Kunstwerke
entstehen und existieren nicht losgelöst von ihrer
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SCHRIFTQUELLEN ALS DOKUMENTE FÜR DIE BEDEUTUNG DES KUNSTWERKES IN DER ALLTAGSSITUATION
DES MITTELALTERLICHEN MENSCHEN
*
Versuch einer Darstellung
Elisabeth Vavra
UmYelt, �le sie uns heute oft in Museen oder bei Ausstellungen
begegnen, sondern sie sind ein Produkt bestimmter historfscher Konfigurationen, Konfigurationen, die künstlerischer und außer künstlerischer Natur sind. Ihr Entstehen begr�ndet sich auf dem vitalen hediirfnls eines Auftraggebers, es kann dies eine Einzel
person, eine Gruppe
Kun�tYerk bestimmte
bestimmen mit Inhalt und form des Werkes. für das
Yiederum ist ein Ausführender notYendlg, der Imstande
die W�nsche des Auftraggebers zu befriedigen. Auch
nennen wir Ihn der Einfachheit halber Künstler, ohne Problematik der Verwendbarkeit des Begriffes „Künstler• Im Mit telalter einzugehen – arbeitet nicht Im und aus dem luftleeren Raum. Er selbst ist J�hangfg von seinen Auftraggebern, abhängig von den Organisationsformen sowie Kontrollmechanismen des Kunst betriebes, abhängig von der künstlerischen Tradition, in der er steht und die Ihm durch die Ausbildung vermittelt wurde, und schileUlieh .lbhängig von den tecnnischen Möglichkeiten, die ihm zur Lelt seiner Tätigkelt zur Verfügung stehen. Aufgrund der Verknüpfung dieser Bedingtheften entsteht dann ein ganz bestimm tes KunstYerk, das nur zu �!�2�m Zeitpunkt, unter �!!2�D Bedin gungen entstehen kann. KunstYerke können 5omlt auch als Produkte der UmYelt ihres Entstehens aufgelaßt werden und sind damit gleichzeitig Quellen für diese UmYelt. Auch in den erhaltenen Schriftquellen können nun diese Bedlngtheiten Ihren Niederschlag finden.
oder Gemeinschaft sein.
Funktionen zu erfüllen.
für diese hat das
schl�sse auf die Verluste, mit denen wir zu rechnen (1). Oie etwa in Stadtrechnungen angeführten Ausgaben Beschaftlgung einzelner Künstler geben un5 Aufschluß
haben, zu für die darüber,
wieweit und auf welchem Gebiet eine Stadtgemeinde bereit war, f�r �ünstlerische ZYecke Geld auszugeben. Aufschlußreich sind in
diesem fall geschlossene folgen von Rechnungsbüchern,
neben Name des ausführenden Meister� und Höhe des
Betrages auch die geleistete Arbeit beschrieben wird,
den Rechnungen der Stadt Base 1 ( 2). rest oente entha 1 ten neben Auf:Jhlungen der vermachten Güter oft auch Begründungen dafür,
Diese
Funktionen
Entstehen sein muß, dieser
auf ·die
Die Quellengattung, die wohl am häufigsten KunstYerke
die aber blswei.len auch am kärglichsten Auskunft glbt
uns interessierenden Faktoren, die zur Entstehung eines
kes geführt haben, bzw. über die Funktionen, die es ursprünglich zu erf�llen hatte, Ist die Gruppe der i[fbiY�li2Sb�n Qy�!!�n. wie Urkunden, Testamente, Wirtschaftsauf:eichnungen ( z.B. Inventare, Rechnu�gsbücher) etc. Immerhin liefern sie uns aber ein anschau lich�s Bild des ehemals erhaltenen Bestandes und lassen Rück
erwähnt, über die Kunstwer
in denen geleisteten so etwa ln
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warum eine �tiftung gemacht wird, und oft auch genaue Bes(hrei bungen der hinterlassenen Gegenst�nde. Als Beispiel sei hier nur ein Absatz au� dem festament des Petrus Grillinger, Pfarrer zu Marlapfarr Im Lungau, Chorherr des Augustinerchorherrenstiftes St. Bartholom�us in �riesach und �ammermeister des Erzbistums Salzburg angeführt, der seiner Pfarrkirche diverse Kleinodien aus seinem Besitz vermacht: „da ich betracht han, das das czeitlich und czergenckleich leben hlr auf erdreich gegen dem ewigen leben nichts zu sche(zen Ist, und da ainem yeden menschen nach seinem tod nicht meer zu hallwertikaitt seiner seele nachvolgt dann guete werch, die er hye auf erdreich valbracht hat“ (l). Im Anschluß an diese Begründung zählt er die einzelnen Gegenstände auf und beschteibt sie detailliert.
