Einleitung
Holz war und ist ein elementarer Naturrohstoff – selbst heute steigt der jährliche Bedarf weltweit noch immer an. Die Nutzung von Holz hat aber auch eine ausgeprägte kulturhistorische Dimension mit großer zeitlicher Tiefe. So gehört Holz seit über 400.000 Jahren – seit der archäologisch belegten Verwendung
von Werkzeugen und Brennholz – zu den wichtigsten Rohstoffen, die die Menschheit begleitet haben. Holz ist für die Menschheit neben Stein der älteste nachwachsende Rohstoff. Mit Hilfe von Holz wurden auch andere wichtige Rohstoffe (wie Eisen und andere Metalle oder Salz) gewonnen bzw. hergestellt (wie Glas und Ziegel). Seit Urzeiten hat sich die Geschicklichkeit der Menschheit durch die Arbeit mit dem Holz entwickelt. ‚Ötzi‘, die Mumie, die 1991 auf dem Hauslabjoch in einer Höhe von über 3200 Meter gefunden wurde, hatte bei seinen Gerätschaften, die er bei sich trug, 17 Holzarten verwendet. Noch vor wenigen Jahrzehnten wusste jedes Kind, aus welchem Holz Pfeile und Bogen geschnitzt werden mussten und welches Holz die besten Pfeifen lieferte. Jeder Handwerker und jeder Bauer war Experte in Sachen Holz. An manchen Höfen waren die Arbeiten des Bauern durch sein hohes handwerkliches Geschick kaum von denen eines professionellen Handwerkers unterscheidbar. In handwerklichen Berufen, wie dem des Müllers, wurde von den Meistern verlangt, dass sie mit dem Werkstoff Holz fachmännisch umgehen konnten, um Reparaturen selbst durchführen zu können. So wurden auch hölzerne Hilfsmittel der Arbeit normalerweise von den Handwerkern gefertigt, die sie gebrauchten. Vor nicht allzu langer Zeit wurden noch fast alle Gerätschaften aus Holz gefertigt. Josef Blau beschrieb 1917 bereits diesen Prozess des Verlustes von Wissen und Fertigkeiten, der wohl in verschiedenen Regionen unterschiedlich früh begann und unterschiedlich schnell ablief. Eisen und Metalle waren ein Zeichen von Wohlstand und für die ländliche Bevölkerung kaum leistbar. Holz war der Werkstoff, der sich durch seine große Verbreitung und seine verhältnismäßig einfachen Gewinnungs- und Bearbeitungsmöglichkeiten gegenüber anderen Werkstoffen auszeichnete. Die Menschen waren darauf angewiesen, alle Bedarfsfälle mit Holz zu befriedigen. Der Dachstuhl, die Decken, die Blockbauwände, das Geschirr, die Möbel, die Arbeits- und Haushaltsgeräte waren zum größten Teil aus Holz hergestellt. Sogar Gerätschaften, die heute aus Metallen hergestellt werden, wie Maschinenteile, Wellen, Achsen oder Zahnräder wurden aus Holz gefertigt. Maschinen wurden von der Antike bis zum Ende des 18. Jahrhunderts vorwiegend aus Holz gebaut. Darum galt auch der Maschinenbau im 18. Jahrhundert als Zweig der Zimmermannskunst.Unterschiedliche Teile eines Geräts waren dabei diversen Beanspruchungen ausgesetzt – genauso vielfältig war auch die Holzartenauswahl. Alexander Peez erwähnt 1899, dass der Kärntner Bauer noch mindestens zwölf verschiedene Holzarten in seiner Wirtschaft verwendet und Josef Blau zählt gar 27 Holzarten in nur einem böhmischen Hauswesen. Die Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Holzwirtschaft „proHolz Österreich“ listet in ihrer Publikation „Holzspektrum“ 24 heimische, derzeit in Verwendung befindliche bzw. gehandelte Holzarten auf. Verglichen mit der Anzahl an Baum- und Straucharten, die in den heimischen Wäldern wachsen, ist diese Zahl jedoch relativ gering. Hans Peter Ebert beschreibt für Deutschland, dass 6% der Baumarten 80% der Waldfläche einnehmen. In Österreich nehmen allein Fichte und Buche über 60 % der Waldfläche ein.
