mirakelbüchern bezeichnet
wird, war geradezu unentbehrlich. Aus diesem Grund stellt auch das Heilungswunder die
bei weitem vorherrschende Wunderart dar.20
Wichtige Elemente für Entstehung und Weiterbestand einer Wallfahrt waren das Vorhandensein
von Kultgegenständen (Reliquien, aber auch Dinge mit denen der Heilige zu
Lebzeiten in Berührung gekommn war);21 propagandawirksame Maßnahmen wie Mirakelbücher,
Ablässe, Bruderschaften, Predigten und Jahrmärkte; das Interesse sowohl von
Seiten der Obrigkeit als auch die Bereitschaft der Bevölkerung das Angebot wahrzunehmen.
Schließlich ist ein starker Zusammenhang zwischen Wallfahrtskirchen und Ordensgemeinschaften
zu beobachten, die die Wallfahrt betreuten und förderten.
Allgemein werden drei Arten von Pilger- bzw. Wallfahrten unterschieden:22
1. Fernpilgerfahrten nach Rom, Jerusalem und Santiago (peregrinatio maiores),
18 R.ichard van Dülmen, Volksfrömmigkeit und konfessionelles Christentum im 16. und 17.
Jahrhundert. In: Wolfgang Schieder (Hrsg.), Volksreligiosität in der modernen Sozialgeschichte.
(=Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft 11) Göttingen 1986, 14-31, 20. Zur Beeinflussung
der Lebensgewohnheiten in mittelalterlichen Gesellschaften durch Religion und Kirche vgl. auch
Gerhard Jaritz, Seelenheil und Sachkultur. Gedanken zur Beziehung Mensch-Objekt im späten
Mittelalter. In: Europäische Sachkultur des Mittelalters. (=Veröffentlichungen des Instituts für
mittelalterliche Realienkunde 4) Wien 1980, 57-81.
19 Vgl. Bernhard Kötting, Peregrinatio religiosa. Wallfahrt in der Antike und das Pilgerwesen
in der alten Kirche. (=Forschungen zur Volkskunde 33-35) Münster 1950.
20 Vgl. Eberhard Demm, Zur Rolle des Wunders in der Heiligkeitskonzeption des Mittelalters.
In: Archiv für Kulturgeschichte 57 (1975), 300-344, 326.
21 Vgl. Sigal, L’homme et le miracle, 41.
22 Zur Diskussion zum Begriff „Wallfahrt“ bzw. der Unterscheidung zwischen Pilgerfahrt, Wallfahrt
und Prozession, auf die ich in diesem Zusammenhang nicht näher eingehen werde, siehe
Karl-S. Kramer, Typologie und Entwicklungsbedingungen nachmittelalterlicher Nahwallfahrten.
In: Rheinisches Jahrbuch für Volkskunde 11 (1960), 195-211. Hans Dünninger, Processio Peregrinationis.
Volkskundliche Untersuchung zu einer Geschichte des Wallfahrtswesens im Gebiet der
heutigen Diözese Würzburg. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 23 (1961), 53-176. Ru·
dolf Kriß, Zur Begriffsbestimmung des Ausdrucks „Wallfahrt“. In: Österreichisches Jahrbuch für
Volkskunde, N.S. 12, 66 (1963), 101-107. Hans Dünninger, Wa.s ist Wallfahrt? Erneute Auffor1.1.
Wallfahrt 7
2. Überregionale Pilgerfahrten (peregrinationes) über eine größere Distanz z.B. nach Einsiedeln,
Aachen, Mont Saint Michel,
3. Lokale Pilger- oder Wallfahrten zu nahegelegenen Zielen und mit der Dauer von einigen
Tagen.
Diese grobe Einteilung der Wallfahrtsorte steht wohl eher in Zusammenhang mit deren
regionalem oder überregionalem Bekanntheitsgrad als mit dem tatsächlichen Weg, den
der einzelne zurückzulegen hatte. Besonders die Grenzen zwischen der zweiten und dritten
Gruppe sind verschwommen, da sich auch bei der Interpretation von Mirakelberichten
zeigte, daß durchaus unterschiedliche Vorstellungen über das „Ferne“ und das „Nahe“
existierten. Abgesehen von der geographischen Herkunft der Personen (ein Köloer würde
wohl mit der Wallfahrt nach Altötting einen anderen Begriff der Ferne in Verbiodung bringen
als mit der Wallfahrt nach Aachen) sind noch andere Komponenten für die Prägung
dieser Vorstellungen ausschlaggebend. Zu nennen sind beispielsweise die soziale Herkunft
einer Person, welche die Möglichkeiten der Wahl einer lokalen oder überregionalen Wallfahrt
steuern kann (finanzielle Mitel und Gelegenheit der längerfristigen Abwesenheit von
der Familie und dem Arbeitsbereich), der unterschiedlich große Bereich des „Bekannten“
(ein Landarbeiter hatte vermutlich einen anderen Begriff für die Grenze zur „Fremde“
als ein Handwerker oder Kaufmann, der aus beruflichen Gründen das heimatliche Gebiet
verließ), Alter und Geschlecht der Personen (Frauen und Kinder kommen nur in seltenen
Fällen aus entfernteren Gebieten), und schließlich zeigten Untersuchungen, daß auch die
Art der Bitte um Hilfe in einer unterschiedlichen Wahl des Zieles resultierte. „Spektakuläre“
Mirakel, wie etwa Befreiung aus einer Gefangenschaft, waren Anlaß eine Wallfahrt
über eine größere Distanz zu geloben, während für die Heilung schmerzender Gliedmaßen
in den meisten Fällen der Heilige aus der näheren Umgebung zuständig war.23 Aus der
Verbindung dieser Komponenten resultiert ein unterschiedliches Bedürfnis des einzelnen
aber auch ganzer Gruppen den „nahen“ oder den „fernen“ Wallfahrtsort aufzusuchen, die
eine Gliederung in die oben genannten drei Gruppen eigentlich nicht mehr zuläßt. Im
Folgenden werde ich diese Typisierung trotzdem beibehalten, jedoch in Hinsicht auf den
Bekanntheitsgrad der Wallfahrtsorte bzw. der Größe ihres Einzugsbereiches.
Nur relativ regional bekannte Kultorte treten im Spätmittelalter gegenüber den Fernwallfahrten
in den Vordergrund. Insbesonders Marlen-, Hostien- und Heiligenblutwallfahrten
entstanden im 14. und 15. Jahrhundert zu einem großen Teil an den Fernderung
zur Diskussion um eine Begriffsbestimmung. In: Zeitschrift für Volkskunde 59 (1963),
221-232. Wolfgang Brückner, Zur Phänomenologie und Nomenkla.tur des Wallfahrtswesens und
seiner Erforschung. In: Festgabe J. Dünninger. Berlin 1970, 384-424. Schließlich möchte ich
mich der Auffassung Barbara Goys anschließen: Dies mag als wissenschaftliebe Terminologie zur
Vereinfachung von Diskussionen sinnvoll sein, im literarischen wie archivalischen Belegmaterial
ist eine so exakte Differenzierung weder möglich, noch eigentlich nötig (Barbara Goy, Aufklärung
und Volksfrömmigkeit in den Bistümern Würzburg und Bamberg. (=Quellen und Forschungen
zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 21) Würzburg 1969, 129).
23 Vgl. Barbara Schuh, Jenseitigkeit in diesseitigen Formen. Sozial- und mentalitätsgeschichtliche
Aspekte spätmittelalterlicher Mirakelberichte. (=Schriftenreihe des Instituts für Geschichte
der Universität Graz 3) (im Druck).
8 1. Allgemeines zu Walfl ahrt und Mirakelliteratur
straßen zu den populären Wallfahrtszentren und führten zu einer Verdichtung des sakralen
Stra8ennetzes.24 Diese Entwicklung steht in kausalem Zusammenhang mit der zunehmenden
Territorialisierung von Herrschaft, da der Einzelne nun stärker in den Personenverband
eingebunden war und eine längerdauernde Abwesenheit bestimmte Schwierigkeiten
mit sich brachte. Als bürgerlich–<>brigkeitliche Reaktion deutet Schmugge die Mandate
gegen Fahrende, die seit der Mitte des 14. Jahrhunderts erlassen wurden und in der
Reformationszeit noch eine Verschärfung in der systematischen Anwendung von Vertreibungen
und Registrierungen erfuhren. 25 Zudem komplizierten Bestätigungen über Weg
und Ziel und Gesundheitspässe Reisen über größere Distanzen. 26 Ein Kennzeichen dieser
„Verörtlichung“ der Heiligen ist, daß die Gläubigen den Ort der Verehrung mit bestimmten
Anliegen nicht mehr aufsuchten, sondern vorerst den Heiligen anriefen und ihm (im
Fall seiner Hilfeleistung) versprachen eine Wallfahrt durchzuführen und bestimmte Opfergaben
darzubringen. Daraus resultierte ein Zurückweichen von Bittwallfahrten, bei denen
der Gläubige Hilfe direkt am Wallfahrtsort suchte, gegenüber der Dankwallfahrt, die der
Hilfesuchende erst nach der Lösung seines Problemes durch den Heiligen ausführte.
Während über Fernpilgerfahrten und überregionale Pilgerfahrten reichlich Literatur
vorhanden ist,27 sind wir über lokale Wallfahrten weniger detailliert unterrichtet. So weist
H Vgl. Goy, Aufklärung, 130.
25 Schmugge, Zusammenfassung, 107.
26 Vgl. Kienecker, Fahrt- Tour- Reise, 88f.
27 Zu den Fernpilgerfahrten nach Rom, Jerusa.lem und Santiago vgl.: Arnold Esch, Gemeinsames
Erlebnis – Individueller Bericht. Vier Para.llelberichte aus einer Reisegruppe von Jerusa.
lempilgern 1480. In: Zeitschrift für historische Forschung 11 (1984), 385-416. Jan van Herwa.a.rden,
The Origins of the Cult of St. James of Compostela. In: Journal of Medieval History
6 (1980), 1-35. Kurt Köster, Pilgerzeichen und Pilgermuscheln von mittela.lterlichen Santiago·
straßen.( =Schleswiger Funde und Gesa.mtüberlieferung. Ausgrabungen in Schleswig. Berichte
und Studien 2) Neumünster 1983. Ilja Mieck, Zur Wallfahrt nach Santiago de Compostela zwischen
1400 und 1650. Resonanz, Strukturwandel und Krise. In: Spanische Forschungen der
Görres-Gesellschaft 29/1 (1978), 483-533. Norbert Ohler, Unterwegs nach Santiago de Compostela.
In: Journa.l für Geschichte 6 ( 1983), 48-52. Christian Krötzl, Om nordbornas va.llfarter
till Santiago de Compostela. In: Historisk Tidskrift för Finland 2 (1987), 189-200. G.B. Parks,
The English Traveller to Italy. Rom 1954. H.F.M. Prescott, Felix Fabris Reise nach Jerusa.lem.
Freiburg 1960. Reinhold Röhricht, Heinrich Meisner, Deutsche Pilgerreisen nach dem Heiligen
Land. Berlin 1880. Bernhard Schimmelpfennig, Die Anfänge des Heiligen Jahres von Santiago
de Compostela im Mittelalter. In: Journal of Medieva.l History 4 (1978), 285-303. Martin Sommerfeld,
Die Reisebeschreibungen der deutschen Jerusalempilger im ausgehenden Mittelalter. In:
Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 2 (1924). Claudia
Zrenner, Die Berichte der europäischen Jerusalempilger (1475-1500). Ein literarischer Vergleich
im historischen Kontext. Frankfurt, Basel 1981. Zu überregionalen Wallfahrten nach Aachen,
Einsiedeln und Wilsnack vgl.: Hartmut Boockmann, Der Streit um das Wilsnacker Blut. Zur
Situation des deutschen Klerus in der Mitte des 15. Jahrhunderts. In: Zeitschrift für historische
Forschung 9 (1982), 385-408. E. Breest, Das Wunderblut von Wilsnack (1383-1552). In:
Märkische Forschungen 16 (1881), 131-302. Edith Ennen, Aachen im Mittelalter. Sitz des Reiches
1.1. Wallfahrt 9
z.B. Schmugge auf die fehlenden Voraussetzung für vergleichende Untersuchungen in diesem
Bereich hin: quellenoriente Studien auf landesgeschichtlicher Grundlage.28 Einzelne
Wallfahrtsorte sind zwar Thema von zum größten Teil volkskundlichen Arbeiten, die sozialen,
wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen des Phänomens innerhalb eines gesamten
Gebiets wurden jedoch nur vereinzelt behandelt.29
Innerhalb des Bereichs von Fragestellungen bezüglich sozial- und mentalitätsgeschichtlicher
Aspekte des Phänomens erscheint ganz besonders der Ablauf der Wallfahrt von
großem Wert. Wallfahrt kann- neben den religiösen Aspekten – unter den unterschiedlichsten
Gesichtspunkten betrachtet und untersucht werden:
• als Möglichkeit aus der Abhängigkeit der Grundherrschaft, aus dem Kloster oder aus
den begrenzten Freiheiten der Stadt wenigstens für eine gewisse Zeit auszubrechen;30
• als Anlaß für die Begegnung verschiedener sozialer Schichten, da die Gläubigen unabhängig
von ihrer sozialen Zugehörigkeit den Wallfahrtsort aufsuchten und dort zumindest
kurze Zeit gemeinsam verbrachten. Als Konsequenz dieses Zusammentreffen
betrachten Tüskes und Knapp Integration und fortschreitenden Verbürgerlichungsprozeß
des Bauerntums;31
• als Gelegenheit aus dem Alltag herauszutreten. So betont etwa Baumer den Ausbruch
aus der Alltagswelt in die Festwelt32 und stellt folgende Überlegungen dazu
an: Der Wohnort ist charakterisiert durch das Alltagsleben, die Arbeit, die Familie,
die öffentlichen Aufgaben, durch die tausendfache Wiederholung eingeschliffener
Gebärden und die der reinen Zweckverständigung dienenden Worte; der Kultort hat
etwas Ausserordentliches an sich, er gehört zum Bereich des Festes, der Freude, der
Verschwendung, der Gebärden und Worte ohne direkten Nützlichkeitswert;33
• als Möglichkeit zu kulturellem Austausch (z.B. Neubildung von Kulturgütern und
Brauchformen, Vermittlung von Wissen; aber auch auf wirtschaftlichem Gebiet: Wa-
– Ziel der Wallfahrt – Werk der Bürger. In: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 86/87
{1979/1980), 457-487. Odilo llingholz, Wallfahrtsgeschichte Unserer Lieben Frau von Einsiedeln.
Freiburg/Br. 1896. Heinrich Schiffers, Kulturgeschichte der Aachener Heiltumsfahrt. Köln 1930.
28 Vgl. Schmugge, Die Pilger, 89.
29 Vgl. Hans Dünninger, Processio peregrinationis. Volkskundliche Untersuchungen zu einer
Geschichte des Wallfahrtswesens im Gebiet der heutigen Diözese Würzburg. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter
23 (1961), 53-176. H. Lausser, Die Wallfahrten des Landkreises Dillingen.
In: Zeitschrift für bayrische Landesgeschichte 40 (1977), 75-119. Josef Staber, Volsfrömmigkeit
und Wallfahrtswesen des Spätmittelalters im Bistum Freising. (=Beiträge zur altbayrischen Kirchengeschichte
22) München 1955.
30 Vgl. Schmugge, Pilgerfahrt macht frei, 30.
31 Gabor Tüskes, Eva Knapp, Mirakelliteratur als sozialgeschichtliche Quelle: barockzeitliches
Wallfahrtswesen in Ungarn. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 84 {1988), Heft 1-2, 79-
103, 99.
32 Iso Baumer, Wallfahrt als HandlungsspieL Ein Beitrag zum Verständnis religiösen Handelns.
(=Europäische Hochschulschriften 19/12) Frankfurt 1977, 45.
33 Baumer, Wallfahrt als Handlungsspiel, 48.
10 1. AllgemeineJ zu Wallfahrt und Mirakelliteratur
renproduktion und -austausch) nicht nur im Bereich verschiedener sozialer Schichten,
sondern auch in geographischer Hinsicht, bedingt durch die Zugehörigkeit der einzelnen
Wallfahrer zu bestimmten Regionen.
Ein weiterer Schwerpunkt einer sozialgeschichtlichen Untersuchung liegt in der Frage
nach den Personen und ihren Motiven, eine Wallfahrt zu unternehmen. Detaillierte Auskunft
darüber und über die verschiedensten damit in VerbindWlg stehenden Aspekte erhalten
wir aus den Mirakelberichten.
1.2. Mirakel oder: “ … das Ereigniswerden des Unmöglichen-..“34
Zwei Definitionen:
Wunder ist nur der religiöse Name für Begebenheit; jede, auch die allematürlichste, sobald
sie sich dazu eignet, daß die religiöse Ansicht von ihr die herrschende sein kann, ist ein
Wunder.35
Mirakel, das sind jene ‚Gebetserhörungen‘, ‚Gnaden‘, ‚Wohltaten‘, ‚Zeichen‘, ‚Wunderzeichen
‚, ‚Wundertaten‘, ‚Wunderwerke‘, ‚Heilungen‘, von denen die Geschichte der Volksfrömmigkeit
weiß.36
Im Bereich von Religionswissenschaft und Theologie sind die Begriffe „Wunder“ und
„Mirakel“ mit unterschiedlichen Bedeutungen belegt. Während Wlter „Wunder“ in erster
Linie die Berichte in den Legenden, die exemplarisch und moralisierend von den Taten
der Heiligen erzählen, zu verstehen sind, gilt „Mirakel“ häufig als BezeichnWlg für
das „reale“ Wunder, das „Gegenwartswunder“, das sich nicht in einer längst vergangenen
Zeit ereignete, sondern aus bestimmten Ursachen erwünscht für den Einzelnen „hier und
jetzt“ passiert. Damit in Zusammenhang steht auch die unterschiedliche Bewertung der
beiden Begriffe. Während „Wunder“ von der Religionswissenschaft allgemein anerkannt
als Ausdrucksform göttlichen Wirkens (Offenbarungs- und LegendenwWlder) betrachtet
wird, haftet dem „Mirakel“ heute ein superstitiöser Geruch an, den ihm die Aufklärung
verschafft hat, um unter „Mirakel“ alljene Wunderbarlichkeiten zu schlagen, woran der
„Pöbel“ glaubte, das des Interesses des aufgeklärten Zeitgeistes aber nicht würdig schien,
es sei denn, es verbände sich mit der Absicht, dem Spuk ein Ende zu machenn
Nur aufgrund der lange Zeit verbreiteten Geringschätzung des „Wahrheitsgehaltes“
dieses Quellentyps läßt sich erklären, daß Mirakelbücher aus dem deutschsprachigen Raum
von Historikern so wenig beachtet wurden. Vernachlässigt wurde dabei die Tatsache, daß
34 Demm, Zur Rolle des Wunders, 300.
35 Friedrich E. D. Schleiermacher, Reden über die Religion, hg. v. Rudolf Otto, 3. Auf!.
Göttingen 1913, 117.
36 Georg Schreiber, Pfarrei und Wunderbuch. Eine quellenkundliehe und sakralgeschichtliche
Studie. In: Theologie und Glaube 30 (1938), 33f.
37 Harmening, Fränkische Mirakelbücher, 48.
1. 2. Mirakel oder: “ . . . daJ Ereignüwerden deJ Unmöglichen . . . “ 11
man die „Realität“ innerhalb der Berichte weniger in Hinblick auf historischen „Fakten“
suchen muß, als vielmehr mit der Fragestellung, welche Realität die Betroffenen dem Mirakel
beimaßen und welchen Stellenwert es im täglichen Prozeß mittelalterlicher Kommunitäten
besaß. Diese Wundergeschichten interpretieren nicht nur Wirklichkeit, sondern
auf der Grundlage dieser Wirklichkeit wird diese für die Betroffenen erst begründet und
organisiert und damit zur Herstellung neuer Wirklichkeiten beigetragen.38
Schreiber wies bereits in den dreißiger Jahren auf den großen Informationsgehalt dieser
Quellengattung hin und bedauerte, daß ihr bislang so wenig Aufmerksamkeit geschenkt
wurde, obwohl sie das Interesse eines breiten Spektrums von Forschungsdisziplinen auf sich
ziehen müßte, da in den Mirakelberichten Angaben zu den Bereichen Religionswissenschaft
und Religionspsychologie, Literaturgeschichte, Heilkunde, Rechtsgeschichte, Kirchenrecht,
Volkskunst, Wirtschafts- und Siedlungsgeschichte enthalten sind. 39
Seine Anregungen wurden in erster Linie in volkskundlichen Studien zur Erforschung
des religiösen Brauchtums, speziell des Kultes der Votivgaben und Gelöbnisformen aufgegriffen.
Schwerpunkte dieser Darstellungen sind die geschichtliche Entwicklung des Ortes
und der Wallfahrt, Beschreibung der Mirakelbücher (Aussehen, Anzahl der Wunder,
Schreiber, Funktion), Beweggründe zur Wallfahrt, Art der Heilungen, Votive und der kultgeographische
Streubereich der Wallfahrt.40
Vermehrtes Interesse am Forschungsgegenstand zeigt sich in der Entstehung von Quelleneditionen,
41 der Untersuchung einzelner Mirakelsammlungen bezogen auf bestimmte
38 Rebekka Habermas, Wunder, Wunderliches, Wunderbar\’S. Zur Profanisierung eines Deutungsmusters
in der Frühen Neuzeit. In: Richard va.n Dülmen, Armut, Liebe, Ehre. Studien zur
historischen Kulturforschung. Frankfurt 1988, 38-66, 41.
39 Vgl. Georg Schreiber (Hrsg.), Deutsche Mirakelbücher. Zur Quellenkunde und Sinngebung.
(=Forschungen zur Volkskunde 31/32) Dösseidorf 1938, 9-76.
40 Vgl. z.B. Maria Angela König, Weihegaben a.n U.L.Frau von Altötting. Vom Beginn der
Wallfahrt bis zum Abschluß der Säkularisation, Bd. 1: Überzeitliche Zusammenhänge. München
1939: Ideelle und historische Grundlagen der Votivspenden, Sühnegaben, Bitt- und Dankgaben,
Gaben für die Kapelle, Weihegaben (Kerzen, Bildnisse, Zinsbarkeit, Gewichtsopfer, sozialer und
geographischer Rekrutierungsbereich der Spender. Bd. 2: Im Rahmen der Zeitgeschichte (1492-
1750), München 1940: Anfange, Reformation, Dreißigjähriger Krieg, Türken. Weitere volks·
kundliehe Arbeiten: Edmund Friess, Gustav Gugitz, Die Wallfahrt nach Adlwang im Lichte der
Mirakelbücher ( 1620-1746). Wien 1951. Gustav Gugitz, Erzwungene Mirakel. Ein Beitrag zum
Wallfahrtsbrauch. In: Österreichische Zeitschrift für Volkskunde X/59 (1956), 30-35. Robert
Böck, Die Marienwallfahrt Kösslarn und ihre Mirakelbücher. In: Bayer. Jahrbuch für Volkskunde
1963, 33-57. Irmgard Gier!, Bauernleben und Bauernwallfahrt in Altbayern. Eine kulturkundliche
Studie auf Grund der Tuntenhausener Mirakelbücher. (=Beiträge zur a.ltbayerischen Kirchenge·
schichte 21/2) München 1960.
41 Andrea.s Bauch, Quellen zur Geschichte der Diözese Eichstä.tt. Band 2: Ein bayerisches
Mirakelbuch aus der Karolingerzeit. Die Monheimer Wa.lpurgis-Wunder des Priesters Wolfhard.
(=Eichstätter Studien, N.F. 12) Regensburg 1979. Robert Bauer, Das Büchlein der Zuflucht
zu Maria. Altöttinger Mirakelberichte von Jacobus Issickemer. (=Sonderdruck aus Ostbairische
Grenzmarken) Passau 1964/65. Paul Hoffmann, Peter Dohms, Die Mirakelbücher des Klo·
12 1. Allgemeine.s zu Wallfahrt und Mirakelliteratur
Fragestellungen, z.B. im Bereich der Literaturgeschichte,42 sowie der Medizin, Armenfürsorge
und Rechtsgeschichte.“3 Erst seit jüngster Zeit liegen für den französischen und den
skandinavischen Raum Arbeiten vor, die sich mit sozial- und mentalitätsgeschichtlichen
Aspekten befassen. Gonstanze Rendtel44 untersucht neben den Brauchtumsformen der
mittelalterlichen Heiligenverehrung im Bereich der Mentalitätsgeschichte Volksfrömmigkeit,
Träume und Visionen, Zweifel und Kritik an Wundern, soziales Verhalten der Pilger,
Ängste, Imaginationen und Strafwunder. Im sozialgeschichtlichen Teil der Arbeit
behandelt sie Merkmale, die sich aus der Verbindung der Art des Wunders und der sozialen
Herkunft, dem Geschlecht und dem Alter der Wallfahrer ergeben, sowie die sozialen
„Wirklichkeiten“, die in den Berichten zum Ausdruck kommen.“5 Schließlich sei noch auf
die Arbeit von Peter-Michael Spangenberg46 hingewiesen, der sich bei der Erforschung des
mittelalterlichen „Alltags“ in Frankreich an soziologischen Fragestellungen (in erster Linie
anband der Luhmannschen Systemtheorie) orientierte.
Untersuchungen von Mirakelberichten im Bereich von Sozial- und Mentalitätsgeschichsters
Eberhardsklausen. (=Publikationen der Gesellschaft für Rheirusche Geschichtskunde LXIV)
Düsseldorf 1988.