In den Bereich der Urkunden gehbren auch die Verträge, die zwi schen Auftraggeber und Ausführenden abgeschlossen wurden und die die Einflußnahme des Auftraggebers auf den Ausführenden wider spiegeln. Sie geben Einblick in die Wünsche des Auftraggeber5 bezüglich die Gestaltung des Werkes. Neben Verelnparungen be treffend Liefertermln, Zahlungskonditionen etc. finden sich auch Angaben, die die Qualität der zu verwendenden Materfalten betref fen, und Ausführungen liber den Darstellungslnhalt des Werke�. Als Belspiel dafür ein Vertrag, der zwischen Marx Oolger, Maler in
Straßburg und dem Rat der Stadt Oberehnheim 1457
wurde: „Zu Yißendt, da� Ich Marxe, der maler, ein
Straßpurgk uf hute datum, den ersamen meister und rate zu Obern Ehenhelm verdinget han ein nuwe tafel mit zweyen uffganden fetti chen zu machen, in Ire lutkirchen uff den frone altare, und sol die ge aht Yerden in solleher lengde und hohe, ouch mit sollchen bilden, dar zu golde farwen und alle� unterscheide, als das dann alles eigentlich hlenach vertzefchnet und begriffen Ist.“ Zu der Ausführung des Altarschreines und der Flügel wird dann die Größe
vermerkt und das ikonographische Programm: •und sol mitten in der kafftzen �tln ein crucfflx und ein Marla und Johannes, ouch Petrus und Paulus und Johannes baptlsta und Sant Michel, und däs sollent alles gute ge�chnltten bilde sln… Item der fuße under der kafftzen sol eyner elen hoch sin, doran sollent unser heregot und die zwolfbotten gemalet werden mit Iren angesichten, … Item die fettiche sollent lnwenig flache gemalet und ouch der boden mit golde ge aht werden, und uff der rechten siten sollent stan Sant Steffan, Sant Lorentz, Sant Sebastlan, Sant Anthonius, Sant Martln, so vi I dann nach rechter I idemaß doran gestan 1T1ugent, und uff der linc�en slten sollent desglichen euch sten Sant Katherln, Sant Barbara, Maria Magdalena, Margaretha, Dorothea, Otilfa, Lucla. Item u�wenig an den fettichen sol die feldungen von farben sin gemaht, und sol an eym teile stan Sant Peters sterben und an dem andern teile �ant Paulus sterben, belde mit gulden dyademen. • Oie weiteren Passagen beziehen sich auf die Verpflichtungen, die der Künstler hinsichtlich der zu verwendenden Materlallen ein
g ht;
er venichert, daß „alles mit fynem golde“, da6 die gemal
feile „von grunt• holtze
schöner olefarwen ge aht werden•, daß
er Teile
ten
guten
gutem
usw.
über die Hohe des Lohnes und der Art und Weise der Ausbezahlung desselben (4). Vertraglich festgehalten werden freilich auch Vereinbarungen :�Ischen stiftender und beg�nstigter Person. Hier kbnnen wieder Grunde und Funktion der Stiftung, aber auch persbn-
machen wird, daß er die geschnitzten
und mit guter Oie weiteren Artikel
lidemaßen‘ anfertigen des Vertrages betreffen
las�en
geschlo�sen burger zu
„einen „von werde Abmachungen
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liehe linsteliung zum ge�tifteten Objekt zum Ausdruck gebracht werden. Wenn z. B. Andreas Stoß, Prior des Karmeliterklosters und Stifter eines Altares in dieses, Im Annlver�arium desselben Klo ster� festhält, wie dieser Altar zu behandeln ist, so spiegelt diese Quelle nicht nur die Wünsche des Stifters, sondern auch die des a u sführenden Künstlers, seines Vaters, wider (5).
