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Essen und Trinken in den livländischen Städten im Spätmittelalter

Essen und Trinken

in den livländischen Städten im Spätmittelalter

lnna Pöltsam

Als Grundnahrungsmittel galten in Livland, ebenso wie auch im übrigen Europa, Brei und Brot aus Getreidearten, die im Mittelalter die Basis der pflanzlichen E ährung lieferten. Von den Getreidearten dominierte in Livland der Roggen; weiters waren Gerste und Hafer von Wichtigkeit. Der Weizen spielte in Ost- und Mitteleuropa allgemein lediglich eine untergeordnete Rolle. Als teuerste Mehl cht verwendete man daher den Weizen bevorzugt r Festtagsgebäck und baute ihn als Marktgetreide an.

Vom Mittelalter bis heute ist Brot der preiswerteste Energielieferant r die menschliche Ernäh ng in Osteuropa geblieben. In der Regel erließen die mittelalterliche Städte Livlands Bäckerordnungen, welche die Beschaffenheit der Ausgangmaterialien und die Größe der Brote festlegten. So hatte man in Riga bereits 1392 und in Reval 1438 eine spezi sche Bäckerordnung. 1

Die Bäcker du en ihr Brot zu Hause oder im Brotscharren verkaufen. Der Verkauf wurde daselbst von Gesellen oder Jungen betrieben 2 Es wurde in Riga viererlei Brot – als semmel, weghen, schonroggen und speise-brat – und in Reval zweierlei Brot – wegghe vnd Schonroggen – gebacken. 1 548 werden in Reval drei Brotsorten als zum Meisterstück gehörig genannt: „wegge“ – keilförmiges Gebäck aus Weizenmehl – sollte 7-14 Lot (90-180g) wiegen; „schonroggen“ – Feinbrot aus gebeuteltem Roggenmehl – sollte zu einem Drittel Weizenmehl enthalten und 20-28 Lot (260-360 g) wiegen; „halveschillinges wegge“ entsprach in der Größe drei Wecken; „speise-hrot“ war gröberes, gewöhnliches Roggenbrot. 3

1 Liv-. Esth- und Curlandisches Urkundenbuch. (weiterhin LUB) Bd. 3. Reval 1857, Nr. MCCCV, Schragen des Rigischen Bäckeramts vom Jahr 1392 Sp. 641-644: LUB 9. Riga. Moskau, 1889, Nr. 258. Schragen des Bäckeramts zu Rc\’al 1 38 Fcbr. 25, S. 152-156.

2 LUB 3, Nr. MCCCV. S. 643. An.l7: Auch so soll keiner se er be1 seinen brod stehen mr scharren… Vgl. Tallmna Linnaarhii\‘ (Stadtarchiv Tallinn, weiterhin gckiirzt TLA). A.c.5. Schragen der Kn he auer 1509. An. 21. BI. 47. 7a. . ltem Eyn ,\festerman sal syn esch va•r synen Jede Suluen vorkopen in den Scha en, Sunder idt were mercirelike noetzake. . .

3 TLA. A.c.5. Schragen der Bäcker 1527 (ergänzt 1533). . 46. BI. 102a: ltem ein knec t sn .1/er.�ter werden

wi/ sa/ .. drererler brodt m des 0/dermans huse backe, .‘ emlrch, We e. haluesc/rillmges wegge vnd schonro en…

1 18

Nach dem Schragen der Bäcker Reval war das Brotbacken streng reguliert: „so Jemendes semelen efte lossbrodt na der duitschen manier dat vnstra ick is backen kan vnd wil, de sal nene Wegge e e schonroggen tho kopen backen.“ Zwischen den Mitgliede des Hackeramtes bestand eine feste Arbeitsteilung: „ltem de semmelen vnd idt lose brodt sal ein Jder vnses Amptes hroder nha siner korde so de an ohn kumpt ein Monat tides langk

backen „4 Tm 1 8 . Jahrhundert trennten sich die Ämter fur Los- und Kuchenbäcker einerseits und fur Festbäcker andererseits 5

lm mittelalterlichen Europa variierte aufgrund der Schwankungen des Getreidepreises das Gewicht des Brotes und nicht der Preis 6 Auch in Livland war dieser Usus bekannt. Daruber geben die Bäckerschragen Auskun : „Wen de Rogge vnd wete gelike ve/e gelt t

p u n t ! O fe r d i n g e i s d e l a s t 3 0 m r s a l d e s c h o n r o g g e e i n p u n t m i n I o t h w e g e n . S o d e r o g g e 3 mr gelt dat punt. d dat we/en mr is de las/ Medeil roggen ein deil weten 40 mr, so sal de schonrogge wegen 21 lolh.“7 Jedenfalls konnten die Schwankungen des Getreidepreises nicht zu groß sein, weil das Gewicht des Brotes sowieso schon gering war. Im Mittelalter wurde häu g der Begriff „gerechter Preis“ verwendet Diese Preise waren von „ehrewürdigen Mannem“ festgesetzt. Ausserdem rde geglaubt, daß jede Veränderung sich als negativ darstellte. „Auerst deHyle alle voranderingen gejehrlick sim. . . „, schrieb der Chronist Balthasar Russow.8 In einer Zeit von Teuerungen war es sicherlich leichter anstatt des Namens das Gew:cht ändern, so z.B. wurden seit 1 548 in Reval auch „halveschillinges wegge“ verkau .

Im Mittelalter war der Fleischkonsum relativ groß; es wurden Rind-, Hammel-, Schweine-, Ziegenfleisch und Geflügel verkau . Außerdem kamen auch Handelsartikel wie Schir.ken. Mettwürste, Zungen, ‚ den speckes ·, gesalzenes und geräuchertes Schweine eisch vor. Schinken, Würste und Zungen waren besonders beliebt, bei Festmahlen waren sie obligatorisch.