42 Hermann Bach, Mirakelbücher bayerischer Wallfahrtsorte. Untersuchung ihrer literarischen
Form und ihrer Stellung innerhalb der Literatur der Zeit. Phil. Diss. München 1963. Bach
betrachtet Mirakelberichte als Sammelbecken der literarischen Ausdrucksformen religiöser Erbauung
und untersucht ihre Entwicklung und Wandlung in Hinsicht auf ihre geographische Herkunft
und ihre zeitliche Zugehörigkeit, indem er ihnen verwandte literarische Gattungen gegenüberstellt.
Eine ähnlicher Fragenkomplex wird in der Arbeit von Rebekka Habermu, Wunder, Wunderliches,
Wunderbares. Zur Profanisierung eines Deutungsmusters in der Frühen Neuzeit. In: Richard van
Dülmen, Armut, Liebe, Ehre. Studien zur historischen Kulturforschung. Frankfurt 1988, 38-66,
verfolgt. Auch sie weist auf die Veränderung der literarischen Form der Mirakelbücher seit dem
16. Jahrhundert hin, legt aber in einem weiteren Schritt die dafür verantwortlichen Ursachen und
Gründe dar. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Darstellung der sich ändernden Funktion
des Mirakels in der Gesellschaft im Lauf der Jahrhunderte.
43 Z.B. Heidi Müller, Erhaltung und Wiederherstellung körperlicher Gesundheit in der traditionellen
Gesellschaft – an Hand der Votivtafelsammlung des Museums für Deutsche Volkskunde
Berlin. In: Arthur E. Imhof (Hrsg.), Der Mensch und sein Körper von der Antike bis heute.
München 1983, 157-178. Hans Rudolf Fehlmann, Du Mirakelbuch Annos II., Erzbischof von
Köln, als Quelle heilkundlicher Kasuistik. Phil. Diss. Marburg 1963. Carl L.P. Trüb, Heilige
und Krankheit. (=Geschichte und Gesellschaft 19) Stuttgart 1978. Norbert Ohler, Zuflucht der
Armen. Zu den Mirakeln des Heiligen Anno. In: Rheinische Vierteljahrsblätter 48 (1984), 1-32.
Jan van Heerwaarden, Opgeledge bedevaarten. Amsterdam 1978.
44 Hochmittelalterliche Mirakelberichte als Quelle zu Sozial- und Mentalitätsgeschichte und zur
Geschichte der Heiligenverehrung. Phi!. Diss. Berlin 1982.
45 Vgl. dazu auch Christian Krötzl, Mittelalterliche Mirakelberichte aus Skandinavien als Quelle
zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte sowie zur Geschichte des Pilgerwesens. Lizentiatsarbeit,
Zürich 1983.
46 Maria ist immer und überall. Die Alltagswelten des spätmittelalterlichen Mirakels. Frankfurt
1987.
l.f. Mirakel oder: “ . . . das Ereigniswerden des Unmöglichen … “ 13
te stehen aber auch in direktem Zusammenhang mit „Zählen“ von Merkmalen und Merkmalskombinationen,
die die Grundlage fti.r das Sichten von Strukturen und Verhaltensmustern
innerhalb der Lebensbereiche bestimmter Gemeinschaften sein können. Die Mirakelbücher
als listenförrnige „serielle Massenquelle“ bieten in dieser Hinsicht besonders
wertvolles und vielfältiges Material, umso erstaunlicher ist es, daß von ihnen diesbezüglich
bislang wenig Gebrauch gernacht wurde. Die Studie von Dieter Harmening47 war eine
der ersten, in der eine statistische Erfassung des Phänomens innerhalb einer Region unternommen
wurde. Auch Harmening beruft sich auf den großen Informationsgehalt der
Quellengattung und begründet die Abfassnng seiner Studie mit der Absicht, durch Mitteilung
des Materials das Interesse spezieller Forschungsgebiete auf dieses Feld zu lenken,
in dem für die Wissenschaft nützliebe und wertvolle Hinweise verborgen sind.48 Der erste
Teil der Arbeit ist der Darstellung von Form und Inhalt der Berichte, der Aufzeichnung
von Wallfahrtspraktiken, illustriert durch viele Quellenzitate vom Zeitpunkt der Formulierung
der Anliegen bis zur Ankunft am Gnadenort gewidmet. Im Anhang der Arbeit
befinden sich ein statistischer Überblick, der seiner Ansicht nach ohne Zweifel die meisten
Fragen beantwortet, ja man kann die dort versammelten Daten selbst wieder zur Grundlage
neuer Untersuchungen nebmen.49 Er enthält das Jahr des Auftretens des Wunders,
den Namen, sozialen Status, Beruf und die Herkunft der Person, ihr Anliegen, den Weg
zum Wallfahrtsort, sowie das dargebrachte Opfer in Form einer Auflistung, leider ohne die
einzelnen Einträge miteinander zu vergleichen und in einen Zusammenhang zu bringen.
Seine Intention war eher die Darstellung der frühesten Belege von Namen, Begriffen und
Praktiken und ihrer Verbreitung.
Vergleichende Untersuchungen, die sich auf statistischer Grundlage mit den Beziehungen
zwischen der Person des Wallfahrers samt allen Informationen, die sich auf ihn
und seine Lebensumstände beziehen, und mit der Art des Vvunders, den Votivgaben und
schließlich der Heilung beschäftigen, liegen wieder nur für den französischen und englischen
Raum vor, 5° für den deutschsprachigen ist diese Fragestellung noch nicht bearbeitet worden;
dabei zeichnen gerade den süddeutschen Raum überaus umfangreiche Quellenbestände
aus. Jeder, der sich hier von Hand an das „Zählen“ markanter Angaben macht, nimmt
eine Arbeit auf sich, die wohl einige Jahre in Anspruch nimmt. Die vorliegende Broschüre
ist daher in erster Linie der Untersuchung spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Mirakelbücher
aus dem bayerischen Raum gewidmet.
47 Fränkische Mira.kelbücher. Quellen und Untersuchungen zur historischen Volkskunde und
Geschichte der Volksfrömmigkeit. In: Würzburger Diözesa.ngeschichtsblätter 28 (1966), 25-240.
48 Ebda.., 71.
49 Ebda.., 27.
50 Rona.ld Ch. Finucane, The mira.cle-working corpse: A Study of medieval English Pilgrims
a.nd their beliefs. Phi!. Diss. Sta.nford 1972. Ders., Mirades a.nd Pilgrims. Popular Beliefs
in Medieva.l Engla.nd. London 1977. Pierre-Andre Siga.l, L’homme et le miracle da.ns Ia. France
medieva.le (Xle-Xlle siede). Paris 1985. Ders., Maladie, pelerina.ge et guerison a.u Xlle siede.
Les miracles de Sa.int-Gibrien a. Reims. In: Anna.les 24 (1969), 1522-1539. Dominique Gonthier,
Cla.ire Le Ba.s, Analyse socio-economique de quelques recueils de mira.cles da.ns Ia. Norma.ndie du
Xle a.u Xllle siede. In: Anna.les de Norma.ndie 24 (1974), 3-36.
14 1. Allgemeine$ zu Wallfahrt und Mirakelliteratur
Interpretiert man Wallfahrten über eine relativ geringe Distanz mit einer Dauer von
nur wenigen Tagen, bei der die Ausführenden unabhängig von Alter und sozialem Status ihr
alltägliches Leben unterbrechen, nach einer gewissen Zeit aber in die gewohnte Umgebung
zurückkehren und es wie zuvor aufnehrnen,51 so bietet sich der Einsatz des Computers
insbesonders zur Erforschung dieser Unterbrechungen des „Alltäglichen“ an. Denn diese
Thematik eignet sich besonders zur statistischen Erfassung prägnanter Merkmale und der
Untersuchung der zwischen diesen bestehenden Beziehungen. 52
Untersuchungsgegenstand können zum Beispiel sein:
1. Charakteristische Phänomene einzelner Gnadenorte:
• Welche Anliegen werden vorgebracht?
• Treten bestimmte Anliegen bei bestimmten Heiligen besonders gehäuft auf, die bei
anderen Heiligtümern nur vereinzelt in den Aufzeichnungen zu finden sind?
• Bei welchen Heiligen werden die Krankheiten am Ort seines Heiligtums selbst geheilt
(Bittwallfahrten) und bei welchen erfolgt die Durchführung der Fahrt erst nach der
Heilung ( Dankwallfahrten )?
• Unterscheiden sich die Kultorte voneinander in Hinsicht auf die Personen, die sie
aufsuchen (soziale Herkunft, Geschlecht und Alter der Wallfahrer)?
• Welcher geographische Einzugsbereich zeichnet die einzelnen Orte aus?
• Bestehen Unterschiede bezüglich des Wertes und der Anzahl der geopferten Votivgaben?
• Wie äußert sich die Kultfrequenz der einzelnen Wallfahrtsorte in Beziehung zu ihrer
historischen Entwicklung?
• Welche Komponenten sind für diese unterschiedlichen Tendenzen verantwortlich zu
machen bzw. welche Konsequenzen ergeben sich für die Siedlung am und um das
Kultzentrum?
2. Die zeitliche Entwicklung des Wallfahrtsgeschehens im allgemeinen:
• Welche politischen Interessen stehen im Hintergrund?
• Welche Veränderungen zeichnen sich hinsichtliehen der Art der Wallfahrt (Dank- oder
Bittwallfahrt) im Laufe der Jahrhunderte ab, welche bezüglich der „Klientel“ (soziale
Herkunft , Geschlecht, Alter, Herkunft)?
• Lassen sich Schwankungen bei der Anzahl der Wallfahrer im Verlauf des Jahres feststellen,
die durch die Jahreszeiten bedingt sind?
• Welche anderen Faktoren könnten noch dafür ausschlaggebend sein?
51 !so Baumer, Wallfahrt und Wallfahrtsterminologie. In: Volkskunde. Wien 1972, 312: {. .. ]
zeigt einen Menschen, der seine Alltagsarbeit un terbricht, allein oder in Gruppen eine Reise antritt
und durchführt, am Ziel ankommt, dort Gesten individueller und Riten kollektiver Frömmigkeit
setzt, wieder heim reist und dort die Arbeit wieder aufnimmt.
52 Vgl. dazu Gerhard Jaritz, Quantitative Methoden in der Alltagsgeschichte des Mittelalters.
In: Gerhard Botz, Christian Fleck, Albert Müller, Manfred Thaller (Hrsg.), Qualität und Quan·
titä.t. Zur Praxis der Methoden der historischen Sozialwissenschaft. Frankfurt, New York 1987,
73-97.
1.2. Mirakel oder: “ … da& Ereigni&werden de& Unmöglichen . . . n 15
• Zeichnet sich durch die Häufigkeit des Vorkommens der Wunder die Entwicklung bestimmter
Wundertypen ab?
• Verändert sich die Anzahl der Nennungen von vergeblichen medizinischen Maßnahmen?
• Kann man die Entwicklung bestimmter „Modetrends“ bei den Votivgaben verfolgen.
3. Die Erforschung der Anliegen, die dem Heiligen vorgebracht wurden:
• Welche Krankheiten treten besonders häufig auf?
• Existieren „saisonale“ Krankheiten?
• Welche Personen (hinsichtlich Alter, Geschlecht, soziale Herkunft) sind von welchen
Krankheiten betroffen?
• Legen sie aufgrund der Art und Schwere ihrer Krankheit unterschiedlich weite Strecken
zurück?
• Welche Beziehungen lassen sich zwischen dem Motiv und der Art der Wallfahrt (Dankoder
Bittwallfahrt) erkennen?
• Bei welchen Krankheiten treten bevorzugt Heiligenerscheinungen in den Mirakelberichten
auf?
• Läßt sich eine spezifische Dauer einzelner Krankheiten feststellen?
• Innerhalb welchen Zeitraumes erfahren die Hilfesuchenden die Heilung ihrer Gebrechen
bzw. werden verschiedene Krankheiten verschieden schnell geheilt oder sind andere
Komponenten dafür ausschlaggebend (Person, Votivgaben)?
• Bei welchen Krankheiten nennen die Verfasser besonders häufig eine wirkungslose
medizinische Therapie?
4. Das Stiftungsverhalten der Wallfahrer:
• Welche Arten von Votivgaben treten besonders häufig in Erscheinung?
• Bei welchen Krankheiten oder Notfällen werden bevorzugt spezielle Votivgaben dargebracht
und inwieweit sind sie für jene signifikant?
• Lassen sich bezüglich der Personen schichts-, alters- und geschlechtsspezifische Votivgaben
feststellen?
• Welche Beziehungen bestehen zwischen der von einer Notsituation betroffenen Person
und derjenigen, die sie zu einer Wallfahrt verspricht?
• Wer führt die Wallfahrt dann tatsächlich aus?
Die aufgezählten Punkte sollen nur mögliche Fragestellungen bei der Bearbeitung
dieses interessanten Quellentyps beispielhaft aufzeigen. Jeder, der sich näher mit Mirakelbüchern
befaßt, wird feststellen, daß sich darüber hinaus noch „unzalbarlich vile “ andere
Aspekte ergeben, die hier aufgrund ihrer Vielfalt nicht im Detail aufgelistet werden sollen.
16 1. AllgemeineJ zu Wallfahrt und Mirakelliteratur
2.1. Die hütorüche Entwicklung de3 Quellentyp3 17
2. Quellenbeschreibung
2.1. Die historische Entwicklung des Quellentyps
2.1.1. Handschriftliche Mirakelbücher
Bereits aus der Antike sind Aufzeichnungen über an einem bestirrunten Kultort geschehene
Heilungen überliefert, die entweder von den schreibkundigen Geheilten selbst
oder von einem zu diesem Zweck am Kultort anwesenden Berufsschreiber abgefaßt wurden.
53 Zu den bekanntesten antiken Wallfahrtsorten zählt z.B. Epidauros, eines von über
200 Heiligtümern, die Asklepios, dem Schutzpatron der Ärzte, gewidmet waren. Die auf
Steintafeln eingemeißelten Mirakelberichte erwähnt Pausanias in seiner Beschreibung Griechenlands.
54
Infolge der Märtyrerverehrung ab dem 2. Jahrhundert entstand das Bedürfnis, schriftliche
Zeugnisse über das Leben und Leiden der Heiligen zu sammeln, um sie an deren
Todestag der Gemeinde zur Stärkung ihres Glaubens vorzulesen. Als Quellen dafür kamen
Gerichtsprotokolle, Augenzeugen berichte, mündliche Überlieferungen und Erzählungen zur
Verwendung, aus denen Heiligenviten, Passionsberichte und apokryphe Apostelgeschichten
entstanden. Wichtigster Bestandteil der Heiligenviten, die am Grab es Heiligen aufbewahrt
wurden, war neben der Beschreibung seines Lebens die der wunderwirkenden Kräfte der
Heiligen in Form von Mirakelberichten, da bei einem Antrag auf Heiligsprechung dem Bischof,
Erzbischof oder den Synoden jeweils ein Buch des Lebens und eines der Wunder
vorgelegt werden mußte.55
Die erste christliche Mirakelsammlung entstand durch die Initiative Augustinus‘, der
in seinem Werk De civitate Dei einige Berichte nennt, um den Heiden die Wundermacht
Gottes vor Augen zu führen. 56 Er veranlaßte die Christen seines Bistums als auch die
Bischöfe von Nachbargemeinden Gebetserhörungen schriftlich zu sammeln und verfaßte
im Jahr 425 die iibe/Ji miracuiorum, in denen über siebzig Berichte Auskunft gegeben
wird.57
53 Vgl. Bach, Mirakelbücher, 15. Vgl. auch Kötting, Peregrinatio. Regensburg, Münster 1950
und Reitzenstein, Hellenistische Wundererzählungen. Leipzig 1906.
54 Vgl. R. Herzog, Die Wunderheilungen von Epidaurus. (=Philologus, Supplm.-Bd. 22, Heft
3) Leipzig 1931.
55 Vgl. Stephan Beissel, Die Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien in Deutschland bis
zum Beginn des 13. Jahrhunderts. Freiburg 1890, 115.
56 Vgl. Anselm Stolz, Zu den Wunderkapiteln im 22. Buch der Civitas Dei. In: Theologie und
Glaube 18 (1926), 843-855.
57 Vgl. Bach, Mirakelbücher, 23f.
18 t. QuellenbeJchreibung
Zu den ältesten Mirakelbüchern zählen:
• De miraculis sancti Stephani Protomartyris: 5. Jahrhundert, Verfasser unbekannt. 58
• De vita ac miraculis D. Theclae Yirginis Ikoniensis Libri duo: um 450 von Basilius
von Seleukia. 59
• Laus SS. Martyrwn Cyri et Johannis et miraculorum quae ab eis gesta sunt ex parte
narratio: um 600 von Bischof Sophronius von Jerusalem.60
Als erster Höhepunkt in der Mirakelliteratur werden innerhalb der Forschung allgemein
die Octo miraculorum libri des Gregor von Tours bezeichnet, der die Wunder, die sich
am Grab des heiligen Martin, des Bischofs von Tours, ereigneten, zusammenfaßte.61 Diese
Mirakelbücher dienten in Deutschland zur Zeit der Karolinger als Vorbild für die Aufzeichnung
von Wunderzeichen, etwa für einen Reichenauer Conventualen, der zwischen 822 und
838 die Wunder, die sich in der Nähe der Reliquien des Märtyrers Genesius ereigneten,
festhielt. Die ältesten vorhandenen Mirakelbücher aus den Österreichischen Alpenländern
stammen aus dem 13. Jahrhundert (St. Pölten, Stams in Tirol), aus Bayern ist das Libellus
de signis Oudalrici episcopi (982-992) bekannt.62 In späterer Zeit übernahmen die Abfassung
der Mirakelbücher in erster Linie die Klöster bzw. deren Äbte, da die meisten Wallfahrtsorte
einem bestimmten Orden inkorporiert waren. Im Zuge der klosterfeindlichen
Haltung während der Aufklärungs- und Säkularisationszeit gingen diese handschriftlichen
Aufzeichnungen zum größten Teil verloren. Die Einträge in die Mirakelbücher wurden von
verschiedenen Schreibern vorgenommen, die in einigen kurzen Sätzen die von den Wallfahrern
erlebten Wunder notierten, damit sie von einem Pfarrer am Festtag des Heiligen
von der Kanzel verkündet werden konnten. Die erhaltenen Bände sind meist ziemlich
beschädigt, oft wurden Seiten herausgerissen, die Einbände zeigen, daß die Bücher für
den täglichen Gebrauch bestimmt waren und wohl auch manchen Kirchenbrand miterlebt
haben (z.B. Mirakelbuch von St. Wolfgang am Burgholz).
2.1.2. Gedruckte Mirakelbücher
Durch die Zugehörigkeit der meisten Wallfahrtskirchen zu bestimmten Klöstern, die
für deren Bestand und seelsorgliche Tätigkeiten im Bereich der Wallfahrt verantwortlich
waren, entstanden im Auftrag der Äbte von Ordensgeistlichen verfaßte Mirakelbücher, die
aus den handschriftliche Aufzeichnungen einige Mirakel auswählten und gleichzeitig verschiedene
grammatikalisch-stilistische Verbesserungen vornahmen. Die Mirakelbücher des
15. und 16. Jahrhunderts wurden nicht mehr in lateinischer Sprache geschrieben, sondern
insbesondere im deutschen Sprachraum in der Volkssprache. Der Grund dafür liegt wohl in
der Intention der Verfasser, eine möglichst große Gruppe durch die vorgetragenen Wunder
58 Ediert in Migne PL, Tom. 41, Sp. 833-854.
59 Ediert in Migne PG, Tom. 85, Sp. 478-618.
60 Ediert in Migne PG, Tom. 87, Sp. 3379-3676.
61 Vgl. Bach, Mirakelbücher, 25.
62 Vgl. Gier!, Bauernleben, 27.
!.1. Die histori-sche Entwicklung de Quellentyp� 19
anzusprechen und damit deren Verbreitung und den Bekanntheitsgrad des Gnadenortes
zu fördern. Mittels der lateinischen Sprache hätten sie nur eine kleine elitäre Gruppe von
Rezipienten erreicht und den propagandistischen Zweck der Schriften verfehlt.
2.1.2.1. Gedruckte Mirakelbücher des 16. Jahrhunderts
Zu den ältesten gedruckten Mirakelbücher in Bayern zählen:
• Yermerckt dye Grossen wunder zaichen So dye Junckfraw Maria hye zu alten Öttingen
würcken ist an Yil Cristen menschen. Augsburg 1494/95.
• Das buechlein der zuilucht zu Maria der mueter Gotes in alten Öding. Nümberg 1497
von Jacobus Issickemer.
In den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts entstanden Mirakelbücher in Augsburg,
Regensburg und Tuntenhausen. Es sind meist schmuck- und formlose Broschüren,
in denen auf wenigen Blättern die Mirakel eines Jahres wiedergegeben werden. Auf die
Eingangswidmung An den Christlichen Leser und andächtigen Kirchfärtter, in der der Verfasser
die Begründung für die Drucklegung dieses Heftes liefert, folgt die Auflistung der
Mirakel, unter Nennung der Personen und ihrer Herkunft, sowie die meist sehr knappe
und kommentarlose Darstellung des Wunderaktes. Das Vorhandensein solcher Jahreshefte
ist vor allem in den Jahren nach der Entstehung einer Wallfahrt an den einzelnen Orten
zu beobachten. Sie entsprechen vermutlich noch am ehesten den handschriftlichen Aufzeichnungen,
da sie ohne jede literarische Ausschmückung verfaßt sind. Habermas verweist
auf den Eindruck einer großen Selbstverständlichkeit des Erlebten, die in jener Zeit keiner
weiteren Erklärung und Untermauerung bedurfte, da das Geschehen an sich keineswegs
überraschte und daher auch von niemandem in Frage gestellt wurde.63 Leider sind wir
über die Verbreitung und Auflage von Mirakelbüchern nur wenig unterrichtet, so daß die
Annahme, daß diese Hefte aufgrund ihrer anspruchslosen Ausstattung für das „einfache
Volk“ bestimmt, zu einem relativ geringen Preis an den Devotionalienbuden erhältlich waren
und als Andenken mit nach Hause genommen wurden,64 noch zu überprüfen ist. Als
Beispiel für solche Jahreshefte sind die Mirakelbücher von Altötting 1494/95 und 1540,
von Tuntenhausen, die beinahe jährlich im Zeitraum von 1527 bis 1597 erschienen, und
von lnchenhofen 1484/85 zu nennen.
Zwei Mirakelbücher unterscheiden sich von diesen Heften: Das Altöttinger Mirakelbuch
von 1497 von Jacobus Issickemer, einem Augustiner Chorherrn, das in Form eines
gelehrten Traktates mit beweiskräftigen Zitaten aus der Heiligen Schrift die einzelnen Mirakel
untermauert. Jedem Kapitel sind einleitende Worte zum heilsgeschichtlichen Sinn
der nach Sachgruppen geordneten Mirakel vorangestellt. Das zweite Mirakelbuch, das aus
dem Rahmen der Jahreshefte heraustritt, stammt aus dem Jahr 1519 und beschreibt die
Vorgänge, die sich nach dem Abbruch der Synagoge in Regensburg, an deren Stelle eine
Wallfahrtskapelle errichtet werden sollte, ereigneten. Die durchgehend von antisemitischen
63 Vgl. Haberma.s, Wunder, 46.
64 Vgl. Gierl, Bauernleben, 32.
20 2. QuellenbeJchreibung
Parolen durchsetzte Rechtfertigungsschrift wurde von einem ungelert man im Auftrag des
Dompredigers Balthasar verlaßt, und zwar nicht wie die anderen Bücher in Prosa, sondern
in Reimpaaren. Nach Ansicht Bach’s sollten die Verse den Leser bei guter Laune halten,
durch ihre glatte gefällige Form seinen ästhetischen Sinn ansprechen, durch den Inhalt ihn
angenel:un und interessant unterhal!en.65
Die ersten Zweifel am christlichen Wunder von Seiten der Protestanten führten nicht
zu dessen Verschwinden (zumindest nicht im bayerischen Raum), sondern bewirkten im
Gegenteil eine Intensivierung der Bestrebungen der katholischen Kirche, die Stellung des
Wunders als ein sinnfälliges Zeichen der Zugehörigkeit zum „rechten“ Glauben zu manifestieren,
der nun seine neue Ausdrucksform in der einsetzenden Manenverehrung fand.
2.1.2.2. Gedruckte Mirakelbücher aus der ersten Hälfte des 17. Jahunderts
Aus diesen Jahrzehnten sind vermutlich aufgrund der Kriegswirren nur wenige Bücher
erhalten. Sie berichten aus einem größeren Zeitraum nicht mehr allein die Wundergeschichten
und weisen ein anspruchsvolleres äußeres Erscheinungsbild auf. Neben der Eingangserklärung,
die sich oft auf die Leiden, die der dreißigjährige Krieg hervorrief, beziehen,
enthalten einige eine Widmung an einen bestimmten Adeligen, berichten sodann über die
Entstehung und lnkorporierung der Wallfahrtskirche und schließlich über die Wunder, die
sich hier ereigneten. Obwohl diese Bücher insgesamt umfangreicher sind, beschränken sich
die Verfasser auf relativ wenige Mirakel, in denen sie dann urnso ausführlicher die Ursachen
und Begleitumstände, die zum Verlöbnis führten, beschreiben. In diesen Sammelbänden
dienen die Mirakel oftmals nur mehr illustrativen Zwecken und erhalten somit wieder eine
ähnliche Funktion, die ihnen in allen mittelalterlichen Viten und Heiligenlegenden eigen
gewesen war. Die chronologische Ordnung, die wir in den Jahresheften kennenlemten, wird
aufgelöst zugunsten von nach Sachgruppen geordneten Kapiteln, denen jeweils ein Kupferstich
vorangestellt war. Aus der knappen Darstellung der Ereignisse entstehen kleine Geschichten
mit eigenen Überschriften, in denen unter Nutzung der Gestaltungsmöglichkeiten
der Sprache viele „Nebensächlichkeiten“ beschrieben werden. Die Trostfunktion der Mirakelbücher
weicht langsam zugunsten einer neuen Marlenfrömmigkeit als staatspolitischem
Programm zurück.66
Beispiele: Augsburg 1620 und 1625, Bogenberg 1645, Tuntenhausen 1614 und 1664, Altötting
1664.