Im Bereich der Qr�n�D9!D sind es vor allem ab dem Spätmittelalter die da5 Zunftwesen betreffenden QuelJen, die zur angesprochenen Problematik herangezogen werden m�ssen; sie geben Einblick tn die Organisation des Kunstbetrtebes. Sie Informieren uns über die mögliche Größe eines Handwerksbetriebes, über die Vorschriften
·bez�gllch der Ausbildung, über die Abgrenzung der einzelnen Ge- werbezwelge etc. ( 6 ) . In den Bereich der Ordnungen sind etwa aber auch Quellen aus dem kirchlichen Bereich anzusiedeln, wie z.B. Mesnerpfltchtbücher, die zumeist genaue Aufstellungen über die Anzahl der vorhandenen Altären, die jeweiligen Meßstlftungen und über die für die Altäre bestimmten Kunstwerke enthalten ( 7 ) . Ste geben auch Aufschluß über die Verwendung bestimmter Kunstwerke innerhalb der Liturgie, so etwa über die Aufstellung des Heiltgen Grabes am Karfreitag, der Aufrichtung von Kruzifixen und wie deren Abnahme zu erfolgen hat und beleuchten somit die Funktion, die die Kunstwerke für den mittelalterlichen Menschen innerhalb der Liturgie zu erfüllen hatten (8).
Eng mit dem Werkstattbetrieb verknüpft Ist das Entstehen einer Gruppe schriftlicher Quellen, die ���bli�b�� Wissen vermitteln will. Dazu gehören Malerhandbücher, Bauhüttenbücher, Rezepturen über Farbherstellung usw. (9) .
Auch �r�lbl�D�� QY!ll!D können interessante Aufschlüsse zu be stimmten Fragekomplexen liefern. Historiographische Schriften, wie Chroniken etc. , liefern zumeist nur bloße Erwähnungen von Kunstwerken, sie belegen uns aber, daß Kunstwerke ln einem histo rischen Zusammenhang entstehen. So berichtet bereits Gregor von Tours in seiner Historia franeorum über die Kirchenneubauten und die Ausstattung derselben während der Merowingerzelt. Er schil d�rt z.B. wie die Gemahlin des Bischofs Namatlus ln der Vorstadt die Kirche des hl. Stephanus errichten läßt. „und da sie diese mit bunten Farben ausmalen lassen wollte, nahm sie selbst ein Buch auf ihren Schoß, las eine ältere Darstellung seines Lebens und gab den Malern an, was sie auf den Wänden darstellen sollten
(10). Wenn dieser Bericht auch vermutlich Fiktion ist, so zeigt er doch, welch regen Anteil man an der Entstehung eines Kunstwer kes nahm. Interessant sind historfegraphische Quellen, wenn sie Leben und Werk von Künstlerpersönlichkelten zum Inhalt haben, oder autobiographische Züge tragen, wie etwa die Familienchronik Albrecht D�rers (1 1) . In diesen Bereich sind auch Briefsammlungen anzusiedeln, die biswellen persönlichste Reflexe auf Kunstwerke widerspiegeln. Ein Belspiel hierfür sind die Briefe der Margarete Ebner an Heinrich von Nördllngen, in denen sie auch Kunstwerke erwähnt‘ die �ie besitzt bzw. die sie als Geschenk erhalten hat. In den Offenbarungen“ schildert sfe den Umgang mit diesen Kunst werken, hier am Beispiel eines Christkindes und einer Christkind wiege, . die sie von Heinrich von Nördllogen al� Geschenk erhalten hatte: • . . und von dem kfnde wart mir alnes nahtez geben, daz Ich ez sach in der wiegen spilen mit frbden und fuor vast mit Im selber. do sprach Ich zuo lme: ‚war umb bist du nlt zühtlg und
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last mich nit schlaffen? nun han ich dich wol geiet‘. Jo sprach daz kfnt: ‚ich wil dich nit !an schi.:1Uen, du muost mich zuo dir nemen‘. azo nam ich ez mit begirden und mit fröden uz der wiegen und stalte ez uf mln schosse. do was ez aln liplich �int. do sprach feh: ‚ üs� micto, so wll icto Jazzen varn, d.n du mi0• geunruowet hast‘. do fiel ez umb mich mit sinen armen und hiels