Das Jagdrecht war ein Privileg des Adels, deshalb galt das Wildbret als Statussymbol.

In den Städten wurde zum Beispiel Wildbraten in der Regel nur anläßlich des Besuches des livländischen Ordensmeisters aufgetragen.9

Seit dem Ende des 14. Jahrhunderts ruckte anstelle von Getreidebau die Viehhaltung in den Vordergrund. Die Nachfrage nach Getreide ging stark zuruck und hne einem Preisverfall fur Fleisch. Auch bei den Unterschichten der Bevölkerung war der Fleischverbrauch merkwürdig hoch. So kostete in Reval am Ende des 16. Jahrhunderts I kg

4 Ebd.. An.34, BI. 101. Die Undeutschen hatten zu diesem Amt keinen Zutritt, doch herrschte Mangel an deutschem Nachwuch. Daher holt zum Beispiel der Revaler Rat I445 einen deutschen Bäcker aus Köln und bezahlt ihm die Reise ü r Kampcn pcr Schi . (Vgl. P. Johansen. H. v. zur Mühlen. Deutsch und undeutsch im llllltelalterlichen undfrühneuzeitlichen Reval. Köln. Wien, 1973. S. 206).

5 P. Johansen. H. v. zur Mühlen. Deutsch und Undeutsch, S. 207.

6 Fe and BraudeL vili=atian and Capitalism I5th – 18th Century. VoL I. The Structures of Everyday Life. Thc Limits ofthe Possible. London. 1 985, p. 139.
7 TLA. A.c.5. Schragen der Bäcker 1527 (ergänzt I533), A .48. BI. J02a. 103.
8 Balthasar Russow’s Chranica der Prouintz Ly andt. Riga, I857. S. 65.

9 P. Johansen. „Ordensmeister Plettenberg in Reval.“ In: Beitrage zur Kunde Estlands. Bd.Xll. 4.-5. He .

R aL I927. S. 109. Anläßlich des Besuches des Ordensmeisters Plettenberg in Reval gab es in der Ratsstube auch Hasenbraten und Rebhühner.

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Hammelfleisch I Schilling, etwa I ,4 kg Brot kostete ebenfalls I Schilling. Wahrscheinlich wurde Fleisch in livland, ebenso wie im restlichen Europa. nicht als Luxusanikel angesehen.

Sowohl der Fle!sch- als auch der Brotverkaufstanden in den Stadten unter polizeilicher Aufsicht. Brot wurde auf sein Gewicht hin von den Amtsherren aus dem Rat geprü .lU Es bestanden auch strenge Vorschri en über die Qualität des Brotes und Fleisches. Das Brot du e nicht zu leicht, nicht unsauber und der Teig nicht gar ausgebacken sein Die städtische Fleischbeschau wachte darüber, daß man frisches und gesundes Fleisch verkau e 1 1 Fleisch ist außerordentlich verderbsanfallig, deshalb waren auch die Vorschri en über die Qualität des Fleisches strenger als über die Qualität des Brotes. Die Versorgung mit Mehl unterlag ebenfalls der Kontrolle des Rats. Es war den Bäckern untersagt, von Fremden Ko oder Mehl zu kaufen 12 Kei em Knochenhauer war …kopen e er k n larhen generley queck tho lande bye pene drier marcke. . . erlaubt 1 3

Deutsche und Undeutsche waren nicht in gleicher Weise Verbraucher der Backerzeugnisse. Die gröberen Brotsonen wurden hauptsachlich von den ärmeren Schichten der Stadtbevolkerung gekau . Ebenso mußten sich die Undeutschen o ensichtlich mit m!nderwenigem Fleisch – etwa finnigem Fleisch – begnügen. 1 4

Fische waren in Mittelalter ein allgemein gewohntes Nahrungsmittel. Wegen der strengen Fastenvorschri en spielten Fischzucht und Fischhandel eine wichtige Rolle, doch wurden Fische auch außerhalb der Fastenzeit in großer Menge gegessen. Mit dem Detailverkaufvon Fischen beschaftigen sich in den Städten die Fischhöker.15 Es rde vielerlei Fische, wie Stock sch, Strömling, Lachs, Dorsch, Stint, Flunder, Neunauge, Stör, Hering, Aal, Hecht und ack Pisch ‚ 1 6 verkau . Von den genannten Fischen wurden Heringe am häu gsten gegessen FischegehöneningroßenMengenmitzujenemProviant,denmananKriegstruppen sandte.

Eine ständige Erganzung des Speisezettels bildeten vor allem Bohnen und Erbsen; man verwendete auch Kohl, Rüben und anderes Grobgemüse.

10 TLA. A.c. 5. Art. IO. „…l’nnd wal .<yner pennyngwart nicht werdr en tS schal men ghesneden vnd des vn b dr ghesneden wer l de schal beueren eyne marck dem rode…“.

11TLA.A.c.5.Artll „….Vemandl.<olyndescha ehrmgenvanfiessehedarblodtchedderblauo ldatene he by 3 mork“. Ebd . Art.l5. Das Fletsch. welches während der Sommerzeit bis wm dritten Tag nach dem Schlachten im Scharren nicht \’erkauft war. mußte den Siechen zum Heiligen Geist gegeben werden. LUB 4, Nr.MCCLXV. Art.7. Die Fleischer du en kein Schlacht\’ieh \’Oll Adergelasscnen. Geschropflcn er von auss l7lgen Leuten kaufen. Ebd.. Art. I I . Wer Fleisch von eingegangenem oder lungenkrankem Vteh verkaufte, „1lrde aus der Zunft ‚erstoßen. Ebd . Art.9. Vieh. das mtt ge rochenen Beinen ins Schlachthaus kam, du e den Fleisch\’erkauf tm Scharren mcht •e endet „erden. E . An. 9