Da die Verwendbarkeit einer Holzart als Werkstoff neben ihrem Vorkommen und ihrer Verfügbarkeit vor allem von der jeweiligen spezifischen Holzeigenschaft abhängt, ist auch die Gesamtheit aller Holzeigenschaften durch die Anzahl der verfügbaren Holzarten bestimmt. Jede Reduktion der Holzartenvielfalt führt so zu einer Minimierung der potentiellen Eigenschaften des Werkstoffs Holz. Nur durch die Berücksichtigung von Kleinbäumen und Großsträuchern kann das volle technologische Potential des Werkstoffes Holz dargestellt werden. Joachim Radkau
begründet die rezente Reduktion der Anzahl an verwendeten Holzarten damit, dass auf die natürlichen Unterschiede einzelner Baumarten nicht mehr das gleiche Gewicht gelegt wird wie früher. Jede Holzart besitzt spezifische Holzeigenschaften, die sie für den einen oder anderen Anwendungszweck geeignet machen. Die jeweiligen Eigenschaften hängen dabei vom anatomischen und chemischen Aufbau des Holzes, vom Alter des Baumes, vom Stammteil sowie vom Standort des Baumes ab. Dabei ist die Bewertung der jeweiligen Eigenschaft vom konkreten Einsatzzweck abhängig. Die Härte beispielsweise ist eine geschätzte Eigenschaft, wenn das Werkstück abriebfest sein soll. Trotzdem kann man nicht generell behaupten, dass die harten Holzarten die besseren wären. Wünscht man sich gute Bearbeitbarkeit und geringes Eigengewicht, so sind die weichen Holzarten die wertvollen. Es kann angenommen werden, dass in den meisten Fällen nicht nur eine Eigenschaft für die Funktionalität eines hölzernen Werkstücks ausschlaggebend war, sondern die Kombination von zwei oder mehreren Holzeigenschaften. Somit wird man für ein Zahnrad oder eine Wagenachse eine andere Holzart bevorzugen als für die Bildschnitzerei. Josef Blau betont, dass auf den Höfen des Böhmerwaldes jedes Holz nach Herkunft und Eigenschaft unterschieden und für den passenden Gebrauch ausgewählt wurde.Die Holzzeit ist nicht plötzlich zu Ende gegangen, sie blieb in ländlichen, waldreichen Gebieten noch einige Zeit erhalten. So beschrieb Josef Blau um 1917 die Situation im Böhmerwald: „Die alte Wirtschafts- und Arbeitsweise, die lang her vererbten Fertigkeiten, Kenntnisse, Erfahrungen und Zustände und mit ihnen viel nötiges Sprach- und Kulturgut ziehen sich immer höher die Wälder und Berge hinauf.“ Im ländlichen Raum war die Verwendung und Bearbeitung von Holz bis in die jüngste Vergangenheit so selbstverständlich, dass diese Tätigkeit und die zugrundeliegende Technik in manchen kulturgeschichtlichen Literaturwerken gar nicht erwähnt werden. Auch in der heutigen Technikgeschichte wird Holz oft nicht seiner Bedeutung entsprechend behandelt. Hannes Fuchs erwähnt hier das Beispiel der 1990 in New York erschienenen „Encyclopedia of the History of Technology” von Ian McNeil. In der Aufarbeitung der Technikgeschichte bis 1900 wird Holz kaum erwähnt.