mich und kus�et mich
Auch Qifb��ng kann uns wertvolle Aufschlüsse liefern. Sie spie gelt uns zumeist „unmittelbare Erfahrung von Kunst• (13), Indem sie über Existenz und Reaktionen auf Kunstwerke berichtet. Solche Reflexe können freilich ganz unterschiedli_ cher Art und Qualität sein. In den Bereich der religiö�en Dichtung gehören Legenden sammlungen, die z.B. Berichte von wundertätigen Bildwerken �nt halten, Berichte, die sich zumeist auf die Schilderung des Wun ders an sieh, der Hintergründe, dle dazu fiihrten, und der Auswir kungen be�chr�nken. So erzählt etwa Bernardus Andegauensi im Llber mlraculorum Sancte Ffdfs über die zum Standbild der Heili gen strömenden Menschen anläßlich einer Prozession: „Auf dem Wege muiHen sie den berühmten Flecken Millau berühren. Aber 5fe wichen ihm aus, errichteten Zelte auf einer Wiese und stellten ehr fürchti das heilige Bild mitten in das Zeltlager unter einen Baldach n. Kaum war dies geschehen, drängten voll unermeßlicher Freude die Bewohner des Fleckens heran; auf nackten Füßen eilten sie herbei, um der großen Heiligen Ehre zu erweisen…“; der Autor lehnt aber diesen Brauch und die Verehrung des Bildes als heidnischen Götzenkult ab: „Ich fand es schlechthin unvernünftig und töricht, daß so viele Menschen zu einem stummen und fühllosen
• ( 1 4 ) . I n diesen Zitaten wird nicht das Kunstwerk an sich beschrieben, sondern seine Wirkung auf Menschen, eine Wirkung freilich, die es aufgrund seiner Funktfon als Kultbild ausübt, nicht aufgrund seiner Existenz als Kunstwerk ( 1 5 ) . Kunstwerke werden in solchen Legendenberichten oft lebendig, beginnen zu sprechen oder erscheinen Menschen, um sie zu be stimmten Handlungen zu veranlassen. Mehrfach werden etwa im Dia logus Miraculorum des Caesarius von Helsterbach wundertätige Kunstwerke erwähnt. An einer Stelle ist es ein Kruzifix in der Kölner St. Georgskirche, das besondere Verehrung genießt: •zu Kollen in der kfrchen sand Gorgen ist ein chreucz von gesmeid gemacht ln gestalt des gemarterten unsers haylands Chri�ti, da durch vi 1 wunderzaichen und gesunthait prechenhaffter menschen geschehen sind… Der glokner und mesner derselben kfrchen was in solleher grobi�att und roher gewissen das demselben heyligen chreucz chain er noch wird erpot und gewondleich, so wolt des nachts zu pett gee�, so nam er dann die prynnenden kerczen von den kerczsta 1 en… und wenndet dIe tn se t nem nucz… EInes nachtes als er sich gelegt hett an sein pettstat und dannoch wochte, do kam dasselbe crucffiÄ fur in und strafft ln mit scharpfen warten und stossen, das r davon kranck ward…. “ ( 16).
Reaktionen auf die Existenz von Kunstwerken schildern auch Dich tungen, wie der in der Reformation entstandene Dialog „Neu Karsthans•, in dem der Bilderschmuck fn den Kirchen verurteilt wird wird, da er negative Au�wirkungen auf den Gläubigen besitzt: „Fürwar, do ich ein jüngling wa�, wann man in kirchen uff den orgelen pfiff, gelustet, mich zu dantzen. Und wann Ich hort singen, ward ich im fletsch aber nit im geist bewegt. Hett auch offt böse gedancken in anschauwung der fräwlichen bildungen auff
.