12 TLA. A.c. 5. An.40. 1 3 Ebd.. An. 22.

14 LUB 4 Reval. 1859. Nr.MCCCLXV. Schragen des Amtesder Knochenhauer zu Reval 1394 Sept. 8, Art 10, Sp. 22: Ock nemont eneme Dudeschen vmnich vlesch rkopen, dar klage over kumpt. . .
1 5 Ebd.. Nr. XVI. Revalsche Bursprake Ende des 14. Jahrhunderts. An.86. Sp. 278: I i>rtmer so ne sal men nene droge vische. noch soltene vische andtrs vorkopen, denne in denhockirboden…

16 Getrocknete Fische. die am ROcken auseinander get nnt und auf solche Weise in zwet Halften geteilt waren

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Kennzeichnend r die mittelalterliche Küche war, daß besonderes Gewicht auf Ge·.vürze gelegt wurde. Das heimische Gewürzangebot ergänzten sehr teuere Impo gewürze wie Pfeffer, Ingwer, Zimt, Nelken, Safran, Muskat usw. Solche Gewürze sowie Südfrüchte waren allerdings Luxusa ikel, die fur die Masse der Bevölke ng als Nahrungsmittel nicht in Betracht kamen.

Im mittelalterlichen Livland wurden auch Äpfel und Birnen kultiviert, obwohl das Sammeln von Wildbeeren eine erhebliche Rolle spielte. Obstsorten wie Feigen, Datteln, Aprikosen, Limonen, Quitten. Rosinen, ebenso wie Nüsse und Mandeln fuhrten die hansischen Kau eute nach Livland ein.

s Süßstoff stand im Mittelalter lange Zeit hindurch nur Honig zur Verfugung, Zucker gehörte zu den Luxusgütem Ein äußerst notwendiges Würzmittel war Salz. Es trat zum Teil direkt an die Stelle von Geld.

Die städtische Bevölkerung gewann einen großen Teil der Rohsto e, insbesondere Nah:11ngsmittel, durch eigene Wirtscha . Der mittelalterliche Mensch hielt Haustiere, er legte Hausgärten fur Gemüse, Kräuter und Obst an. Im mittelalterlichen Nahrungswesen spielte die Vorratwirtscha eine bedeutende Rolle. Auch diese stand in den Städten unter polizeilicher Aufsicht, es gab verschiedene Vorschri en, und Abweichungen wurden bestra .17 Eigene Viehhaltung war nur solchen Bürgern erlaubt, die Haus und Hofbesaßen. O war die Anzahl von Haustieren r städtische Verhältnisse recht beachtlich. Im Jahre 1 530 besaß eine Witwe in Reval 6 Kühe, 3 Kalber, 2 Schweine und ein Pferd: Pavel Pistelmakers Nachlaß umfaßte 4 Pferde, 4 Kühe und 2 Kälber.18 stärksten wurde in den Städten wahrscheinlich die Schweinezucht betrieben.

In allen Städten spielte während des Mittelalters die hausgewerbliche Tätigkeit eine große Rolle. Zu Hause wurde selbstverständlich gekocht, gebacken, Fleisch und Fisch geräuchert, eingepökelt, Bier gebraut, usw.

Den alkoholischen Getränken war in der mittelalterlichen Gesellscha eine bedeutende Rolle zugeteilt. Sie galten sowohl als Genuß- als auch als anerkannte Zahlungsmittel, im Fall der süßen ausländischen Weine auch als StatussymboL

In deutschen Ländern galt das Bier gewissermaßen als Standardgetränk. Es wurde nicht etwa bloß von niedrigen sozialen Schichten getrunken. Wie beliebt das Biertrinken auch in Livland war. geht aus Russows Chronik hervor: „ldt ys geschehen dat ein older Lyj(lendisscher dde/man, do ehm syn Amptman 18 Laste Molles vp ein Jahr thor Reken�chop hrachte, sick hoch darauer venvundert hefft, dat des nicht mehr verteret ys gewesen, vnde hefl gespraken, he were so old! geworden, Auersf dat he e he nicht ge chl, da! he mil so weini en Mv/Je datgam e Jar were thogekamen. alse dat Jar. . . “ . 1 9

Die Methode des Bierbrauens war im Mittelalter wohl dieselbe, welche noch im 19. Jahrhundert üblich war. Die Grundstoffe r die Erzeugung von Malz waren Hafer und Gerste. Das Malz und der Hopfen wurden im selben Kessel gekocht. Beigabe von Hopfen verbesserte

17 L 1 1 . Riga. Moskau. 1905. Nr.75. Rigische Bursprache um 1450, A .42. S. 57: Vortmer so/ nemant q�rek, boueren. kese. druge viisehe und sodanige vitalge mer kopen dan he ,y/ven mit sinem gesinde behovet si11em huse. bii 3 mk.

18 P. Johansen, H. v. zur Mühlen, Deutsch und Undeutsch. S. 252. 19B. Russow. S. 44.

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vor allem die Haltbarkeit und Schmackha igkeit des Getränks und verschuf ihm den Ruf der heilkra igen Wirkung. Im Mittelalter war das Brauen im eigenen Hause, soweit es die vorhandenen Herde und Öfen es zuließen, ein allgemein verbreiteter Usus 20 Nu� die Mitglieder der Brauercompagnie hatten das Recht des gewerbsmäßigen Bierbrauens, 2 1 aber jedermann hatte das Recht fur eigenen Bedarf Bier und Met brauen. Die Brauberechtigung war nicht auto�atisch mit dem Erwerb des Bürgerrechts verbunden. Viele Handwerker dur en nicht fur den Verkauf brauen, obwohl sie das volle Bürgerrecht erworben hatten. I m Jahre 1 5 4 7 bestätigte der Ordensmeister einen Vergleich, laut dessen die Handwerker nur zum eigenen BedarfBierbrauen sollten 22