Um das bereits verloren gegangene Wissen wieder zu entdecken und zu beschreiben, damit es auch für moderne, zukünftige Anwendungen genutzt werden kann – im Sinne einer nachhaltigen Nutzung des Roh- und Werkstoffes Holz – wurden umfangreiche Projekte durchgeführt. Die Grundidee dieser Arbeiten war durch die folgenden Hypothesen geprägt:
– Das Wissen und die Fertigkeiten um die Holzartenauswahl, Be- und Verarbeitung wurden tradiert und haben sich über lange Zeit akkumuliert: Dies konnte bereits oben beschrieben werden. Für die Handwerkskunst zur Herstellung von Möbeln konnte dies von Franz Colleselli
nachgewiesen werden – die Verbindungstechnik blieb über Jahrhunderte nahezu gleich. Die sehr ähnlichen Beschreibungen der Eigenschaften und der Verwendungen der einzelnen Holzarten in der historischen Literatur belegen dies auch.– Verschiedene Holzarten haben unterschiedliche Eigenschaften und sie wurden ihren Eigenschaften entsprechend eingesetzt: Jede Holzart besitzt spezifische Holzeigenschaften, die sie für den einen oder anderen Anwendungszweck geeignet machen.
Auch dies wurde oben bereits diskutiert.Analyse der historischen Holzartenauswahl
Untersuchungen in Museen
In sechs österreichischen Museen ( Waldbauernmuseum in Gutenstein, Niederösterreich; Österreichisches Freilichtmuseum in Stübing bei Graz, Steiermark; Museum für Volkskultur in Spittal an der Drau, Kärnten; Erstes Kärntner Handwerksmuseum in Baldramsdorf, Kärnten; Landwirtschaftsmuseum im Schloss Stainz, Steiermark und Möbelmuseum in der Probstkeusche in Malta, Kärnten) wurden insgesamt 8985 Objektteile unterschiedlichsten Inventars untersucht. Es konnten insgesamt 48 verschiedene heimische Holzarten nachgewiesen werden (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1 zeigt die Anzahl an Holzartenbestimmungen für die 48 nachgewiesenen Holzarten: Neben den äufigsten (Fichte und Buche) wurde bereits die Haselnuss als Strauch am neunthäufigsten bestimmt. Nur 19 der 48 Holzarten sind der Gruppe der Hauptholzarten zuzuzählen. Es zeigt sich somit ein deutlicher Widerspruch zu den heute gehandelten 24 Holzarten,
aber auch zu den von Josef Blau erwähnten 27 Holzarten auf einem Bauernhof im Böhmerwald.Neben der Holzartenbestimmung wurde eine Abschätzung der Beanspruchung der untersuchten Objektteile vorgenommen. Dies geschah mittels einer Unterteilung in die Bereiche: Festigkeit, Schlagfestigkeit, Härte, Abnützungswiderstand, Reibung, Schlagdämpfung, Spaltbarkeit, Dimensionsstabilität, antibakterielle Eigenschaften und Dauerhaftigkeit. Ziel dieser Zuordnung war die Beschreibung der Holzeigenschaften auf Basis der nachgewiesenen Nutzungen und der damit einhergehenden Belastungen. Die erstellten Abbildungen beschreiben die Häufigkeiten der verschiedenen Holzarten sowie die unterschiedlichen Holzeigenschaften als maßgebliche Faktoren für die Holzartenauswahl. 100 Prozent würde heißen, dass die betreffende Eigenschaft (z.B. Festigkeit) in allen nachgewiesenen Nutzungen dieser Holzart als wichtig erachtet wurde. Abbildung 2 zeigt einen Vergleich dieser Zuordnungen für die heimischen Nadelholzarten. Es ist zu erkennen, dass bei vielen Eigenschaften die Nadelhölzer ähnlich oft ausgewählt wurden. Bei dem Auswahlkriterium Festigkeit wurde jedoch die Fichte wesentlich öfter ausgewählt. Ähnlich stellt sich die Situation bei der Spaltbarkeit und bei der Dimensionsstabilität dar: Hier wurde die Tanne am häufigsten ausgewählt. Die Zuordnungen für die Festigkeit stimmen zum Teil mit den tatsächlichen Messwerten überein. So liegt z.B. die Zugfestigkeit der Fichte (141 MPa) vor jener der Lärche (113 MPa) und der Tanne (88MPa). Nur die Kiefer (182 MPa) schneidet bei den gemessenen Werten wesentlich besser ab als dies bei den Zuordnungen sichtbar wird.