65 Bach, Mirakelbücher, 63.
66 Ludwig Hüttl, Marianische Wallfahrten im süddeutsch-österreichischen Raum. Köln 1985,
112, vgl. auch Olivia Wiebel-Fanderl, Die Wallfahrt Altötting. Kultformen und Wallfahrtsieben
im 19. Jahrhundert. Passau 1984, 9.
t.l. Die hütornche Entwicklung deJ QuellentypJ 21
2.1.2.3. Gedruckte Mirakelbücher von der zweiten Hälfte des 17. bis zur Mitte
des 18. Jahunderts
Ihre Blütezeit erfahren die Mirakelbücher in diesem Zeitraum. Eine Fülle von aufwendig
gestalteten Büchern entstehen, die nach Habermas nicht länger für jene bestimmt
waren, die Wunder dem „Volk“ erzählen können, nicht mehr für die Kirche, sondern für
ein städtisch gebildetes „Bürgertum“. 67 Dies bedeutet eine Verlagerung des Rezipientenkreises,
die sich auch in der veränderten Form der Abfassung der Bücher widerspiegelt, die
in zunehmenden Maß eine unterhaltende Funktion übernehmen. Die Autoren stammen
vermehrt aus dem Adel und dem „intellektuellen Bürgertum“, verwenden Zitate von antiken
Schriftstellern, um ihre Belesenheit darzustellen und Gewicht und Überzeugungskraft
der Worte zu unterstreichen.
In den Mittelpunkt der Berichte tritt der subjektive Standpunkt des Votanten, das
Umfeld, aus dem heraus er einen Heiligen um Hilfe anrief, wird noch plastischer und
ausführlicher unter Verwendung eil!er höchst stilisierten Sprache und dem gezielten Einsatz
von Spannungselementen beschrieben. Detaillierte Beschreibungen sowie die Angabe von
Wochentagen, Uhrzeiten, Zeugen und Bestätigungen von eigens eingesetzten Kommisionen
dienen der Unterstreichung der Authentizität und Glaubwürdigkeit der Ereignisse. Die
Funktion dieser Erzähltechniken sieht Habermas darin begründet, daß Wunder im 17.
Jahrhundert nicht mehr mit der gleichen Selbstverständlichkeit rezipiert wurden wie früher,
sondern Zweifel gegenüber der „Echtheit“ aufkamen, die möglichst überzeugend zerstreut
werden sollten. 68
Ein charakteristisches Stilmittel dieser Zeit ist die Allegorie, die bildhafte Darstellung
von Gedanken, die mit besonderer Vorliebe bereits für den Titel der Mirakelbücher in Verwendung
karn.69 In noch stärkerem Maße tritt in dieser Zeit die Vielfältigkeit des Inhalts
in den Vordergrund. Sammelwerke entstehen, in denen neben der Ursprungslegende, der
Beschreibung des Gnadenbildes bzw. der Reliquie und der Vita des Heiligen, Gebete, Litaneien,
Andachtsübungen, Regeln für das richtige Verhalten arn Weg zum Wallfahrtsort
und dortselbst sowie die Mirakelberichte enthalten sind.
Ein Beispiel dafür ist das Mirakelbuch von Inchenhofen aus dem Jahr 1659: Synopsis
Mri aculorum et Beneficiorum seu vincula charitatis von Abt Martinus Dallmayr: Die Verwendung
von Allegorien zeigt sich bereits im Titel; auf die Widmung an Kurfürst Ferdinand
Maria folgt die Approbatio ordinis70, eine Vorrede an den günstigen und andächtigen
Kirchfahrter und ein Lobgedicht auf den Heiligen Leonhard. Das Buch ist in zwei WeegDiscurse
eingeteilt, die auf dem Weg zum Wallfahrtsort besprochen werden sollten: der
67 Habermas, Wunder, 56.
68 Habermas, Wunder, 52.
69 Z.B. Bosor Lico Campstris: ein eigenes Kapitel dient der Erklärung des Titels („Bosor“ ist
die Bezeichnung für eine Stätte der Zuflucht im Alten Testament, „Campestris“ bedeutet offenes
Feld – gemeint ist Maria Hilf am Lechfeld); ein anderes Beispiel ist der Marianisch Gnadenpsalter
[ .. . ) aus Tuntenhausen (der Titel spiegelt das Gliederungsschema des Mirakelbuches wider, das die
Wunderberichte in fünfzehn Sachgruppen entsprechend den Ordnungen des Rosenkranzes enthält.
70 Dies ist die kirchliche Druckerlaubnis; während der Gegenreformation herrschte in Bayern
22 .!. QuellenbeJchreibung
erste Diseurs beinhaltet die Vita des Heiligen Leonhard, die Geschichte der Wallfahrt von
ihrem Ursprung an und schließlich die Inkorporation der Inchenhofener Kapelle in das Kloster
Fürstenfeld; im zweiten Diseurs sind etwa tausend Mirakel, die sich seit vierhundert
Jahren in Inchenhofen ereigneten, nach fünfundzwanzig Sachgruppen geordnet, verzeichnet.
Einen entscheidenden Einschnitt in der Mirakelliteratur brachte die Zeit der Aufklärung
mit sich. Nur noch wenige Mirakelbücher von geringem Umfang im Stil von
Aufklärungsschriften erschienen. Sie enthalten in erster Linie Unterweisungen über die
richtige Art zu wallfahren, Gebete, Andachtsübungen und die Historie des Gnadenortes.
Die Aufklärer stellten sich verstärkt gegen Wunder, in denen sie ein Instrument der Katholiken
sahen, um die Gläubigen zugunsten eigener materieller Interessen zu manipulieren.
Die Produktion von Mirakelbüchern ging nach 1750 rapide zurück und als im Zuge
der Säkularisation mit 1. April 1803 in Bayern die Klöster, denen ja die meisten Wallfahrtskirchen
inkorporiert waren, aufgelöst und deren Besitz dem Staat zufiel, fand das
„Mirakelbuchschaff en“ sein vorübergehendes Ende.71
2.2. Inhalte der Mirakelbücher
An dieser Stelle gilt es noch einmal zu betonen, daß die inhaltliche Konzeption der
Mirakelbücher zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert, wie im geschichtlichen Abriß
bereits skizziert wurde, einer starken Wandlung unterlag. Die Mirakelbücher enthalten im
Lauf der Jahrhunderte eine immer größer werdende Fülle an Informationen. In welcher
Form sie auftreten können, soll in diesem Kapitel aufgezeigt werden.
2.2.1. Angaben zu den Ursachen und Vorbedingungen d es Verlöbnisses
• Durchführung von Wallfahrten: Sie ist in zwei unterschiedlichen Ausprägungen zu
beobachten; als Bittwallfahrt, bei der die Heilung nach dem Verlöbnis auf dem Weg
zum Gnadenort oder dortselbst eintrat oder als Dankwallfahrt, die der Gläubige erst,
nachdem er eine Wallfahrt gelobt und Heilung erfahren hatte, antrat.
• Datum der AuJführung: Nicht immer geben die Mirakelberichte Auskunft über den
exakten Tag und das Monat, meist aber über das Jahr. Mit Hilfe dieser Informationen
lassen sich die Berichte zeitlich zuordnen. Aufgrund der Häufigkeit ihres Auftretens
innerhalb bestimmter Phasen kann festgestellt werden, welchen äußeren Einflüssen
Wallfahrten in ihrer Entwicklung unterlagen, welche Auswirkungen Kriege und Epidemien
nach sich zogen, welchen Wirkungsgrad propagandistische Mittel (Ablässe,
scharfe Zensur, alle nicht strenggläubigen Presseerzeugnisse wurden eingezogen, der Besitz uner·
laubter Bücher bestraft (vgl. Bach, Mirakelbücher, Anm. 57, 118).
71 Bach, Mirakelbücher, 33.
2 2 Inhalte der Mirakelbücher 23
Mirakelbücher, Flugschriften, Andachtsbilder) zur Förderung der Wallfahrt bzw. einschränkende
obrigkeitliche Maßnahmen (Störung der Betreuung, Wallfahrtsverbote),
um deren Entwicklung entgegenzutreten, erreichten, in welcher Form sich die Entstehung
neuer Kultzentren auswirkte, welchen Einfluß Feiertage und jahreszeitliche
Wetterbedingungen auf den Zustrom ausübten. In manchen Fällen wird außerdem
der Zeitpunkt des Verlöbnisses angegeben, so daß die Zeitspanne zwischen der Krankheit
und der tatsächlichen Durchführung der Fahrt deutlich wird, sowie die Uhrzeit,
zu welcher der Hilfesuchende seine Heilung in der Sakristei zu Protokoll gab. Diese
zuletzt genannten Informationen erhalten wir vornehmlich aus Berichten jüngeren Datums.
• Motiv: Diese Kategorie beinhaltet die komplexesten Informationen. Die Umstände,
die zu einem Unfall bzw. zu einer Krankheit führten, eine Beschreibung der Symptome,
die Dauer der Krankheit, das Verhalten der Personen, die mit dem Kranken
in direkter Beziehung standen, die Integration des Kranken in den gemeinschaftlichen
Verband und ähnliche r.lamit in Zusammenhang stehende Phänomene werden
dargelegt. Auf deren Interpretation und Auswertung soll in einem späteren Kapitel
im Detail eingegangen werden, da gerade dieser Teil der Mirakelberichte wertvolle
Einblicke in Alltagshandlungen gewährt.
• „weltliche“ Heilung3ver3uche: Um die Verdienste und Fähigkeiten der Heiligen zu
unterstreichen, bemühen sich die Verfasser die besondere Aussichtslosigkeit ärztlicher
Therapien im Gegensatz dazu hervorzuheben. Beschrieben werden die Art und Dauer
der Behandlung, sowie die dafür geforderten Honorare.
• Vi3ionen: In manchen Fällen stehen Verlöbnisse in Zusammenhang mit Heiligenerscheinungen.
Der von einer besonderen Notlage Betroffene erhält durch den Heiligen
die „Empfehlung“ einen bestimmten Gnadenort aufzusuchen und in manchen Fällen
auch bestimmte Auflagen bezüglich der Art der Ausführung bzw. welche Votivgaben
er mitzubringen habe.
• Verlöbni3: Außerdem geben die Mirakelberichte Auskunft über die näheren Umstände
des Verlöbnisaktes, wie etwa den Zeitpunkt, oder bieten eine Begründung durch Verweis
auf den seelischen Zustand des Betroffenen.
2.2.2. Angaben zur Person
• Ge3chlecht und Alter: Meist erfahren wir das Alter nur bei Kindern bzw. Jugendlichen
bis etwa 25 Jahren, erst aus den Wunderberichten des 17. Jahrhundert auch das älterer
Personen.
• Vor- und Nachnamen: Für fehlende Namensnennungen können verschiedene Komponenten
verantwortlich sein. Zum einen fällt auf, daß insbesondere bei den frühen
listenförmigen Mirakelberichten, z.B. aus Tuntenhausen, die Personen oftmals nur als
Mann, Frau, Kind oder mit ihrem Beruf bezeichnet werden. In diesem speziellen
Fall dürfte es sich um eine verfasserspezifische Eigenart handeln, der es vielleicht bei
24 t. QuellenbeJchreibung
der hohen Anzahl von Mirakeln, die alljährlich verzeichnet wurden, nicht für notwendig
erachtete, alle Personen mit Namen anzuführen. In anderen Mirakelbüchern
weist der Schreiber nämlich nachdrücklich daraufhin, wenn die Person nicht mit Namen
genannt sein wollte. Gier! vermutet einen Zusammenhang mit der öffentlichen
Verkündigung von Mirakeln an den Hauptfesten während der Predigt, daß nämlich
gewisse Stände (Geistliche, Beamte, Adelige) ihren Namen nicht veröffentlichten und
auch clie Art ihres Leidens geheimhielten.72 Festzuhalten ist, daß fehlende Namensnennungen
besonders im 16. Jahrhundert zu verzeichnen sind, während im 17. Jahrhundert
„anonyme“ Wallfahrer nur mehr vereinzelt, dafür als solche gekennzeichnet,
auftreten. Diese Entwicklung steht in Verbindung mit den bereits oben erwähnten
Bemühungen der Verfasser den Wahrheitsgehalt der Berichte in späterer Zeit durch
möglichst detaillierte Angaben zu untermauern.
• Beruf und Jozialer StatuJ: Angaben zum Beruf treten nur in den seltensten Fällen
in Erscheinung. Es ist anzunehmen, daß ein Großteil der „Klientel“ ihren Lebensunterhalt
im agrarischen Bereich erwarb und die Verfasser es nicht für nötig befanden,
eine „Selbstverständlichkeit“ noch extra zu erwähnen. Da die meisten Verfasser in
der Einleitung noch hervorheben, daß Leute aller Berufsgruppen und Stände den
Gnadenort aufsuchten, erscheint es verwunderlich, daß sie im konkreten Fall auf Berufsbezeichnungen
vergessen haben sollten. 73 Erst eine detaillierte Analyse einzelner
Wallfahrtsorte unter Zuhilfenahme anderer Quellengruppen kann diese Frage zu beantworten
versuchen. Besonders schwierig erweist sich die Entscheidung, wie bestimmte
„Berufsnachnarnen“ (z.B. „Sneider“, „Fischer“ , „Schuester“, etc.) zu deuten sind, da
aus dem Text nicht eindeutig hervorgeht, ob es sich dabei um Namen oder Berufe
handelt. Für den sozialen Status sind dieselben Überlegungen wie bei den Angaben
zum Beruf anzustellen, da auch in diesem Fall davon ausgegangen werden kann, daß
die Autoren es nicht verabsäumt hätten, Bürger, Adelige und Geistliche stets als solche
zu bezeichnen, um die Prosperität des Gnadenortes hervorzuheben. Trotzdem
können auch die wenigen vorhandenen Angaben wertvolle Informationen darüber liefern,
ob und welche sozialen Schichten maßgeblich für den Einzugsbereich und/oder
die Stabilisierung eines Wallfahrtsortes verantwortlich zu machen sind.
• Familierutand: Ob die hilfesuchende Person verheiratet war, läßt sich nur in den Fällen
eruieren, in denen der Ehepartner durch das Geschehen in Form von Hilfeleistungen
oder als derjenige, der die Wallfahrt an ihrer Stelle versprach und/oder ausführte, in
Erscheinung tritt. Aussagen über den Familienstand der Hilfesuchenden sind daher
nicht verallgemeinerungsfähig.
72 Gier!, Ba.uernleben, 30.
73 Vgl. auch Finucane, Mira.des, 116.
2 2 Inhalte der Mirakelbücher 25
2.2.3. Angaben zur Heilung
Neben der Zeitspanne, die zwischen dem Verlöbnis und der tatsäeblieb erfolgten Heilung
lag, enthält dieser Abschnitt auch noch die Schilderung der Art und Weise, in der die
Heilung vor sieb ging, ob der Hilfesuchende völlig gesund wurde oder nur eine Besserung
seiner Leiden eintrat, sowie den nochmaligen toposartigen Hinweis auf die Wunderkraft
des Heiligen, dessen Unterstützung erbeten wurde.
2.2.4. Angaben zum Votiv und der Art der Ausführung
• Votant: Meist verspricht der Betroffene selbst eine Wallfahrt auszuführen, aber auch
Familienangehörige, Freunde und Nachbarn übernehmen in bestimmten Fällen diese
Aufgabe.
• Votiv: Um den Wirkungsgrad des Versprechens einen Wallfahrtsort aufzusuchen zu
erhöhen, werden dem Heiligen als Dank für seine Hilfestellung auch verschiedene Gaben,
wie etwa Wachs, ein Geldbetrag für den Opferstock, Kleidungsstücke oder Tiere
„angeboten“.
• Art der A wfii.hrung: Ähnlich wie bei den Votivgaben, sollen auch selbstauferlegte
Erschwernisse auf dem Weg zum Gnadenort, der dann z.B. barfuß oder auf Knien, in
Wolle gekleidet oder „nackt“ unternommen wird, die Funktion erfüllen, den Heiligen
„günstig zu stimmen“ bzw. den Akt der Buße zum Ausdruck zu bringen.
• A usfii.hrender: Die Person, die sieb in einer Notlage befindet, muß nicht in allen Fällen
mit dem Ausführenden identisch sein. Familienangehörige, Freunde und Nachbarn
versprechen an ihrer Stelle, die Wallfahrt durchzuführen und die entsprechenden Votivgaben
zu bringen.
2.2.5. Angaben zu den Zeugen
Eine ähnliche Entwicklung wie bei der Namensnennung zeichnet sich auch hier ab.
Während im 16. Jahrhundert noch keine Zeugen genannt wurden, sind die Verfasser
der Mirakelbücher des 17. Jahrhunderts darum bemüht, glaubwürdige Personen namhaft
machen zu können, um der allgemeinen Skepsis, die sich gegenüber dem Wahrheitsgehalt
der Wunder breitmachte, entgegenzuwirken. Die Zeugen stammen meist aus dem gleichen
Heimatort wie der Betroffene, kennen ihn aus der Zeit seiner Notlage und bestätigen seine
Heilung bzw. Errettung nach getanem Gelübde. Genannt werden kann der Name, der
Beruf des Zeugen sowie seine Beziehung zu der Person, über die das Mirakel aufgezeichnet
wird. (z.B. nachbarliche, freundschaftliche, berufliche Kontakte).
26 f. QuellenbeJchreibung
2.2.6. Angaben zur Kommission
Im 17. Jahrhundert enstanden an manchen Wallfahrtsorten auch Kommissionen, vor
denen das erfolgte Wunder berichtet wurde, und die offensichtlich über die Echtheit und
Glaubwürdigkeit entschieden. Mitglieder waren meist Geistliche und Ärzte, ihre Zusammenset:r
ung diff eriert aber von Wunderbericht zu Wunderbericht. Genannt wird wiederum
der Name und der Beruf der Personen, in deren Anwesenheit das Mirakel namhaft gemacht
wurde.
2.2.7. Angaben zur Herkunft der Personen
Der geographische Einzugsbereich sowie die soziale Zusammensetzung der Wallfahrer
standen in enger Wechselbeziehung zum Bekanntheitsgrad und dadurch bedingt der
ökonomischen Mächtigkeit des Gnadenortes. Diese Angaben liefern Hinweise über die
Bedeutung von natürlichen geographischen Grenzen, Diözesan- und Herrschaftsgrenzen,
Verwaltungs- und Landesgrenzen, Markt- und Handelsgrenzen. Weiters zeigt sich welchen
Einfiuß Siedlungsstruktur, Bevölkerungsdichte und die Entwicklung des Straßennetzes der
Umgebung auf die konjunkturelle Entwicklung der Wallfahrt ausübten. Bei der Nennung
der Herkunftsorte besteht in manchen Fällen die Schwierigkeit, diese auch eindeutig zu
identifizieren, da aus einer größeren Anzahl gleichnamiger Ortschaften, wie etwa Kirchdorf,
auszuwählen ist. In solchen Fällen bin ich bei fehlenden näheren Angaben über
die lokale Disposition der Herkunft dazu übergangen, das jeweils nächstgelegene „Kirchdorf“
für die Auswertung heranzuziehen, da man davon ausgehen kann, daß die Verfasser
die Bekanntbeit dieses Ortes voraussetzten, bei gleichnamigen anderen dagegegen nähere
Angaben gemacht bätten.74
2.3. Die Entstehung der Quelle75
Entscheidend für die Entwicklung vieler Wallfahrten war die Zugehörigkeit zu einem
Kloster, da dieses über genügend Geistliche und auch finanzielle Mittel verfügte, um für die
Wallfahrt zu werben und sie seelsorgerlieh zu betreuen. Diese Unterstützung von Seiten
der Klöster ist bei der quantitativen Analyse der Mirakelbücher zu berücksichtigen, da sie
manchen Wallfahrtsorten die Herausgabe mehrerer und aufwendigerer Bücher ermöglichte,
die „selbstverwalteten“ Kapellen aus finanziellen Gründen verwehrt war. In diesem Zusammenhang
wäre auch die Auflage, Verbreitung und Rezeption der Mirakelbücher zu
erforschen, die bisher in der Sekundärliteratur weitgehend vernachlässigt wurden.
74 Vgl. a.uch Ha.rmening, Fränkische Mira.kelbücher, 142.
75 Vgl. auch Tüskes, Knapp, Mirakelliteratur als sozialgeschichtliche Quelle, 79-103.
1!.4. Miralcelbücher und „Realität“ 27
In der Vorrede an den günstigen Leser erhalten wir Auskunft über die Gründe und
Absichten des Verfassers, ob das Mirakelbuch zur Erbauung, Propaganda und/oder Wiederbelebung
der Wallfahrt diente, ob die Berichte als gegenreformatorische Rechtfertigungsschriften
gegenüber protestantischen Zweifeln oder die Juden gedacht waren und wer
die Auftraggeber waren. Schließlich ist neben der zeitlichen Zuordnung der strukturelle
Typus der Publikation – ob es sich um reine Mirakelberichte, Sammelwerke oder Erbauungsbücher
handelt – zu berücksichtigen.
Bei gedruckten Quellen besteht das Problem, daß die handschriftlichen Vorlagen, auf
die sich die Verfasser beziehen, verloren gegangen sind. Daher ist es oft nicht möglich,
den Grad der Übereinstimmung festzustellen, nach welchen Kriterien sie stilistisch und
inhaltlich umgestaltet wurden, ob und welche Aspekte für die Drucklegung ausgewählter
Mirakelberichte (z.B. besonders plakative Wunder, Stand und Herkunft der Person) ausschlaggebend
waren. In Altötting zum Beispiel lassen Parallelberichte, die von verschiedenen
Verfassern jeweils erwähnt werden, darauf schließen, daß allen Wundersammlungen
des 16. Jahrhunderts eine frühere gemeinsame Quelle zugrundelag. Sowohl Eisengrein als
auch Scheitenberg berichten über drei auf Pergament in deutscher Sprache geschriebene
Bücher, die in Altötting vorhanden waren, in denen die Wunder ab 1489 verzeichnet sind,
in der Zwischenzeit aber verlorengingen. Eine Untersuchung muß sich daher leider in den
meisten Fällen beinahe ausschließlich auf gedruckte Quellen stützen und kann keine exakten
Aussagen über tatsächliche Frequentierung, Rekrutierungsbereich etc. treffen, weil die
Verfasser betonen aus einer Unzahl von Ereignissen auszuwählen.76
2.4. Mirakelbücher und „Realität“
Eine weitere Schwierigkeit betrifft den Wahrheitsgehalt der Wunderberichte. Man
kann nicht davon ausgehen, daß sich alle in den Büchern beschriebenen Phänomene tatsächlich
genauso zugetragen haben. Die meisten Wundergeschichten wurden erst nach
einem längeren Zeitraum aufgezeichnet und auch die Versicherung glaubwürdige Augenzeugen
namhaft machen zu können, ändert nichts an einer gewissen Verklärung, mit der
die „Realität“ beschrieben wurde. Trotzdem ist es genau diese Verklärung, die den Quellentyp
m.E. so interessant macht, gewährt er doch Einblick in die Glaubenswelten und
Vorstellungen frühneuzeitlicher Gemeinschaften und zeigt wie keine andere Quellengattung,
welche Realitäten für Gruppen des 16. Jahrhunderts existierten und inwiefern sich
diese im Lauf der Zeit verändert haben. Die Geistlichen, die die Mirakelberichte verfaßten,
standen zwar dem alltäglichen Leben der Menschen, die wir am Wallfahrtsort hilfesuchend
antreffen, fern, jedoch waren sie in der Abfassung dahingehend gebunden, als sie nur jene
76 Z.B. Martin Eisengrein, Von der uralten Capelien unser Lieben Frawen unnd dem Kür. Stifft
S. Philip und Ja.cob zu alten Oetting. Ingolstadt 1571, 125: Dann ob gleicbwol gantze buecher vol
derselben ain zeitla.ng verzaicbnet worden, die dann noch verbanden ( … ]. Wer wolt sie aber auch
alle (weil sie unzalbarlich seyen) in die Feder bringen und verzaichnen {. .. } will derhalben allbie
nur etlich wenige, von Exempels wegen, erzolen.
28 2. QuellenbeJchreibung
Dinge beschreiben konnten, die von der Gemeinde auch für wahr erachtet wurden, sonst
war der Zweck der Schrift verfehlt. 77
77 Wie bereits kurz angesprochen, sieht Habermas die Ursache für die Knappheit der frühen
Mirakelberichte im Fehlen anderer Heilmittel als der göttlichen Hilfe begründet; sie leuchteten
jedem ein und die Verfasser hatten keinen Grund weitere Kommentare und Erklärungen zum
Geschehen abzugeben (vgl. Habermas, Wunder, 49). Sie stellt des weiteren fest, daß sich die
Funktion des Wunders im Lauf des 17. Jahrhunderts insofern ändert, als es nicht mehr Ausdruck
einer Wirklichkeitserfahrung ist und seinen Anspruch auf Wahrheitsgehalt einbüßt, da es immer
mehr zu einer von vielen Geschichten, zur Fiktion wird und dem Lektüreerlebnis insbesondere
von Mitgliedern der „Hochkultur“ dient. Die Mirakelbücher sprechen fortan nur noch von Erfahrungsweisen,
die der „Hochk ultur“ zuzurechnen sind (Habermas, Wunder, 56). Der Anspruch auf
Wahrheit im Sinn einer gemeinschaftlich geprüften und dadurch für die Gemeinschaft zutreffenden
Wahrheit erfüllen sie m.E. in dieser Zeit ebensosehr wie in jeder vorangegangenen und folgenden.