Wie du Verkaufdes Biers, so stand auch seine Bereitung unter polizeilicher Aufsicht. Es gab Verbote „undeutsches“, d. h. von Undeutschen auf dem Lande oder auf undeutsche hergestelltes Bier zu kaufen. 1464 wurde vier Bürger dafur bestra , “ t se heben undusch ber gec(?ft“ 23 Auch wurde die Qualität des Biers kontrolliert. Sollte jemand schlechtes Bier ausschenken, sollte es konfisziert werden. Wir wissen alerdings nichts über die Qualität des livländischen Biers. Jedoch bestanden auch Ehrengeschenke, welche man hochgestellten Persönlichkeiten machte, aus einheimischem Bier.24 Möglicherweise waren die spottende Worte M Muelles zu Unrecht gesagt: . . .da Jprack Martten Mulle : „sodann ber schall men swine vorgelten vnd nene ludenn vorkopen. 25 Revaler spätmittelalterliche Akten kennen verschiedene eigene Biersorten: tafel ber, mark her, gudes ber, beste ber, 5:ferdinges ber. 6-

ferdingl!s her usw.
Die Stadtbürger entdeckten in der Bierbrauerei eine wichtige Einnahmequelle. weil

Bier in Livland in großer Menge getrunken wurde. Biertrinken gehörte zu regelmaßigen Gewohnheiten. Bier war sowohl obligato sch bei der Verköstigung der Gaste des Rats als acch der Arbeiter bei der Heumahd 26 Jeder neue Zun bruder mußte den Amtsbrüde ein Mahl sti en und dazu auch eine Tonne Bier verabfolgen.

20 L 4. Nr MDXVII. Peruausehe Bursprake Ende des 14. Jahrhundens. An.3. Sp. 279:…dat nemant schal backen edder hrull’en. il SI dan em Dudesch man, und hebbe emen guden schorstem o r emen guden roef

21 E. v. Nottbeck. Die alten Schragen der grossen Gilde :u eval. Reval. 1885. Der Brauersehrasen v . l -186. An.3. S. 107: /tem were dat yenmnt veyle bruwede vnd in dusser seelschop nicht gescreuen were so vor�:escreuen i.< de soff beteren mark so vaken al�·: breket.

2� A. Margus. „Rahn1s- ja sotsiaalvahekordadc teravneminc Tallinnas XVI sajandi esimcsel lci.“[Dic Verschärfung der nationalen und sozaalen Verhältnisse in den ersten Hälfte des 16. Jahrhundens) ln: Vana Tal/mn. IV kd Tallinn. 19 0. S. 100.

23 P. Johansen. H. \‘. z Mill en. Dewsch und Undeutsch. S. 2 1 1 .

24 Kämmereibuch der Stadt Reval 1432-1463 (weiterhin KBR). . von Rcinhard Vogelsang. I. Halbbd. Köln. Wien. 1976. Nr. l . S. 19. 1 32 Okt. l 8 : ltem 5 f vor I 1. bers mit deme holte. de deme rabandeschen riuere sant ll’a . E .. Nr.372. S. 169. 1-139 . 28: ltem mg Junens baden gesant I tunne bers…. KBR l-163-1507. I. Halbbd. Köln, Wien, 1983, Nr.ll99. S. 19, 1463 Mai 2 1 : ltem gesant dem Iegaten. de ut Sweden

qwam. I /. bers…. E .
gesont I bers… E .. 2. Halbbd.. Nr. 2523. S. 757, 1500 Okt. 24: ltem mt erste deme heren mester to slate gesant… ‚1 last 6-f-hers….

Nr. 1-196. S 2 2 1 . 1-173 Okt. 9: ltem me by chop von Abo. de lmr 1 _ besant wart. 25 P. Johansen. H. ,·on zur Mühlen. S. 215. Anm. 41.

.

26KBR 1 2-1463. I . Halbbd .. Nr. 1 1 2. S. 64, 1434 Okt.2: /rem den Luden von J ‚ete gegeven l t. bers I mr. \’On des hnt.<lagen wegene. KBR 1 63-1507. 1. Halbbd.. Nr. 1241. S. 47. 1-164 Juli 14: ltem 1w J la.<t und I I. beers. dat getrund·en wart hy der muren tu schen der Suster rten undStrantporren, … E . KBR. Nr. 1275, S. 70. 1-165 Sept. 2 1 : ltem nach vor 4 last bers. b.v n_ _ en muren gedruncken worden.

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Bei den Treffen der Gilden wurde vo ehmlich selbst gebrautes Bier getrunken, das man in kleiner Gesellscha vorher verkostete. Nicht bloß Quantität, sonde auch Qualität waren wichtig. Kein Schaffer sollte sein eigenes Bier zapfen und wäre es notwendig, so sollte er den Altermann sein Bier verkosten lassen Wahrend ihrer Versammlungen haben die Gildebrüder bis etwa I 0 Tonne Bier gelrunken n

Im Mittelalter waren die meisten Biersorten nur in der engsten Umgebung ihres Herstellungsortes bekannt; nur wenige genossen einen weiter verbreiteten Ruf. Zu den vorzüglichsten Bieren in Deutschland gehö en das Naumburger, Einhecker und Rostocker. Bis zum Ende des 14. Jahrhunderts du e kein ausländisches Bier nach Reval importiert werden. Im 16. Jahrhundert wird schon viel Bier importiert. Besonders geschätzt war in Livland das Einhecker und Hamburger Bier.

Die anderen Getränke, welche genossen wurden, waren mede (Honigtrank) – Wasser m:t Honig gekocht und vergoren – und dunnenber (Dünnbier). Die üheste Erwähnung des Branntweins fallt in Livland in das 1 5. Jahrhundert.