Analyse historischer Fachliteratur
Zur besseren Beschreibung der Holzarten und deren Verwendung wurden 122 Werke historischer Fachliteratur als Quellen (siehe Abb. 3 und Anhang) sowie 88 Stellen volkskundlicher Literatur
analysiert. Diese Werke stammen aus den Bereichen Botanik, Forstwirtschaft, Holzwirtschaft, darunter auch Xylotheken und Hausökonomien, und decken einen Zeitraum von 1690 bis 1985 ab. Es wurden für 60 heimische (mit wenigen Ausnahmen auch nicht heimische, aber seit langer Zeit kultivierte) Holzarten (siehe Tabelle 1) die anatomisch-strukturellen sowie technologischen Beschreibungen und die Hinweise auf Verwendungen zusammengefasst. Es ist somit ein Vergleich zwischen den nachgewiesenen Verwendungen und damit verknüpften Eigenschaftszuschreibungen und den Beschreibungen in der historischen Fachliteratur möglich.
In Abbildung 3 ist die zeitliche Verteilung der 122 Werke der Fachliteratur mit Nennung der Autoren zu sehen. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Anzahl an Druckwerken vor 1760 relativ gering ist. Der Großteil dieser Werke ist der Gruppe ‚Hausökonomien‘ zuzuordnen.
Rund um 1760 erscheinen dann botanisch-naturkundliche wie auch forstwissenschaftliche Bücher, gefolgt von den ersten holzwissenschaftlichen Werken gegen Ende des 19. Jahrhunderts.Eine besondere Ressource hierbei sind Xylotheken. In den darin enthaltenen, für Naturaliensammlungen vorgesehenen ‚hölzernen Büchern‘ wurden neben der aus dem jeweiligen beschriebenen Holz gefertigten Buchhülle auch die Rinde, die Blätter, Zweige und Früchte dargestellt. Im Unterschied zu herkömmlichen Herbarien geschah dies in möglichst lebendiger Form und ganzheitlich, durch Darstellung verschiedener Stadien sowie unter Einbeziehung von Forstschädlingen, Symbionten und technologischen Geschichtspunkten. Einige Serien dieser Xylotheken weisen auch handschriftliche Beschreibungen der Pflanze wie auch der Holzeigenschaften und der Verwendung auf (Candid Huber
(1747-1813), Schildbach (1771-1799) und von Hinterlang (1798-1826)).Zwei Beispiele
Die Berberitze
Berberitze (Berberis vulgaris), unter anderem auch Sauerach, Essigdorn oder gemeiner Sauerdorn genannt, ist ein laubtragender Strauch, bis zu 6 m hoch, mit einem maximalen Alter von 20-30 Jahren. Dieses Kernholz ausbildende Gehölz hat einen intensiv gelben Splint, der Kern ist bläulich-rot bis braun, das Holz zuweilen schön geflammt. Das Holz wird als sehr schwer beschrieben, mit einer Dichte des lufttrockenen Holzes zwischen 0,60 und 0,93 g/cm³, des Weiteren fest (äußerst druckfest) sowie spröde und brüchig, beinhart und mäßig bis stark schwindend. Es ist feinfaserig, schwer spaltbar, lässt sich gut polieren und ist glatt bearbeitbar, jedoch mäßig dauerhaft.
Das Holz der Berberitze wurde für kleine Tischler- und Einlegearbeiten, Tabaksröhren und Spazierstöcke, kleine Drechslerwaren, Schuhnägel und Stricknadeln verwendet, in der Wagnerei zu kleinen Spindeln verarbeitet, und die Holzspäne wurden in der Färberei eingesetzt. Insgesamt 59 der 122 bearbeiteten Werke der historischen Fachliteratur beschreiben diese Holzart.
Die Rotbuche
Die Rotbuche (Fagus sylvatica) zeigt hier ganz andere Ergebnisse. Im Gegensatz zum „Spezialisten“ Berberitze ist die Buche ein „Universalist“: Die Rotbuche ist ein großer Laubbaum mit einer maximalen Höhe von bis zu 40 Metern und kann bis zu 1,5m Stammdurchmesser erreichen. Die Bäume können bis zu 600 Jahre alt werden.