3. Die Aufbereitung der Quellen für die computergestützte Analyse 29
3. Die Aufbereitung der Quellen für die computergestützte Analyse
Die Grundlage der nächsten Kapitel bilden die Aufzeichnungen der Wunderzeichen, die
der Heilige Benno in Meißen und München bewirkte. Die handschriftlichen Mirakelberichte
sind auch für diese Wallfahrt verlorengegangen, für die Jahre 1601 bis 1697 liegen sie jedoch
in gedruckter Form in der Bayerischen Staatsbibliothek München auf. Es handelt sich
dabei um 14 Bände, deren Verfasser nicht genannt sind und bis auf das Mirakelbuch von
1697 (ein Sammelwerk über Leben und Wirken des Heiligen Benno) von den Münchener
Buchdruckern Adam Berg und Nicolaus Henricus herausgegeben wurden. Jeder der Bände
berichtet nach einer kurzen Einleitung an den „fürtreffiichen Leser“ listenartig über die
aufgetretenen Wunder, die sich in den letzten Jahren ereigneten. Außerdem enthält der
erste Band (1601) auszugsweise die Mirakel, die bereits am Grab des Heiligen Benno in
Meißen zwischen 1270 und 1483 auftraten.78
Der Heilige Benno entstammte einem thüringischen Grafengeschlecht, war zunächst
Kanoniker in Goslar und von 1066 bis 1106 Bischof von Meißen. Während des Investiturstreits
bezog er Stellung gegen den Kaiser, wurde von diesem 1085 abgesetzt und mußte
Meißen verlassen. Nachdem er sich dem Gegenpapst Clemens III. unterworfen hatte, war
er von 1088 an wieder Bischofvon Meißen. Über seine Missionstätigkeit unter den Wenden,
die ihm zu dem Titel „Apostel der Slawen“ verholfen haben soll, herrscht Unsicherheit,
da diese Bezeichnung erst im 15. Jahrhundert aufkam. Er starb am 16. Juni 1106 in
Meißen. Die Wallfahrt zu seinem Grab im Meißner Dom setzte schon bald nach seinem
Tode ein. Bereits 1285 gewährte Bischof Wittigo I. einen Ablaß für all jene, die Bennos
Grab besuchten. Nach seiner Heiligsprechung durch Papst Hadrian 1523 fand am 16. Juni
1524 die Elevation seiner Gebeine statt, die Luther mit seiner Schmähschrift „Wider den
neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meißen .soll erhoben werden“ kommentierte. Als
1536 der Landesfürst von Sachsen zur Augsburger Konfession übertrat, brachte Bischof
Johannes VIII. von Meißen die Reliquien Bennos in Sicherheit. Das Grab Bennos wurde
zerstört, die Wittelsbacher als entschiedene Verfechter der Gegenreformation erbaten sich
die Reliquien, die schließlich 1576 nach München überführt wurden und sich seit 1580 in
der Kollegiatskirche zu Unserer Lieben Frau befinden.
Die Bearbeitung von Mirakelberichten mit dem Computer hat sowohl offensichtliche
Vor- als auch Nachteile. Die Beantwortung einiger inhaltlicher Fragestellungen ist ohne die
Heranziehung des Computers möglich; für bestimmte Themenbereiche bringt sein Einsatz
gar nichts. Verschiedene Aspekte, die in Kapitel 1.2. bereits angesprochen wurden, sowie
die im letzten Kapitel beschriebenen regelmäßig auftretenden Inhalte der Mirakelberichte,
bieten sich zur computerunterstützten Analyse jedoch geradezu an. Nachdem das Material
die gleichzeitige Behandlung von kurzen mehr oder minder standardisierten Feldern
und längeren Partien natürlichsprachlicher Texte erforderte, es also um eine Mischung von
Anwendungen ging, die üblichwerweise durch strukturierte Datenbanken (z.B. dBase) einerseits
und Volltextsysteme (z.B. WordCruncher) andererseits geleistet werden, wurde
78 Die folgenden Ergebnisse der Auswertung beziehen sich auf die Mirakelbücher der Jahre 1601
bis 1634, die insgesamt 540 Mirakelberichte beinhalten.
30 3. Die Aufbereitung der Quellen für die computergeJtÜtzte AnalyJe
die Entscheidung zur Verwendung von >.wv getroffen, das beide Arten von Leistungen in
einem System integriert.
9.1. Die Eingabe der Daten 3 1
3 . 1 . Die Eingabe der Daten
Am Beispiel eines Mirakelberichtes aus München soll nun gezeigt werden, in welcher
Art ein Bericht für die Eingabe strukturiert werden kann, um ihn mit dem Programmpaket
KAELW 79 zu bearbeiten. Das Wunder wird in der Quelle in folgender Form dargestellt:
Den 21. Martii erJchin Ca3par PiJJinger von AltmoJen, Aichner
LandgerichtJ, anbringend, wie er ein überauß erJchröcklichen
leibJJchaden in die 9. Jar lang gehabt, welcher in alJo gebrennt,
daß er vermeint, eJ werde im daJ Hertz gleich abbrennen oder
drucken, unnd Jich gleichJam deß lebenJ verwegen: AlJ er Jich
aber zu dem H. Bennoni verlobt, hab er eintzigen Jchmertzen
darauf! nicht mehr empfunden. Stelt zeugen Leonhard Fell, Leonhard
Rieger, Weber, Sampt Jeiner gantzen NachbarJchaft
da3elbJt.60
Wir erhalten in diesem Bericht Auskunft über:
• das Dokument: Mirakelbuch München 1608, 2;
• das Motiv: ein überauß erJchröcklichen leibJJchaden in die 9. Jar lang gehabt, welcher
in aiJo gebrennt, daß er vermeint, eJ werde im daJ Hertz gleich abbrennen oder drucken
und Jich gleichJam deß lebenJ verwegen;
• die Person: Ca3par PiJJinger;
• die Art der Heilung: AlJ er Jich aber zu dem H. Bennoni verlobt, hab er eintzigen
Jchmertzen darauf! nicht mehr empfunden;
• den Votanten und sein Votiv: CaJpar PiJJinger verlobt Jich JelbJt ohne Angabe anderer
Votivgaben;61
• die Zeugen: Leonhard Fell, Leonhard Rieger {ein Weber) und die gantze N achbarJchaft;
• die Herkunft: AltmoJen, Aichner Landgericht;
• den Wallfahrtsort: München.
Um diese Informationen mit KAELW verarbeiten zu können, ist es notwendig eine einheitliche,
jedoch möglichst flexible Strukturvereinbarung zu treffen, in der alle aufgezählten
Elemente enthalten sind bzw. neu auftretende noch zugefügt werden können. In einem
ersten Schritt werden daher Informationsgruppen, denen ein Informationsgruppennamen
zugeordnet ist, festgelegt, auf den das Dollarzeichen ($) folgt:
79 Die folgenden Ausführungen beziehen sich a.usschließlich a.uf Möglichkeiten der Vera.rbeitung
von Mira.kelberichten. Für weitergehende Informationen und Erläuterungen empfiehlt es sich die
Ha.ndbücher von Manfred Thaller, I‘>AELW 3.1.1. Ein Datenbanksystem. ( = Halbgraue Reihe zur
historischen Fachinformatik, Serie B, 1) St. Katha.rinen 1989; und Peter Becker, KAELW. Ein
Tutorial. ( = Halbgraue Reihe zur historischen Fachinformatik, Serie A, 1) St. Katharinen 1989
heranzuziehen.
80 Extract und gründlicher Bericht etlicher Gnaden und Wunderzeichen. München 1608, 2.
81 Die Gründe der unterschiedlichen Verwendung von Originaltext und standardisierten Textfeldern
werden in Kapitel 5 noch näher erläutert.
. ,
32 3. Die Aufbereitung der Quellen für die computerge.stützte A naly.se
Dokument$
Aktion$
Person$
Heilung$
Votiv$
Zeugen$
Kommission$82
Herkunftsort$
Zielort$
Diese Informationsgruppen fassen Elementarinformationen zusammen, deren Namen durch
Etiketten gekennzeichnet sind, die in den Daten vorkommen können. Die Namen der
Elementarinformationen stehen, gefolgt von einem Ist-Gleich-Zeichen vor dem Inhalt der
Elementarinformationen, die jeweils, durch einen Schrägstrich (/) voneinander getrennt in
einem Dokument enthalten sind:
Informationsgruppe$Elementarinformation/Elementarinformation/ . . .
Dokument$quellenverveis/nummer
Aktion$typus/datum/motiv/behandlung/vision/verloebnis/folge/ursache
Person$sex/vorname/nachname/beruf/stand
Heilung$heilungsverlauf
Zeugen$sex/name/beruf/beziehung
Zeugen$sex/name/beruf/beziehung
Zeugen$sex/name/beruf/beziehung
Kommission$ sex/name/beruf
Votiv$votant/votiv/art/ausfuehrender
Berkunftsort$ort/kreis/land
Zielort$ort/kreis/land
Bei der Verarbeitung des Mirakelberichtes über die Heilung von Gaspar Pissinger erhält
man also folgendes Ergebnis:
Dokument$quellenverveis=Mirakelbuch München 1608/nummer=2
Aktion$typus=Dank/datum=21 . März 1608/motiv=ein überauß
erschröcklichen leibsschaden in die 3 . Jar lang gehabt/
behandlung=?/vision=?/verloebnis=zu dem H . Bennoni verlobt/
folge=welcher in also gebrennt, daß er vermeint , es werde im das
Hertz gleich abbrennen oder drucken und sich gleichsam deß lebens
verwegen/ursache=?
Person$sex=masculin/vorname=Caspar/nachname=Pissinger/
beruf=?/stand=?
82 In den ersten Jahren der Wallfahrt nach München trugen die Geheilten vor einer Art „Kommission“
die wundersamen Ereignisse vor. Im vorliegenden Bericht fehlen die Angaben zu den
Mitgliedern dieser Kurie zwar, zur Erstellung eines ersten allgemeinen Modelles der Quelle wird
diese Informationsgruppe jedoch als vorhanden betrachtet.
9.1. Die Eingabe der Daten
Heilung$heilungsverlauf=hab er eintzigen schmertzen darauff nicht
mehr empfunden
Zeugen$sex•masculin/name=Leonhard Fell/beruf=?/beziehung=?
Zeugen$sex=masculin/name=Leonhard Rieger/beruf=Weber/beziehung=?
Zeugen$sex=Gruppe/name=?/beruf=?/beziehung=Nachbarschaft
Kommission$sex=?/name=?/beruf=?
Votiv$votant•selbst/votiv=?/art:?/ausfuehrender=selbst
Herkunftsort$ort=Altmosen/kreis=Aich/land=Oberbayern
Zielort$ort=München/kreis=München/land=Oberbayern
33
Wenn in der Folge die Daten eine einheitliche Struktur beibehalten, d.h. die Elementarinformationen
immer in der gleichen Reihenfolge erscheinen, müssen die Etiketten nicht
genannt werden. Obwohl die Abfa.ssung der Mirakelberichte einem meist gleichbleibenden
Schema entspricht, zeigen sich jedoch gewisse Unregelmäßigkeiten, die die Beibehaltung
der Etiketten in einigen Fällen empfehlenswert macht, da. sich die Verarbeitung damit
als weniger zeitraubend herausstellte als der Versuch die Angaben in eine gleichbleibende
Reihenfolge zu bringen. Dies betrifft in erster Linie die Informationsgruppe Aktion. Als
regelmäßig auftretende Elementarinformationen werden bei der Eingabe typus, datum,
motiv, behandlung und vision betrachtet, d.h. sie stehen ohne Etikett an einer ihnen
eindeutig zugewiesenen Stelle. Die Elementarinformationen verloebni s , folge und
ursache treten fakultativ a.uf, d.h. sie werden weiterhin mit einem Etikett versehen in
beliebiger Reihenfolge, jedoch immer erst nach allen vorkommenden „fixen“ Elementarinformationen,
genannt.83 Enthält die Quelle zu einigen Elementarinformationen keine Angaben,
so ist es nicht erforderlich diese „Mängel“ durch ein Fragezeichen zu kennzeichnen.
Sobald KAw.v auf zwei unmittelbar folgende Schrägstriche trifft, erkennt es, daß die dazwischenliegende
Information im Dokument fehlt. Befinden sich die fehlenden Elementarinformationen
a.rn Ende einer Informa.tionsgruppe, unterbleiben auch die Schrägstriche. Dieser
Umstand begründet auch die teilweise Verwendung der Etiketten. Wenn beispielsweise bei
einem Mirakelbericht nur Typus, Datum und das Motiv erwähnt sind, kann mittels eines
Etiketts die Folge der Krankheit daran anschließend beschrieben werden. Ohne Etikett
für folge, müßten die fehlenden Informationen (behandlung, vision und verloebnis)
durch drei Schrägstriche gekennzeichnet sein, um daran anschließend die Folgen der Krankheit
zu nennen. Wenn man dabei auf einen oder mehrere Schrägstriche vergiBt, würde der
Eintrag der falschen Elementarinformation zugeordnet werden. Um diese notorische Fehlerquelle
zu vermeiden, wurde die genannte Vergehensweise gewählt.
Beispiel:
Aktion$Dank/2 1 . März 1608/ein überauß erschröcklichen
leibsschaden in die 3 . Jar lang gehabt/verloebnis=zu dem H .
Bennoni verlobt/folge=welcher in also gebrennt , daß er vermeint ,
es werde im das Hertz gleich abbrennen oder drucken und sich
gleichsam deß lebens verwegen
83 In gleicher Weise werden weiterhin beruf und beziehung der Zeugen behandelt.
34 3. Die A u.fbereitung der Quellen fii.r die computerge3tÜtzte A nalyu
Treten für eine Elementarinformation zwei oder mehrere Ausprägungen auf, so werden
diese durch ein Semicolon von einander getrennt. Fehlt eine Informationsgruppe
vollständig, kann man auf die ganze Zeile, die ihr zugedacht war, verzichten, falls in der
Strukturbeschreibung (siehe unten) nicht festgelegt worden ist, daß sie in jedem Dokument
auftreten muß. Eine Informationsgruppe kann aber auch mehrmals auftreten (hier
z.B. Zeugen).
Den Informationsgruppennamen werden, um die Eingabe weniger aufwendig und damit
zeitsparender zu gestalten, Siglen zugewiesen (statt Dokument$ etwa D$). Derartige
Siglen sind auch zweckmäßig bei der Eingabe des Geschlechts (statt feminin also f bzw.
m für masculin, k für Kind und j für Jugendliche (r)). Des weiteren werden in Hinkunft
auch die etikettierten Elementarinformationen mit Siglen versehen: f= für folge=, u= für
ursache=, verloeb= für verloebnis=, ber= für beruf= und bez= für beziehung=.
Bei Elementarinformationen besteht die Möglichkeit der Basisinformation ein Kommentartextfeld
mittels eines Doppelkreuzes oder ein Originaltextfeld durch ein Prozentzeichen
anzuhängen. So können zusätzliche Informationen verarbeitet werden. Da es z.B.
für einige Fragestellungen interessant ist, auf die Dauer der Krankheit direkt zuzugreifen,
schreiben wir sie in ein Kommentartextfeld direkt hinter das Motiv. Diese Vorgehensweise
empfiehlt sich auch für Altersangaben (Doppelkreuz nach der Basisinformation sex), sowie
für Mengenangaben beim Votiv (Doppelkreuz nach der Basisinformation votiv).
Schließlich bringt man die Kalenderdaten in eine maschinenlesbare Form (in unserem
Fall 2 1 . 3 . 1608 bzw. falls Tag und Monat nicht bekannt sind: 0 . 0 . 1608). Der Mirakelbucheintrag
erhält somit eine neue Form:
D$Mirakelbuch München 1608/2
A$Dank/21 . 3 . 1608/ein überauß erschröcklichen
leibsschaden#3Jahre/verloeb=zu dem H . Bennoni verlobt/f=velcher
in also gebrennt , daß er vermeint , es verde im das Hertz gleich
abbrennen oder drucken und sich gleichsam deß lebens vervegen
P$m/Caspar/Pissinger
H$hab er eintzigen schmertzen darauff nicht mehr empfunden
Z$m/Leonhard Fell
Z$m/Leonhard Rieger/ber=Weber
Z$G/bez=Nachbarschaft
V$selbst///selbst
HO$Altmosen/Aich/Oberbayern
ZO$München/München/Oberbayern
Der besondere Aufbau der Informationsgruppen in dieser Form steht mit der hierarchischen
Struktur der Quelle in direktem Zusammenhang. Als oberste Ebene ist das
Dokument, der Mirakelbericht an sich, zu bezeichnen. Von ihm abhängig ist die Aktion,
also alle Informationen zur Ursache und den Vorbedingungen des Verlöbnisses. Der Aktion
untergeordnet ist die Person, die sich in einer Notlage befindet. In gleicher Weise abhängig
von der Person sind die Informationsgruppen Heilung, Votiv, Zeugen, Kommission, Herkunftsort
und Zielort. Dieser Aufbau ist insofern zielführend, als in einem Mirakelbericht
mehrere Aktionen subsumiert, von einer Aktion aber auch mehrere Personen betroffen
9. 1. Die Eingabe der Da.ten 35
sein können, wobei alle Folgeerscheinungen jeweils mit der Aktion bzw. der Person eng
verknüpft sind. Diese Datenstrukturierung ermöglicht eine eindeutige Zuordnung der Vorkommnisse
bei der Abfrage und Auswertung, die weiter unten noch gena.uer beschrieben
werden. Das Schema der derzeitigen Datenstruktur entspricht also der folgenden graphischen
Darstellung:
* Dokument
* – Quellenverweis
* – Nummer
*
* * Aktion
* * – Typus
* * – Datum
* * – Motiv
* * – Behandlung
* * – Vision
* * – Verloebnis
* * – Folge
* * – Ursache
* *
* * * Person
* * * – Sex
* * * – Vorname
* * * – Nachname
* * * – Beruf
* * * – Stand
* * *
* * * * Heilung
* * * * – Heilungsverlauf
* * *
* * * * Votiv
* * * * – Votant
• * * * – Votiv
* * * * – Art
* * * * – Ausfuehrender
* * *
* * * * Zeugen
* * * * – Sex
* * * * – Name
* * * * – Beruf
* • * * – Beziehung
* * *
* * * * Kommission
* * * * – Sex
36 3. Die A ufbereitung der Quellen für die computergeJtützte Analyu
• • • • – Name
• • • • – Beruf
• • •
• • • • Herkunftsort
• * • * – Ort
• • • • – Kreis
• • • • – Land
• • •
* * * • Zielort
* * • • – Ort
• * • • – Kreis
• • * * – Land
3.2. Datenstrukturvereinbarung
Bei der Dateneingabe wurden alle Mirakelberichte in der gleichen Form eingegeben
wie in unserem ersten Beispiel. In einem nächsten Schritt muß >.wv nun bekannt gegeben
werden, für welche Struktur man sich entschied, wie sie aufgebaut ist und welche
Informationen immer an derselben Stelle zu finden sind. Mit Hilfe dieser Mitteilungen ist
Aftw in der Lage, die Rohdaten in eine Datenbasis mit einer zuvor definierten logischen
Struktur umzuwandeln.
Dafür benötigt man mindestens drei Befehle:
1. mit dem Kommandowort nomino künden wir AEtw den Beginn einer Strukturvereinbarung
an und teilen durch den Parameternomen mit wie die Datenbasis heißen soll,
durch den Parameter primum den Dokumentnamen,
2. mit pars- und terminus-Direktiven werden die Eigenschaften der einzelnen Informationsgruppen
beschrieben und
3. mit der Direktive exi tus wird die Strukturvereinbarung abgeschlossen.
Die Datenbasis soll den Namen mirakel erhalten, der Dokumentnamen lautet d (=die
erste Informationsgruppe jedes einzelnen Dokumentes).
Da zunächst meist eine ganze Reihe von Datenfehlern festgestellt wird, so daß dieses
Programm mehrmals hintereinander aktiviert wird, empfiehlt es sich dem nomino-Befehl
zusätzlich den Parameter antiquum=sic hinzuzufügen. Erst dann ist Aftw bereit eine
bereits vorhandene Datenbasis zu zerstören, um sie mit einer neuen zu überschreiben.
(Warnung: Dieser Parameter zerstört wirklich jede Datenbasis, besondere Vorsicht ist daher
bei seinem Gebrauch angebracht!!!) Fehlt dieser Parameter oder schreibt man hinter
das Ist-gleich-Zeichen non (das Standardverhalten des Systems), kann keine neue Datenbasis
errichtet werden, die alte ist vor Zugriffen geschützt.
Die exitus-Direktive, deren Parameter nomen der seihe Namen zugewiesen wird, mit
der wir die Datenbasis im nornino-Befehl benannten (nomino nornen=mirakel), schließt
die Strukturvereinbarung ab.
3. 2. DatenJtrukturvereinbarung
nomino nomen=mirakel ; primum=d ; antiquum=sic;
exitus nomen=mirakel
37
Jede Informationsgruppe, die innerhalb des Dokumentes auftritt, wird durch die parsDirektive
als Teil des Dokumentes genannt. (Achtung: Die Auflistung muß nicht der Reihenfolge
in den Rohdaten entsprechen, wurde in diesem Beispiel aber der Übersichtlichkeit
wegen gewählt.) Der Parameter nomen teilt den Namen der Informationsgruppe mit. Da
bei der Eingabe mit Siglen (z.B. D$) gearbeitet wurde, ist es sinnvoll (aber nicht unbedingt
notwendig), ttAfLW dazu anzuhalten bei der Auswertung den Informationsgruppennamen
d durch Dokument zu ersetzen. Dies geschieht mit Hilfe des Parameters scribe, gefolgt
von dem gewünschten Namen zwischen Hochkommata oder Anführungszeichen.
nomino nomen=mirakPl; primum=d; antiquum=sic
pars nomen=d; scribe=“Dokument“
pars nomen=a; scribe=“Aktion“
pars nomen=p ; scribe=“Person“
pars nomen=h ; scribe=“Heilung“
pars nomen=v ; scribe=“Votiv“
pars nomen=z ; scribe=“Zeugen“
pars nomen=k ; scribe=“Kommission“
pars nomen=ho ; scribe=“Herkunft“
pars nomen=zo ; scribe=“Zielort“
exitus nomen=mirakel
Da die Informationsgruppen untereinander in Beziehung stehen, müssen die Abhängigkeitsverhältnisse
entsprechend dem „Sternchenmodell“ (auf den vorigen Seiten) bekannt
gegeben werden. Von d sind a bzw. alle weiteren Informationsgruppen abhängig, von a ist
p abhängig, von p sind h , v , z , k , ho, zo abhängig. Diese Abhängigkeitsverhältnisse
werden mittels des pars-Parameters in der pars-Direktive festgelegt.
nomino nomen=mirakel;primum=d; antiquum=sic
pars nomen=d; scribe=“Dokument“;
pars=a
pars nomen=a ; scribe=“Aktion“;
pars=p
pars nomen=p ; scribe=“Person“;
pars=h , v , z , k ,ho,zo
pars nomen=h ; scribe=“Heilung“
pars nomen=v ; scribe=“Votiv“
pars nomen=z ; scribe=“Zeugen“
pars nomen=k; scribe=“Kommission“
pars nomen=h o ; scribe=“Herkunft“
pars nomen=zo ; scribe=“Zielort“
exitus nomen=mirakel
Die einzelnen Informationsgruppen können beliebig oft in einem Dokument auftreten
(wenn etwa drei verschiedene Personen ein und dasselbe Wunder erlebt haben, kann man
38 3. Die A ufbereitung der Quellen für die computergeJtützte AnalyJe
nach der Aktionszeile drei verschiedene Personenzeilen einfügen, die jeweils mit p$ beginnen),
werden aber in der pars-Direktive nur einmal genannt. Wie aber oben festgestellt,
können in einem Dokument mehrere Mirakel aufgelistet sein, die unterschiedliche Personen
betrafen und unterschiedlichen Folgen nach sich zogen, d.h. auch die Aktionszeile kann
sich also unter Umständen mit allen von ihr abhängigen Informationsgruppen wiederholen.
In den Mirakelberichten existieren einige Informationsgruppen, die in jedem Dokument
vorkommen. Es gibt bestimmt immer eine Aktion, es gibt bestimmt immer eine
Person, die Hilfe sucht, diese Person wird immer geheilt, hat sich selbst oder wird durch
andere versprochen und kommt schließlich immer zu einem bestimmten Wallfahrtsort.