Obwohl in Livland die Vorliebe fur Bier vorherrschte, wurde Wein in dieser Zeit als edelundkostbargeschätzt SchonmittelalterlicheDichtererklärten,daßeinBecherWeinmehr stärkt als vierundvierzig Becher Bier.28 Importweine benötigte man bei bei Festen und trank sie in weit kleinerer Quantitat als Bier. Von Südweinen kommen in Livland am häu gsten der Rheinwein, Malvasier und Romanie vor.

Der Malvasier – eine nach der ursprünglich aus Griechland stammenden Traube benannte Weinsorte – kommt besonders als spanischer und griechischer Wein vor. Dieser Wein war vier- bis funfmal so teuer wie Rheinwein. Malvasier galt als besonders delikates Getränk. Er diente dem Revaler Rat als Geschenk an einzelne Fürsten, Bischöfe und Abgeordnete 29 Rheinwein war schon hochberümt und beliebt in Deutschland, in Livland trank man Rheinwein vor allem anlaßlieh von Hochzeiten. Eine andere Weinsorte ist der Romanie. Nach seinem Namen darf man annehmen, daß er in Napoli di Romania gezogen wurde. G. Kriegk hält ihn fur einen spanischen oder italienischen Wein.30

Außerdem werden in Urkunden am haufigsten Walsehe win, basterl, und Torenssche win genannt.“ Es wurden auch einheimische Fruchtweine getrunken. Der Fruchtwein wurde vor allem aus Äpfeln bereitet. Es ist bekannt, daß es das Mittelalter nicht an reinem Naturwein genügen ließ. sondern ihn durch vlürzende und süßende Zusätze jeder – Honig, Zucker und die ganze Legion der im Mittelalter so beliebten Gewürze – verfeinerte. Besonders beliebt war Glühwein, von dem Bartholomaeus Anglicus sagt: „Dieser Wein taugt zum Trinken wie als

27 1 Tonne = 90-100 Stof. 1 Stof = etwa 1 Liter.

28 Vgl. A. Schultz. Da.< h jische Leben :ur Zett der Almnesinger. Leipzig. 1889, S. 402.

29 R1�63-1507.1 Halbbd..Nr.1565.S.254.1475Nov.18:Jtemdemehembtsschoppeheren/wonogesant 8 stop .Halmesie… E .. 2. Halbbd.. Nr. 2020. S. 500. 1488 Jun.2 1 : . .unnde vor malmeste…den Swedeschen unde den Russchen baden gesant…

30 G. Kriegk. Deutsches Bargerthum 1m Mittelalter. Frank n a . 1868, S. 307.

31 Mit dem on olsch bezeichnete m in D t hland sowohl Italien als auch Frankreich. G. Kriegk’s Meinung nach ist unter dem Namen wälscher Wein der italienischer Wein verstehen. (S. G. Kriegk. Deutsches Bürgertum tm .\/utelalter, S. 309). Basiert war ein sitßcr spanischer Wem (vgl. K. Schiller. A. Lüb n. Aliue/mederdeutsches l orterbuch. Bd. I . Bremen. 1875. S. 157). Die Herkun von Toren chen wm ist unbekannt.

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Medizin“.’2 Von Glühweinen war der Claret in Livland besonders beliebt o:eses Getränk wurde sogar dem normalen Wein vorgezogen Es war sehr stark und stieg leicht zu Kopfe. Z u f l l i g e r w e i s e b e n d e t s i c h i m R e v a l e r K ä m m e r e i b u c h a u s d e r e r s t e n H a l e d e s 1 6 . Jahrhundens ein Rezept des Clarets: 32 Stof Rheinwein, 8 Pfund Zucker, I Pfund Zimt, I P nd Ingwer, 4 Lot Galligen, 4 Lot Ge rznelken, 4 Lot Muskatbluten, 2 Lot Safran.33

Wie aus allem hervorgeht, hatte man in Livland eine große Auswahl von alkoholischen Getränken, um den Durst zu stillen. Im allgemeinen wird die Trunksucht als unwürdig und als schlimme Sünde dargestellt, doch scheint sie zu dieser Zeit sowohl in Europa als auch in Livland weit verbreitet gewesen zu sein. Der lutherische Sittenprediger Bahhasar Russow schildert in seiner Chronik die Trunksucht in Livland folgenderweise: „…dar ock vor den gemeinen Stalbrödern edder Dene de Keller t m mer tho gesch/aten was. welckere alle Dag /deNachtalsosopen,datseallevorjarbyhupenhengestoruensit11, wulewenneiner l edder vne e/ 5yner Gesche te haluen. tho Schiale gahn muste, de mochte nicht gedencken, darh he niichtem vnde ane einen Rusch we er henmder quam, dann t was der J.yfflendischen Her to ••nde ehre, th se vp eren H se yderman hoges vnde ne eriges standes mit einem schworen Drunck fraeiereden vnde G weren, welckeren t empe/ ock alle ere Vnderdanen gefolget hebben, t entlick Supen vnde schvelgen vor kein Laster, besandem vor eine Ehre vnde döget by vome enden L den ys deachtet worden. Derha/uen man sick des geweldich bef/itiget hefft, also. dat yth ock in allen Landen tho der dt der Lyf ender bevte /of vnd Pryß was. dath se geweldige Supers weren, wo des ock in etliken !fistorien gedacht werdt. . . „34

Im Mittelaher zählte Trinken über den Lebensbedarf hinaus als Völlerei und gehörte zum klassischen Kanon der sieben Todsünden. Trotzdem nahm die Trunksucht in breiten Bevölkerungsschichten erheblich zu. Ebenso laßt sich zeigen, daß auch schon in früheren Jahrhunderten Trunksucht im Sinne des Alkoholismus, wie wir es heute ausdrücken würden, in weiten Bevölkerungskreisen verbreitet war. AJkoholische Getränke galten als Bestandteil der Nah ng des Menschen, also als Lebensmittel, außerdem waren sie ein nicht unwesentlicher Bestandteil der Lebensfreude.