.. „(12)
Ding beteten
..
de� altaren. Dann kein bulerin mag sich üppigklicher oder un schamhafftigklicher becleiden oder zieren, dann $ie yetzund die
mutter gotte5,
formieren. • (17)
sant Barbaram, katherinam und andere heiligen
kritik am Kunstwerk findet sich aber nicht nur in Quellen aus der Zeit des Bildersturmes. Positive und negative Reaktionen auf die künstlerische Ausstattung von kirchlichen Bauwerken, auf dfe Art und Weise der bi 1 dllchen Darstellung des Hei1 sgeschehens finden sich wahrend des gesamten Mittelalters Im �Q�QlQ9!��b�D
so etwa z.B. in den Werken des Bernhard von Clair vaux. Dieser wendet sich in seiner Apologia ad Guillelmum abba tem s. Theoderici gegen dfe prunkvolle Ausstattung der Kirchen mit Kunstwerken: „Ich übergehe die ungeheure Höhe der Kirchen, ihre maßlose Länge, ihre überflü�sige Breite, dfe aufwendigen Verzierungen, die zur Neugier reizenden Malereien, dfe den Blick der Andächtigen auf sich ziehen und sfe von frommer Sammlung abhalten… Das allerprächtigste Bild eines Heiligen oder einer Heiligen wird gezeigt und gilt f�r um so heiliger, je farbiger es ist. Da laufen dfe Leute herbei, um es zu küssen. Sfe werden zu Schenkungen veranlaßt, ·und mehr wird das Schöne bewundert als das
��br!f��Y i
(18). Rupert von Deutz dagegen verteidigt fn seiner Schrift „Oe divlnis officiis“ die Anwendung von prachtvol lem Schmuck mit theologischen Argumenten: „Wenn auch das innere göttliche Prinzip der auf dem Altar zelebrierten Messe unaufhör lichen Glanz ausstrahlt, so ist doch deren äußerer Kultus, was die heiligen Gefäße, die Ausstattung des Altars und der ihn Bedienenden betrifft, zwar Immer heilig, aber doch je nach der Bedeutung des Tages zu gewissen Zeiten glänzender. Am Festtag glänzt der Gottesdienst von Gold, Silber und kostbaren Steinen, je nach der Leistungsfähigkelt der Gläubigen, und wenn diese Dinge in weltlicher Hinsicht Zierden sind, so sind sie in kirch licher und göttlicher Hinsicht Spenden der Frömmigkeit. Nicht weil Gott mehr durch goldene als durch gewöhnliche, mehr durch
edelsteingeschmückte als durch kahle Gegenstände erfreut wird, sondern wei1 die Menschen, wenn sie sich von dem, was sie schät zen, trennen, um es Gott aus Liebe zu ihm freudig hinzugeben, diesem etwas Kostbares,· was es auch sein möge, darbringen. Denn 5ie lieben das Gold, das vor alle die Begehrlichkeit des Flei sches und der Au en anreizt. Wenn sie dieses also Gott, der dessen nicht bedar , darbringen…, tun sie damit zweifellos ein heiliges und Gott gefälliges Werk.“ (19) Obwohl das Bild das Bild bei der Glaubensvermittlung wichtige Funktionen als Informations trager zu erfüllen hatte, so umstritten waren besondere Ausfor muogen der Ikonographie, die zwar einer besonderen Verschau lichung eines bestimmten Themas dienten, aber durch keine theolo gische Schrift begründet waren. Antoninus, Bischof von Florenz
Heilige verehrt..
