konftexteJ
Methodische Überlegun gen nx Konzeption einer Datenbank
mittelhochdeutscher Texte
B arbara Heller-Schuft (Wien)
Die Spurensuche nach Aspekten mittelalterlichen Alltags in literarischen
Quellen führt zur Identifizierung von Zeichen und Mustern, die von Verfassern
verwendet werden, um ein Bild eines möglichen Alltags für die Rezipienten zu
konstruieren. Erzähltwird davon, wie es gewesen sein kann, unter Verwendung
von ,,real“ vorkommenden Zeichen, um Erkennbarkeit und Identifikation zu
gewährleisten. Dies führt zum ,,Wert“ literarischer Quellen als Grundlage der
Erforschung historischer Zusammenhänge: Konstruiert werden Bilder und Anschauungen
von idealtypischen Situationen, von Menschen und ihrer Umwelt,
von der Angemessenheit und Unangemessenheit ihres Handelns und Verhaltens.
Diese Bilder und Anschauungen können aus literarischen Texten unter
Berücksichtigung ihres gattungsspezifischen und historischen Kontextes
herausgefiltert werden und mit den Anschauungen, wie sie in anderen Quellentypen
wiederzufinden sind – etwa in religiösem Bildmaterial oder in normativen
Texten -, in Bezug gesetzt werden. Zu untersuchen ist, welche Mittel,
welche Zeichen und Muster, welche Signalwörter in unterschiedlichen
Kontexten verwendet werden, um Personen und Dinge zu charakterisieren.
Welche Stilmittel treten auf, welche Attribute und Qualitäten werden Männern
und Frauen zugemessen, um sie näher zu kennzeichnen, um sie als Mitglieder
gesellschaftlicher Gruppen identifizierbar zu machen, und wie unterscheiden
sich diese Mittel hinsichtlich des Kontextes, in dem sie auftreten?
Als zielführend für dieses Vorgehen erschien die systematische und
standardisierte Aufbereitung einer größeren Menge von Quellenmaterial für die
Verarbeitung durch ein Datenbankverwaltungssystem, die es erlaubt, gezielt
nach Merkmalen und Merkmalskombinationen in unterschiedlichen Quellentypen
zu suchen. Besondere Bedeutung ist hier der Berücksichtigung des Zusammenwirkens
von Text und Kontext in ihrem ursprünglichen Sinn beizumessen.
In Klaus Herbers Begriffsdefinition wird diese Wechselbeziehung
klar erkennbar:
l3
,,Wir wissen, wie sehr die Textmetapher dem handwerklichen
Vorg-g des Webens verpflichtet ist: texere und davon abgeleitet
textum bzw. textus bezeichnen in der Antike noch fast ausschließlich
,weben‘, ,flechten‘ oder, später, substantiviert‘ das
,Gewebe‘, das ,Geflecht‘. Erst in zweiter Bedeutug verzeichnet
beorges‘ Lateinisches Wörterbuch textus auch als Darstellung,
Inhalt, oder als ,Text‘ im heute gängigen Sinn: textus bezieht sich
dann auf das ,Gewebe der Rede‘. [„‚]
wenn somit das mittelalterliche tetctus zaweilen die Gewebemetaphorik
transportierte, erscheint dagegen contexere, abgeleitet
auchder,Kontext‘,fastpleonastisch’eigentlichunnötig’Aberes
gibt contexere, auch contexte, contextim, contextor sowie coniextus
sogar im klassischen Latein. Habe ich die Belege richtig
gesichtet,-so geht es hierbei vor allem um die Aneinanderreihung
ion Lage anLage, das Zusammenfügen verschiedener Schichten.
Das bedeutet, an etwas anzuknüpfen, ohne in das schol
Gewobene, den textus, das textum, unbedingt einzugreifen, jedo,ch
in engem kontakt mit dem Vorliegenden, mit dem bereits Geund
Verwobenen. Georges übersetzt entsprechend auch contextus
mit Zusammenfügung, Zusammensetzung, und in besonderen
Fällen auch mit Zusammenhang.“r
Als effiziente Hilfe zur schnellen Auffindung von einzelnen Wörtem, Textmerkmalen,
semantisch interessierenden Begriffen und wortfeldem soll eine
kontextorientierte computergestiitzte Aufbereitung literarischer Texte zum
einen den wortisolierend en augiff auf die Bestandteile dieses ,,Gewebes“ ermöglichen.
Darüber hinaus muss jedoch der Konnex zum volltext gewährleistet
seii, um das Aufgefundene und seine Wirkung als Bestandteil des
-,,Gewebes“
wieder zuordenbar zu machen. Dies ist die Grundlage für eine ,,innerliterarische“
komparative Quellenanalyse in Bezug auf Topos, Stereotypen,
Muster etc. Die ,,außerliteiarische“ komparative Quellenanalyse, d. h. die
zusätzliche Heranziehung anderer Quellentypen (normative Texte, Gebrauchstexte,
Bilder, archäologisches Material) – die Berücksichtigung des
außerliterarischen Kontextes, dis Anknüpfen an das bereits ,,Gewobene“ – ist
erforderlich, um die ,Ärt der Wirklichkeit“ der dargestellten Situationen in den
literarischen Quellen zu bestimmen, indem diese mit den entsprechenden
Situationen in anderen Kontexten in Beziehung gesetztwerden können2′ Durch
das Zusammenfügen, aber auch das wiederauftrennen der vielen Lagen
I Klaus Herbers, Hagiographie im Kontext – Konzeption und Zielvorstellung‘ In: Dieter
Bauer, Klaus fferbers Gfg.), Hagiographie im Kontext. Wirkungsweisen und Möglichkeiten
historischer Auswertung (Beihäge zur Hagiographie 1) Stuttgart 2000′ X-XL
2 Zum methodischen Vorgehen vgl. Gerhard Jaitz, Daily Life in Medieval Literature. ln:
Medium Aevum Quotidianum-Newsletter 2 (1984) 6-23.
t4
möslicher historischer ,,Wirklichkeiten“ lassen sich Wege finden, wie die Be-
,iun’a,.it“ des dichten Gewebes des mittelalterlichen Alltags erkennbarer werden.
ZurAmsetzung
In einer Pilotphase wurden am Institut flir Realienkunde als Textcorpus die
.,o“*r,fi.f, in Nürnberg nach 1450 entstandene Neidhart-Handschrift c3 für die
Analyse mit dem Datenbanksystem rcl.erc,:4, das für die speziellen Erfordernisse
der historischen Wissenschaften konzipiert wurde und am Institut für Realienkunde
bereits für die Dokumentation und Analyse bildlicher und schriftlicher
[uellen herangezogen wirds, entsprechend aufbereitet, um vergleichende Untersi.
rchungen mit der bestehenden Bilddatenbank6 und der projektierten archäologischen
Kleinfunddatenbank des Instituts vornehmen zu können‘ Wie auch
die Beiträge dieses Bandes illustrieren, wurde das Werk Neidharts das gesamte
Soätmittelalter hindurch bis in die frtihe Neuzeit rezipiert,liegt in unterschiedlichen
Überlieferungen vor und fand außerdem in anderen Gattungen, wie
3 Die Berliner Neidhart-Handschrift c (ngf . 779). Transkription der Texte und Melodien von
Ingrid Bennewitz-Behr unter Mitwirkung von Ulrich Müller (Göppinger Arbeiten zur Germanistik
356: Neidhart-Materialien l) Göppingen 1981.
a Vgl. dant die Systembeschreibung von Manfred Thaller, rl,arco. A Database System (Halbgraue
Reihe zur Historischen Fachinformatik. Serie B: Softwarebeschreibungen ll) St.
Katharinen 1993; sowie Matthew Woollard, Peter Denley, Source-Oriented Data Processing
for Historians: a Tutorial for rl“ero (Halbgraue Reihe zur Historischen Fachinformatik. Serie
B: Softwarebeschreibungen 23) St. Katharinen 1993; Matthew Woollard, Peter Denley (Hg.),
The Sorcerer’s Apprentice: rl,aror Case Studies (Halbgraue Reihe zur Historischen
Fachinformatik, Serie A: Historische Quellenkunden 29) St. Katharinen 1996.
s VgL z. B. Elisabeth Vavra, Kunstwerke als Quellenmaterial der Sachkulturforschung. In:
Europäische Sachkultur des Mittelalters (Veröffentlichungen des lnstituts für mittelaltediche
Realienkunde Österreichs 4 : Sb. Ak. Wien, phil. hist. Klasse 374) Wien 1980, 194-232
dies., Möglichkeiten einer EDV-unterstützten Auswertung mittelalterlicher Bildquellen.