Das spätere 14. und das 15. Jahrhundert waren eine Zeit der niedrigen Getreidepreise und höherer städtischer Löhne in Europa. Nach dem Schwarzen Tod hat sich der Lebensstandard in Europa unverkennbar verbessert. Die wirtscha liche Situation und damit auch die Emährungverhältnisse, zu denen und Bescha enheit der Kaufkra der einzelnen Schichten parallel geht, besserte sich am schnellsten in den Städten. Wie die breite Masse der livlar.dischen Stadtbevölkerung sich eigentlich e ährt hat, laßt sich nur vermuten, weil

32 A.Schul .DeutschesLeben1mXWund.\TJahrhundert.Leip g, 1899.S.413.
33 E. v.Noubeck. W. Neumann. Geschichte und Kunstdenkmaler der Stadt Revai.Bd. I. R ·al. 1904. 5.72.

Anm. ..).
34 B Russow. S. 44: ,·gl. A Schult . DeutschesLeben tmXII’undX!’Jahrhundert. S. 502 W1e dem Verfasser von „De Genenbus Ebno orum• mitgeteilt wurde. herrschte m Livland d1c Sitte, daß wenn. ne n den täglichen Gelasen. die Hofleute. leichtsinnige und verderbte Menschen. von denen es \legen des deutschen Ordens eine große Menge sa . mit anderen einem zusammenkämen. sie in langer Reihe auf ihren Sesseln im Halbkreise herumsäßen. dann ein Becher Biers von ungeheuerer Größe gebracht erde und der erste in der Re1he ihn in die Hand nähme und zum Nächsten sagte: „Es gtlt myn le•·e ,,tafhroer.“ D1eser em idcne: „S:vp myn leve .<talbroer tck ll’ilt gern hebben. “ Wenn der. der so geantwonet haue. sich nachher weigern wollte. wird er von jenem oO mit gezücktem Dolche. den er zu diesem Zwecke bc1 sich führe, meist ungcstra niedergestoßen.

124

genauere Überlieferungen darüber fehlen. Am Ende des 14. Jahrhunderts z. B. bekam ein Revaler Maurermeister 6 Pfennig als Taglohn 35 Zur Veranschaulichung der E ährungslage in Reval im späten 14. Jahrhundert bringen wir einige Preise von Lebensmitteln in ihrem Verhältnis zum Taglohn eines Maurermeisters :

Nahrungsmittel

Menge

I Tonne (90-100 1) y, T o n n e
1 Tonne
1 Pfund (416 g)

I Tonne

Preis Arbeitstage

12 Pfennig 2

Schaf

42

Bter

7

H e r i n g

6 0

1 0

Salz eisch Safran Wein

108

18

Quellen: L 4. Nr. MDX , . 39: Nr. MCCLXV. . 21: Die ältesten K mmcreibUcher der Stadt Reval. 1363- 1 374. Hrsg. v. 0. Grei onhagen. Reval, 1 927, passim.

Im Jahre 1480 trat Livland in den Krieg mit Rußland. Das Revaler Kämmereibuch enthält genaue Abrechnungen über die Versorgung der Kriegsknechte. ln dem Verzeichnisse dessen, was 1480 nach Dorpat geschickt wurde, kommen 50 yde speckes, 10 I. hofieren, 8 1. lasses, 5 schippulll hekede. 5000jlack sch, -l t. jlesch vor36 Nach Narva wurden 3 sacke hoppen, 9 1. lasses, schippuni hekede, I. hofieren, 7 I. dorsches, 7 I. erveten, 30 siden speckes, 4 1. flescheß, 3 000 jlackfisch, spisekrude, kulmet havermel, 6 lispunt markpunt oliess, 12 marlq1. Lishonis oließ, 1 1. seelspeckes geschickt�7 Zum Vergleich sei ange hrt, was man in Heilbronn 1483 r die Verköstigung des Gesindes während des Weinlese benötigte: Weiß­ und Mischkorn, Gerste, Hafer, Hafermehl, Erbsen, Gries, Hirse, Salz, Schweine- und Butterschmalz, gesottenes und gebratenes Fleisch, Käse, Milch, Kraut, Rüben, Eier, verschiedene Arten von Fleisch, Äpfel, Kochbi en, Zwiebel, Gewürze. Die Versorgung des Basler Aufgebots von 1474175 umfaßte Gerste, Hafer, Hafermehl, Erbsen, und „Zugemüse“, Butter, Käse, Speck, Schweine-, Rind-, Ziegenfleisch, diversen Fisch, Zwiebel, gesottenen Wein. Branntwein, Essig. Senf, Konfekt und allerlei Gewürze, schließlich bestimmte Weizenarten zum Backen von Brot.38

Im Tallinner Stadtarchiv gibt es eine genaue Abrechnung über das Heumähen vom Jahre 1 5 1 4 . Während dieser Arbeitstage erhielt jeder Heuarbeiter vom Revaler Rat täglich rund 40 kleine Strömlinge (Killo), 8-9 Barsche, 5 P nd Brot, 2 Stof Milch, ausserdem Pfund Butter, Salz, Schnittkohl, Salzfleisch und Grütze. Außerdem gab es nach beendigter Arbeit, bei der Rückkehr vom Heuschlag, Starkbier. 39 Wir sehen eine außerordentlich reich bemessene Naturalverp egung, die em Beweis r die günstige wirtscha liche Lage des Tagelöhnerstandes um 1 5 1 4 ist. Ein einzelner kann diese Menge Essen nicht bewältigt haben,

35 Neben Geld gehörte zur täglichen Besoldung eines Arbeiters auch Naturallohn, meistens Bier oder Getreide. 36KBR 1463-1507. Nr. 1740, 1480 [Aug. 15[. S. 344.
37 E ., Nr. 1739. S. 343 .
38 Zitiert nach: H. Hundsbichler. „‚Nahrung.“ in: Alltag im Spntmittela/ter. Graz. Wien. Köln. 1986. S. 201.