•
zwischen 1446 und 1459, widmet einen kurzen Abschnitt
„Summa Theolog l c a • den Malern: „Die Maler sind zu tadeln, wenn sie die Dinge im Gegensatz zu unserem Glauben malen – wenn sie
die Dreieinigkeit als eine Person mit drei Köpfen darstellen, als en Monstrumi oder wenn sie bei Marlä Verkündigung ein kleines Kind, .Jesus, im Leib der Jungfrau darstellen, so als wäre der körper, den er annahm, nicht von ihrem Fleisch und Blut geweseni oder wenn sie das Jesuskind mit einer Fibel malen, obwohl es nie von Menschen gelernt hat. Sie sind auch nicht zu rühmen, wenn sie apokryphe Themen malen, wie Hebammen bei Geburt Christi oder die Jungfrau Maria bei ihrer Himmelfahrt, wie sie dem hl. Thomas
seiner
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ihren Gurtel hinabreicht . . . Auch Absonderlichkeiten in dit �� schichte der Heiligen und in �irchen zu malen, Dinge, die nicht
dazu die••en, And�cht herv0rzurufen,
Gedanken. .. �olches erachte ich als
Theologische Schritten und religiose
uns �ber auch den geistigen Hintergrund, vor dem die religibsen Kunstwer�e entstanden sind. Ohne Ihre Zuhilfenahme ist es ort nicht moglich, die dargestellten Gegenstjnde in ihrem Symbolge halt zu erkennen und zu deuten.
Schriftquellen vermitteln uns Belege für die Existenz von kunst werken, für die Gründe, die zu deren Entstehen geführt haben, für die Funktion, die diese zu erfullen hatten, und für die Umstande, unter denen das Kunstwerk entstanden und der Kunstschaffende tätig war; sie ermöglIehen oft erst eine Klärung des dargestell ten Inhalts; sie geben uns die Unterlagen an die Hand, die not wendig sind, um ein Kunstwerk alsQuelle oder auch als Gegenstand der Sachkultur zu Interpretieren, indem sie es möglich machen, zumindest auf einigen Gebieten den verlorengegangenen hi$to rlschen Konnex wlederherzustellen.
• Der in der Vorschau angekündigte Beitrag „Das Kunstwerk Produkt und Ausdruck seiner historischen Bedingtheit“ kann aus
sondern belachter und eitle unnbtig und eit�l. „(20) Erbauungs! iteratur liefern
technischen Gründen nicht erscheinen. Der
einem späteren Heft. Oie hier vorliegende
vollständige Darstellung der zur Verfügung
lichen Quellen bieten, sondern will an der aus der Geschichtsfor schung her bekannten Quellensystematisierung zeigen, welche Aus sagen man von den verschiedenen Typen schriftlicher Quellen be züglich der angeschnltte�en Problematik erwarten kann. Die Bi bliographie ist aus Platzgründen auf den Nachwels der jeweils zitierten QuelJenbelspiele beschränkt und bringt Hinwelse auf die neuesten Publikationen zu dem jeweiligen Themenkrels. Oberbllcks artlge Darstellungen von auf Kunstwerken bezogenen Texte finden sich etwa bei E.f. van der Grlnten, Elements of Art Historio graphy ln Medieval Texts. Den Haag 1969; Ellzabeth Gilmore Holt, A Documentary History of Art. 1. The Mlddle Ages and the Re naissance. ND Princeton 1981; Otto Lehmann-Brockhaus, Schrift
quellen zur Kunstgeschichte des 11. und 12. Jahrhunderts Deutschland. Berlin 1938; ders., Lateinische Schriftquellen Kunst in England, Wales und Schottland vom Jahr� 901 bis
Jahre 1307. München 1955-1960; neuere Arbeiten, die im besonderen Maße Schriftquellen berücksichtigen sind Martin Warnke, Bau und Oberbau. Soziologie der mittelalterlichen Architektur nach den
Schrlftquel len.
chael Baxandal 1 ,
rung 1m Italien
Limewood Sculptors of Renaissance Germany. New Haven – London 1980 und Han� Belting, Das Bild und sein Publikum Im Mittelalter. form und fun�tion früher Bildtafeln der Passion. Berlln 1981.