Beiträge zur Llberlieferung und Beschreibung deutscher Texte des Mittelalters (Göppinga
Arbeiten zur Germanistik 402) Göppingen 1983, 195-2ll; Helmut Hundsbichler, Approaches
to the Daily Life in the Middle Ages. Methods and Aims of the Institut für mittelalterliche
Realienkunde Österreichs. In: Medium Aevum Quotidianum-Newsletter I (1982) 19-25;
ders., Sachen und Menschen, Alltag und Geschichte. Faust und die Erkenntnis der Realität. In:
Realienforschung und Historische Quellen (Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland,
Beiheft l5) Oldenburg 1996, I l-28.
o Gerhard Jaritz, Images. A Primer of Computer-Supported Research (Halbgraue Reihe zur
historischen Fachinformatik. Serie A: Historische Quellenkunden 22) St. Katharinen 1993;
Gerhard Jaritz, Barbara Schuh, Describing the Indescribable. ln: Manfred Thaller (Hg.),
Images and Manuscripts in Historical Computing (Halbgraue Reihe zur Historischen Fachinformatik.
Serie A: Historische Quellenkunden 14 = Medium Aevum Quotidianum 25) St.
Katharinen 1992, | 43 -l 54.
15
schwänken und Spielen, die die Legende um.di_e Neidhart-Figur spinnen, sowe
in Grabmal, Fresken, rftirr“t“itt“i’und Reliefs seinen Niederschlag‘. Für die
ErforschungdesspätmittelalterlichenAlltagssinddieseTexteundBildervon
besonderem tnt“r“.r“, *“it zahlreiche iealienkundlich relevante Themen
angesprochen werden, ti“ o*u die eingehende Beschreibung des äußeren
Erscheinungsbildes sowie des unangemessenen Verhaltens der dörper‘ des
Bauemvolkes, aus der – i’onisierendei – Sicht eines Kleinadeligens‘ –
Für die angestrebte Analyse steht d;; ;aschinenles=bare Texte der
Handschrift nicht nur ut, fo’Uuufäder Volltext zu Verfügung‘ sondern darüber
hinaus auch in
„in“,
ou“t Iniorrutionr“inheiten strukturierten Form (Lied,
Strophe,Vers).UmurrfdielnhaltedesTextesdatenbankgesflttztngreifenzu
können, werden aie eeg;ife gekennzeichnet‘ die – übereinstimmend mit den
Beschreibungrk it“ri“n-ä;;ö;“ Datenbanken des Instituts für Realienkunde
– Aspekte der Alltags-*unJ iactrkulturforschung a!deck31ll‘ o3n]Uer hinaus
wurden jedoch uu.tt S“‚“i“h*tg“n berücksichtigt‘ die wichtige Informationen
für die Mentalitätsgeschichtsforschung beinhalten‘
Als in diesem änne prattita6el erwies sich die Kennzeichnung von
Realien, Qualitäten, V;; rind Konzepten (mit r‘ 9′ V bzw‘ k) und zwar auf
zweierlei Ebenen: „i““i,ia.t
, am sptaktischen Kontext orientierten, die das
vorkommen a“, e“gJff l;;t““t lrammatischen Funktion (Subjekvobjekt,
ffiag,,präliminarien“ -,,Quellengrundlge“.jn:..a.arbara
Hello-
Schuh, Astrid Reinecke, n.ut“n im Kontext, pate]tUant 1on ,,Realien‘ in der mittelalterrichen
Literatur. www’i;ös G,,pyl***.imareal.oeaw.ac.avprojects/kontexte/).
s Vgl. u. a. John M*g.tt.,-;;r’B;erntum in der Literatur und in der Wirklichkeit bei
Neidhart und in den Neidhart-Spielen. In: wotfgang Harms, Peter L‘ Johnson (H-g‘)‘ Deutsche
Literatur des späten Mitt.il“tJiri;t*co cätoäuio- 19?3) Berlin 1975′ 153-163; Erhard
Jöst, Bauemfeindlictrkeit. Oie ä.torien Jes Ritters Neiclhart Fuchs (Göppinger Arbeiten zur
Germanistik 192) Göppiö f STi; H*t-Jou“ttiL P“h‘ Ich gevriesch bi minen iaren nie
geburen also geile… N.iai“n, ,,oJerper..-Feindlichkeit und das Problem sozialen Aufstiegs
im Rahmen des Territorialisierungsprozesses in Bayem und Österreich. In: Helmut Birlüan
(Hg.), Neidhart.ron n.o.rrltu-il e-pät“ einer Neubewertung (Philologica Germanica 5) wien
1983, l-16; Jan-Dirk It’ruii“i st“tit’tten gegenhöfischer wält: Höfisches und nicht-höfisches
Sprechen bei Neidhart. il’d; rui.“i lä-pirt Müller (Hg.), Höfische Literatur, HofgärJft“
fte Höfische Lebensformen um 1200′ Düsseldorf 1986′ 409-451′
e Als Grundlage diente: bie Berliner Neidhart-Handschrift c (mgf. 7?9). Maschinenlesbare
Texte, erstellt uon rogriJ S“;;*iu-Behr, Diane Donaldson‘ George Fe’nwick Jones und
ulrich Müller, bearueitei von e,rt ia n.in.“te auf der Grundlage der Ausgabe Die Berliner
Neidhart_Handschrift c ö;;:-??rii;skription der Texte und Melodien von 6grid Bennewitz-
Behr unter Mitwirkrfig uoi’uiri“ft vilter (coppinger Arbeiten.zur Germanistik 356:
Neidhart-Materialien l) äiping.n l98l (Halbgraue ti.eitte zur Historischen Fachinformatik‘
Serie C: Datenbasen als Editionen 14) St‘ Katharinen l99l ‚
,o Der Rahmen ist frier Jää;,;.;;;“ letztlich jedes Wort Inhalte transportiert und somit
zu kennzeichnen *e,., oiäprJiir.rr“ ert“it am Text sich dann jedoch nicht mehr bewältigen
ließe und ^0″. f,o.rtJfJif“tunfällig wäre, wollte man nicht mit einigen wenigen Texten
u.u“i
„rr,
sondem mit ein“i lon* *it“ptäsentativen Menge an schriftlichen Quellen.
attribut/Prädikatsnomenrr, Prädikatr2, Adverbialien/Prädikativ’3) beschreibt
l,.J „in“t eher wortisolierend-semantisch-morphologischen, um literarische
l“ilntion“n bei der Abfassung der Texte näher analysieren zu können‘ Diesen
„i* fur“gotien liegen folgende Umschreibungen oder ,,Definitionen“ zuerunde:
ta
I Unt“r ,,Realien“ werden die Bezeichnungen für Belebtes (Pflanzen, Tiere,
personen) und Unbelebtes (Objekte, taktil Erfassbares, Ortsangaben) verstanden.
o,,Konzepte“ sind ideelle Konstrukte, Personiflrkationen weltanschaulicher
konzepte, Gefühls- und Gemütszustände, Wertvorstellungen sowie Zeitangaben‘
o ,,Verben“ kennzeichnen Tätigkeiten, Vorgänge und Zustände
o Unter ,,Qualitäten“ sind alle Substantive, Adjektive, Verben etc. z:s vetstehen,
die Realien, Konzepte aber auch Handlungen und Zustände näher
spezifrzieren.
An6and eines Textbeispieles soll dieses Vorgehen ausschnittweise illustriert
werden:ls
folio$ 13 1r
lied$001
st $ 0 1/rrühI ingserwachen
go1/ner swarcze dorn ist worden weis. /ttt oo:-
Ol/SLrrLiq2
go2/Nun hat. der maye seinen vleis./rrr oor oL/ql-ikl;k2
go3/geleget an den anger./ttr 001 ol-lvl;ql(r1)
io+/Gar zergangen ist der schne./rrr oor 0L/qlivl-irL
go5/Man siht hewer aber als ee./rrr Oo1 01/v1iqLiq2iq3
go6/Die liechten pl\’l-urnblein slvanger. /rrr oor
0L/qLitLiq2
$07 /oer maye hat die vel-d gar sch tlon beseczeLL. /III
001 01/kL;rLiqL;q2ivL
$08/mit gamillen pl\’tumlein fein./rrr oor
01,/qL (r1) ; q2(r2);q3 (13*) *-iq4
$og/fr\’ro so singen die vogelein./rrr oor
rr Ad3ektivisches Attribut, Apposition, Genitivkonstruktion, Präpositionalattribut, Prädikatsnomen,
erster Kompositumsteil.
l2 Verben, Modalverben.
r3 Adverbien, Prädikativa, prädikativer Infinitiv, Präpositionalgeflige.
ra Eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Kategorien ist auf der Website des Projektes
am Institut für Realienkunde unter dem Menüpunkt ,,Umsetzung der methodischen Vorgaben“
– ,,Allgemeine Auszeichlungskonventionen“ zu finden (Heller-Schuh, Reinecke, Realien im
Kontext, http://www.imarael.oeaw.ac.aVprojects/ kontexte).