162

66

396

39 P. Johanscn. „Beiträge r alteren estnischen Agrarg chichte 11.“ ln: Beitr ge zur Kunde Estlands. Bd. XIV. Re al. 1928. S.H. Die Männer erhalten 3 Schilling. die Weiber 2 Schilling 5 Pfennig Taglohn. Im Jahre 1503 bekam ein Mauermeister in Riga mit seinem Knecht tä lieh 8 Schill.. die anderen 1wei Knechte jeden

Tag Schill. (Ein Schiffpfund Salz kostete I Mark. I Tonne Heringe w, Mark. I Last Bier 15 Mark.) 125

(4-5 kg)

27

wahrscheinlich wurde damit gerechnet, daß die Kinder und Alten mitessen du en. Jedenfalls kann die soziale Lage des Landarbeiterstandes damals nicht schlecht gewesen sein.

Die aus hrliehen Speisepläne, die der Reichsgraf Joachim von Öttinge:� r seinen Haushalt hat niederschreiben lassen, erlauben einen vergleichbaren Querschnitt fur die Alltagssituation von Arbeitern in Deutschland und Livland. Die Wächter, Arbeiter und fronenden Bauern erhielten: „Des morgens ain suppen oder genn1es, ain mi/lieh den arbeite , den andem ain suppen. Des Millags suppen vnd aisch, ain gemues, ain kraul, ain pfe.fef r,

oder eingemachI J!ai.1ch. my ieh 40

Das Nachts: Suppen vndflaisch, mben vndflaisch oder eingemach1flai\’Ch, ain gemues oder mi/lieh“

.

Da es sich um Massenverp egung handelt, darf dies als Konsumgewohnheit der städtischen Durchschnittsbevölkerung angesehen werden. Wir sehen also, daß dieses Spektrum sichtlich zur Vielfalt tendiert. Die Distanz zwischen Livland und Deutschland ist im allgemein keineswegs bemerkenswe .

Das I 5 und das frühe 16. Jahrhunde waren eine Zeit günstiger wi scha licher Lage in Li\’land. Das Au reten von Teuerungen und Hungersnöten weist jedoch darauf daß die E ährungsverhaltnisse noch wenig stabil waren, weil der Handel noch nicht imstande war, im Notfall einen Ausgleich herbei zu hren. Obwohl sich die Lebensbedingungen des Durchschnittsmenschen in Livland nicht genau bestimmen Jassen, dürfen wir annehmen, daß – wenn die Geldeinkün e auch mager gewesen sein mögen – den Einwohne des Landes doch meist ein ausreichender Speisezettel gesichert war.

Nahrung war im Mittelalter eine Sache enom1er Unterschiede. Es war ein Instrument sozialer Di erenzierung. ein Prestige- und Klassenmerkmal, eine soziale Schranke. an der sich reich und , hoch und niedrig unzweideutig scheiden 41 Das bedeutete, daß auch innerhalb der Stadte je nach Einkommen und sozialem Status die E ährung der Bewohner sehr unterschiedlich war. Wahrscheinlich war die Qualität der Lebensmittel (die gröberen Brotsorten und mni derwertiges Fleisch wurden von ärmeren Schichten gekau ) als Schichtmerkmal wichtiger als die Quantitat der Lebensmittel. Als ein gutes Beispiel r die Veranschaulichung dieser Differenzierungsstufe gilt eine aus dem Jahre 1504 stanunende Rechenscha Hermann Burinks. Scha ers der Großen Gilde zu Riga, über die Tafelgilde der an die Armen ausgeteilten Viktualien und auch die Kosten des von ihm ausgerichteten Gastmahls der Gilde. „/nt erste den armen yn de hant gegheven 35 mc. miin 12 s., den armen

„Anno Domini 150-1 dede ik Hermen Burinck de kost der er!iiken tafelgiilde desz anderen mandages unde dynxtedages na Miichaelis. In erste 8 twme bers unde I tunne tafe/bers 13 mc. myn 1ferd., 2 twme mede de kosten 2’z mc. 6 s.. vor brol gegheven 4 mc., vor 8 butliinghe, hude unde ta/liich a.ffgetagen 3(� mc., vor 2 ossen, hude unde ta/iich a.fgf etagen 6 mc., vor kmt gegheven 3 mc., I fer vor holt gegheven 6 fer 4 s.. vor

peterciliien wortelen gegeven mc., vor kalen gegheven 30 s., vor 3 schiincken, 3 metworste, 3 stucke drogefleskes 21 z mc. , vor roi iinen mc., sipol/en 5 s. et I d., vor honniic eme 24

40 H. Hundsbichlcr. S. 215.
41 Soziale Indizien waren die Luxuswaren wie Ge rze und Südweine: importierte Gcwür1.e waren zum

häu gen Gebrauch nur r eine Minderheit der Bevölkerung erschwinglich.

gegheven vor v!aeck isck 20 mc. 5 s., vor vaersck unde sae/en flesck -111: mc. 5 s., vor boueren und speck gegheven 381z mc. 7 s. . vor grulle unde erwelen gegheven 9 mc., vor oliie

gegheven ‚·z mc. 12 s., vor dorsck gegheven 5 mc. Iferd

.

.