Beurteilt man lediglich das untersuchte Museumsinventar und lässt das Bau- und Möbelholz aus der Wertung, so ist die Buche die am meisten verwendete Holzart. 20% aller Objektteile wurden als Buchenholz identifiziert. Es war neben der hohen Verfügbarkeit und wegen seiner allgemein guten Eigenschaften in fast allen Bereichen vertreten. Es ist die einzige Holzart, der alle Holzeigenschaften mehr oder weniger oft zugesprochen wurden. Besonders geschätzt dürfte sie wegen der guten Bearbeitbarkeit, des hohen Abnützungswiderstandes, der hohen Schlagzähigkeit, der guten Dauerschwingfestigkeit und der guten Biegefestigkeit gewesen sein. Vorrangig war sie für Werkzeugstiele (Hammer, Axt, Beil) oder Werkzeuggriffe (Messer, Bohrer) im Einsatz und fand darüber hinaus als Bestandteil verschiedenster weiterer Werkzeuge wie Hobel, Zwingen, Binderzirkel, Schlägel, Spannsägen und Reißlehren Verwendung. Das Holz der Buche wurde außerdem in der Wagnerei (Achsen, Felgen, Radhaufen, Kipfen, Kipfstangen, Leixen) und zur Herstellung von Werkbänken (Antriebsräder, Arbeitsflächen, Beine, Balken) sehr geschätzt. Ebenso beliebt war es in der Textilherstellung (Spinnräder, Webstühle), bei Pressen und Stampfen (Pressbalken, – platten, Stockrad), für Schlitten (Kufen, Streben, Balken), oder für Gerätschaften mit Lebensmittelkontakt (Teller, Löffel, Krauthobel). Die meisten Bügelmaschinen (Platte und Walze) waren aus Buchenholz gemacht, genauso wie andere hochbeanspruchte Teile von Mahlwerken (Zahnräder, Spindelführungen) oder von Seilwinden. Tischler bauten daraus Möbel (Kommoden, Tischunterkonstruktionen, Kästchen, Truhen). In der Landwirtschaft wurde es für Joche, Kummete, Rechen und Pflüge verwendet. Schuster fertigten daraus Schusterleisten, aber auch Schuhsohlen und Schuhformer. In den Klassenzimmern fand man es als Schulpult, als Tafelrahmen und als Rechenschieber. Wäscheklammern waren ebenfalls meist aus Buchenholz gefertigt. Insgesamt 68 der 122 bearbeiteten Werke der historischen Fachliteratur beschreiben diese Holzart.
Einige Probleme bei der Analyse historischer Holzverwendung
Benennung der Holzarten
Die richtige und einheitliche Benennung von Holzarten stellt zum Teil ein Problem dar. Böhmer beschreibt dies folgendermaßen: „Fichte, Kiefer und Tanne sind sehr unbestimmte Namen, und der nämliche Baum enthält halb diesen, halb jenen, wie denn auch die lateinischen Namen Pinus, Abies und Picea öfters verwechselt werden.“
Jedoch war durch das Vorhandensein von wissenschaftlichen Namen sowie auch verschiedenen Synonymen in den meisten Fällen eine eindeutige Zuordnung möglich. Candid Huber zitiert in seiner „Kurzgefaßten Naturgeschichte der vorzüglichsten baierischen Holzarten“: „Es ist traurig genug, dass wir Deutsche einem einzigen Baume oder Strauche oft 20-30 deutsche Namen geben, die dann unendliche Verwechslungen, verkehrte Anwendungen, auch falsche Ausübung nach sich ziehen“.Ausnahmen – die Notwendigkeit hoher Anzahlen
Bei der historischen Verwendung von Holz für spezielle Anwendungen ist auf jeden Fall mit Ausnahmen zu rechnen. Dies ist z.B. der Fall, wenn nach dem Bruch eines Werkzeugstieles einfach aus praktischen Gründen ein vorhandenes Stück Holz verwendet wurde. Um dieser Problematik gerecht zu werden, ist eine sehr hohe Probenanzahl nötig – in unserer Analyse wurden 8985 Objektteile bestimmt.