15 Unterstrichen sind hier zur Erläuterung die Wörter, die für die Auszeichnung ausgewählt
wurden.
17
oI/qLiq2ivL;rL
$ro/rrs laids sind sie ergeczett – /rrr 001 0l-lkl;v1
t…1
Mit dem Strophertthema (hier: Frühlingserwachen) werden die Inhalte der
Strophe schlagwortartig umrissen, um thematisch gewichtete Abfragen zu ermoglichen.
Die Buchstaben r, k, q, v bezeichnen jeweils die oben genannten
uiei Kategorien, die beigeordneten Zahlen vetweisen auf die Position des Begriffes
iÄ Vers. In der ersten Verszeile (Oer sl/varcze dorn ist
irorden weis) bezeichnet also q1 die erste Qualität (swarcze), r1 die erste
Realie (dorn) und q2 die zweite Qualität (weis) im vers. In Vers 3 haben wir
mit qr (r1) ein Beispiel für eine stärker syntaktisch geprägte Auszeichnung:
Das iräpositionalobjekt (an den anger) gehört zu den sogenannten,,Qualitäten
zweiter Ordnung“, d. h. gekennzeichnet wird hier sowohl die Realie anger,
als auch dass ihr in Verbindung mit der Präposition an eine zusätzliche
öualität der lokal-direktionalen engabe beigeordnet wird.16 Das Kompositum
glamillen pI\ ‚ lumlein ist ein weiteres Beispiel für eine ,,Qualität zweiter
ördnung: hier wird der erste Teil des Kompositums, die Realie gamillen
(qr (rr)), als nähere Spezifizierung des zweiten Teils p1\’lumlein
in-terpretiert, der wiederum zusätzlich als Bestandteil eines Präpositionalobjektes
gekennzeichnet ist (q2 (rZ) ). Das Kompositum als Einheit wird mit 13 *#-
geklnnzeichnetrT, wobei #- darauf verweist, dass hierfür kein Eintrag im
Kleinen Lexer zu finden ist.
Für die weitere inhaltlich komparative und analyische Arbeit notwendig
ist die Entwicklung einer Systematik der relevanten Termini, die verwendet
werden kann, um einzelne oder sinnverwandte Bezeichnungen in sachlichen
ober- und unterkategorien zu finden. In einem Thesaurussystem bzw. codebook
werden Einzelnennungen in anfangs grob strukturierte‘ überblicksartige
Begriffsfelder geordnet, die in themenspezifisch eingegrenzte untergruppen bis
zuinormalisierten Form der vorkommenden Wörter aufgesplittet werden.
16 Weitere Erläuterungen siehe ebda.
I7 Bzw. hier als Bestandteil des Präpositionalobjektes als q3 ( 13 * ) # –
l8
Beispiel: Codebook Real ie18
Das CodebookRea].ie
. BezeiclDrurgetr von Belebteu (Pllwel, Tiereo, Persotreü). . Bezeiclürur-qel von Uubelebten [Gegeiutändeu. taldil Erfaßb u’en (fewr, talte).
Orten].
o är deu Persoueruremtugel zälüetr auc[ Benfsbezeiclunugcn rud – !’oE der io
ilurcr anr Arrsdrrck kouuenden Hrotdltug – Notrtina ageNis (ro nrer),fenet
Eig€Nau€u selbst ürctu diesc dcltt lu in eirmu solch eqgeu $iute a verstchcn
EiKl (Ne i t hart, Wi I denw I t). . strbrtflrtivi€de (Protroruilal-)Acljektive ar Bezeiclututg vou P ercotet (dns die
t@L Lle verpeisseh landpn, nu pitt ich die gaEL dieSllclnd dieJwc\;
die seiren wm erge@tt geltetr {ls Renliel1 arch*eut eile Ellipse I’orliegt
(sie spr@h t@hret alle run soltu verreiden. wds ob dir ein twlvon dzr
mlnne saitt, ah dem rcrgen fn) riten Sdttelinge d- di ggiwlwren
unbehende): detlhnetmd^ dnß iu diesel Fdllen die fiaglicletr Wotidtil bei eiuer
E!:gäEüfg des .\r$gelarsenen att ibutit veN’eodel \fiirdetr ([. ] ‚ w ob dir ein
tlwIl !f, eon dü mtw saitt. l…l- dj seiren lgggli@gf wren
wbehende.), bleibt rurbeni cksi cliligt.
Das Codebook Reaf ie beinhaltet zunächst die beiden Gruppen Belebt und
Unbelebt, die wiederum in die Untergruppen Mensch, Tier, Pflanze
bzw. objekt, ort und sonstige Naturerscheinung unterteilt sind.
Die Dreiecke am linken Rand signalisieren, ob in diesen Kategorien noch
Untergruppen zu erwarten sind. Entwickelt wurde ein datenbankübergreifendes
Kategoriensystem, in dem sowohl die Bezeichnungen in der Textdatenbank als
auch die Beschreibungstermini der Bilddatenbank sowie der archäologischen
Kleinfunddatenbank zu thematischen Gruppen zusammengefasst verwaltet
werden. Unser Ziel ist, dass beim Navigieren durch dieses Kategoriensystem
der realienkundlich relevanten Begriffe schließlich entsprechende Belege in
ihrer Repräsentation im Text und im digitalisierten Bild aus der Text-, Bild- und
Kleinfunddatenbank angefordert werden können.
18 AUe folgenden Beispiele sind der bereits erwähnten Website des Projektes ,,Realien im
Kontext“ entnommen. Die Navigation zu diesen Seiten ist über das Menü ,,Fundstellenverzeichnis“
-,,Fundste11en“ durchzuführen. Das Projekt befindet sich in seiner Schlussphase,
d. h. dass derzeit noch nicht alle Lieder Bestandteil der Datenbank sind und auch die erforderlichen
Korrekturläufe noch nicht abgeschlossen sind. Ende des Jahres 2000 kann mit der
Fertigstellung der Datenbank zu Neidharts Liedem nach der Handschrift c gerechnet werden.
l9
BeimAnklickendesLinksBezeichnutlgwerdenimrechtenFramedie
Wortformen sichtbar, d;;Gt fut“goti“ Ait“tt zugewiesen wurden‘
Beispiel: Codebook Realie – Frau – Bezeichnung
Wie das BeisPiel zeigt, wurden hier als Bezeichnungen für Frauen im allgemeinen
sowohl Substantive wie vrouwe, maget vnd dierne aufgenommen als auch
dabei substantivische IndefinitPronomina (manegiu, keiniu, ieglichiu, etc.) und
substanti vierte indefinite Pronominaladjektive (anderiu ). Die einzelnen Belege
werden dabei nicht in Originalschreibweise, sondern in ihrer normalisierten mittelhochdeutschen
Form im Nominativ Singular wiedergegeben, Die nachgeordneten
Zahlenangaben bei den einzelnen Wortformen geben die jeweiligen
Belegstellen in der Neidhart- Handschrift c in der Reihenfolge Lied-StroPhe-
Vers wieder Belegstelle 001 -03-01 lut die Wortform Yrouwe bedeutet: Der
erste Beleg zjJvrouwe ist zu finden in Lied 1, StroPhe 3, Vers 1
Während in diesem BeisPiel tnter Bezeichnuns alle Wortformen wledergegeben
werden, die für eine oder mehrere Frauen allgemein(!) in dieser
Handschrift in Verwendung kamen, erscheinen durch Anklicken der Links
einzeln und Gruppe jeweils separiert die gefundenen Singular-
Lel‘ Codebooks
. Mittelhochdeutsch€ t90-04-01
zeichnungen von Frauen allgemein.
20
bzw. PluralbeBeispiel:
Codebook Reatie – Frau – Gruppe
Diese Liste gibt alle Belege für Bezeichnungen von mehr als einer Frau wieder
und obwohl es sich dabei irn Text um Wortformen im Plural handelt, wird auch
hier die normalisierte mittelhochdeutsche Form des Lemmas im Nominativ Singular
zur effizienteren Gruppierung und Wiederaufhndung der Wörter für die
Ausgabe gewähltre.
In logischer Folge erscheinen nach dem Anklicken einer Subkategorie
von Frau, z. B. bei Stand/Beruf /Titel- alle Standes- und Berufsbezeichnungen
von Frauen.