Frankfurt 1976 sowie die Publikationen von Mi Die Wirklichkelt der Bilder. Malerei und Erfah des 15. Jahrhunderts. Frankfurt 1977 und The
(1) Vgl. et�a zu Werken der Goldschmiedekunst: Johann Michael fritz, Goldschmiedekunst der Gotik in Mitteleuropa, M�n-
Abdruck erfolgt in
Arbeit will keine stehenden schrift
für z u r zum
– 11 –
chen 1982, 34ff.
(3) Oie Stiftungsurkunde zitiert nach: Franz Wagner, Gold schmiedekunst, in: Spätgotik in Salzburg. Skulptur und Kunstge werbe 1400-1530 (Salzburger Museum Carolino Augusteum Museums schrift 21) Salzburg 1976, 75.
(5) “ ruder Andreas Stoß aus Krakau (gebürtig), Doktor der Rechte und Prior dieses Klosters, ließ durch seinen Vater, Mei ster Veit Stoß, die Tafel im Chor mit einem neuen Antlitz schmücken 1523. Kein Prior soll sie leichthin mit Farbe bemalen lassen. Den Grund dafür werden ihm alle kunstverständigen Meister dieses Zweiges sagen können. Oie Tafel soll nur geöffnet werden an Weihnachten, Ostern und Pfingsten mit den zwei folgenden Tagen, an Himmelfahrt, Dreifaltigkeitsfest, Allerheiligen, Er scheinungsfest des Herrn, Fronleichnam, Kirchweih und an allen Festen der seligen Jungfrau Maria. Am gleichen Tage soll sie unmittelbar nach der zweiten Vesper wieder geschlossen werden. Zweimal im Jahr soll sie gereinigt werden. Und es sollen keine großen Kerzen auf den Altar gestellt werden‘ wegen des Rauches…• nach Reinhold Schaffer, Zur Frage der Bemalung von Schnitzwerken, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 28
(2) Vgl. dazu Hans Rott, Quellen und Forschungen zur südwestdeutschen und schweizerischen Kunstgeschichte im XV. und XVI. Jahrhundert. III/2: Der Oberrhein. Quellenband. Stuttgart 1936, 127ff.
(4) Der komplette Vertragstext abgedruckt bei Hans Rott, Quellen und Forschungen zur südwestdeutschen und schweizerischen Kunstgeschichte im XV. und XVI. Jahrhundert. III/1: Der Ober rhein. Quellenband. Stuttgart 1936, 318f. Zu Künstlerverträgen siehe auch Michael Baxandall, Oie Wirklichkeit der Bilder. Male rei und Erfahrung im Italien des 15. Jahrhunderts. Frankfurt 1977, S. 12ff sowie Hannelore Glasser, Artists‘ Contracts of the Early Renaissance (Outstanding dissertations in the fine arts) New York 1977.
(1928) 358ff; vgl. dazu auch Veit Stoß in Nürnberg. Werke des Meisters und seiner Schule in Nürnberg und Umgebung. München 1983, 333..
(6) In diesem Zusammenhang kann auf die ausführlichen Li teraturangaben bei dem Beitrag von Hanfred Tripps in diesem Heft verwiesen werden; als E r änzung dazu noch: Baxandall, Limewood Sculptors (bes. Kapitel V und Fritz, Goldsch�iedekunst (beson ders die Kapitel •von den oldsch ieden und ihrem Handwerk“ und •swas die goltsmid machent“).
(7) Vgl. etwa: Albert Gümbel, Das Mesnerpflichtbuch von St.
Sebald in Nürnberg vom Jahre 1462. München 1929.
(8) Ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf die Verwen dung von Kruzifixen mit schwenkbaren Armen. Das Bedürfnis nach einer lebendigen Gestaltung der Liturgie hat hier einen neuen ikonographischen Typus geschaffen; vgl. dazu Kolumban Gschwend, Oie Oepositio und Elevatio Crucis im Raum der alten Diözese Brixen. Sarnen 1965 und Gesine und Johannes Taubert, Mittelalter liche Kruzifixe mit schwenkbaren Armen, in: Zeitschrift des Deut schen Vereins für Kunstwissenschaft 23 (1969) 79-121.