Wenn ttAEI.W durch den Parameter semper in der pars-Direktive mitgeteilt wird, welche
Informationsgruppen in jedem Mirakelbericht auftreten müssen, weist es auf fehlerhafte
Dokumente hin, in denen diese Gruppen nicht vorkommen, und erleichtert dadurch die
Korrektur der Rohdaten.
nomino nomen=mirakel; primum=d ; antiquum=sic
pars nomen=d ; scribe=“Dokument “ ;
pars=a;
semper=a
pars nomen=a; scribe=“Aktion“ ;
pars=p;
semper=p
pars nomen=p ; scribe=“Person“ ;
pars=h , v , z , k ,ho , z o ;
semper=h , v , ho , zo
pars nomen=h; scribe=“Heilung“
pars nomen=v ; scribe=“Votiv“
pars nomen=z ; scribe=“Zeugen“
pars nomen=k ; scribe=“Kommission“
pars nomen=ho; scribe=“Herkunft“
pars nomen=zo; scribe=“Zielort“
exitus nomen=mirakel
Neben der Vereinbarung der Struktur der auftretenden Informationsgruppen, sind im
Datenmodell Angaben bezüglich Vorkommen und Art der verwendeten Elementarinformationen
zu leisten. Durch den locus-Parameter in den pars-Direktiven der einzelnen
Informationsgruppen wird angegeben, daß die genannten Elementarinformationen bei dieser
Gruppe auch ohne Etikett eingegeben werden können, solange sie in der bei locus
angegebenen Reihenfolge erscheinen. Die gleiche Überprüfungsmöglichkeit, die der Parameter
semper für sicher vorkommende Informationsgruppen bietet, ergibt sich mit der
Verwendung des Parameters certe in der pars-Direktive auch für regelmäßig auftretende
Elemen tarinforrnationen.
nomino nomen=mirakel; primum=d; antiquum=sic
pars nomen=d; scribe=“Dokument “ ;
pars=a;
semper=a;
3. 2. DatenJtrukturvereinbarung
locus=signatur,nummer;
certe=signatur,nummer
pars nomen=a; scribe=“Aktion“;
pars=p ;
semper=p ;
locus=typus , datum ,motiv,behandlung ,vision;
certe=typus,datum,motiv
pars nomen=p; scribe=“Person “ ;
pars=h , v , z , k , ho , z o ;
semper=h , v , ho , zo ;
locus=sex,vn,nn, beruf , stand;
certe=sex
pars nomen=h ; scribe=“Heilung“ ;
locus=heilung;
certe=heilung
pars nomen=v ; scribe=“Votiv“ ;
locus=votant , votiv , art , ausfuehrender;
certe=votant , ausfuehrender
pars nomen=z ; scribe=“Zeugen“ ;
locus=sex, name
pars nomen=k ; scribe=“Kommission“ ;
locus=sex, name ,beruf
pars nomen=ho ; scribe=“Herkunft“ ;
locus=ort ,kreis , l and
pars nomen=zo ; scribe=“Zielort“ ;
locus=ort ,kreis, land;
certe=ort
exitus nomen=mirakel
39
Das System nimmt standardmäßig an, daß in jeder Elementarinformation beliebiger
Text (Datentyp lingua) steht. Bei der Dateneingabe wurden in unserem Beispiel aber auch
Kalenderdaten (Datentyp tempora beim Datum), Abkürzungen (Datentyp condicio z.B.
beim Geschlecht einer Person) und Zahlen (Datentyp numerus bei Altersangaben und bei
der Dauer der Krankheit) verwendet. Durch die terminus-Direktive wird die Verwendung
der bevorzugten Datentypen bekannt gemacht ; für Basisinformationen mit dem Parameter
modus, für Kommentartextfelder (gekennzeichnet durch #) mit dem Parameter primum.
Schließlich trifft es in den Mirakelberichten zu, daß eine Person mehrere Votivgaben
mit unterschiedlichen Mengenbezeichnungen verspricht, wie beispielsweise Opfer in den
Stock#4Kreuzer ; Messe für eine Messe und vier Kreuzer in den Stock. Die Elementarinformation
Votiv enthält also eine Mehrfacheintragung, die in einem Fall ein Kommentartextfeld
mit der Eintragung 4Kreuzer nach sich zieht. AEt.w nimmt ohne andere Anweisung
an, daß Kommentartextfelder nur am Ende einer Elementarinformation vorkommen,
würde also nach der Verarbeitung von Opfer in den Stock#4Kreuzer eine Fehlermeldung
bringen, da es Messe nicht zuordnen kann. Um den System mitzuteilen, daß der
40 3. Die Aufbereitung der Quellen für die computergeJtützte Analyu
Kommentar jeweils für die voranstehende Mehrfacheintragung zuständig ist und noch weitere
folgen können, wird diese Form der Vergehensweise durch den Parameter ordo, dem
das Schlüsselwort multiplex zugewiesen wird, aufgehoben.
terminus nomen=datum; modus=tempora
terminus nomen=sex; modus=condicio; primum=numerus
terminus nomen=motiv ; primum=numerus
terminus nomen=vot i v ; ordo=multiplex
Terminus-Direktiven können an jede beliebige Stelle innerhalb des Datenmodells geschrieben
werden (zwischen dem nomino-Befehl und der exitus-Direktive), hier wurden
sie aus Gründen der Übersichtlichkeit nach der Nennung der Elementarinformation eingesetzt.
nomino nomen=mirakel; primum= d ; antiquum= sic
pars nomen=d ; scribe=“Dokument “ ;
pars=a;
semper=a;
locus=s ignatur,nummer;
certe=s ignatur ,nummer
pars nomen=a ; scribe=“Akt ion“ ;
pars=p;
semper=p ;
locus=typu s , datum ,motiv,behandlung ,vision;
certe=typu s , datum, motiv
terminus nomen=datum ;modus=tempora
terminus nomen=mot i v ; primum=numerus
pars nomen=p ; scribe=“Person“ ;
pars=h , v , z , k , ho,zo ;
semper=h , v , ho , zo ;
locus=sex ,vn,nn , beruf , stand;
certe=sex
terminus nomen= sex; modus=condicio;primum=numerus
pars nomen=h ; scribe=“He ilung“ ;
locus=heilung;
certe=heilung
pars nomen=v ; scribe=“Votiv“ ;
locus=votant ,votiv , art , ausfuehrender;
certe=votant , ausfuehrender
terminus nomen=vot i v ; ordo=multiplex
pars nomen=z ; scribe=“Zeugen“ ;
locus=sex,narne
pars nomen=k ; scribe:“ Kommission“ ;
locus=sex,name ,beruf
pars nomen=h o ; scribe:“ Herkunft “ ;
locus=ort ,kreis, land
3. 2. Daten3trukturvereinbarung
pars nomen=zo; scribe=“Zielort “ ;
locus=ort ,kreis, land;
certe=ort
exitus nomen=mirakel
41
Da die Kalenderdaten im „deutschen Stil“ (Tag.Monat.Jahr) gemäß der Standardannahme
des Systems eingegeben wurden, ist keine weitere Angabe in der ihnen zugeordneten
terminus-Direktive erforderlich und es genügt der Zusatz modus=tempora.
Zu den beiden anderen terminus-Direktiven sind für das System zusätzliche Erklärungen
notwendig. Die Nennung der Dauer der Krankheiten erfolgt in den Mirakelbüchern
in Stunden, Tagen, Monaten und Jahren; um sie unmittelbar vergleichen zu können, ist
es sinnvoll alle Angaben in Tage umzurechnen. Da dies während der Eingabe einige Zeit
in Anspruch nehmen würde, kann man durch eine numerus-Vereinbarung außerhalb der
Strukturvereinbarung das System dazu veranlassen, diese Berechnungen von sich aus zu
bewerkstelligen. Die Eingabe der Daten ist in Form qualifizierter Zahlen vorzunehmen,
d.h. einfache Zahlen an die unmittelbar ohne trennende Leerstellen eine Buchstabengruppe
angehängt wird (z.B. 3Jahre oder SMonate oder 6Tage).
Die numerus-Vereinbarung gehört zu der Gruppe der logischen Objekte, das sind
logische Einheiten, die von tt>.et.w in Arbeitsanweisungen umgesetzt werden. Der i temBefehl
leitet jedes logische Objekt ein und weist ihm durch den nomen-Parameter einen
Namen (der vom Benutzer frei gewählt werden kann) zu, der usus-Parameter legt fest, um
welchen Datentyp bzw. um welche Art von logischem Objekt es sich handelt, abgeschlossen
wird er durch die exitus-Direktive, deren nomen-Parameter den gleichen Namen erwartet,
der im item-Befehl genannt wurde. In unserem Fall:
item nomen=zeit ; u sus=numerus
exitus nomen=zeit
Um nun Jahre, Monate, Wochen und Stunden in Tage umzurechnen, verwendet man
die lingua-Direktive, der zwei Parameter zugewiesen werden. Beim nomen-Parameter
erfolgt unter Anführungszeichen die Nennung der Bezeichnung, beim numerus-Parameter
gibt man den Wert an, mit der die Zahl, die in den Rohdaten vor der genannten Bezeichnung
steht, multipliziert werden soll:
item nomen=zeit ; usus=numerus
lingua nomen=“ Jahre “ ; numerus=365 . 2 5
lingua nomen=“Monate “ ; numerus=30 . 5
lingua nomen=“Wochen “ ; numerus=7
lingua nomen=“Tage“ ; numerus=t
lingua nomen=“ Stunden“ ; numerus=0 . 04
exitus nomen=zeit
In den Angaben zum Geschlecht ist aus Gründen der Zeitersparnis jeweils ein Buchstabe
als Abkürzung, d.h. der Datentyp condicio zu verwenden, bei den späteren Ergebnissen
der Abfragen sollen aber nicht die einzelnen Buchstaben, sondern die ihnen entsprechenden
Wörter am Bildschirm bzw. Drucker erscheinen. Neben F und M für feminin
und masculin, erfolgten auch noch nähere Angaben, wie K für Kinder (bei Altersangaben
42 3. Die A ufbereitung der Quellen für die computergestützte Analyse
zwischen 0 und 10 Jahren) und J für Jugendliche (zwischen 11 und 20 Jahren),84 sowie
G für eine Gruppe, die geme i nschaftlich von einer Notlage betroffen war (etwa bei Feuersnöten).
Das logische Objekt wird wiederum durch den item-Befehl eröffnet und durch
die exitus-Direktive abgeschlossen. Durch die lingua-Direktive signa=non veranlaßt
man das System Groß- und Kleinschreibung nicht zu unterscheiden, durch den Parameter
signa in der signa-Direktive nennt man den Buchstaben, der in der Folge mittels des
Parameters scribe durch ein Wort ersetzt werden soll:
item nomen=charakter ;usus=condicio
lingua signa=non
signa signa=f ; scribe=“feminin“
signa signa=m ; scribe=“masculin“
signa signa=k; scribe=“Kind“
signa signa=j ; scribe=“Jugendliche(r)“
signa signa=g ; scribe=“Gruppe“
exitus nomen=charakter
Um auf eventuelle Tippfehler hingewiesen zu werden (z.B. gleichzeitige Verwendung
von m und f), setzt man clie pars-Direktive vor jede Gruppe von Zeichen, die einander
ausschließen:
item nomen=charakter ; usus=condicio
lingua signa=non
pars
signa signa=f ; scribe=“feminin“
signa signa=m; scribe=“masculin“
pars
signa signa=k ; scribe=“Kind“
signa signa=j ; scribe=“ Jugendliche(r) “
pars
signa signa=g ; scribe=“Gruppe“
exitus nomen=charakter
Die logischen Objekte wurden außerhalb der Strukturvereinbarung (am sinnvollsten
vor dem nomino-Befehl) definiert. Da es von jeder Klasse davon eine ganze Reihe unterschiedlicher
geben kann, ist es erforderlich in der terminus-Direktive noch einen Verweis
anzubringen. Dies erfolgt in diesem Fall durch den condicio- bzw. numerus-Parameter,
dem der Name des für die Elementarinformation zu verwendenden log i schen Objektes zugewiesen
wird (z.B. terminus nomen=sex; modus=condicio; condicio=charakter ).
84 Bei dieser groben Gliederung von Kindern und Jugendlichen handelt es sich nur um eine
veränderbare Hilfskonstruktion für eine spätere Gruppenbildung. Die Übergänge zwischen Kind·
heit, Jugend und Erwachsenenalter sind fließend und von den verschiedensten Komponenten
abhängig zu machen, genauere Einschnitte sind nicht erkennbar. Zum Problem Jugend und Alter
vgl. Robert Muchembled, Die Jugend und die Volkskultur im 15. Jahrhundert. In: Peter Din·
zelbacher, Hans-Dieter Mück (Hrsg.), Volkskultur im europäischen Spätmittelalter. (=Böblinger
Forum 1) Stuttgart 1987, 37f.
9. - Datenstrukturvereinbarung
Die Strukturvereinbarung hat nun die folgende Form:
item nomen=zeit ; usus=numerus
lingua nomen=“ Jahre“ ; numerus=365.25
lingua nomen=“Monate“ ; numerus=30 . 5
lingua nomen=“Wochen“ ;numerus=7
lingua nomen=“Tage“ ; numerus=1
lingua nomen=“Stunden“ ; numerus=0 . 04
exitus nomen=zeit
item nomen=charakter; usus=condicio
lingua signa=non
pars
signa signa=f ; scribe=“weiblich“
signa signa=m ; scribe=“männlich“
pars
signa signa=k ; scribe=“Kind“
signa signa=j ; scribe=“Jugendliche (r) “
pars
signa signa=g; scribe=“Gruppe“
exitus nomen=charakter
nomino nomen=mirake l ; primum=d ; antiquum=s i c ;
pars nomen=d ; s cribe=“Dokument “ ;
pars=a;
semper=a;
locus=s ignatur ,nummer;
certe=signatur ,.ummer
pars nomen= a ; scribe=“Aktion“ ;
pars=p;
semper=p ;
locus=typu s , datum,motiv, behandlung ,vision;
certe=typu s , datum ,motiv
terminus nomen=datum; modus=tempora
terminus nomen=moti v ; primum=nerus ; numerus=zeit
pars nomen=p ; scribe=“Person “ ;
pars=h , v , z , k , h o , z o ;
semper=h , v , ho , zo ;
locus=sex , v n , nn, beruf , stand;
certe=sex
terrninus nomen=sex; rnodus=condicio; condicio=charakter;
primum=numerus
pars nornen=h ; scribe=“Heilung“ ;
locus=heilung;
certe=heilung
43
44 3. Die Aufbereitung der Quellen für die computergeJtützte AnalyJe
pars nomen=v ; scribe=“Vot i v “ ;
locus=votant , votiv,art, ausfuehrender;
certe=votant , ausfuehrender
terminus nomen=votiv; ordo=multiplex
pars nomen=z ; scribe=“Zeugen“ ;
locus=sex,name
pars nomen=k ; scribe=“Kommission “ ;
locus=sex,name,beruf
pars nomen=ho ; scribe=“Herkunft“ ;
locus=ort ,kreis, land
pars nomen=z o ; scribe=“Zielort “ ;
locus=ort ,kreis, land;
certe=ort
exitus nomen=mirakel
Aufgrund des lege-Befehls, der in die Eingabedatei vor den Beginn der Rohdaten
geschrieben wird, beginnt tt.>.eu.� die Daten zu lesen und in eine Datenbasis umzuwandeln.
Der nomen-Parameter enthält denselben Namen, der beim nomino-Befehl festgelegt wurde,
die Anweisung continuatio=nulla bewirkt, das zwischen zwei aneinandergefügte Zeilen
jeweils genau eine Leerstelle eingefügt wird.
Beispiel:
lege nomen=mirakel ; continuatio=nulla
D$Mirakelbuch München 1608/2
A$Dank/21 . 3 . 1608/ein überauß erschröcklichen
leibsschaden#3Jahre/verloeb=zu dem H . Bennoni verlobt/fmwelcher
in also gebrannt , daß er vermeint , es werde im das Hertz gleich
abbrennen oder drucken und sich gleichsam deß lebens verwegen
P$m/Caspar/Pissinger
H$hab er eintzigen schmertzen darauff nicht mehr empfunden
Z$m/Leonhard Fell
Z$m/Leonhard Rieger/ber=Weber
Z$G/bez=Nachbarschaft
V$selbst///selbst
HO$Altmosen/Aich/Oberbayern
ZO$München/München/Oberbayern
D$Mirakelbuch München 1608/3
A$Dank/ . . . . e tc.
!1.!. DatenJtrukturvereinbarung 45
Um mit all diesen Anweisungen nun tatsächlich eine Datenbank zu errichten, sollten sie in
zwei getrennte Dateien geschrieben werden: in mirakel . mod beispielsweise die Strukturvereinbarung
und in mirakel . dat die Rohdaten mit dem lege-Befehl.
1. kleio mirakel .mod
2. kleio mirakel .dat85
Durch den ersten Befehl erreicht man zunächst, daß .>..et.W eine leere Datenbank aus
den in mirakel . mod enthaltenen Befehlen erzeugt; der zweite Befehl bewirkt, daß die
Daten in diese Datenbank eingefügt werden. .Aet.W vergleicht nun die Rohdaten mit der
vordefinierten Struktur, weist auf fehlerhafte Eintragungen hin, die der Vereinbarung nicht
entsprechen und erzeugt eine Datenbasis, die für weitere Auswertungen bereitsteht.
Zum allgemeinen Verständnis des weiteren Vorgehens seien noch folgende Hinweise
erwähnt : Standardmäßig liest .Aet.W Befehle von der Tastatur ein und gibt die Ergebnisse
auf dem Bildschirm aus, bei Strukturvereinbarungen und längeren Auswertungsbefehlen
empfiehlt es sich jedoch, sowohl die Befehle als auch die voraussichtlichen Ergebnisse in
eine eigene Datei zu schreiben bzw. schreiben zu lassen. Dazu wird Ae/.W folgendermaßen
aufgerufen:
kleio Programmfilename Ergebnisfilename
In dieser allgemeinen Form ist unter Programmfilename der Name der Befehlsdatei (z.B.
mirakel . mod) zu verstehen, unter Ergebnisfilename der Name der Ergebnisdatei (z.B.
mirake l . lis). Beide Dateien können mit einem beliebigen Editor oder Textverarbeitungsprogramm
bearbeitet werden. Bei der Erstellung der Befehlsdateien ist aber darauf
zu achten, daß die Dateien reine „AS CII-Dateien“ sind, das heißt keine programmspezifischen
Formatierungen enthalten.
85 Sowohl die Rohdaten und die Strukturvereinbarung als auch die in den nächsten Kapiteln
vorgestellten Möglichkeiten der Aufbereitung sowie Verarbeitung der Datenbasis können bei Be·
darf in Form einer Übungsdiskette angefordert werden.
46 4. Suchen und Zählen von Merkmalen und Merkmal3kombinationen
4. Suchen und Zählen von Merkmalen und Merkmalskombinationen
Bisher beschäftigten wir uns ausschließlich mit der Aufbereitung der Rohdaten für
das eigentliche Ziel der Arbeit, nämlich ausgehend von bestimmten Fragestellungen besondere
Merkmale und Merkmalskombinationen zu zählen und miteinander zu vergleichen,
um spezifische Phänomene und Tendenzen innerhalb der Mirakelbücher aufzudecken, die
Rückschlüsse auf sozial- und mentalitätsgeschichtliche Aspekte innerhalb der Gemeinschaften
erlauben, die den Wallfahrtsort aufsuchten. Im folgenden Kapitel sollen Möglichkeiten
vorgestellt werden, die x:AE/.W bietet, um diesen Aspekten auf die Spur zu kommen.
Ehe man dazu übergeht, die Texte aufgrund verschiedenster Thesen mit gezielten
Fragestellungen zu bearbeiten, ist es empfehlenswert, sich zunächst einen Überblick über
die Inhalte der Mirakelberichte und die Häufigkeit des Auftretens einzelner Angaben zu
schaffen. Dies kann man mit Hilfe des scribe- und des index-Befehls erreichen.
4.1. Der scribe-Befehl
Die einfachste Form Inhalte einer Datenbasis sichtbar zu machen, erfolgt nach Aufruf
von K:Aft.W durch den Befehl:
quaero nomen=mirakel
scribe
finis
Für jede Art von Befehl ist es notwendig, dem System zu Beginn bekannt zu geben, mit
welcher Datenbasis gearbeitet werden soll. Dies geschieht durch den quaero-Befehl, dessen
Parameter nomen der Name der Datenbasis zugewiesen wird (hier: mirakel). Durch den
scribe-Befehl werden die gewünschten Informationen ausgegeben, der finis-Befehl beendet
die Anweisung. Da sich dieses Beispiel auf die ganze Datenbasis ohne Einschränkung
bezieht, gibt K:Aftw folgerichtig auch sämtliche darin enthaltenen Informationen aus. Man
erhält eine Wiedergabe aller Elementarinformationen in der Reihenfolge ihres Auftretens
in den einzelnen Dokumenten.
Dokument (1 = „d-1“)
signatur 4 Bavar 969 , Bd. 9
nummer 1
Aktion (1 = „a- 1 “ )
typus Dank
datum 8 . 6 . 1 6 1 5
motiv vermeldt, daß sie den gantzen vergangnen
Winter blindt gewesen,
Kommentar 9 1 . 500000
f also, daß sie ihrer Baußarbeit
nicht nachkommen mögen
J.
l. Der scribe- Befehl
Person (1 = „p-1“)
sex 11eiblich
Kommentar 8 0 . 000000
vn Elisabeth
nn Schneiderin
Heilung ( 1 = „h-1“)
heilung sey sie an dem H. Pfingsten zu voriger
Gesundtheit deß Gesichts 11iderumb kommen
Votiv ( 1 = „v-1“)
votant selbst
votiv Wachsauge
Messe
Kommentar 2
ausfuehrende selbst
Herkunft (1 = „ho – l “ )
ort Leidtsteden bei St . Peters Brunnen
kreis Starnberg
land Oberbayern
Zielort (1 = „zo-1“)
ort München
kreis München
land Oberbayern
Dokument (2 = „d-2“)
signatur 4 Bavar 969 , Bd. 9
nummer 2
Aktion (1 = „a-1“)
typus Dank
datum 8 . 6 . 16 1 5
Kommentar 365 . 250000
motiv kein tritt 11eder gehen noch stehen künden
Kommentar 9 8 . 000000
f dessen er sich und sein haußfrall sehr bekümmert ,
foerchtendt , es möchten die Kinder gar erkrurnpen
verloeb Als sie aber solche in ihrer Betrubnuß . . .
zu S . Benno versprochen
47
48 J. Suchen und Zählen von Merkmalen und MerlcmalJkombinationen
Das Ergebnis ist zwar an und für sich beeindruckend, aber leider nicht sonderlich
aufschlußreich – die Fragen müssen differenzierter gestellt werden. Wenn man z.B. wissen
möchte, aufgrund welcher Notlagen der Heilige Benne um Hilfe gebeten wurde, wer die
Personen in den einzelnen Fällen waren und wie sie geheilt wurden.
quaero nomen=mirakel; pars=a
scribe pars= :motiv,p/h:heilung , avus [1] : sex , : beruf , : stand
finis
Durch den pars-Parameter des quaero-Befehls wird dem System mitgeteilt, auf welche
Informationsgruppe sich die folgenden Befehle beziehen, der pars-Parameter des scribeBefehls
bestimmt die Elementarinformationen – jeweils durch ein Komma voneinander
getrennt-, die für die Aufgabe herangezogen werden sollen. Die erzeugte Liste beschreibt
jedes einzelne Motiv in Zusammenhang mit der Dauer der Krankheit, der Heilung, dem
Geschlecht, dem Alter, dem Beruf und dem sozialen Status der Person, die davon betroffen
war.
Dokument ( 1 = „d-1“) : motiv vermeldt , daß sie den
gantzen vergangneo Winter blindt gewesen,
Kommentar 9 1 . 500000
Dokument (1 = „d-1“) : heilung sey sie an dem H. Pfingsten
zu voriger Gesundtheit deß Gesichts widerumb kommen
Dokument ( 1 „d-1“) : sex weiblich
Dokument (2
stehen künden
Kommentar 80 . 000000
„d-2“) : motiv kein tritt weder gehen noch
Kommentar 98 . 000000
Dokument (2 = „d-2“) : heilung habens sich täglich mit dem
Kindern besser befunden und an j etzo widerumben von grund stehen
wie zuvor gehen mögen
Dokument (2 „d-2“) : sex weiblich, Kind
Dokument (3
Kommentar 2 . 000000
„d-3“) : motiv ein Laibsschaden
Kommentar 365. 250000
Dokument (3 „d-3“) : heilung hab sich berührter
Leibschaden ohn aller Menschliche Hülff und Artzney in kurtzer
zeit darauff verloren
Dokument (3 „d-3″) : sex männlich, Kind
Kommentar 1 . 000000
Ezkur$: Zur Anlage von Pfaden 49
Exkurs: Zur Anlage von Pfaden
Bei der Erstellung der Strukturvereinbarung wurden die Abhängigkeitsverhältnisse
der einzelnen Informationsgruppen festgelegt. Während der weiteren Verarbeitung der
Datenbasis ist es erforderlich, bei jedem Befehl den Pfad anzugeben, der zur jeweils zu
bearbeitenden Informationsgruppe bzw. Elementarinformation führt. Zur Veranschaulichung
dieses Vergehens sei noch einmal an das Modell erinnert:
* Dokument (befindet sich auf Ebene 0)
*
* * Aktion (befindet sich auf Ebene 1)
* *
* * * Person (befindet sich auf Ebene 2)
* * *
* * * * Heilung (befindet sich auf Ebene 3)
* * *
* * * * Votiv (befindet sich auf Ebene 3)
* * *
* * * * Zeugen (befindet sich auf Ebene 3)
* * *
* * * * Kommission (befindet sich auf Ebene 3)
* * *
* * * * Herkunftsort (befindet sich auf Ebene 3)
* * *
* * * * Zielort (befindet sich auf Ebene 3)
Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Informationsgruppen werden durch Schrägstriche
dargestellt, von ihnen abhängige Elementarinformationen durch Doppelpunkt. Im quaeroBefehl
wird zunächst der Pfad zu der Informationgruppe oder Elementarinformation beschrieben,
auf die sich die weiteren Befehle beziehen. Man kann sich das bildhaft so
vorstellen, daß ein Zeiger solange auf die genannte Informationsgruppe weist, bis ihm der
Pfad zu einer anderen beschrieben wird. Im vorangegangenen Beispiel wurde zunächst die
Informationsgruppe a für aktion angesprochen,86 motiv ist von aktion direkt abhängig
– die Darstellung im scribe-Befehl hat daher die Form: :motiv. Die Elementarinformation
heilung ist Bestandteil der dritten Ebene – der Pfad entspricht: p/h: heilung. Der
Zeiger befindet sich nun auf der dritten Ebene. Da sex, beruf und stand in Abhängigkeit
von Person auf der zweiten Ebene vorkommen, muß der Zeiger eine Ebene hinaufgesetzt
werden. Dies geschieht durch die Gruppenfunktion avus [] . Die Zahl innerhalb der Klammer
weist auf die Anzahl der Schritte, die der Zeiger höher gesetzt werden muß, in diesem
Fall einen, da person eine Ebene über der Informationsgruppe heilung liegt. Die Angabe
des Pfades lautet: avus [1] : sex. Der Zeiger weist nun bereits auf die Informationsgruppe
person, sie wird daher für beruf und stand nicht mehr genannt.