In der Kategorie Worlfeld schließlich sind alle Untergliederungen von
Frau wieder aufgehoben und sämtliche Wortformen werden wiedergegeben,
die in der Quelle Frauen – in welcher Funktion auch immer – bezeichnen, d. h.
die Einträge in den spezifischen Untergruppen Name, Stand/Beruf /Titel,
Lebensalter, Körper, Beziehung etc. sind alle Bestandteil dieser Liste
von Wortformen. Dieses Vorgehen wurde gewählt, um sowohl einen stark
tn Dieses Vorgehen wwde nur bei Namen von Personen und Orten durchbrochen, weil die
unzlihligen Phantasiekonstrukte bewahrt und der Forschung zugänglich bleiben sollen. Gekennzeichnet
sind nicht-normalisierte Wortformen durch *, wie im Beispiel hier bei *Adelhait
etc.
2l
kon[t,ex Codebooks
.
. Mittclhochdedschc
selektiv geprägten als auch einen generelleren Zugang zu einem bestimmten
Begriff zu erlauben.
Beispiel: Codebook Realie – Frau – I(ortfeld
Über die bloße Auflistung der Belegstellen der ausgewählten Wörter hinausgehend
besteht die Möglichkeit verschiedene Ebenen des Kontextes eines bestimmten
Wortes anzufordern. Wird eine Belegstelle angeklickt, gelangt der
Benutzer an die entsprechende Stelle im Lied und kann den Sinnzusammenhang,
in dem das nntersuchte Wort in Verwendung kommt, nachlesen – bei
Bedarf auch das gesamte Lied.
kon[Eexte/- Codebooks
22
Beispiel: Real-ie – Frau – Körper – Wort-feld: /rp – Belegstelle 001-02-02
In obigem Beispiel wurde in der Liste aller Bezeichnungen für den weiblichen
Körper bei lip die Belegstelle 001-02-02 angeklickt. Am Bildschirm erscheint
die wortform leib heworgehoben im ersten Lied der Neidhart-Handschrift c,
zweite strophe, zweiter vers. Als zusätzliche Erweiterung des Kontextes
können schließlich noch literaturhistorische Informationen zum Lied I
(entsprechend auch zu allen anderen Liedern) angefordert werden, wie sie in
einem Art Liedregest zusanmengefasst sind: Die Nummerierung des Liedes in
den Ausgaben von wießner2., Beyschlag-Brunner2l, Bobertag22-und Jöst23, die
Nummerierung des Liedes in anderen Handschriften bzw. Drucken (parallel-
20 Edmund wießner (Hg.), Die Lieder Neidharts (ATB 44) 5. Aufl. Tübingen r999. “ siegfried Beyschlag, Horst Brunner (Hg.), Herr Neidhart diesen Reihen-sang. Die Texte und
Melodien der Neidhartlieder mit Übersetzungen und Kommentaren (Göppinger Arbeiten zur
Germanistik 468) Göppingen 1989. “ Felix Bobertag (Hg.), Nanenbuch. Der pfaner vom Kalenberg. peter Leu. Neithart Fuchs.
Salomon und Markolf. Bruder Rausch (Deutsche National-Literatur I l) Stuttgart 1884, Nachdruck
1964. l4l-292.
23 Erh*d Jdst @g.), Die Historien des Neithart Fuchs. Nach dem Frankfurter Druck von 1566
(Litterae 49) Göppingen I 980.
23
. Mittelfiochdeutsche
(1)
DEr swfl cze dorr ist rvor.den rveis.
Nru hat der maye seileu vleisgelegel
ar del m-qer.
Gd zetgilrgen iit dat sclüle.
Mu silrt herver aber als ee.
Die lieclrteu pl\rlurbleiu svroger.
Der mnye lült die veld gru. sch!lou beseczett.
mit eauilleu pli’hnuleil Gil.
f’r’1o so siugen die vogeleit
hs laids siud sie er‘,eeczelt.
Da fl’hu icfi lob die |ayrreu u’eib.
der rvol-retlaut globter l@
kar prirgeu hoch geruVlute.
Die sichrortalsche hard beh\’1nt.
die lob ich fiu’alles grrtt.
$o u,ol <lir rveibes g\’lute.
Weib behalt deiu er, das rvill ich dir.Raten
Dru ch deir f lilolich w€iplich arclrt
weib dü auss€lavelte fiucht.
las trureu roirurer braleu.
Ntu slhurg ichcerl der f-aryel neirl
$o irret urich eiu arler pein.
Ieh sahe die d\’lorpper tryer
:ii:i:1′:;i:r..$;i|g’r“r,!fi,l:iii.ig.;h.1.;’11i:::1.1.1′,., . .:,, 1., ‚ .‘
Ä rrulft“tl,x L,*,/, {‚ulalc,’Fxx,*ir.:,
,., ..-it rj
überlieferung)2a, eine kurze Inhaltsangabe, Interpretation und Beschreibung der
stilmittel des Liedes sowie Angaben zu weiterführender Literatur.
Beispiel: Regest zu Lied 1
Lied 1:
Nuneriorug unclu
Be-vrchlnS-Bnuurer'(1989): 366‘-l?5
Bobeflsg: 199-20,1
Jöst:3lr–l.h
Pd allelübelliefelrurg: f 8:w .liz ll
hilrnlts:utcabe: Souirereirr-qurg (I)lFrauenlotr (tr):Särger gibt sich ills Jöger des
Für’ster ari; ß:I);Etrgelua hilft iluu bei det Ttüschug (l’ID
Interyretntiou; EL;eLna r{ild irr Lied 001 nls der frngerourte eilBefijlutiiilritt“
t, ijt .trt
„iOtuq:
der Bnu€r Elgelruil scheril’t seilenr Feir<t (deru Ritter
Nelthrut) PGrd ruKl Klei(hug
sekudärll(€ritru: Boueke 196?. 63;Jööt 1916, l’l:
. Mittelhochdentsche
ktm ltex (‚otlcltsrol*s
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit den spezifischen Kontext, wre er
zwischen den einzelnen semantischen Gruppen bzw. einzelnen Wörtern (sowohl
in normalisierter Schreibweise als auch im Originalwortlaut der Quelle) besteht,
zu untersuchen. In komplexen Datenbankabfragen2s zu Fragen von Inszenierung
24 h diesem Beispiel handelt es sich um die Handschriften bzw. Drucke:
f – Neidhart-Sammlung Brentanos (Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin,
Ms.germ.qu.764): Paolo Marelli, Gli ,,schwanklieder“ nella tradizione Neidhartiana.
Trascrizione dai manoscrittt flclpr, traduzione, commento. Con edizione critica del
,,Bremenschwank“ (Göppinger Ärbeiten ‚or Germanistik 658) Göppingen 1999;
w – Schratsche Handschrift 1öNn Wien, series nova 3344): Ingrid Bennewitz-Behr (Hg.), Die
wiener Neidhart-Handschrift w (Östen. NB Wien, series nova 3344). Transkription der Texte
und Melodien (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 417) Göppingen 1984; z – Augsburger
Druck (Staats- und Üniu“t.itätsbibliothek Hamburg, ln scrinio 229″; Germanisches Nationalmuseum
Nümberg, NM 8″, Inc. 100996).
25 Derzeit ist aei zugrift auf Merkmalskombinationen noch nicht über die HTML-Seiten
realisiert, sondem ist noch mittels direktem Zugriff auf die Datenbank vor ort in Krems über
die spezifi sche rÄ,ercr;-Befehlssprache vorzunehmen.
24
und Konstruktion von Männlichkeit und Weiblichkeit in der mittelalterlichen
Literatur können z. B. Belegstellen zur Terminologie des weiblichen Körpers
der des männlichen Körpers in ihrem spezifischen Liedkontext gegenübergestellt
werden, gruppiert nach den vergebenen Strophenthemen, um den liedspezifischen
Kontext zu erhellen, erweitert um die entsprechenden Qualitäten, die
diesen Körper(-teile)n im Verskontext zugeteilt wurden, sowie Handlungen und
Zustände, die in Verbindung mit der Nennung des Körperlichen in den Liedern
Neidharts auftreten26.
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit bietet die kategorienübergreifenden
Suche: Die Unterteilung in Realie, Konzept, Qualität und Tätigkeit führt
zu Beschränkungen z. B. bei der wortfeldorientierten Suche. Begriffe nt bestimmten
Themen tauchen in mehr als einer der genannten vier Kategorien auf,
können jedoch zu einer Gruppe zusammengefasst werden. Entsprechende Wörter
aus dem Bereich ,,Kriegerische Handlungen“ beispielsweise sind in der
Kategorie Realie für Menschen als Krieger2l , für Mobiliar2s, Geräte2e und
Bauwerke30 zu finden, in der Kategorie Konzept sind alle Substantive3l und in
der Kategorie Tätigkeit/vorgang/zusEand alle Verben3′, die kriegerische
und kämpferische Handlungen beschreiben, enthalten. Mittels einer
Datenbankabfrage wird die Unterscheidung in Realie, Konzept, Qualität und
Verb aufgelöst und sämtliche Belegstellen zum Themenbereich ,,Kriegerische
Handlungen“ zusammengefasst wiedergegeben33.