Sehr viele Kategorien von Holzteilen (z.B. Rechenzahn, Speiche beim Wagenrad) sind vielfach durch unterschiedliche Objekte belegt. Jede Einzelbestimmung einer Holzart ist somit mit Vorsicht zu behandeln. Ähnlich stellt sich das Problem bei den historischen Quellen dar. Das Holz der Tanne wird allgemein als mäßig dauerhaft (d.h. als anfällig für Schadorganismen wie Pilze und Insekten) beschrieben. Während Graef es ähnlich wie Krais als im Trockenen sehr dauerhaft beschreibt, urteilen Mayr und Gayer in entgegengesetzter Weise. Zur Frage der Dauerhaftigkeit der Tanne gibt es 28 Aussagen in den 123 Werken. 21 davon bezeichnen Tannenholz als mäßig (mittel) dauerhaft; 6 teilen es der guten Dauerhaftigkeit zu und nur in einem Werk meint wird es als nicht dauerhaft beschrieben. In den Analysen sind wir bemüht, die häufigsten Nennungen hervorzuheben, gleichzeitig jedoch auch solche Widersprüche aufzuzeigen.Hochstehendes, höfisches Handwerk oder volkskundliche Fertigkeiten
Ob die historische Fachliteratur das Wissen und die Fertigkeiten aus dem bäuerlichen Nebengewerbe oder aus dem höfischen Handwerk beschreibt kann nicht eindeutig beantwortet werden. Das Beispiel der Berberitze weist eher auf eine Trennung dieser zwei Bereiche hin. Berberitze konnte bei Rechenzähnen als eine der wichtigsten Holzarten nachgewiesen werden.
Auch Aussagen verschiedener noch aktiver Rechenmacher bestätigten dies. In der historischen Fachliteratur wurde Berberitze zwar beschrieben, es findet sich jedoch dort kein Hinweis auf die Nutzung als Rechenzahn. Allerdings stellt dies die einzige signifikante Ausnahme dar. In den meisten Fällen decken sich die Holzartenbestimmungen verschiedener Objekte mit den Beschreibungen in der historischen Fachliteratur.Vergleichbarkeit der überlieferten Zahlenwerte mit modernen Untersuchungen
Bei einfach zu bestimmenden Parametern wie der Holzdichte war zu sehen, dass die historischen Werte innerhalb der Variationsbreite moderner Werte liegen (siehe Abb. 4). Wie das Beispiel der Berberitze zeigt, liegen die eigenen, modernen Messwerte im Streuungsbereich der historischen Werte – in diesem Fall für Holzdichte im lufttrockenen Zustand (Holzfeuchtigkeit beträgt rund 15%). Kompliziertere Versuchsaufbauten (wie z.B. für Festigkeitswerte) sind oft nicht mehr nachvollziehbar. Daher sind diese Werte zum Teil nicht weiter verwendbar.
Veränderung der Holzartenauswahl
Auf Basis der eigenen Untersuchungen kann nicht sicher festgestellt werden, ob sich über bestimmte Zeitspannen hinweg bei der Wahl der Holzart für einen spezifischen Verwendungszweck – etwa für ein Werkzeug – Veränderungen abzeichnen. Arbeitsgeräte und Werkzeuge sind zumeist nicht dendrochronologisch datierbar. Daher konnte neben der Holzart nicht auch das Datum des äußersten Jahrringes bestimmt werden. Bei Bauholz ist dies einfacher: Hier sind über die Jahrhunderte kaum Änderungen zu erkennen, wohl aber wirken geografische Einflüsse auf die Artenauswahl für Bauholz ein.