86 Die Abhängigkeit der ersten von der nullten Eben muß dem System nicht explizit bekannt
gegeben werden
50 4- Suchen und Zählen von Merkmalen und Merkma.IJkombina.tionen
4.2. Der index-Befehl
Welches Verhältnis besteht zwischen der Anzahl der Männer, Frauen und Kinder, die
eine Wallfahrt zum Heiligen Benno versprachen? Für die Beantwortung dieser Frage ist der
index-Befehl heranzuziehen, mit dessen Hilfe man die Häufigkeit des Auftretens einzelner
Elementarinformationen eruieren kann. In unserem Beispiel hat er die folgende Form:
quaero nomen=mirakel;pars=a/p
index pars= : sex; modus=numerus
finis
Das System listet in alphabetischer Reihenfolge die Ausprägungen der Elementarinformation
sex auf, wobei durch den Befehl modus=numerus erreicht wird, daß die Häufigkeit der
einzelnen Bezeichnungen gezählt, nicht ihr Vorkommen registerartig erschlossen wird.
Gruppe erscheint 7 mal .
Kind erscheint 13 mal .
männlich erscheint 186 mal .
männlich, Gruppe erscheint 1 mal.
männlich, Jugendliche(r) erscheint 34 mal .
männlich, Kind erscheint 79 mal .
weiblich erscheint 167 mal.
weiblich, Jugendliche(r) erscheint 34 mal.
weiblich, Kind erscheint 35 mal .
Das überraschende Ergebnis (beinahe gleich viele männliche und weibliche Personen)
sollte nun dahingehend überprüft werden, wieviele von denen, die sich in einer Notlage
befanden, die versprochene Wallfahrt auch selbst ausführten. Die gewünschte Auskunft
ist in der Elementarinformation ausfuehrender zu finden. Um zu erreichn, daß für die
Auswertung wirklich nur diejenigen herangezogen werden, die sich selbst auf den Weg
machten, muß diese Einschränkung im quaero-Befehl bekannt gegeben werden. Nach
der Angabe des Pfades wird der Elementarinformation jenes Wort unter Hochkommata
zugewiesen, welches das Kriterium der Auswahl darstellt. Der index-Befehl unterscheidet
sich vom vorangehenden Beispiel dadurch, daß der bei ihm angegebene Pfad den geänderten
im quaero-Befehl widerspiegelt.
quaero nomen=mirakel ; pars=a/p/v: ausfuehrender=“selbst“
index pars=avus [1) : se x ; modus=numerus
finis
Das Ergebnis zeigt, daß sich der Anteil der männlichen und weiblichen Personen nur geringfügig
verschoben hat; Frauen führten in gleicher Weise die versprochene Wallfahrt aus
wie Männer, ein deutlicher Rückgang zeigt sich nur bei den Kindern.
Gruppe erscheint 6 mal .
Kind erscheint 4 mal .
männlich erscheint 175 mal.
männlich, Gruppe erscheint 1 mal .
4.2. Der index-Befehl
männlich, Jugendliche(r) erscheint 23 mal .
männlich , Kind erscheint 29 mal .
weiblich erscheint 141 mal .
weiblich, Jugendliche(r) erscheint 22 mal .
weiblich , Kind erscheint 13 mal .
51
Das Zählen von Merkmalskombinationen kann aber auch in anderer Form vor sich
gehen. Zunächst soll für die Wallfahrt nach Meißen und nach München der zeitliche Verlauf
beobachtet werden, um festzustellen, in welchen Jahren besondere Höhe- oder Tiefpunkte
zu verzeichnen sind. Um zu verhindern, daß jeder einzelne Tag in jedem Jahr, an dem ein
Wallfahrer eintraf, aufgelistet wird, gibt man K>.w.v durch die Elementarfunktion annus [)
die Anweisung jeweils nur das Jahr zu berücksichtigen. Innerhalb der eckigen Klammern
erfolgt die Angabe der Elementarinformation, auf die sich annus beziehen soll:
quaero nomen=mirakel; pars=a
index pars= : annus [ : datum] ;modus=numerus
finis87
Für beide Orte zeigt sich, daß die meisten Mirakelberichte jeweils zu Beginn der Wallfahrt
aufgezeichnet wurden und danach ein starker Rückgang erfolgte.
1270 . 0 00000 erscheint 3 mal .
1273.000000 erscheint 1 mal .
1277.000000 erscheint 8 mal .
1278.000000 erscheint 2 mal .
1279. 000000 erscheint 7 mal .
1280. 000000 erscheint mal .
1300.000000 erscheint 16 mal .
1394.000000 erscheint 9 mal .
1395. 000000 erscheint 3 mal .
1483 .000000 erscheint 1 mal .
160 1 . 000000 erscheint 4 mal .
1602. 000000 erscheint 45 mal.
1603. 000000 erscheint 49 mal .
1605 . 000000 erscheint 43 mal .
160 6 . 000000 erscheint 27 mal .
1607. 000000 erscheint 28 mal .
1608. 000000 erscheint 19 mal .
1609 . 000000 erscheint 9 mal .
1 6 1 0 . 000000 erscheint 23 mal .
161 1 . 000000 erscheint 35 mal .
1 6 1 2 . 000000 erscheint 24 mal .
1613 . 000000 erscheint 19 mal .
1614. 000000 erscheint 1 8 mal.
87 In gleicher Weise kann man exclusiv auf Monate durch die Elementarfunktion mensis [] und
auf Tage durch dies[] zugreifen.
52 J. Suchen und Zählen von Merkmalen und Merkmalskombinationen
1 6 1 5 . 000000 erscheint 25 mal .
1 6 1 6 . 000000 erscheint 9 mal .·
1 6 1 7 . 000000 erscheint 18 mal .
1 6 1 8 . 000000 erscheint 8 mal.
1 6 1 9 . 000000 erscheint 18 mal .
162 0 . 000000 erscheint 6 mal.
162 1 . 000000 erscheint 18 mal.
1626 . 000000 erscheint 2 mal.
1627. 000000 erscheint 3 mal.
1628. 000000 erscheint 6 mal.
1629 . 000000 erscheint 21 mal .
1630. 000000 erscheint 3 mal.
163 1 . 000000 erscheint 5 mal.
1635. 000000 erscheint 1 mal.
1638. 000000 erscheint 2 mal.
1639. 000000 erscheint 1 mal.
1640 . 000000 erscheint 2 mal .
164 1 . 000000 erscheint 3 mal.
In Zusammenhang mit dem Auftreten der Berichte in den einzelnen Jahren soll aber auch
untersucht werden, ob sich Tendenzen bezüglich des Typs der Wallfahrten erkennen lassen.
Zu diesem Zweck soll eine Liste erstellt werden, in der den einzelnen Bitt- und Dankwallfahrten
das Jahr ihres Auftretens zugeordnet ist:
quaero nomen=mirakel;pars=a
index pars= : typus; modus=numerus;
pars=: annus [ : datum] ;modus=numerus
finis
Obwohl im Fall der Wallfahrt nach Meißen nur eine relativ geringe Menge an Mirakelberichten
vorliegt zeigt sich doch, daß der Anteil von Bittwallfahrten zum Grab des Heiligen
Benno nach Meißen in früheren Jahrhunderten {12 gegenüber 22 Dankwallfahrten) erheblich
größer war, als im 17. Jahrhundert {39 Bittwallfahrten gegenüber 472 Dankwallfahrten).
Bitte 1270. 000000 erscheint 2 mal .
Bitte 1273. 000000 erscheint mal.
Bitte 1277. 000000 erscheint 4 mal .
Bitte 127 9 . 000000 erscheint mal .
Bitte 1280 . 000000 erscheint 1 mal .
Bitte 1300 . 000000 erscheint 3 mal .
Bitte 160 1 . 000000 erscheint 2 mal .
Bitte 1 6 0 2 . 000000 erscheint 6 mal.
Bitte 1603 . 000000 erscheint 2 mal.
Bitte 1 6 0 5 . 000000 erscheint 3 mal .
Bitte 1 60 6 . 000000 erscheint mal .
Bitte 1607 . 000000 erscheint mal.
4-l. Der index-Be/eh/ 53
Bitte 1608 . 000000 erscheint 1 mal .
Bitte 161 1 . 000000 erscheint 1 mal .
Bitte 1 6 1 2 . 000000 erscheint 1 mal .
Bitte 1 6 1 3 . 000000 erscheint 1 mal .
Bitte 1 6 1 5 . 000000 erscheint 1 mal .
Bitte 1 6 1 6 . 000000 erscheint mal .
Bitte erscheint 33 mal .
Bitte nach 1 . Aufschub 1 6 1 7 . 000000 erscheint 1 mal .
Bitte nach 1 . Aufschub erscheint 1 mal .
Dank 1270. 000000 erscheint 1 mal.
Dank 1277.000000 erscheint 4 mal .
Dank 1278. 000000 erscheint 2 mal .
Dank 1279 . 000000 erscheint 6 mal .
Dank 1300. 000000 erscheint 12 mal .
Dank 1394. 000000 erscheint 9 mal .
Dank 1395. 000000 erscheint 3 mal.
Dank 1483 . 000000 erscheint 1 mal .
Dank 160 1 . 000000 erscheint 2 mal.
Dank 1602 . 000000 erscheint 39 mal .
Dank 1603. 000000 erscheint 47 mal .
Dank 1605 . 000000 erscheint 40 mal .
Dank 160 6 . 000000 erscheint 26 mal .
Dank 1607. 000000 erscheint 27 mal .
Dank 1608 . 000000 erscheint 18 mal .
Dank 160 9 . 000000 erscheint 9 mal .
Dank 1 6 1 0 . 000000 erscheint 23 mal .
Dank 1 61 1 . 000000 erscheint 33 mal .
Dank 1 61 2 . 000000 erscheint 23 mal .
Dank 1 6 1 3 . 000000 erscheint 18 mal .
Dank 1614. 000000 erscheint 18 mal.
Dank 1 6 1 5 . 000000 erscheint 24 mal .
Dank 1 6 1 6 . 000000 erscheint 8 mal .
Dank 1617 . 000000 erscheint 17 mal .
Dank 1618 . 000000 erscheint 8 mal .
Dank 1 6 1 9 . 000000 erscheint 18 mal .
Dank 1620 . 000000 erscheint 6 mal .
Dank 1 62 1 . 000000 erscheint 18 mal .
Dank 1626 . 000000 erscheint 2 mal .
Dank 1627. 000000 erscheint 3 mal .
Dank 1628 . 000000 erscheint 6 mal .
Dank 1629 . 000000 erscheint 2 1 mal.
Dank 1630. 000000 erscheint 3 mal .
Dank 163 1 . 000000 erscheint 5 mal .
Dank 1635. 000000 erscheint mal.
54 4- Suchen und Zählen von Merkmalen und Merkmalskombinationen
1638. 000000 erscheint 2 mal .
1639. 000000 erscheint 1 mal .
1640.000000 erscheint 2 mal .
1641. 000000 erscheint 3 mal .
Dank
Dank
Dank
Dank
Dank 120 0 . 000000 – 1603. 000000 erscheint
Dank erscheint 510 mal.
1 mal.
Dank nach 1 . Aufschub 1300. 000000 erscheint 1 mal .
Dank nach 1 . Aufschub 1611 . 000000 erscheint 1 mal .
Dank nach 1 . Aufschub erscheint 2 mal .
4.3. Die Erstellung von Thesauren
Die Mirakelberichte bieten wohl auch in der jetzigen Form etliche Möglichkeiten der
Auswertung (die oben genannten Beispiele verstehen sich nur als erste Anregung ohne auf
jede einzelne einzugehen), trotzdem stößt man an die Grenzen der Übersichtlichkeit, wenn
man etwa besondere Tendenzen beobachten möchte, die in Zusammenhang mit dem Beruf
einer Person, den Votanten, den Votivgaben oder der Herkunft stehen. Schon bald entsteht
der Wunsch, die einzelnen Informationen in Gruppen zusammenzufassen, um bei der
Auswertung bestimmter Fragestellungen mit diesen Gruppen arbeiten zu können, ohne die
Möglichkeit zu verlieren, auf den Originaltext zurückzugreifen. Am Beispiel der Votivgaben
soll hier gezeigt werden, wie mit Hilfe von „Thesauren“, d.h. Codebüchern, 88 diese
Gruppenbildung vor sich gehen kann. 89 Die solcherart gebildeten Codes sind unschwer als
statistische Kategorien zu erkennen. Tatsächlich kann der hier beschriebene Prozeß der
Thesaurenerstellung auch als die Vorbereitung des Materials für die Anwendung von Verfahren
der schließenden Statistik verstanden werden. Dazu kann x;AELW durch die casusund
translatio-Befehle90 aus einer Datenbasis Dateien erstellen, die mit den statistischen
Standardpaketen unmittelbar weiterverarbeitet werden können. Da für unseren Ansatz die
Analyse der Volltextpartien zentraler ist, wurde auf die Beschreibung dieser Umsetzung
verzichtet. Da der Vorgang der Kategorienbildung jedoch in jedem Falle wichtig ist, soll er
hier eingehender beschrieben werden.
Votivgaben unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihres Materials, sondern auch in
ihrer äußeren Form. Bei späteren Auswertungen ist zum Beispiel auf der einen Seite von
Interesse bei welchen Gelegenheiten Wachs, Edelmetalle oder immaterielle Votivgaben,
88 Die folgenden Angaben sind bewußt kurz gehalten. Detailliertere Angaben über Möglichkeiten
der Erstellung und Verarbeitung von Thesauren, sowie die Bedeutung der einzelnen Parameter
siehe Thoma.s Grotum, Thoma.s Werner, Sämtlich Hab und Gut … Die Analyse von Besitzstandslisten.
( = Halbgraue Reihe zur Historischen Fachinformatik, Serie A, 2) St. Katharinen 1989.
89 In der im Folgenden beschriebenen Form sind für diesen Datensatz Thesauren für die Elementarinformationen
beruf, stand , votant , votiv und ausfuehrender, sowie beruf der
Zeugen und der Kommissionsmitglieder errichtet worden. Na.ch welchen Gesichtspunkten diese
Thesauren im Detail erstellt wurden, ist mit Hilfe der bereits erwähnten Diskette erkennbar.
90 Vgl. Becker, X:Afi.W.
4. 3. Die Er3tellung von The3auren 55
wie Messen, Lobämter etc., gestiftet wurden; andererseits möchte man aber auch untersuchen,
ob Hilfesuchende in bestimmten Fällen die Nachbildung von Körperteilen, bestimmte
Gegenstände, Kircheninventar oder auch die Verpflichtung, sich dem Heiligen zinsbar zu
machen, versprachen. Für solche und ähnliche Zwecke bietet AELW die Möglichkeit, die
einzelnen Eintragungen unterschiedlichen Kategorien zuzuordnen.
Um sicherzugehen, daß man wirklich alle in der Quelle vorkommenden Begriffe erlaßt,
empfiehlt es sich, zunächst durch den creatio-Befehl einen Thesaurus aller Votivgaben
zu erzeugen:
quaero nomen=mirakel ;pars=a/p/v : votiv
creatio nomen=votive;pars=:votiv; repetitio=sic
finis
Wenn wir uns der Kürze halber auf neun Einträge beschränken, erhalten wir ein Ergebnis
wie das folgende:
kleio systematik
Altartuch 10 . 00 *
ewige Zinskuhe 20 . 00 *
Geldopfer 30 . 00 *
Krücken 40.00 *
Messe 5 0 . 00 *
Opfer in den Stock 60 . 00 *
Silberne Augäpfel 70.00 *
\I achsarm 80 . 00 *
Wachsauge 90 . 00 *
Für die oben dargelegten Zwecke ist die Verwendung der von AELW erzeugten Variablen,
die die gefundenen Termini einfach durchnumeriert, nicht wirklich zielführend, da die Votivgaben
ihrem Material und ihrer Form entsprechend einzelnen inhaltlichen Kategorien
zugeordnet werden sollen. Dieses Ziel erreicht man derzeit91 am einfachsten durch die Erzeugung
der dafür erforderlichen forma-Direktiven mit Hilfe eines index-Befehls, dessen
Ergebnis man in eine Datei schreiben läßt.
quaero nomen=mirakel; pars=a/p/v:votiv
index par s = : f orma[„forma lingua=“] ; limes=“ ‚ “ ;
pars = : votiv; ma.x:imum= 1 ; limes=“ ‚ ; numerus=11 ;
identificatio=radix [O] : nummer ; scribe=non
finis
Dieser Befehl erzeugt eine Datei, in der jede vorkommende Votiv der Datenbasis mirakel
genau einmal vorkommt und die für die weitere Verarbeitung notwendigen formaDirektiven
für jede Nennung beinhaltet (forma lingua= ‚ AUSDRUCK ‚ ; numerus= ):
91 Voraussichtlich Ende 1989 wird für derartige Aufgaben ein Thesaurus-Editor zur Verfügung
stehen.
56 .f. Suchen und Ziihlen von Merkm11.len und MerkmaLskombinationen
forma lingua= ‚ Altartuch ‚ ; numerus=
forma lingua= ‚ ewige Zinskuh‘ ; numerus=
forma lingua= ‚Geldopfer ‚ ;numerus=
forma lingua= ‚ Krücken ‚ ; numerus=
forma linguac ‚Messe ‚ ; numerus=
forma lingua= ‚ Opfer in den Stock ‚ ; numerus=
forma lingua= ‚ S ilberne Augäpfel ‚ ; numerus=
forma lingua= ‚Wachsarm‘ ;numerus=
forma lingua= ‚ Wachsauge‘ ; numerus=
An den Beginn dieser Datei setzt man die item-Direktive, deren nomen-Pararneter der
Name des Thesaurus zugewiesen wird (entspricht dem Namen im creatio-Befehl); durch
den usus-Pararneter wird die Art des logischen Objektes angegeben (thesaurus); modus=
permanens bewirkt, daß die Vereinbarung für die permanente Umwelt der Datenbasis
ihre Gültigkeit bewahrt; durch den fons-Pararneter greift man auf die Datenbasis zu,
auf die sich die Vereinbarung beziehen soll. In der pars-Direktive enthält der nomenPararneter
den Namen der Variable und schließlich teilt modus=creatio dem System mit,
daß eine noch nicht bekannte Variable (material) angelegt wird. Nach numerus= sind nun
die neuen Codewerte einzusetzen. Im vorliegenden Beispiel wurde für Wachs der Wert 1,
für Geld der Wert 2, für Lebewesen der Wert 3, für Tuch der Wert 4, für immaterielle
Votivgaben der Wert 5, für Holz der Wert 6 und für Edelmetall der Wert 7 gewählt . Die
Erzeugung der Variablen form kann nun daran anschließend in gleicher Weise vor sich
gehen. Als entsprechende Werte treten hier 1 für Körperteile, 2 für Kircheninventar, 3 fur
Zinsbarkeit und 4 für Gegenstände auf. Die exitus-Direktive schließt die Vereinbarung
ab.
item nomen=votive; usus=thesaurus ; modus=permanens; fons=mirakel
pars nomen=material; modus=creatio
forma lingua= ‚ Altartuch‘ ; numerus=4
forma lingua= ‚ ewige Zinskuh ‚ ;numerus=3
forma lingua= ‚ Geldopfer‘ ; numerus=2
forma lingua= ‚ Krücken ‚ ; numerus=6
forma lingua= ‚Messe ‚ ; numerus=S
forma lingua= ‚ Opfer in den Stock ‚ ; numerus=2
forma lingua= ‚ Silberne Augäpfel‘ ;numerus=7
forma lingua= ‚ Wachsarm ‚ ; numerus=l
forma lingua= ‚ Wachsauge‘ ; numerus=l
pars nomen=form; modus=creatio
forma lingua= ‚ Altartuch‘ ; numerus=2
forma lingua= ‚ ewige Zinskuh ‚ ; numerus=3
forma lingua= ‚ Geldopfer‘ ; numerus=O
forma lingua= ‚ Krücken‘ ; numerus=4
forma lingua= ‚Messe ‚ ; numerus=O
forma lingua= ‚ Opfer in den Stock ‚ ;numerus=O
forma lingua= ‚ Silberne Augäpfel ‚ ; numerus=l
f.
S. Die Er3tellung von The3a.uren
forma lingua= ‚ Wachsarm‘ ; numerus=l
forma lingua=‘ Wachsauge ‚ ; numerus=l
exitus nomen=votive
57
Abschließend sei noch auf eine besondere Möglichkeit bei der Erstellung eines Thesaurus
hingewiesen. Angenommen in den Mirakelberichten erscheint neben einem „normalen“
Leinenweber ein Leinenweber, der gleichzeitig auch Bürger ist. Sein besonderer sozialer
Status wird zwar in der Elementarinformation stand genannt, bei der Thesaurenerstellung
nach der oben beschriebenen Form bekommen aber beide dieselbe Wertzuweisung.
Es könnte aber für die spätere Auswertung von Vorteil sein, jeden der beiden Leinenweber
mit einem unterschiedlichen Code zu versehen, so daß neben dem Beruf gleichzeitig der
Stand der Person erkenntlich ist. Dieses Ziel läßt sich mit Hilfe des Verbindungsoperators
‚.!I:+‘ ( : beruf .!I:+ : stand) verwirklichen, der die beiden Bezeichnungen Leinenweber und
Bürger zu dem Ausdruck LeinenweberBürger zusammenzieht. Der creatio-Befehl hat die
Form:
quaero nomen=mirakel ; pars=a/p
creatio nomen=pberufe;pars=: beruf.!i:+ : stand; repetitio=sic
finis
Es darf unter keinen Umständen vergessen werden, daß die verbundenen Elementarinformationen
: beruf .!I:+ : stand in Hinkunft immer in dieser Form verwendet werden müssen,
wenn man sich auf den Thesaurus bezieht. Das bedeutet für den index-Befehl:
quaero nomen=mirakel ;pars=a/p
index pars=: forma [„forma lingua=“] ; limes=“ ‚ “ ;
pars=: beruf.!i:+ : stand;maximum= l ; lines= “ ‚ ; numerus=“ ;
identificatio=radix[O] : nummer; scribe=non
finis
Dem Ergebnis des index-Befehls können nun unterschiedliche Zahlenwerte zugeordnet
werden: die Werte „02“ für Handwerker und „12“ für Bürger, die Handwerker sind:
item nomen=pberufe;usus=thesauru s ; modus=permanens ;fons=mirakel
pars nomen=systematik ; modus=insertio
forma lingua= ‚ Leinweber‘ ; numerus=02
forma lingua=‘ LeinweberBürger‘ ; numerus=12
exitus nomen=pberufe92
92 Die Erläuterungen bezogen sich zwar nur auf die Verbindung der Elementarinformationen
beruf und stand für den „Berufsthesaurus“, selbstverständlich können dieser und andere Ver·
bindungsoperatoren aber auch bei anderen Gelegenheiten effektvoll eingesetzt werden. {im Detail
vgl. Thaller, K:AELW 3.1.1.)
58 .f. Suchen und Ztiklen von Merkmalen und MerkmaLskombinationen
4.4. Auswertungsmöglichkeiten mit Thesauren
Nachdem die Votivgaben in unterschiedliche Kategorien je nach ihrer Beschaffenheit
und Form eingeteilt worden sind, wäre es wohl ganz interessant zu erfahren, wie häufig
die einzelnen Gruppen überhaupt auftreten. Erreicht werden kann dies mit Hilfe der
Elementarfunktion thesaurus []. Sie hat die allgemeine Form:
:thesaurus [Elementarangabe ,Variablenname , Vereinbarungsname]
Unter Variablenname ist der Name zu verstehen, unter dem die Werte den einzelnen
Ausprägungen zugeordnet worden sind (hier entweder material oder form), der Vereinbarungsname
entspricht dem Namen des Thesaurus (votive). Eine Auflistung der einzelnen
Kategorien mit Angabe der Häufigkeit ihres Auftretens erhält man durch:
quaero nomen=mirakel ; pars=a/p/v
index pars=: thesaurus [ : votiv,material ,votive] ; modus=numerus
conti
quaero pars=a/p/v
index pars=: thesaurus [ : votiv,form, votive] ; modus=numerus
finis
Als Ergebnis erhalten wir für den ersten Befehl folgende Aufiistung:
0 . 000000 erscheint 5 mal .
1 . 000000
2 . 000000
3 . 000000
4 . 000000
5 . 000000
6 . 000000
7 . 000000
erscheint
erscheint
erscheint
erscheint
erscheint
erscheint
erscheint
259 mal .
129 mal .
15 mal .
6 mal.
334 mal.
12 mal .
29 mal.
Die zweite Frage nach der Form der Votivgaben führt zu diesem Ergebnis:
0 . 000000 erscheint 5 9 1 mal .
1 . 000000 erscheint 115 mal .
2 . 000000 erscheint 49 mal .