Kriterien bei der Auszeichnung und Verkodung des Textes
Die datenbankgestützte verarbeitung historischen Quellenmaterials steht im
Zusammenhang mit spezifischen methodischen Problemen: Bei der Aufbereitung
des Materials wird eine Interpretation oftmals bereits vorweggenom-
26 Zur Geschlechtergeschichte als Forschungsanliegen der Germanistik vgl. u.a. Ingrid Bennewitz,
Helmut Tervooren (Hg.), Manlichiu wip, wiplich man. z;ur Konstruktion der Kategorien
,Körper‘ und ,Geschlecht‘ in der deutschen Literatur des Mittelalters (Beihefte zur Zeitschrift
für deutsche Philologie 9) Berlin 1999 und Alois M. Haas, Ingrid Kasten (Hg.), Schwierige
Frauen – schwierige M?inner in der Literatur des Mittelalters. Bern 1999. “ Kategorie Realie-Belebt-Mensch- lMann, Frau, unspezifisch] Beruf/Titel-Krieger. -Stand/
28 Kategorie Real ie-Unbelebt-Ob j ekt-Mobil iar-Iirtehrtechnik/FoIter.
2e Kategorie ReaIie-Unbelebt-Ob j ekt-€erät-Wehrtechnik/Folter.
30 Kategorie Real ie-unbelebt-ort-Bauwerk-prof an-wehrtechnik/FoIter . 3l Kategorie Konzept-Tätigkeit/Vorgang/zustana-nynamik-Kampf .
12 Kategorie Tätigkeit/v organg / zuslanä-oynamik-Kampf . “ Hierbei handelt es sich wieder um einen zugiff auf Merkmalskombinationen, der in der
Pilotphase des Projekts nicht als interaktive Abfrage über die HTML-Seiten implementiert
werden konnte, sondern als direkter Datenbankzugriff in der entsprechenden rl,ero>
Terminologie erfolgt.
25
men – es entsteht eine Metaquelle, die das Ergebnis der Untersuchung zumtndest
beeinflusst, wenn nicht gar determiniert3a.
Von besonderer Schwierigkeit – die einen intensiven Diskussionsprozess
auslöste – erwies sich daher für das Projektteam die Entscheidung, welche Bedeutung
des Wortes im Text als flir die Untersuchung relevant ausgezeichnet
bzw. verkodet werden sollte, d. h.
o sollte die Bedeutung des Wortes unter Berücksichtigung des inner- sowie
auch außertextlichen Kontexts gewählt werden,
. sollte die Grundbedeutung des Wortes gewählt werden, eine Herangehensweise,
die eine konsequente etymologische Betrachtung der Sprache voraussetzt
und somit keine Übereinstimmung mit dem möglichen Arbeitsaufivand
und dem Forschungsanliegen des Projektes findet3s,
r oder sollte das Wort vielmehr aus seinem Kontext herausgelöst in seinem
wörtlichen, materiellen Sinn verstanden und dem Benutzer der Datenbank
zugänglich gemacht werden?
Dies führt zu der Frage, ob
o die Herangehensweise geleitet sein sollte vom durch die Forschung
geprägten Blick auf vermeintliche mittelalterliche Mentalitäten, der beispielsweise
den lip der Frau in der Minnelyrik nicht als die reale Repräsentation
des weiblichen Körpers ,,lesen“ würde,
e oder ob bewusst ,,anachronistisch“ vorgegangen werden sollte, wobei das
Weltbild der Bearbeiterlnnen den zentralen Ausgangspunkt der Textbetrachtung
bildet, um neue Perspektiven zu eröffnen und nicht Gefahr zu
laufen ein bestehendes Bild (aus Neidhart-Forschung bzw. zu vermeintlich
mittelalterlichen Vorstellungen) zu erhäften. Dem lip der Frau würde hierbei
eben auch die Bedeutun g des Leibs, Körpers zugeordnet werden.
Wir gelangten zu der Entscheidung, dass prinzipiell von der Bedeutung des
Wortes im Kontext ausgegangen werden soll. Wenn diese aus dem Zusammenhang
nicht zweifelsfrei erschlossen werden kann, erfolgt eine Mehrfachzuweisung
zu den entsprechenden Kategorien.Die dörper sind daher sowohl als
,,Dorfbewohner“36 verkodet als auch als ,,Tö1pe1″37, gdch sowohl als ,,schnell“38,
als auch als ,plötzlich“3e und ,jähzomig“a0. Weiters sollte nicht nur die Interpretation
von Wörtem in ihrem Kontext oder die Berücksichtigung der
3a Zu dieser Problematik im allgemeinen vgl. Wolfgang Levermam, Kontextsensitive
Datenverwaltung (Halbgraue Reihe zur historischen Fachinformatik. Serie B: Softwarebeschreibungen
8) St. Katharinen 1991.
15 Vgl. mieder: mueder ) gewölbter Bauch.
16 Kategorie Real ie – Belebt – Mensch- unspez i f i sch- Stand/Beruf /TiteI –
Land-Gruppe.
37 Kategorie Realie-Bel-ebt -Mensch-unspezif isch-Rest -cruppe .
38 Kategorie Qual ität -Dynamik .
3e Kategorie Qual- ität – temporal /durat iv.
a0 Kategorie Qual ität – Gef ühl /cemüt .
26
metaphorischen Ebene – wie sie z. B. in dem Ausdruck den Hut nehmen vorliegt
– Basis für die Zuordnung der Wörter zu semantischen Gruppen sein,
sondern zusätzlich ist auch die wörtliche Bedeutung zu vermerken und zu
verkoden, um einen Zugang zu bieten, der auch den Blick aufdas Fremde, das
Gegensätzliche, auf die uns ferne Verwendung von Wörtern thematisiert. Im
genannten Beispiel – den Hut nehrnen – bleibt also sowohl der Hut als Realie
erhalten, als auch der Vorgang des Abschiednehmens bei den Verben.
Aufgrund dieser Überlegungen schien es uns aber auch erforderlich, den
Benutzern der Online-Datenbank die einzelnen Wörter losgelöst aus dem Interpretationszusammenhang
und unabhängig von ihrem Kontext zusätzlich anzubieten.
Als Orientierungs- und Suchhilfe nach Wörtern unabhängig von ihrer
semantischen Zuweisung sind in Form einer komfortablen Konkordanz
sämtliche Wortformen in normalisierter Form alphabetischen Listen rJ entnehmen,
die es ermöglichen in schneller Weise einen Überblick über das
(Gesamt-)Auftreten einzelner Wörter zu erlangen. Die Listen enthalten sämtliche
aufgenommenen Wörter ohne Unterscheidung, ob es sich um Realien,
Konzepte, Qualitäten oder Tätigkeiten etc. handelt. Durch Aktivieren der jeweils
angeführten Belegstellen gelangt man wiederum unmittelbar zur Textstelle.
Beispiel:
Alphabetische wortl-iste – Fundstellen: alt*
Codebooks
, Rrali:
27
Um unser Vorgehen zusätzlich transparent zu halten, als Korrekturhilfe, aber
auch als Mittel zur Auffindung von semantisch verwandten Begriffen sind unter
Fundstellen mit Katesorien alphabetische Wortlisten abrufbar, die neben der
not-utitiot“n Wortform auch die zugewiesene semantische Kategorie wiedergeben
sowie nun jene Belegstellen, wo das wort in entsprechender verwendung
auftritt.
Beispiel: Afphabetische Wortliste – Fundstellen mit Katesorien: alt*
Ausblick auf Anwendungsmöglichkeiten
Nach Einbindung weiterer unterschiedlicher Textrelikte lässt sich an das
bereitgestellte Materialcorpus auf dreifache Weise herangehen:
Erstens ließe sich unter Berücksichtigung der zeitlichen Komponente
untersuchen, wie gleiche Themen in verschiedenen Genres der schriftlichen
Überlieferung behandelt werden, etwa:
28
. Mittelhochdcutschc
o Werden gleiche Motive in den verschiedenen Textgattungen (Liedern,
Schwänken, Spielen) mit unterschiedlichen, der Erwartung der Rezipienten
angepassten Bezeichnungen beschrieben?ar
o In welcher Art unterscheidet sich die Beschreibung von gleichen Motiven bei
literarischen, normativen und didaktischen Quellen?