(9) Vgl. dazu u.a. Elke Pauken, Das Steinmetzbuch WG 1572 im Städelschen Kunstinstitut zu Frankfurt am Hain (15. Veröffent lichung der Abteilung Architektur des Kunsthistorischen Instituts der Universität Köln) Köln 1979 mit ausführlicher Bibliographie.
(10) Zitiert nach: Heinrich Lützeler, Kunsterfahrung und Kunstwissenschaft. Systematische und entwicklungsgeschichtliche
ab dem
Caesarius von Llbri VIII
Mlracle Olalogus
– 12 –
Oarstelluny und lio�umentatio11 d s Umg.lngs mit der i ldo:·nJen Kunst. Freiburg 197S, Bd. 1, :J6b
(11) Leider sind aus dem zur Diskussion stehenden Zeitraum nur wenige solcher Belege erhalten. Günstiger dokumentiert l�t h i e r d r i t a l i e n i s c h e R a u n ; . l b e r a u c h d o r t s e t z t d i e f u l l. t J e r · Nachrichten erst ab der Frilhr·enaissance ein. (Iurch das in ItJ i I en bereits �u eintm früheren Zeltpunkt efnset�ende In t e r es � e an der PersönlichLeit des Künstlers wurden mehr Oaten auch �u Künstlern und Kunstwerken des Mittel.liters gesammelt und überlief ert .
(12) Zitat nach Philipp 5trauch, Margaretha Ebner und Hein rich von Nördlingen. Ein Beltrag zur Geschichte der deutschen Mystik. Freiburg 18U2, 90.
(13) U1tzeler, Kunsterfahrung, Bd. 1, 61.
(14) L iitzeler, Kunsterfahrung, .Bd. 1, 50-52.
(15) Besonder·s zahlreich sind solche Erw�hnungen von kunst
werken in Zusammenhang mit Wunderberichten in Sammelwerken, die
12. Jahrhundert entstehen, so etwa Gautier
de Nostre Oame (c . 1220), mlraculorum (1219/23) und oder Vlncent de Beauvals,
de Coincy, Hel sterbach,
Gazette des Beaux-Arts 6, Per. 73 (Paris 1969) 159-170
(16) Karl Drescher (Hrsg. ), Johann Hartliebs Übersetzung des Dialogus Miraculorum von Caesarius von Heisterbach (Deutsche
miraculorum Speculum historlale; vgl. Images and Imaginative De votions. Notes on the Place of Art in medieval private Piety, in:
(1225/26)
dazu auch
S i x t e n Ringbom, Devottonal
Texte des Mittelalters 33) Berlin 1929, 122f.
(17) Nach Baxandall, Llmewood Sculptors 8 8 (18) Zitat in der Übersetzung von Lützeler,
105, Original text bei Jullus von Schl osser, Kunstges c hichte des abendländischen Mittelalters. HlI desheim 1Y76), 266-268.
Kunsterfahrung Quellenbuch zur Wien 1896 (NO
(19) Zitat nach Werner Weisbach, Religiöse Reform und mit telalterliche Kunst, Einsiedeln 1945, 69.
(20) Zitat nach Baxandall, Wirklichkeit der Bilder 58; zu Antoninus: Creighton Gilbert, The Archbishop on the Painters of Florence, 1450, in: The Art Bu l letin 41 (1959) 75- 87.
Anschrift der .•.utorin: Elisabeth Vavra, Institut für mlttelalter liche-Re lie k�nde-österret chs, Körnermarkt 13, A-3500
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QUOTIDIANUM
MEDIUM AEVUM
Krems
1984
newsletter
3
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Ge ruc t i t IJnter· tiltzung der·
Ni ederösterreir.hi chen Landesregierung
Herausgeber: Medi uM Aevu1 Quotidianu1. Gesel lschaft zur Erforschung der MHteri�llen Kultur des Mittelalters, Körner ur t 13, A-3500 reiS, Osterr e i r.h. – für den Inhal t verant wortlich: Uni v. Prof. Dr. Harry Kühnel. – Druck: HTU Irts<·haftshetr-ie Ge .l. b . H., Karl sgasse 16, 1040 len