3 . 000000 erscheint 6 mal .
4 . 000000 erscheint 28 mal .
Der entsprechende Befehl für den kombinierten Beruf-Standthesaurus lautet:
quaero nomen=mirakel ;pars=a/p
index pars=:thesaurus [ : beruf+: stand , systematik ,pberufe] ;modus=numerus
finis
Das Ergebnis im Fall der Votivgaben zeigt, daß eindeutig immaterielle Stiftungen
überwiegen, gefolgt mit jeweils sehr großen Abständen von Wachs- und Geldopfem. Die
übrigen Kategorien stellen im Stiftungsverhalten der hilfesuchenden Personen scheinbar
eher die Ausnahme dar. Dementsprechend gestaltet sich das Ergebnis bei der zweiten Aufgabe.
Votivgaben deren äußere Form nicht den gewählten Kategorien entspricht (es handelt
4-4- Au$wertung$mÖglichkeiten mit The$auren 59
sich dabei um Messen und Geldopfer), stellen den größten Anteil dar. Die nächstgrößere
Gruppe bilden die Nachbildungen von Körperteilen aus Wachs, Edelmetall etc., die vermutlich
für das jeweils erkrankte Glied dargebracht wurden.
Die letzte Vermutung bringt uns zur Frage nach den tatsächlich existierenden Zusammenhängen
zwischen den Krankheiten oder Motiven und den dafür versprochenen Votivgaben.
Die nächste Aufgabe bezieht sich nur auf jene Votive, die unter der Kategorien
„Körperteile“ subsumiert worden sind, um eine Liste von ausschließlich jenen Motiven zu
erhalten, für deren Heilung derartige Gaben gebracht wurden.
quaero nomen=mirakel; pars=: thesaurus [a/p/v : votiv, form, votive] = “ l “
scribe pars= :votiv , avus [2] : motiv
finis
Dokument (1 = „d-1“) : votiv Wachsauge
Messe
Kommentar 2
Dokument ( 1 = „d- 1 “ ) : motiv vermeldt , daß sie den gantzen vergangneo
Winter b\indt gewesen ,
Dokument (4
Dokument (4
Dokument (7
„d-4“)
„d-4“)
„d-7“)
Kommentar 9 1 . 500000
votiv Wachsfuß
motiv schadhaffter Schenkel
votiv Messe
Wachsgrämblein
Opfer in den Stock
Kommentar 2
Dokument (7 = „d-7“) : motiv von Mutterleib eingeschwollens Graembl
mitgebracht , (Bruch)
Dokument (8 = „d-8“) : votiv Messe
Wachsbrüstlein
Opfer in den Stock
Dokument (8 = „d-8“) : motiv an beyden Brüstlein so gefährliche
geschwulsten gehabt
Dokument (24 „d-24“) votiv Wachsarm
Messe
Dokument (24 „d-24“) motiv an dem lincken Armb, an 11elchem s i e
grossen schmerzen . . . erlitten
Kommentar 1095 . 750000
Dokument (34 „d-34“) votiv Messe
Wachskopf
Dokument (34 „d-34“) motiv einen solchen Kopffwehe bekommen,
Kommentar 14. 000000
Dokument (56 „d-56“) votiv Messe
Wachszunge
Dokument (56 „d-56“) motiv nit reden können
Kommentar 109 5 . 750000
60 4. Suchen und Zählen von Merkm11len und MerkmaLskombinationen
Dokument (62 = „d-62“) votiv Wachsfuß
Messe
motiv einen so unleydenlichen schmertzen im
Uber das sey ihm solcher schmertzen in
Dokument (62 „d-62“)
rechten Fueß gehabt,
beyde Armb gesessen,
Dokument (64 = „d-64“) : votiv Messe
Wachsfuß
Kommentar 2
Dokument (64 = „d-64“) : motiv ist im haimbgehen ein Schwindel in
Kopf kommen, doch bald vergangen , aber nahendt bey der Iserbruggen
seynd ihme beyde Knyen erlambdt,
Dokument (69 „d-69“) votiv Messe
Wachsfuß
Dokument (69 „d-69“) motiv am lincken Fueß einen solchen
schmertzen erlitten,
Kommentar 42 . 000000
Dokument (70 = „d-70“) : votiv Beichte
Kommunion
Wachshand
Dokument (70 = „d-70“) : motiv einen Zittrachen an dem lincken
Armb gehabt, welcher ihme den Armb biß zum Ellenbogen eingenommen
und unaußsprechlichen schmertzen gehabt ,
Kommentar 7305.000000
Die erzeugte Liste läßt wohl auf den ersten Blick annehmen, daß die oben angestellte
Vermutung ihre Richtigkeit hat, trotzdem wäre es doch sehr vorteilhaft, könnte man auch
die einzelnen Motive bestimmten Gruppen zuordnen, um ein übersichtlicheres und genaueres
Ergebnis zu erhalten. Der bisher beschriebene Mechanismus würde hier versagen,
da es sich bei diesen Angaben um längere Texte handelt, die sich so stark voneinander
unterscheiden, daß jeder Text für sich einer Kategorie zugewiesen werden müßte. Viel
sinnvoller ist es hier, die Textpartien Kategorien zuzuweisen, die durch das gemeinsame
Auftreten/Nichtauftreten bestimmter Termini in einem längeren Text gekennzeichnet sind.
Der Verwirklichung unter anderem dieses Wunsches ist das nächste Kapitel gewidmet.
5. Die Bearbeitung der Volltexte in den Mirakelberichten 61
5. Die Bearbeitung der Volltexte in den Mirakelberichten93
Über den formalen Aufbau und die Inhalte der Mirakelberichte herrschen in der Forschung
sehr geteilte Ansichten. Harmening greift die Diskussion darüber auf und verweist
auf die Uneinheitlichkeit der Mirakelbücher bezüglich ihres literarischen Typus: So findet
der eine seine Mirakelberichte durch Schemata und Formeln geprägt, der andere sieht in
ihnen den unmittelbaren Ausdruck der Erzählung des Begnadeten, lebendig und individuell,
der eine hält sie für knappe Protokolle, der andere für ausschweifende Geschichten
und spannende Erzählungen. In Wirklichkeit gibt es beide und mehr Typen. Doch das
Bewußtsein unterschiedlicher Formen verstellt man sich, wo man einer oder auch ein paar
regional und zeitlich begrenzten Quellen repräsen tative Bedeutung für eine Literatur zuspricht,
deren Zeugnisse über große Zeitspannen und Räume ausgebreitet sind. 94
Um dieser Gefahr zu begegnen und der Verschiedenheit und Vielfalt der Inhalte der
einzelnen Mirakelberichte gerecht zu werden, erwies es sich als sinnvoll und notwendig, die
Texte für die Bearbeitung mit dem Computer in ihrer gesamten Aussagekraft, mit anderen
Worten im Originaltext, zu erhalten. Aus diesem Grund entstand eine Art von „gemischtem“
Eingabemodus, dessen Charakteristik ist, daß er sowohl „eindeutige“ Sachverhalte
in Kurzform in den ihnen zugeordneten Kategorien festhält (wie z.B. Datum, Geschlecht,
Alter, Dauer der Krankheit, Votivgaben, Herkunft etc.) als auch komplexere Informationen
im Originaltext des Dokuments, die über das Motiv, seine Ursachen und Folgen, die
Behandlung, das Auftreten von Heiligenerscheinungen, das Verlöbnis und schließlich die
Heilung bekannt sind. Dieses Vorgehen bietet den großen Vorteil, daß der Zugriff auf alle
Einzelheiten der Berichte zu jedem Zeitpunkt gegeben ist. Sie können daher einzeln immer
wieder nach neuen Gesichtspunkten und Fragestellungen selektiert und mögliche charakteristische
Zusammenhänge, die zwischen ihnen bestehen, analysiert werden. Außerdem war
immer wieder festzustellen, daß sich einige „unvorhergesehene“ Informationen erst im Lauf
der Zeit für eine vergleichende Untersuchung als wertvoll herauskristallisierten, inbesonders
wenn für die Analyse eine größere Anzahl von Mirakelberichten aus verschiedenen geographischen
Gebieten über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten hinweg herangezogen
wurde. Wie bereits im geschichtlichen Abriß hervorgehoben, ging im 17. Jahrhundert eine
Literarisierung des Quellentyps vor sich, die die sprachliche Formelhaftigkeit des 15. und
16. Jahrhunderts zunehmend durch barocke „Ausschmückungen“ anreicherte, gleichzeitig
aber die Individualität des Verfassers stärker in den Vordergrund rückt.
Darüber hinaus konnten manche Elemente nicht von vomherein eindeutigen Kategorien
zugeordnet werden, insbesondere das ‚Leise‘ und ‚Unbemerkte‘ bliebe bei der Eingabe
von „treffenden“ neuzeitlichen Schlagworten a.uf der Strecke.95 Dieses Problem ergibt sich
93 Die folgenden Erläuterungen zur Bearbeitung von Volltexten können sehr viel leichter im
Zusammenhang mit den auf der bereits erwähnten Diskette vorhandenen Übungsdaten nachvollzogen
werden. Zur Erleichterung des Verständnisses wird dem Leser empfohlen, die einzelnen
Anweisungen anband der Daten jeweils gleich selbst auszuprobieren.
94 Harmening, Fränkische Mirakelbücher, 53.
95 Vgl. Gerhard Jaritz, Quantitative Methoden, 76f.
62 5. Die Bearbeitung der Volltezte in den Miralcelberichten
in erster Linie bei den sehr komplexen Aussagen zu Ursache und Umständen, die zu einem
Verlöbnis führten. Krankheiten sind beinahe durchwegs anband ihrer Symptome beschrieben.
Wollte man diese Aussagen allein für eine Untersuchung heranziehen, so ergäben
sich wohl interessante (aber meist ohnehin schon bekannte) Ergebnisse für die Wallfahrtsforschung,
wie etwa die Zuständigkeit eines Heiligen für bestimmte Krankheiten;96 das
soziale Umfeld wie Ursachen, Arbeitsbedingungen, Kontakte während der Krankheit, Integration
von Kranken in die Gemeinschaft, Beziehungen innerhalb der Familie, soziale
und wirtschaftliche Konsequenzen und ähnliches blieben aber vernachlässigt.
Diese Überlegungen waren für die Entscheidung zur möglichst gerinfügigen Veränderung
des Textes kombiniert mit der Verwendung möglichst prägnanter Elementarinformationen
(wenn dies die Texte erlaubten) ausschlaggebend. Für sinnvolle statistische Abfragen
sind bei dieser Art der Eingabe allerdings gewisse Vorarbeiten zu leisten, um nicht
bei allen Auswertungen mit dem gesamten Text arbeiten zu müssen. Andernfalls hätte,
wie oben bereits zu sehen war, die Übersichtlichkeit der Darstellung zu leiden. �tA€1-W
bietet interaktive und menügesteuerte Routinen, mit deren Hilfe der gesamte Text jeder
einzelnen Elementarinformation gelesen und aus dem Kontext heraus entschieden werden
kann, welchen (auch mehreren!) Kategorien (z.B. von Krankheiten) sie zuzuordnen ist.
Die dabei entstehenden Gruppen oder „Belegstellenlisten“ können im Anschluß daran für
weitere Auswertungen herangezogen werden. Zur Bearbeitung der Volltexte ist es zunächst
erforderlich, Repertorien zu erstellen.
5 . 1 . Die Erstellung von Repertorien
Unter Repertorien sind Kataloge oder findbuchartige Verzeichnisse zu verstehen, in
denen einzelne Wörter oder Mehrfacheinträge alphabetisch geordnet abgelegt sind. Sie
beschleunigen das Auffinden bestimmter Wörter oder Wortformen bedeutend.
Für die Generierung derartiger Fundstellenverzeichnisse muß dem System im quaeroBefehl
bekannt gegeben werden, auf welche Datenbasis man sich beziehen will und welche
Informationen verwendet werden sollen. Der nomen-Parameter des repertorium-Befehls
teilt den Namen des anzulegenden „Findbuches“ mit, der pars-Parameter dessen Inhalt.
Von besonderer Wichtigkeit ist der repetitio-Parameter. Bei der späteren Arbeit
mit dem interaktiven Menü wird �tAELW veranlaßt, nach einem bestimmten Wort oder einer
Wortform zu suchen, um die Elementarinformation, in der dieses Wort enthalten ist,
einer Belegstellenliste zuzuordnen. Tritt dieses Wort mehrmals innerhalb eines Satzes, einer
Mehrfacheintragung oder der Elementarinformation insgesamt auf, dann wird es auch
mehrmals in der Liste abgespeichert. Wenn daher zum Beispiel der Inhalt einer Elementarinformation
lautet: überauft 3chröclcliche 3ch.mertzen am reckten A ug und am linclcen
A ug und für die Erstellung der Belegstellenliste augenkrankbei ten der Begriff „Aug“
gewählt wurde, dann erscheint das Dokument, das diese Elementarinformation beinhaltet
in der Liste zweimal. Möchte man dann feststellen, mit welcher Häufigkeit die einzelnen
96 Vgl. auch Harmening, Fränkische Mirakelbücher, 136.
5. . Die Er3tellung von Beleg3tel/enli3ten 63
Krankheitskategorien auftraten, ist zumindest im Fall der augenkrankheiten das Ergebnis
falsch, da ja nur eine(!) Person an beiden Augen erkrankt war und nicht zwei Personen
an jeweils einem. Für die Erzeugung „richtiger“ Ergebnisse kann man dem repetitioParameter
drei verschiedene Werte zuweisen:97
• sententiae: Das ausgewählte Wort (bzw. die Wortform) darf nur einmal in einem
Satz vorkommen
• pars: Das ausgewählte Wort (bzw. die Wortform) darf nur einmal in einer Mahrfacheintragung
vorkommen
• terminus: Das ausgewählte Wort (bzw. die Wortform) darf nur einmal in einer
Elementarinformation vorkommen
Für die Erzeugung des Repertorium motive in der gewünschten Form sind daher folgende
Anweisungen erforderlich:
quaero nomen=mirakel; pars= :motiv
repertorium nomen=motive;pars= : motiv; repetitio=terminus
finis
In gleicher Weise sind für spätere Auswertungen Repertorien für die Elementarinformationen
behandlung, ursach e , folge, vision, verloebnis und heilung zu erstellen.
5.2. Die Erstellung von Belegstellenlisten
Die Suche von Schlüsselwörtern in Repertorien, die zu einer Liste zusammengefaßt
einzelne Motivgruppen erzeugen, verläuft mittels des menügesteuerten Programmteiles
inspectio. Empfehlenswert ist es, sich zuvor eine Liste aller vorkommenden Texte, die
Angaben zu den Motiven enthalten ausdrucken zu lassen, mit deren Hilfe die Formulierung
der Schlagwörter rascher und eindeutiger vor sich geht. Dies geschieht durch einen
einfachen scribe-Befehl:
quaero nomen=mirake l ;pars=a
scribe pars= : motiv
finis
Dokument (1 = „d-1“) : motiv vermeldt , daß sie den
gantzen vergangneo Winter blindt gewesen ,
Dokument (2 = „d-2“) : motiv schadhaffter Fueß
Dokument (3 = „d-3“) : motiv aber. von derselben zeit hero
weder bey tag noch nacht den Harm nit verhalten können
Dokument (4 „d-4“) : motiv an dem lincken Armb , an
welchem sie grossen schmerzen . . . erlitten
Dokument (5 = „d-5“) : motiv von dem boesen Feindt zur
verzweifflung unoachlässig angefochten , auch,
97 Die darüber hinausgehenden Möglichkeiten sind für unsere Anwendungen nicht relevant.
64 5. Die Bearbeitung der Volltexte in den Mirakelberichten
Dokument (6 = „d-6“) : motiv an beyden Brüstlein so
gefährliche geschvulsten gehabt
Dokument (7 = „d-7“) : motiv am rechten Armb ein so
abschevliches Gschver gehabt, daß mans für ein Bockstern
gehalten
Dokument (8 = „d-8“) : motiv angedaut , daß . . . einen s o
grossen Kopffvehe erlitten,
Dokument (9 „d-9“) : motiv grossen veetung am Armb und
Fueß gehabt
Dokument (10 = „d-10“) motiv an den Augen solchen
schmertzen erlitten98
Anhand der erzeugten Liste sollte man sich nun in groben Zügen klar werden, nach
welchen Gesichtspunkten die einzelnen Kategorien zu bilden sind. Für den vorliegenden
Datensatz wurden dreizehn Motivgruppen ausgewählt. Sie betreffen:
• Erkrankungen bzw. Verletzungen der Augen
• Geburtsnöte, Kindbettfieber etc.
• Geschwüre, Geschwulste
• schmerzende bzw. verletzte Gliedmaßen
• epidemische Krankheiten
• Erkrankungen innerer Organe
• Schmerzen bzw. Verletzungen des Kopfes
• Lähmungserscheinungen
• Epilepsie und Geisteskrankheiten
• Schutz vor Gefahr (Naturkatastrophen, Epidemien etc.)
• Stummheit bzw. Taubheit
• Wiederbelebung von (Schein-)Toten
Um die Vergehensweise der Erstellung einzelner Belegstellenlisten zu veranschaulichen,
soll dies nun am Beispiel der abgedruckten Dokumente gezeigt werden. Nach dem
Aufruf des Gesamtsystems mit dem Befehl kleio und des Menüs durch inspectio ist
mitzuteilen, mit welcher Datenbasis (in diesem Fall: mirakel) gearbeitet wird. Am Bildschirm
erscheint das Hauptmenü I, das unter anderem zur Auswahl eines neuen Fundsteilenverzeichnisses
(REPERTORIUMS) auffordert. Die nun folgende Aufiistung möglicher
Routinen des Hauptmenüs II,99 die durch Eingabe des entsprechenden Buchstaben gewählt
werden können, verlangt die Entscheidung zwischen den Tätigkeiten:
b Auswahl einer neuen DatenBASIS
r Auswahl eines neuen Fundstellenverzeichnisses (REPERTORIUMS)
v Auswahl eines neuen/zusaetzlichen BelegWORTES
k Neudefinition des KONTEXTES fuer Suche und/oder Da.rstellung
? Auflistung der existierenden Repertorien
98 Die Originalliste der vorhandenen Motivarten ist selbstverständlich viel länger. Diese zehn
Dokumente sollen nur zur Veranschaulichung der folgenden Schritte dienen.
99 Details zur Funktionsweise der einzelnen Menüpunkte siehe Thaller, ttAfLW 3.1.1., Teil III.
5.t. Die Er3tellung von Beleg3tellenlüten 65
Beendigung der Arbeit mit Kleio
• Abbruch der Bearbeitung dieses Menues
Um eine erste Liste von Belegwörtern anzulegen, wird der Menüpunkt ‚v‘ gewählt.
Die nun folgende Aufforderung, die gesuchte Wortform anzugeben, führt zum intensiven
Studium der ausgedruckten Liste der verschiedenen Motivarten.
Wenn man ihre verschiedenen Ausprägungen systematisch erarbeiten möchte, ist es
sinnvoll beim ersten Dokument zu beginnen. Da es sich hier um eine Augenerkrankung
handelt und sich das Dokument am besten durch das Schlagwort blindt erfassen läßt, nennt
man dem System die gesuchte Wortform blin (und nicht blindtf). Der Sinn der Sache wird
deutlich, sobald das Fundstellenmenü erscheint. Nun zeigt sich nämlich, daß folgende
Möglichkeiten bestehen:
v Suche nach einer VOLLSTAENDIGEH Wortform
b Suche nach allen mit diesem Text BEGINNENDEN Wortformen
m Suche nach einem abgekuerzt notierten MUSTER100
Da es im Frühneuhochdeutschen immerhin denkbar ist, da.ß der Verfasser der Mirakelberichte
sowohl die Begriffe blindt und blind als auch blint verwendete (viele kreative Wortformen
aber auch auf schlichte Tippfehler zurückzuführen sind . . . ), ist es vorteilhaft, nach
allen Wörtern zu suchen, die mit blin beginnen, daher ist die Taste ‚b‘ zu betätigen. Als
Ergebnis listet das Hauptmenü III die Anzahl der Belegstellen a.uf, in denen diese Wortform
vorkommt.
Bei Durchsicht der Liste aller Motivarten zeigt sich aber, daß in Dokument 10 eine
weitere Form von Augenerkrankung zu finden ist – an den Augen 3olchen JChmertzen
erlitten – die Belegstellenliste muß also erweitert werden. Der Menüpunkt ‚v‘ (Ausvahl
eines neuan/zusätzlichen BelegWORTES) wird gewählt. Analog zu dem vorherigen Beispiel
lassen wir das System nach allen mit aug beginnenden Wortformen suchen. Da. nun
zwei Fundstellenlisten von blin und aug existieren, bietet K.>.EU;J mehrere Möglichkeiten der
Verbindung an, darunter UND, ODER und NICHT. Die Bedeutung dieser drei Menüpunkte
ist:
• u: das System sucht nach allen Elementarinformationen, in denen sowohl die Wortformen
blin- als auch aug- vorkommen
• o: das System sucht nach allen Elementarin!ormationen, in denen entweder die Wortformen
blin- oder aug· vorkommen
• n: das System sucht nach allen Elementarinforma.tionen, in denen die Wortform blin·
nicht aber die Wortform aug· vorkommt.
Um alle Belegstellen zu erhalten, die blin· oder aug· enthalten, entscheidet man sich für
ODER. Die entstandene Belegstellenliste sollte auch auf ihre Gültigkeit überprüft werden.
Durch Eingabe des Buchstaben ‚d‘ (für DARSTELLUNG) erscheint die Frage nach Aus·
ga.be a.m BILDSCHIRM (b) oder am DRUCKER (d) und schließlich die nach der Anzahl
der Belege, die dargestellt werden sollen. Sicherheitshalber sieht ma.n sich alle Belege an,
100 Bei entsprechender Angabe im Repertoriumsbefehl kann auch nach Wortenden gesucht werden.
66 5. Die Bearbeitung der Volltexte in den Mirakelberichten
ist man mit dem Ergebnis zufrieden, wird die Liste durch ’s‘ (SICHERSTELLEN der Belegstellenliste
in einer Belegstellenbibliothek) unter einem eindeutigen Schlagwort
(z.B. augen) abgespeichert.
Der Menüpunkt ‚v‘ (VERBINDUNG der Belegstellenliste mit einem Schlagwort
in der Datenbasis) erfüllt im Prinzip dieselbe Funktion, sie sollte aber erst durchgeführt
werden, wenn man sich (so gut wie) sicher ist, daß es sieb um die endgültige Version
einer Liste handelt, die keinesfalls mehr verändert wird, da dieser Vorgang relativ große
Speicherkapazitäten beansprucht. Will man die Belegstellenlisten aber für Auswertungen
in Kombination mit den übrigen Komponenten der Datenbasis heranziehen, dann sollte
sie mit Hilfe dieses Menüpunktes sichergestellt werden, um die Verbindung mit einem
Schlagwort der Datenbasis herzustellen. Diese Verbindung muß immer dann neu hergestellt
werden, wenn man eine derartig sichergestellte Belegstellenliste verändert hat, da das
System sonst weiterhin mit der „alten“ arbeitet .
Der nächste Eintrag in der Liste der Dokumente (Dokument 2) ist der Gruppe „schmerzende
bzw. verletzte Gliedmaßen“ zuzuordnen. Der Vorgang entspricht dem bereits beschriebenen.
Zunächst wird angeordnet, daß nach einer neuen Wortform (und zwar alle mit
fueß beginnenden Wörter) gesucht werden soll. Sobald das Menü erscheint, mit dem vorher
die Begriffe aug und blin verbunden wurden, wählt man jetzt den Menüpunkt ‚w‘ (Heudefinition
der Belegstellenliste durch eine neue Wortform) und bestimmt dadurch,
daß diese Suche unabhängig von der bereits bestehenden Belegstellenliste augen durchgeführt
wird. Am Bildschirm erscheint die Anzahl der vorkommenden Belege. Dokument
4 beinhaltet eine weitere Form von schmerzenden Gliedmaßen, daher werden die Wortformen,
die mit arm beginnen, in die Liste mit aufgenommen. Probleme bereitet das Dokument
7. Die Erkrankung betrifft zwar einen Arm, trotzdem möchte man dieses Dokument
lieber der Gruppe von Geschwüren und Geschwulsten zuordnen: der Begriff Bocbtern
wird durch die Routine ’n‘ (NICHT: Einschränkung durch eine negierte Wortforrn)
von der Liste ausgeschlossen. Dieses Dokument erscheint also nicht in der Gruppe der
schmerzenden und verletzten Gliedmaßen.
Falls bei der Erstellung des Repertoriums motive der Parameter repetitio=terrninus
nicht gesetzt wurde, zeigt die Durchsicht der erzeugten Belegstellenliste, daß das Dokument
9 zweimal in ihr enthalten ist, da sowohl da.s Wort Armb als auch das Wort Fu.eß darin
vorkommen. Die Anzahl der Krankheiten, die schmerzende Gliedmaßen betreffen, erhöht
sich um einen Fall und entspricht nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten.
Die Lösung dieses Problems bietet die Routine ‚a‘ ( (Manuelle) AUSWAHL aus der
aktuellen Belegstellenliste). Am Bildschirm wird jedes einzelne Dokument, das derzeit
in der Belegstellenliste enthalten ist, dargestellt und der Benutzer kann für jedes
entscheiden, ob es (durch ‚ 1 + ENTER‘) zu löschen ist oder nicht. Sobald einer der beiden
identischen Belege gelöscht wird, entspricht das Ergebnis den Erwartungen.
Daneben bietet diese Routine auch die Möglichkeit der Nennung der Namen der Belegstellenliste,
dem das Dokument zugeordnet wurde (durch ’s + ENTER : Schlagworte‘).