Eine zweite Möglichkeit besteht im vergleich der schriftlichen Neidhart-
Tradition mit bildlichen Neidhart-Darstellungen, die sich im selben thematischen
Motivkreis bewegen:
o Welche Motive des Textes werden in den Darstellungen visualisiert? r Wie sieht der Grad der Übereinstimmung zwischen Text und Bild aus, welche
Informationen wurden weggelassen, welche kamen dazu ?
o Ist das wort-Bild-verhältnis zwischen dem Text des Neithart Fuchs und seinen
Holzschnitten ein anderes als das zwischen Neidhart-Texten und solchen
bildlichen Darstellungen ihrer Themen, die nicht zur unmittelbaren Illustration
eines Textes, sondern gesondert von ihm geschaffen wurden, wie z. B.
die Fresken?
und drittens schließlich ließen sich nach der Einbindung weiterer Textdatenbanken
aus anderen Kontexten systematische vergleiche zwischen Kleiderordnungen,
Predigten etc. (als normativ-didaktische euellentypen), literarischen
Texten, den Darstellungen in der Bilddatenbank (idealtypische Situationen
repräsentierend) sowie deren ,,realen“ Entsprechungen in der archäologischen
Kleinfu nddatenbank durchführen :
o welche Topoi, didaktische Motive und symbolische Inhalte können in Texten
und Bildern gefunden werden?
o welche Mittel (Zeichen und Muster) werden verwendet, um positives und
negatives Handeln in diesen Medien darzustellen?
o In welcher Art unterscheidet sich die Beschreibung von objekten, wie z. B.
Kleidung und schmuck, in literarischen Texten von deren Darstellung in
religiösem Bildmaterial und archäologischen Funden?
al Z. B. als untersttitzendes Werkzeug bei Untersuchungen, wie sie Patricia Harant vorgenommen
hat, nämlich im Neidhart-colpus ,,quer durch alle mit dem Namen und der Motivik verbundene
Texte nach dem Verbindenden der,,Neidhart-Gattung“ zu suchen.; vgl. ihren Beitrag in diesem Band: Liedrezeption in den Neidhartspielen. Der lange weg N:eidharts – von
Reuental nach Zeiselmauer.
29
Gertrud Blaschitz (Hg.)
NEIDHARTREZEPTION
IN WORT UND BILI)
\.::J till
-r. Ji\)l
“!
itqrr.[J.
.,i .6 – 2,/1
l,lAao
Krems 2000
Inhalt
Vorwort 9
Einleitung l0
Neidhart in der Datenbank
Barbara Heller-Schuh, konftextel. Methodische Uberlegungen
zur Konzeption einer Datenbank mittelhochdeutscher Texte l3
Wandmalereien in der Tradition Neidharts
Roland Böhmer, Neidhart im Bodenseegebiet.
Zur Ikonographie der Neidhartdarstellungen in der
Ostschweizer Wandmalerei des 14. Jahrhunderts 30
, Nikolaus Henkel, Ein Neidharttanz des 14. Jahrhunderts
in einem Regensburger Bürgerhaus 53
Elga Lanc, Neidhart-Schwänke in Bild und Wort
aus der Burg Trautson bei Matrei 7l
Gertrud Blaschitz und Barbara Schedl, Die Ausstattung eines Festsaales
im mittelalterlichen Wien. Eine ikonologische und textkritische
Untersuchung der Wandmalereien des Hauses ,,Tuchlauben 19″ …………… 84
Neithard, Neithart Fuchs und das Grabmal zu St. Stephan
Richard Perger, Neithart in Wien tt2
Friedrich Dahm, Das,,l.{eidhart-Grabmal“ im Wiener Stephansdom.
Untersuchungen zur Bau- und Restauriergeschichte
5
123
Karl Großschmidt, Die Skelettreste des Minnesängers
Neidhart von Reuental und dessen Epigonen Neithart Fuchs.
Eine Identifizierung
Gertrud Blaschitz, Das sog. Neidhart-Grabmal zu St. Stephan und andere
Dichtergräber
Neidhartschwänke und Neidhartspiele
Erhard Jöst, Den Bawrn zu leydfahr ich dahere. Text und Bild
im,,Neithart Fuchs“
Erhard Jöst, Wiltu neithart wissen… Der Reliefzyklus an der Meißener
Albrechtsburg
Patricia Harant, Liedrezeption in den Neidhartspielen. Der lange Weg
Neidharts – von Reuental nach Zeiselmauer
Restaurierung yon Neidhartbildwerken
Renäta Burszän, Salzproblematik der mittelalterlichen Wandmalereien
in Wien, ,,Tuchlauben 19″ sowie Konservierung / Restaurierung
der Szene,,Spiegelraub“
Manfred Koller, Untersuchung und Restaurierung von Bildwerken
des Neidhartkreises in Wien und Tirol
Inhalt der beilieeenden CD-ROM (Aktivierung mittels Aufruf von
index. htm)
Wandmalereien
Diessenhofen,fur Zinne“
Zijrrich,fum Brunnenhof‘
Zürich,Zum Griesemann“
Winterthur,Zum Grundstein“
Regensburg, Glockengasse 14
Burg Trautson
Burg Runkelstein
Wien,,,Tuchlauben 19″
156
l7t
189
210
219
249
278
6
SkulPturen
Albrechtsburg in Meißen
Neidhart-Grabmal zu St. Stephan in Wien
Historische Aufrrahmen
Hochgrab
Chronolo gie der Graböffnung
Figur und Sockelrelief nach der Restaurierung
Holzschnitte
Die Schwanksammlung,,Neithart Fuchs“
Inkunabel Augsburg l49l-97 (z)
Fragment Augsburg I49l-97
Inkunabel Nümberg 1537 (zt)
Inkunabel Frankturt 1566 (*)
Federzeichnung
7
‚ Vorwort
Der vorliegende Band präsentiert Ergebnisse einer voT Institut für
n“uti“nmoa“ des Mittelalters und der frühen Neuzeit der Osteneichischen
etuO.tni“ der Wissenschaften und den Werkstätten des Östeneichischen Bundesdenkmalamtes
veransüalteten Tagung im Oktober 1999. Anlass für die Tagong
*ur einerseits das am Institut für Realienkunde laufende Projekt Realien
im kontext – Datenbank von ,,Realien“ in der mittelhochdeutschen Literalo“,
dut auf einem Text des Minnesängers Neidhart von Reuental basiert und im
Sinne ein“t kontextuellen Methode die Neidhart-Bildtradition in die Projektarbeit
einbezieht. Andererseits erfolgte zur gleichen Zeit im Bundesdenkmalamt
Wien die Restaurierung von Originalen der Neidhart-Bildtradition, und die
abermalige Restaurierung der Wandmalereien aus den Wiener Tuchlauben war
bereits in Diskussion. Nach diesem Arbeitsgespräch erlangte das Kremser
,“Irleidhartprojekt“ nicht nur neue Dynamik und weitere Dimensionen, sondern
auch Aktualität.
Die vorliegende Publikation ist das Ergebnis einer äußerst erfreulichen
interdisziplinären Zusammenarbeit, die neueste Forschungsberichte zu Neidhart
und Neithart Fuchs aus Denkmalpflege, Kunstgeschichte, Germanistik, Geschichte
und EDV bringt.
Ich danke Gerhard Jaritz, dem Herausgeber der Zeitschrift ,Medium
aevum quotidianum“, für die Aufnahme der Publikation als Sonderband.
Mein Dank gilt ganzbesonders Elisabeth vavra, Barbara Schedl und Karl
Brunner für viele hilfreiche Gespräche. Für tatkräftige und geduldige Unterstützung
danke ich Birgit Karl, Gundi Tarcsay und Peter Böttcher.