Abbildung 5 zeigt die Anzahl der Nennungen von Holzarten pro historischem Werk – getrennt in die Gruppen: Hauptholzarten, Obstbäume und selten genutzte Holzarten. Hier ist wie bereits in Abbildung 3 zu sehen, dass es die größte Häufigkeit an Werken rund um 1800 gibt. In dieser Zeit werden auch die meisten der selten genutzten Holzarten beschrieben – davor und danach sinkt die Häufigkeit der Beschreibungen. Die Anzahl an Hauptholzarten und Obstbäumen ist über die Zeit gesehen relativ konstant. Im Laufe des 19. Jahrhunderts und vor allem nach dem zweiten Weltkrieg wird in der Fachliteratur vermehrt auf außereuropäische, vor allem tropische Holzarten eingegangen. Sträucher und Kleinbäume werden jedoch Großteils nicht beschrieben.Österreich war und ist ein waldreiches Land mit einer langen Tradition der Holznutzung. Neben Regionen nachhaltiger Forstwirtschaft – diese konnte z.B. schon prähistorisch in Hallstatt
nachgewiesen werden – gab es natürlich auch Bereiche, die übernutzt wurden und wo in der Folge Holzarten, Sortimente oder gar der Rohstoff Holz an sich vorübergehend nicht zur Verfügung stand. Dies ist z.B. aus dem Waldviertel bekannt: Anton Friedrich Reil schreibt, dass im Jahr 1835 bereits seit 24 Jahren keine Schwemme im Weitental vorgenommen werden konnte, da der Wald übernutzt wurde. Kaiser Ferdinand I. befahl bei seiner Amtsübernahme, die Holzschlägerungen einzustellen und den Wald wieder aufzuforsten. Wessely bezeichnet den Waldstand in den Alpen als gegeben und weist auf die Schwierigkeit der Waldbewirtschaftung im alpinen Raum hin. 1853 spricht er vom „entschwundenen Waldüberfluss“ und von „sehr bedeutend gestiegenem Preis des Holzes“. Trotzdem hat sich die Holzartenauswahl im Baubereich in Österreich mit der Zeit nicht verändert. Dies steht im Gegensatz zu vielen anderen Regionen in Europa, wo vor allem das Eichenholz nicht mehr verfügbar war – zum Teil schon im Römischen Zeitalter.Conclusio
Mit den vorliegenden Analysen war es möglich, die Auswahl von Holzarten im historischen Längsschnitt zu rekonstruieren. Die Holzartenbestimmungen in den Museen wurden durch die historischen Werke der Fachliteratur großteils bestätigt. Die Anzahl an in der Fachliteratur beschriebenen Holzarten (vor allem die selten genutzten Holzarten) hat sich seit 1800 zugunsten außereuropäischer Nutzholzarten verringert. Es ist in den meisten Fällen möglich eindeutig festzustellen, welche Holzarten in der historischen Fachliteratur tatsächlich beschrieben wurden, und zumindest die Holzdichtewerte stimmen mit modernen Bestimmungen überein.
Die Analysen haben gezeigt, dass eine Vielzahl an Holzarten in Verwendung war. Gegenwärtig wird nur noch deutlich weniger als die Hälfte genutzt oder überhaupt gehandelt. Dies zeigt klar auf, dass die Ressource Holz wesentlich umfangreicher war bzw. sein kann, als es in der derzeitigen Nutzung zu sehen ist. Die Beschreibung dieser Holzarten soll als Inspiration für zukünftige Anwendungen dienen und somit die Nachhaltigkeit des Roh- und Werkstoffes Holz erhöhen.
Die umfangreichen Arbeiten wurden in der Monographie ‚WerkHolz‘ von Michael Grabner, erschienen im Verlag Kessel, zusammengefasst. Hier sind umfangreiche Holzartenportraits zu finden.
Danksagung
Die AutorInnen wollen sich an dieser Stelle bei unzähligen Studentinnen und Studenten wie auch Schülerinnen und Schülern bedanken, die sich im Zuge ihrer Abschlussarbeiten (Matura, Bachelor und Master) diesem Thema gewidmet haben und uns somit viele wichtige Daten liefern konnten. Ein großer Teil dieser Arbeiten wurde im Rahmen des Projektes ‚Wert-Holz‘ (SPA05-013) als Teil des des Förderprogramms Sparkling Science des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft durchgeführt (www.wert-holz.at).
Abbildungsnachweis Titelbild
Monatsbild Juli
Trient, Adlerturm des Castello Buonconsiglio, 1405-1410
REALonline Bild Nr. 7006167