Auf diese Weise ist eine ständige Kontrolle möglich, um festzustellen, ob sich jedes einzelne
in der ihm zugedachten Gruppe befindet bzw. kann festgestellt werden, in welchen anderen
Gruppen von Motiven es möglicherweise enthalten ist. Mit Hilfe von ‚* + ENTER‘ kehrt
man wieder ins letzte Menü zurück.
5.3. Die dauernde Sicher3tellung von Beleg3tellenlüten 67
Schließlich ist noch die Routine ‚m‘ (Suche nach einem abgekuerzt notierten MUSTER)
im Fundstellensuchmenü zu erläutern. Sie erlaubt nicht nur nach einzelnen Wörtern
oder Wortformen suchen zu lassen, wie dies bisher gehandhabt wurde, sondern auch nach
Kombinationen einer Reihe von Wortformen. Die Angabe dieses Musters entspricht der
gleichen Form, wie eine Belegstellenliste zu Beginn der einzelnen Bildschirmseiten beschrieben
ist: die gesuchten Wortformen stehen unter Hochkommata und durch die entsprechenden
Verbindungsworte vel, et oder non wird die gewünschte Art ihres Vorkommens
spezifiziert. Durch Eingabe des Musters „fueßt“ vel „armt“ non „bockstern“ erhält
man also dieselbe Belegstellenliste wie oben, d.h. sie faßt alle Dokumente zusammen, in
denen alle Wörter, die mit fueß oder arm beginnen, enthalten sind, schließt aber jene aus,
in welchen das Wort bocLtern vorkommt.
5.3. Die dauernde Sicherstellung von Belegstelle nliste n
Unabhängig von den bisher beschriebenen Möglichkeiten besteht auch jene, die Struktur
der Belegstellenlisten so zu erhalten, daß sie, selbst wenn die Datenbasis einmal zerstört
werden sollten, mit geringem Aufwand wieder hergestellt werden können. Die Erstellung
der beiden Listen augen und gli eder ging zwar verhältnimäßig rasch vor sich, bei einem
größerem Datensatz ist der Aufbau der Strukur jedoch meist viel komplizierter und mit
dementsprechend hohem Zeitaufwand durchzuführen. Es wäre mehr als ärgerlich, müßte
man sie jemals wieder „von Hand“ erstellen.
Durch den descriptio-Befehl veranlaßt man daher das System die Struktur der
einzelnen Listen darzustellen.
descriptio nomen=gl ieder; usus=index ; modus=permanens; fons=mirakel;
repertorium=motive
finis
Die einzelnen Parameter des Befehls bedeuten:
• nomen: Der Name der Belegstellenliste, deren Struktur beschrieben werden soll (z.B.
glieder).
• usus: Für diese Zwecke wird hier immer index angegeben, da dem System dadurch
bekannt gegeben wird, daß es sich um die Verarbeitung einer Belegstellenliste handelt.
• modus: Durch permanans wird die Belegstellenliste aus der permanenten Umwelt der
Datenbasis geladen.
• fons: Erwartet den Namen der Datenbasis, zu der das Repertorium definiert ist.
• repertorium: Hier ist der Name des Repertoriums zu nennen, aus dem heraus die
Belegstellenliste erstellt wurde.
Das Ergebnis des Befehls ist die Auflistung aller Wortformen, die für die Generierung
der Motivgruppe glieder herangezogen wurden. Für die weitere Bearbeitung mit Hilfe
des item-Befehls läßt man sich die Struktur in eine Datei schreiben und versieht sie mit
folgender Anweisung:
68 5. Die Bearbeitung der Volltexte in den Mirakelberichten
item nomen=motive;usus=repertorium; fons=mirakel ; modus=permanens
index nomen=augen ;
forma=“blin.t“ vel „aug.t“ ; pons=sic
index nomen=glieder;
forma=“fueß“ vel „arm.t“ non „bockstern“ ; pons=sic
exitus nomen=motive
Die Parameter des item-Befehls erwarten den Namen des Repertoriums (motive), die Art
des logischen Objektes, das definiert werden soll (usus=repertorium), den Namen der
Datenbasis (fons=mira.kel) und schließlich die Anweisung, daß das neu definierte logische
Objekt für die permante Umwelt der Datenbasis von Gültigkeit ist (modus=permanens).
Der index-Direktive wird der Name der Belegstellenliste zugeordnet, durch den formaParameter
die Form ihrer Struktur. Wenn pons=sic angegeben wird, wird die Belegstellenliste
so gespeichert, als ob sie durch den Menüpunkt ‚v‘ sichergestellt worden wäre,
ohne Angabe von pons=sic verhält sich das System so, als ob die Belegstellenliste mit ’s‘
sichergestellt worden wäre. In der gleiche Form können nun alle generierten Belegstellenlisten
beschrieben werden, den Abschluß bildet die Anweisung exi tus nomen=mot i ve (der
Name des Repertoriums).
Falls nun die Datenbasis aus irgendwelchen Gründen korrumpiert wurde und dadurch
auch die Belegstellenlisten verloren sind, kann man sie mit zwei Schritten wieder herstellen.
1. Neuerstellung der Repertorien, die Belegstellenlisten enthalten.
2. Übergabe der eben beschriebenen Repertoriums-Vereinbarung zur Bearbeitung an
K.AELW.
5.4. Die Überprüfung der Belegstellenlisten
Bevor man an die Auswertung der Belegstellenlisten in Verbindung mit den übrigen
Inhalten der Mirakelberichte übergeht, möchte man vielleicht noch einmal überprüfen,
ob jedes einzelne Motiv einer Gruppe zugeordnet wurde und ob diese Zuordnung auch
in ihrer Art sinnvoll war. Der Zugriff auf die Gesamtheit der Listen geht mit Hilfe der
Elementarfunktion index[] vor sich. Innerhalb der eckigen Klammern wird an erster
Stelle der Name des Fundstellenverzeichnisses oder Repertoriums genannt, an zweiter Stelle
die Pfadangabe und der Name der Elementarinformation auf die sich das Repertorium
bezieht. Um eine Auflistung der verschiedenen Motive gemeinsam mit den Namen der
Belegstellenlisten zu erhalten, verwendet man den scribe-Befehl:
quaero nomen=mirake l ; pars=:motiv
scribe pars= :motiv, : index [mot ive, : motiv] , : linea[l]
finis
Die Elementarfunktion linea[] wird hier aus Gründen der Übersichtlichkeit eingesetzt,
um die einzelnen Dokumente jeweils durch eine Zeile voneinander zu trennen.
6 Atubljck 69
6. Ausblick
Die bisherigen Ergebnisse der Auswertung könnten natürlich auch von Hand erstellt
werden, die vielfältigen Möglichkeiten der Anwendung von tt>.etw kommen erst an dem
Punkt zum Vorschein, an dem diese Broschüre endet. Daher gilt es hier zu betonen,
daß die bisherigen Ausführungen zur Bearbeitung von Mirakelberichten mit Hilfe des Programmsystems
tt>.etw nur als erste Schritte eines möglichen Vorgehens zu verstehen sind.
Sie sind als Anregungen gedacht und keinesfalls vollständig. Insbesonders im Bereich der
Volltextanalyse konnten nur die primitivsten Möglichkeiten gezeigt werden, die sich aus
dem Prinzip größtmöglicher Quellennähe ergeben. Daneben kann in Abhängigkeit des
Forschungsschwerpunktes auch die Erhaltung anderer Passagen im Volltext von großer
Wichtigkeit sein; es wäre auch möglich von der vorgestellten „Mischform“ der Eingabe
(Volltextpassagen kombiniert mit standardisierten Textfeldern) abzugehen und den gesamten
Text im Original zu bearbeiten. Weitere Aspekte einer Untersuchung wären z.B.,
in welchen Zusammenhängen bestimmte Wortverbindungen immer wieder auftauchen; das
Auftreten einzelner Wortformen in Kombination mit anderen (woraus sich ableiten läßt, ob
spezielle Ausdrücke positiv oder negativ belegt werden); die Toposhaftigkeit der Mirakel berichte;
die Veränderung der Formeln durch die Jahrhunderte, zeitgenössische Terminologien
und ähnliches. Häufig gerät man bei einzelnen Thesen und Fragestellungen in Sackgassen
und kommt zu dem Schluß, daß eine Änderung der Fragestellung, auch eine Änderung des
ganzen Modells der Strukturvereinbarung nach sich zieht. In diesem Sinn sind auch die
Vorschläge zur Dateneingabe zu verstehen. Es wurde nur eine von vielen Möglichkeiten
vorgestellt und es versteht sich von selbst, daß sie nicht die einzige und bestimmt nicht die
beste ist. Eher kann man sie als das Ergebnis der Erfahrung und Überwindung diverser
Sackgassen betrachten.
70 6. Awbljck
Bei.s ie/e 71
Beispiele
Wenn alle Thesauren erzeugt, die einzelnen Belegstellenlisten generiert, überprüft und
sichergestellt worden sind, 101 kommt man zum eigentlichen Kern der Sache: die Beantwortung
von Fragestellungen, die sich nicht mehr auf einzelne Details beziehen, sondern
auf die Zusammenhänge, die zwischen bestimmten Gruppen von Personen und ihren Motiven
eine Wallfahrt zu versprechen bzw. der Art, wie und mit welchem Aufwand sie diese
durchführten, bestehen.
Offensichtlich würde die inhaltliche Diskussion der möglichen Fragestellungen und ihrer
Ergebnisse über den Rahmen der vorliegenden Broschüre hinausgehen. Um die technische
Umsetzung der Fragestellungen zu demonstrieren fügen wir jedoch hier einige Beispiele
an. Die Ergebnisse beschränken sich jeweils auf den Anfang sehr viel umfangreicherer Listen,
die dem Inhalt der vollständigen Datenbasis entsprechen. Sie sind nicht als inhaltliche
Ergebnisse zu verstehen, sondern nur als Schritte auf dem Weg dahin, um neue Anregungen
zu erhalten. Die Demonstrationsdiskette enthält nur einen Teil der Datenbasis.
101 Bei den folgenden Ausführungen wird davon ausgegangen, daß die in Kapitel 4.2. genannten
Thesauren (beruf , stand, votant , votiv und ausfuehrender, beziehung der Zeugen zu
dem Hilfesuchenden, sowie beruf der Zeugen und der Kommissionsmitglieder), in Kapitel 5.1. ge·
nannten Repertorien (behandl ung , ursache , folge, vision, verloebnis und heilung)
und die mit ihnen in Verbindung stehenden Belegstellenlisten bereits erzeugt wurden.
72 Anhan
1. Wie sieht die Verteilung der Häufigkeit des Auftretens der einzelnen Motivgruppen
tatsächlich aus und welche Ursachen hatten sie? Nicht bei allen Mirakelberichten
werden die Ursachen, die die besondere Notlage herbeiführten, genannt. Die einzelnen
Schlagworte, nach denen die Texte, die Angaben dazu enthalten, geordnet wurden,
wählten wir nach folgenden Gesichtpunkten (einzelne Motive können dabei innerhalb
mehrerer Gruppen auftauchen, wie z.B. bei Unfällen, die durch Tiere hervorgerufen
wurden):
• arheit: Das Motiv steht in kausalem Zusammenhang mit der Arbeitssituation des
Betroffenen.
• aufsieht: Die Notlage ereignete sich während (meist) Kinder unbeaufsichtigt waren.
• gehurt: Das Motiv wird auf besondere Umstände während der Geburt oder danach
zurückgeführt.
• gevalt: Die Personen erlitten Verletzungen oder Erkrankungen aufgrund von gewalttätigen
Angriffen durch andere.
• krank: Eine andere Krankheit oder deren Behandlung waren Ursache für die momentane
Notlage.
• strafe: Göttliche Strafe als Reaktion auf nicht durchgeführte Wallfahrten oder blasphemisches
Verhalten bedingt die Notlage.
• tiere: Erkrankungen oder Verletzungen werden durch Tiere hervorgerufen.
• unfall: Der/die Betroffene leidet unter den Folgen eines Unfalles.
• vetter: Blitzschlag, Regenfälle, plötzlicher Kälteeinbruch.
quaero nomen=mirakel ; pars=a
index pars=: index[ursachen, :u] ; modus=numeru s ;
pars= : index [motive , : motiv] ; modus=numerus
finis
arheit augen erscheint 1 mal .
arheit glieder erscheint 4 mal .
arheit innere erscheint 1 mal.
arbeit kopf erscheint 2 mal .
arbeit lahm erscheint 1 mal .
arheit schutz erscheint 4 mal .
arheit tod erscheint 2 mal .
arbeit erscheint 13 mal .
aufsieht kopf erscheint 2 mal .
aufsieht schutz erscheint 3 mal .
aufsieht tod erscheint 2 mal .
aufsieht erscheint 7 mal .
gehurt augen erscheint 1 mal .
gehurt gehurt erscheint 1 mal .
gehurt geschvuer erscheint 1 mal .
Beü ie/e 73
2. Waren von bestimmten Krankheit in stärkerem Maß Männer, Frauen oder Kinder
betroffen?
quaero nomen=mirakel;pars=p
index pars= : sex;modus=numerus ;
pars=avus [1] : index[motive , :motiv] ;modus=numerus
finis
Kind augen erscheint 1 mal.
Kind geschwuer erscheint 1 mal.
Kind innere erscheint 1 mal.
Kind kopf erscheint 1 mal .
Kind krank erscheint 1 mal .
Kind lahm erscheint 3 mal .
Kind mental erscheint 2 mal .
Kind schutz erscheint 1 mal.
Kind tod erscheint 1 mal .
Kind erscheint 13 mal. · t
männlich erscheint 2 mal.
männlich augen erscheint 9 mal.
männlich geschvuer erscheint 9 mal.
männlich glieder erscheint 45 mal .
männlich infekt erscheint 16 mal .
männlich innere erscheint 19 mal .
männlich kopf erscheint 16 mal .
männlich krank erscheint 28 mal.
männlich lahm erscheint 1 6 mal.
männlich mental erscheint 24 mal .
männlich schutz erscheint 23 mal .
männlich taubstumm erscheint 7 mal .
männlich tod erscheint 5 mal .
männlich erscheint 219 mal .
männlich, Gruppe schutz erscheint 1 nal .
männlich, Gruppe erscheint 1 mal .
männlich, Jugendliche (r) augen erscheint 3 mal .
männlich, Jugendliche (r) geschwuer erscheint 1 mal .
männlich, Jugendliche (r) glieder erscheint 5 mal .
männlich, Jugendliche (r) infekt erscheint 1 mal .
männlich , Jugendliche(r) innere erscheint 4 mal .
männlich, Jugendliche (r) kopf erscheint 1 mal .
männlich, Jugendliche (r) krank erscheint 5 mal.
männlich , Jugendliche (r) lahm erscheint 5 mal .
74 Anhcm
3. Bei welchen Krankheiten wird die Art der Behandlung genannt?
quaero nomen=mirakel ; pars=a :behandlung= non nullus
scribe pars= : index[motive , : motiv] , :behandlung
finis
glieder
Dokument (4 = „d-4“)
mögen
innere
behandlung weder Bader noch Artzt hailen
Dokument (7 = „d-7“) : behandlung welches mit der Zeit also
zugenommen, daß sich kein Medicus solches zuheilen understehen
woellen, sonder es für ein Waydbrüchl gehalten. Und derowegen die
Mutter mit dem Kind an den Schnittartzt gewisen, welchen aber die
Fraw auß Muetterlichem Mitleyden nicht folgen sonder andere Mittl
gebrauchen woellen .
geschwuer
Dokument (8 = „d-8“) behandlung welches die zu dergleichen
fällen geschworne Frawen für Bockstern geschätzt, unnd wegen der
j ugendt deß Kindts nicht gebrauchen wöllen, derowegen die Muetter
bey den Medicos Rath und Huelff (wiewolen ohne frucht) gesucht ,
krank
Dokument ( 1 1 = „d- 1 1 “ ) : behandlung vil Menschliche mittl
(welche doch nichts gewürckt) versucht
krank
lahm
Dokument ( 1 5 = „d-15“)
rath vil versucht
innere
behandlung der Medicorum huelff und
Dokument (38 = „d-38“) behandlung Derovagen die Eltern ihne
ein gantzes Jahr bey einem Bader gehabt , welcher den Knaben zu
curiern sich underfangen : Alß er aber nichts außgericht , sonder
der schmerzten vilmehr zugenommen . . .
innere
Dokument (58 = „d-58“) behandlung Derewegen sie bey einem
Artzt zu Augspurg raht gepflogen, welcher vermeldt es seye mit dem
Knaebl wegen solcher Jugendt nichts anzufangen, uns sie solten ihn
etwan in ein Gottshauß mit einem Opffer, was sie Gott ermahnen
werde, verloben
BeiJ iele 75
4. Welche Votivgaben herrschen bei bestimmten Krankheiten hinsichtlich ihres Materials
und hinsichtlich ihrer äußeren Form vor?
quaero nomen=mirakel; pars=a
index pars= : index [motive, motiv] ;modus=numerus ;
pars=: thesaurus [p/v : votiv,material , votive] ;modus=numerus ;
pars=:thesaurus [ : votiv,form,votive] ;modus=numerus
finis
augen 1 . 000000 0 . 000000 erscheint 21 mal .
augen 1 . 000000 1 . 000000 erscheint 16 mal .
augen 1 . 000000 2 . 000000 erscheint 3 mal .
augen 1 . 000000 4 . 000000 erscheint 1 mal .
augen 1 . 000000 erscheint 41 mal .
augen 2 . 000000 0 . 000000 erscheint 15 mal .
augen 2 . 000000 1 . 000000 erscheint 2 mal .
augen 2 . 000000 3 . 000000 erscheint mal .
augen 2 . 000000 erscheint 18 mal .
augen 3 . 000000 0 . 000000 erscheint mal .
augen 3 . 000000 erscheint 1 mal .
augen 5 . 000000 0 . 000000 erscheint 28 mal .
augen 5 . 000000 1 . 000000 erscheint 6 mal .
augen 5 . 000000 2 . 000000 erscheint 2 mal .
augen 5 . 000000 erscheint 36 mal .
augen 6 . 000000 0 . 000000 erscheint mal .
augen 6 . 000000 4 . 000000 erscheint mal .
augen 6 . 000000 erscheint 2 mal .
augen 7 . 000000 0 . 000000 erscheint 1 mal .
augen 7 . 000000 1 . 000000 erscheint 2 mal .
augen 7 . 000000 erscheint 3 mal .
augen erscheint 102 mal .
gehurt 1 . 000000 0 . 000000 erscheint 7 mal .
gehurt 1 . 000000 1 . 000000 erscheint mal.
gehurt 1 . 000000 4 . 000000 erscheint mal .
gehurt 1 . 000000 erscheint 9 mal.
gehurt 2 . 000000 0 . 000000 erscheint 7 mal .
gehurt 2 . 000000 1 . 000000 erscheint mal .
gehurt 2 . 000000 4 . 000000 erscheint mal .
gehurt 2 . 000000 erscheint 9 mal.
gehurt 3 . 000000 0 . 000000 erscheint 2 mal .
gehurt 3 . 000000 erscheint 2 mal .
gehurt 5 . 000000 0 . 000000 erscheint 10 mal .
76 Anhan
5. Von welchen Personen wurden die Betroffenen bei den einzelnen Gruppen der Motivarten
versprochen?102
quaero nomen•mirakel ;pars=a
index pars= : index[motive, :motiv) ; modus=numerus;
pars=:thesaurus[p/v: votant , systematik, votanten) ;
modus=numerus
finis
augen 1 . 000000 erscheint 26 mal .
augen 5 . 000000 erscheint 21 mal.
augen erscheint 47 mal .
gehurt 1 . 000000 erscheint 4 mal .
gehurt 5 . 000000 erscheint 4 mal .
gehurt erscheint 8 mal .
geschvuer 1 . 000000 erscheint 10 mal .
geschvuer 5 . 000000 erscheint 16 mal .
geschvuer erscheint 26 mal .
glieder 1 . 000000 erscheint 19 mal .
glieder 5 . 000000 erscheint 78 mal .
glieder erscheint 97 mal .
infekt 1 . 000000 erscheint 14 mal .
infekt 4 . 000000 erscheint 2 mal .
infekt 5 . 000000 erscheint 22 mal .
infekt erscheint 38 mal.
innere 1 . 000000 erscheint 34 mal .
innere 5 . 000000 erscheint 27 mal .
innere erscheint 61 mal .
kopf 1 . 000000 erscheint 20 mal.
kopf 3 . 000000 erscheint 1 mal .
kopf 4 . 000000 erscheint 1 mal.
kopf 5 . 000000 erscheint 22 mal .
kopf erscheint 44 mal .
krank 1 . 000000 erscheint 31 mal.
krank 4 . 000000 erscheint 2 mal .
krank 5 . 000000 erscheint 40 mal .
krank 9 9 . 000000 erscheint 1 mal .
krank erscheint 74 mal .
102 Die Zahlenwerte des Votanten-Thesaurus entsprechen: 1 = Familienmitglieder; 2 = Nachbarn;
3 = Personen, die in Verbindung mit der Arbeit des Betroffenen stehen; 4 = andere Personen;
5 = selbst; 99 = unklar.
Bei.s iele 77
6. Bei welchen Motivarten wurden besondere Erschwernisse bzw. BuBformen auf dem
Weg zum Wallfahrtsort versprochen und in welcher Form traten diese auf?
quaero nomen=mirakel ; pars=a
index pars= : index [motive, :motiv] ;modus=numerus;
pars=p/v : art ;modus=numerus
finis
augen erscheint 43 mal.
geburt erscheint 8 mal.
geschwuer erscheint 25 mal .
glieder erscheint 99 mal .
glieder an zwo Krucken neun Tag von Dinglfing biß hieher . . . so
dreytzehen Meil wegs von ain ander ligen, gangen erscheint 1 mal .
glieder zwaymal an der Krucken elendigklich mit beschverden gen
Opfer gehuncken erscheint 1 mal .
glieder erscheint 101 mal .
infekt erscheint 35 mal.
infekt Kreuzgang erscheint 2 mal .
infekt erscheint 37 mal .
innere erscheint 55 mal .
innere Creutzweiß und bloß auch dreynal umb den Altar auff blossen
Knien erscheint 1 mal .
innere Wasser und Brot erscheint 2 mal .
innere vullen und Baarfuß erscheint 1 mal.
innere erscheint 59 mal.
kopf erscheint 49 mal .
kopf auff blossen Knien umb seine Altar erscheint 1 mal .
kopf auff blossen Knyen nach iren krefft und vermögen erscheint 1 mal .
kopf neunmal auff blossen Knien umb seinen Altar erscheint 1 mal .
kopf erscheint 52 mal .
krank erscheint 71 mal .
krank im Hemmet hinein zugehen erscheint 1 mal .
krank kreuzweiß erscheint 1 mal .
krank Wasser und Brot erscheint 2 mal .
krank erscheint 75 mal .
lahm erscheint 55 mal.
lahm auf Krücken erscheint 1 mal .
lahm auff blossen Knyen 3 mahl umb‘ s . Bennonis Altar erscheint 1
mal.
lahm Wasser und Brot erscheint 1 mal.
lahm erscheint 58 mal .
78 Anhan
7. Welche Personen führten bei den einzelnen Gruppen der Motivarten die versprochene
Wallfahrt tatsächlich aus?103
quaero nomen=mirakel ; pars=a
index pars= : index[motive, :motiv] ;modus=numerus;
pars = :thesaurus[p/v : ausfuehrender , systematik, ausfueh] ;
modus=numerus
finis
augen 1 . 000000
augen 2 . 000000
augen 5 . 000000
augen erscheint
geburt 1 . 000000
geburt 4 . 000000
erscheint 23 mal .
erscheint 4 mal .
erscheint 34 mal .
6 1 mal .
erscheint 4 mal .
erscheint 2 mal .
geburt 5 . 000000 erscheint 3 mal .
geburt 4 1 . 000000 erscheint 1 mal .
geburt erscheint 10 mal.
geschvuer 1 . 000000 erscheint 11 mal.
geschvuer 5 . 000000 erscheint 20 mal .
geschvuer 4 1 . 000000 erscheint mal.
geschvuer erscheint 32 mal.
glieder 1 . 000000 erscheint 26 mal.
glieder 4 . 000000 erscheint 2 mal .
glieder 5 . 000000 erscheint 81 mal .
glieder 41 . 000000 erscheint 6 mal .
glieder erscheint 1 1 5 mal.
infekt 1 . 000000 erscheint 8 mal .
infekt 2 . 000000 erscheint 1 mal .
infekt 4 . 000000 erscheint 2 mal .
infekt 5 . 000000 erscheint 28 mal .
infekt 4 1 . 000000 erscheint 2 mal.
infekt erscheint 41 mal.
innere 1 . 000000 erscheint 26 mal .
innere 5 . 000000 erscheint 41 mal .
innere 4 1 . 000000 erscheint 2 mal .
innere erscheint 69 mal .
kopf 1 . 000000 erscheint 20 mal .
103 Die Zahlenwerte des Thesaurus der Ausführenden entsprechen: 1 = Familienmitglieder; 2 =
Nachbarn; 3 = Personen, die in Verbindung mit der Arbeit des Betroffenen stehen; 4 = andere
Personen; 5 = selbst; 6 = die Durchführung der Wallfahrt wird durch ein Dokument belegt; 4 1 =
ein zu diesem Zweck aufgenommener Stellvertreter; 99 = unklar.
Litergtyrverzeichnü 79
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Register
Belegstellenliste 62ff.
ca.sus-Befehl 54
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Re i.ster
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Objekt, logisches 41, 56, 68, s. auch itemBe/
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Mehrfacheintragung 39f., 62f.
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Anhan