Gertrud Blaschitz
9
—
Der Band
Einleitung
Das Ziel des Pilotprojektes Realien im Kontext – Datenbank von ,,Realien,. in
der mittelhochdeutschen Literatur war es, in Erg?inzung zu der äInstitut für
Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit b-estehenden Bilddaten_
bank methodische Grundlagen für den Aufbau einer Textdatenbank zu entwickeln,
die den Zugriffaufrealienkundlich relevante Bezeichnungen in den verschi“
denen Texttypen ermöglichen und die Abfrage nach äegdiren oder
Begrifßkombinationen in beiden Datenbanken erlauben soll. üie für die
Bilddatenbank wurde auch bei der Textdatenbank das Datenbankverwaltungssystem
rLero, in Anwendung gebracht. Anhand der umfangreichsten sammlu-ng von Neidhartliedern des Spätmittelalters, der Berliner Händschrift c, wurden
Grundlagen für die Textanalyse dichterischer euellen erarbeitet lBarbara Heller_
Schuh).
zeugen einer lebhaften Neidhartrezeption* sind in vier schweizer
städten wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert überliefert. Rolanä Böhmer
untersucht die Neidhart-wandmalereien in den ehemaligen Habsburlerlanden
und unternimmt deren Einordnung in die zeitgenössische-profane we’stscrr*ei
zer wandmalerei. – Ebenfalls dem 14. Jahrhundert zuzuordnen ist der harttanz“ in ,,Neit- einem Regensburger Bürgerhaus, der r9g4 bei Renovierungsarbeiten
entdeckt wurde, über den Nikolaus Henkel schreibt. Die von den werkstätten des Bundesdenkmalamtes wien unter der Leitung von Manfred
lMgallterel id urchgeführre Restaurierung der wandmalerei aus der nu?g üuut.on u.i machte das Manko, dasJ diesem wandbild bis dato
-t“in“
ikono_
graphische würdigung zuteil wurde, deutlich. Elga Lanc uoter.u“nf äi“ Darstel_
lung der Neidhartschwänke in Bild und wort undlegt somit erstmals eine studie zu diesem wesentlichen Zeugnis der Neidhart-Bildädition in stiJti.oi-vor. Der Artikel ,,Die Ausstattung einis Festsaales im mittelalterlichen wien.. von Ger_ trud Blaschitz und Barbara Schedr unternimmt den versuch, aie tglg entdeck-
Zur Schreibung: Im sinne.der Neidhartrezeption wird nur dann die Schreibung Neithart an_ gewandt, wenn eindeutig Neithart Fuchs, der Hotnann ottos des Fröhlichen (1330_1339) gemeint ist.
l0
ten Wandmalereien der Wiener Tuchlauben in den Kontext der mündlichen,
srt ritti“tr“n und ikonographischen Neidhartüberlieferung zu stellen.
Im Themenbereich Neidhart, Neithart Fuchs und das Grabmal zu St.
Stephan bringt Richard Perger ein Resümee seiner historischen Studien über
N“ittturt Fuchs in wien. Im Laufe der Restaurierung der Tumbafigur des
Neidhart-Fuchs-Grabes zu st. Stephan unter der Leitung von Manfred Koller
wurde die Notwendigkeit einer Renovierung der gesamten Tumba erkannt, was
deren Abbau bedingte: Die erforderliche Graböffnung im April 2000 ermöglichte
erstmals eine genaue kunsthistorische Analyse des Hochgrabes (Friedrich
Dahm) sowie die anthropologische Untersuchung der darin befindlichen
Knochen (Karl Großschmid|. Eine Synopse dieser aktuellen Forschungsergebnisse
versucht die Herausgeberin.
Im Komplex Neidhartschwänke und Neidhartspiele bringt Erhard Jöst
Interpretationen zur Rezeptionsgeschichte der Wort-Bild-Relation der Neithartschwänke
in den Ausgaben des Schwankbuches und auf den Reliefs der Albrechtsburg
in Meißen. Patricia Harant beschäftigt sich mit der Liedrezeption in
den Neidhartspielen.
Im Kapitel ,,Restaurierung von Neidhartbildwerken“ wird die Notwendigkeit
einer abermaligen Restaurierung der Neidhart-Wandmalereien in den
Wiener Tuchlauben aus der Zeit um 1400 begründet; Renäta Burszän stellt in
diesem Band die wichtigsten Ergebnisse ihrer Diplomarbeit über die Salzschäden
der mittelalterlichen Wandmalereien (Akademie der bildenden Künste,
Meisterklasse für Restaurierung und Konservierung) vor‘ Ihre beispielhaft
durchgeführten Analysen der Salzproblematik sowie der Konservierung und
Restaurierung der Szene ,spiegelraub‘ sind ausführlich auch auf der
beiliegenden CD-ROM dokumentiert. Manfred Koller berichtet über die Untersuchung
und Restaurierung der Wandmalerei aus der Burg Trautson und des
Grabmiles des Neithart Fuchsr.
Die CD-ROM
Die dem Band beigefügte CD-ROM enthält sämtliche uns bekannten mittelalterlichen
Bildquellen der Neidhart-Tradition. Es sind dies Wandmalereien,
Skulpturen, Holzschnitte aus der Schweiz, aus Italien, aus Deutschland und aus
Osterreich, weiters das Hochgrab mit der Liegefigur zu St. Stephan in Wien und
eine Federzeichnung aus einem Wiener Codex. Neben bereits bekannten
Werken der Neidhart-Bildtradition, zum Teil in neuesten Aufoahmen, finden
sich zahlreiche Novitäten. Dant zählen bei den Wandmalereien die Aufrrahmen
rEin weiterer Beinag zum Thema ,,Restaurienrng von Neidhadbildwerken“ wird im Heft 43
von Medium Aewm Quotidianum 2001 erscheinen: Stefan Rodler, Zu Maltechnik, Zustand
und Präsentationsproblematik des Neidhadzyklus (Diplomarbeit an der Akademie der
bildenden Künste, Meisterklasse für Restaurierung und Konservierung).
ll
:-
aus dem Bürgerhaus in Regensburg, weiters die Wiedergabe der von Friedrich
von Schmidt angefertigten Nachzeichnung aus der Burg Runkelstein2, die
Aufnahmen von der kürzlich in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes Wien
restaurierten Neidhart-Wandmalerei aus der Burg Trautson3 und die Ergebnisse
der rasterelektronenmikroskopischen bzw. röntgenmikroanalytischen Untersuchungen
von Renäta Burszän anläßlich ihrer Diplomarbeit über die Salzproblematik
in den Wiener Tuchlauben. Gänzlich neu sind die Aufuahmen von der
restaurierten Tumbahgur des Neidhart-Grabes zu St. Stephan, die Reportage von
der Graböffnung, die Aufnahmen über die Tumbakonstruktion und über die
Stratigraphie des Knochenmaterials, aber auch die über die Überreste der Gebeine.
Neben den bereits von Erhard Jöst publizierten Holzschnitten aus den
Drucken des Schwankbuches von l49l-9’7 (z) und 1566 (22) wird die komplette
Folge der Holzschnitte des Fragmentes Augsburg l49I-97 und die Ausgabe von
1537 (zt) wiedergegeben, die dankenswerterweise von Erhard Jöst als Mikrofilme..
zur Verfügung gestellt wurden. Die Federzeichnung aus dem Codex 5458
der Osterreichischen Nationalbibliothek, bereitgestellt von Veronika Pirker-
Aurenhammera, vervollständigt die bisher bekannte Kollektion an Bildzeugnissen
aus der Neidhart-Tradition.
2 Mein Dank gilt Andr6 Bechtold, der mir eine Aufirahme des Runkelsteiner Veilchenschwankes
als Diapositiv zur Verfügung stellte.
‚DI Gobert Auersperg danke ich herzlich für die Fotografieredaubnis und für die Genehmigung
zur veröffentlichung dieser Aufirahmen der Neidhartwandmalerei aus der Burg
Trautson bei Matrei.
a Veronika Pirker-Aurenhammer danke ich ganz herzlich für die Information über die Federzeichnung
im Codex 5458 der Österreichischen Nationalbibliothek.
t2
Gertrud Blaschitz (Hg.)
NEIDHARTREZEPTION
IN WORT UND BILI)
\.::J till
-r. Ji\)l
“!
itqrr.[J.
.,i .6 – 2,/1
l,lAao
Krems 2000
Inhalt
Vorwort 9
Einleitung l0
Neidhart in der Datenbank
Barbara Heller-Schuh, konftextel. Methodische Uberlegungen
zur Konzeption einer Datenbank mittelhochdeutscher Texte l3
Wandmalereien in der Tradition Neidharts
Roland Böhmer, Neidhart im Bodenseegebiet.
Zur Ikonographie der Neidhartdarstellungen in der
Ostschweizer Wandmalerei des 14. Jahrhunderts 30
, Nikolaus Henkel, Ein Neidharttanz des 14. Jahrhunderts
in einem Regensburger Bürgerhaus 53
Elga Lanc, Neidhart-Schwänke in Bild und Wort
aus der Burg Trautson bei Matrei 7l
Gertrud Blaschitz und Barbara Schedl, Die Ausstattung eines Festsaales
im mittelalterlichen Wien. Eine ikonologische und textkritische
Untersuchung der Wandmalereien des Hauses ,,Tuchlauben 19″ …………… 84
Neithard, Neithart Fuchs und das Grabmal zu St. Stephan
Richard Perger, Neithart in Wien tt2
Friedrich Dahm, Das,,l.{eidhart-Grabmal“ im Wiener Stephansdom.