126

s., [. . .} vor etiick und sennep 15 s., vor appel unde note 21> mc., vor botter unde kese I mc., noch I’Or eiiger 12 s. . . „42

***

Die livländische Stadte sind erst im Laufe der deutschen Einwanderung seit dem 1 3 . Jahrhundert entstanden. Sie waren im rechtlichen Sinne keineswegs eine direkte Fortsetzung oder Weiterentwicklung vordeutscher Siedlungen. Mit der Eroberung im 1 3 . Jahrhunde beginnt ein neues deutsches Zeitalter in Livland, denn die Eroberer haben mit den neuen politischen Strukturen auch deutsche Lebensart und Sitten bzw. deutsche Lebensformen mitgebracht. Die in die livländischen Stadte übersiedelten deutschen Kaufleute und Handwerker kamen aus dem westeuropäischen sozialen und feudalen Milieu und hatten ihre eigene Produktionsweise und Konsumgewohnheiten in Livland einge hrt. Diese Tatsache hat die bisherige Forschung meist einseitig betrachtet Natürlich e stie e im mittelalterlichen Livland eine starke Trennung zwischen den städtischen bzw. deutschen und bäuerlichen bzw. undeutschen Eß- und Trinkgewohnheiten. Man muß aber beobachten, daß beide Seiten des sozialen Lebens unter beidseitigem Einfluß standen. Der Inhalt und die Folgen dieser Einflüsse in der livländischen Eß- und Trinkkultur des Spätmittelalters bleiben eine dringende Forschungsaufgabe.

42 L 11:2. Riga. Moskau, 1905. Nr. 679. Rechenschaft He arm Burincks. Riga 150� Okt. 7-8. S. 529-530. 127

QUOTIDIANUM ESTONICUM

MEDIUM AEVUM QUOTIDIANUM

HERAUSGEGEBEN VON GERHARD JARITZ

SONDE AND V

QUOTIDIANUM ESTONICUM

ASPECTS OF DAILY LIFE IN MEDIEVAL ESTONIA

EDITEDBY

JÜRIKIVIMÄE

A

JUHANKREEM

KREMS 1996

GEDRUCKT MIT UNTERSTÜTZUNG DER KULTURABTEILUNG DES AMTES
DER NIEDERÖSTERREICHISCHEN LANDESREGIERUNG

Coverlllustralion:Compilationfromsketch inthemarginsofaccoum k s of the Town Magistrate of Rcval (TLA. Ad. 26 and 32)

– ISBN3901094083

© 1996 by Medium Ae\1Jm Quotidianum. Gesellschaft zur Erforschung der materiellen Kuhur des Millclallers, Körnennarkt 13, A – 3500 Krems. Austria – Printcd by Kopitu Ges.m.b.H.,
Wiedncr Hauptstraße 8-10. A-1050 Wien

Inhaltsverzeichnis able of Contents/Sommaire

Preface….. …………………………………………………. …………………………………………………….. 7

JüriKivimäe,Medieval Estonia. Introduction. …………………………………………………….. 8

Juhan Kreem, „ultima germonorum & christianomm prouintia“. Outlines ofthe Image ofLivonia onMaps from the Thirteenth to theMiddle of the Sixteenth Century … 14

Marek Tamm, Les miracles en Livonie et en Estonie a l’epoque de Ia christianisation
( n XIIeme- debur Xllleme siecles) …………… ……… . …………………………. 29

Erik Somelar. Van des keisserlichen L bischen Rechtes wegen. Circumstances of Criminality inMedieval Reval…………………………………………………………………….. 79

Tiina Kala, The Church Calendar and Yearly Cycle in the Life ofMedieval Reval. . . . . . . . . . 103 Mihkel Tammet, Some Aspects ofHerbalMedical Treatment on the Example

ofMedieval Reval…. ………………………………………. …………………………………… 111 Inna Pöltsam. Essen und Trinken in den livländischen Städten i m Spätmittelalter . . . . . . . . . . . . 118 KatrioKukke, Les lois somptuaires deReval………………………………………………………… 128

5

Preface

The idea to publish a special Estonian or Baltic issue of Medium Aevum Quotidianum has been discussed already for a couple of years with Gerhard Jaritz and Christian Krötzl. lnitially the idea was based on the first experience of studying medieval everyday life and mentalities in a small seminar-group at Tanu University. This optimistic curiosity of discovering a new history or actually a history forgotten long ago, has been carried on. The research topics of Katrin Kukke, lnna Poltsam and Erik Somelar originate from this seminar. However, all contributions of Quolidianum .womcum were written especially for this issue.

Besides that, this collection of articles needs some comments. First, it must be admitted that the selection of aspects of everyday life published here is casual and represents only marginally the modern Situation of historical research and history-writing in Estonia. The older Baltic German and Estonian national scholarship has occasionally referred to the aspects of everyday life. Yet the ideology of ‚histoire nouvelle‘ has won popularity among the younger generation of Estonian historians only in recent years. These ideas are uniting a srnall informal circle of historians and archivists around Tallinn City Archives, represented not only by the above mentioned authors but also by the contributions of Tiina Kala, Juhan Kreem, Marek Tamm and Mihkel Ta met Secondly, we must confess the disputable aspects of the title Quolldianum Eswmcum Medieval Europe knew Livonia but not Estonia and Latvia which territories it covered over 350 years There may be even reproaches tOwards the actual contents that it is too much centralised on Tallinn/Reval, but it can be explained with the rich late medieval collections available at Tallinn City Archives.

We wish above all to thank Eva Toulouse, Monique von Wistinghauscn, Hugo de Chassiron, Tarmo Kotilaine and Urmas Oolup for the editorial assistance. Our greatest debt of gratitude is to Gerhard Jaritz, without whose encouragement and suppon this issue could not

have been completed.

7

Jüri Kivimäe, Juhan Kreem, editors

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