Untersuchungen zur Bau- und Restauriergeschichte
5
123
Karl Großschmidt, Die Skelettreste des Minnesängers
Neidhart von Reuental und dessen Epigonen Neithart Fuchs.
Eine Identifizierung
Gertrud Blaschitz, Das sog. Neidhart-Grabmal zu St. Stephan und andere
Dichtergräber
Neidhartschwänke und Neidhartspiele
Erhard Jöst, Den Bawrn zu leydfahr ich dahere. Text und Bild
im,,Neithart Fuchs“
Erhard Jöst, Wiltu neithart wissen… Der Reliefzyklus an der Meißener
Albrechtsburg
Patricia Harant, Liedrezeption in den Neidhartspielen. Der lange Weg
Neidharts – von Reuental nach Zeiselmauer
Restaurierung yon Neidhartbildwerken
Renäta Burszän, Salzproblematik der mittelalterlichen Wandmalereien
in Wien, ,,Tuchlauben 19″ sowie Konservierung / Restaurierung
der Szene,,Spiegelraub“
Manfred Koller, Untersuchung und Restaurierung von Bildwerken
des Neidhartkreises in Wien und Tirol
Inhalt der beilieeenden CD-ROM (Aktivierung mittels Aufruf von
index. htm)
Wandmalereien
Diessenhofen,fur Zinne“
Zijrrich,fum Brunnenhof‘
Zürich,Zum Griesemann“
Winterthur,Zum Grundstein“
Regensburg, Glockengasse 14
Burg Trautson
Burg Runkelstein
Wien,,,Tuchlauben 19″
156
l7t
189
210
219
249
278
6
SkulPturen
Albrechtsburg in Meißen
Neidhart-Grabmal zu St. Stephan in Wien
Historische Aufrrahmen
Hochgrab
Chronolo gie der Graböffnung
Figur und Sockelrelief nach der Restaurierung
Holzschnitte
Die Schwanksammlung,,Neithart Fuchs“
Inkunabel Augsburg l49l-97 (z)
Fragment Augsburg I49l-97
Inkunabel Nümberg 1537 (zt)
Inkunabel Frankturt 1566 (*)
Federzeichnung
7
‚ Vorwort
Der vorliegende Band präsentiert Ergebnisse einer voT Institut für
n“uti“nmoa“ des Mittelalters und der frühen Neuzeit der Osteneichischen
etuO.tni“ der Wissenschaften und den Werkstätten des Östeneichischen Bundesdenkmalamtes
veransüalteten Tagung im Oktober 1999. Anlass für die Tagong
*ur einerseits das am Institut für Realienkunde laufende Projekt Realien
im kontext – Datenbank von ,,Realien“ in der mittelhochdeutschen Literalo“,
dut auf einem Text des Minnesängers Neidhart von Reuental basiert und im
Sinne ein“t kontextuellen Methode die Neidhart-Bildtradition in die Projektarbeit
einbezieht. Andererseits erfolgte zur gleichen Zeit im Bundesdenkmalamt
Wien die Restaurierung von Originalen der Neidhart-Bildtradition, und die
abermalige Restaurierung der Wandmalereien aus den Wiener Tuchlauben war
bereits in Diskussion. Nach diesem Arbeitsgespräch erlangte das Kremser
,“Irleidhartprojekt“ nicht nur neue Dynamik und weitere Dimensionen, sondern
auch Aktualität.
Die vorliegende Publikation ist das Ergebnis einer äußerst erfreulichen
interdisziplinären Zusammenarbeit, die neueste Forschungsberichte zu Neidhart
und Neithart Fuchs aus Denkmalpflege, Kunstgeschichte, Germanistik, Geschichte
und EDV bringt.
Ich danke Gerhard Jaritz, dem Herausgeber der Zeitschrift ,Medium
aevum quotidianum“, für die Aufnahme der Publikation als Sonderband.
Mein Dank gilt ganzbesonders Elisabeth vavra, Barbara Schedl und Karl
Brunner für viele hilfreiche Gespräche. Für tatkräftige und geduldige Unterstützung
danke ich Birgit Karl, Gundi Tarcsay und Peter Böttcher.
Gertrud Blaschitz
9
—
Der Band
Einleitung
Das Ziel des Pilotprojektes Realien im Kontext – Datenbank von ,,Realien,. in
der mittelhochdeutschen Literatur war es, in Erg?inzung zu der äInstitut für
Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit b-estehenden Bilddaten_
bank methodische Grundlagen für den Aufbau einer Textdatenbank zu entwickeln,
die den Zugriffaufrealienkundlich relevante Bezeichnungen in den verschi“
denen Texttypen ermöglichen und die Abfrage nach äegdiren oder
Begrifßkombinationen in beiden Datenbanken erlauben soll. üie für die
Bilddatenbank wurde auch bei der Textdatenbank das Datenbankverwaltungssystem
rLero, in Anwendung gebracht. Anhand der umfangreichsten sammlu-ng von Neidhartliedern des Spätmittelalters, der Berliner Händschrift c, wurden
Grundlagen für die Textanalyse dichterischer euellen erarbeitet lBarbara Heller_
Schuh).
zeugen einer lebhaften Neidhartrezeption* sind in vier schweizer
städten wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert überliefert. Rolanä Böhmer
untersucht die Neidhart-wandmalereien in den ehemaligen Habsburlerlanden
und unternimmt deren Einordnung in die zeitgenössische-profane we’stscrr*ei
zer wandmalerei. – Ebenfalls dem 14. Jahrhundert zuzuordnen ist der harttanz“ in ,,Neit- einem Regensburger Bürgerhaus, der r9g4 bei Renovierungsarbeiten
entdeckt wurde, über den Nikolaus Henkel schreibt. Die von den werkstätten des Bundesdenkmalamtes wien unter der Leitung von Manfred
lMgallterel id urchgeführre Restaurierung der wandmalerei aus der nu?g üuut.on u.i machte das Manko, dasJ diesem wandbild bis dato
-t“in“
ikono_
graphische würdigung zuteil wurde, deutlich. Elga Lanc uoter.u“nf äi“ Darstel_
lung der Neidhartschwänke in Bild und wort undlegt somit erstmals eine studie zu diesem wesentlichen Zeugnis der Neidhart-Bildädition in stiJti.oi-vor. Der Artikel ,,Die Ausstattung einis Festsaales im mittelalterlichen wien.. von Ger_ trud Blaschitz und Barbara Schedr unternimmt den versuch, aie tglg entdeck-
Zur Schreibung: Im sinne.der Neidhartrezeption wird nur dann die Schreibung Neithart an_ gewandt, wenn eindeutig Neithart Fuchs, der Hotnann ottos des Fröhlichen (1330_1339) gemeint ist.
l0
ten Wandmalereien der Wiener Tuchlauben in den Kontext der mündlichen,
srt ritti“tr“n und ikonographischen Neidhartüberlieferung zu stellen.
Im Themenbereich Neidhart, Neithart Fuchs und das Grabmal zu St.
Stephan bringt Richard Perger ein Resümee seiner historischen Studien über
N“ittturt Fuchs in wien. Im Laufe der Restaurierung der Tumbafigur des
Neidhart-Fuchs-Grabes zu st. Stephan unter der Leitung von Manfred Koller
wurde die Notwendigkeit einer Renovierung der gesamten Tumba erkannt, was
deren Abbau bedingte: Die erforderliche Graböffnung im April 2000 ermöglichte
erstmals eine genaue kunsthistorische Analyse des Hochgrabes (Friedrich
Dahm) sowie die anthropologische Untersuchung der darin befindlichen
Knochen (Karl Großschmid|. Eine Synopse dieser aktuellen Forschungsergebnisse
versucht die Herausgeberin.
Im Komplex Neidhartschwänke und Neidhartspiele bringt Erhard Jöst
Interpretationen zur Rezeptionsgeschichte der Wort-Bild-Relation der Neithartschwänke
in den Ausgaben des Schwankbuches und auf den Reliefs der Albrechtsburg
in Meißen. Patricia Harant beschäftigt sich mit der Liedrezeption in
den Neidhartspielen.
Im Kapitel ,,Restaurierung von Neidhartbildwerken“ wird die Notwendigkeit
einer abermaligen Restaurierung der Neidhart-Wandmalereien in den
Wiener Tuchlauben aus der Zeit um 1400 begründet; Renäta Burszän stellt in
diesem Band die wichtigsten Ergebnisse ihrer Diplomarbeit über die Salzschäden
der mittelalterlichen Wandmalereien (Akademie der bildenden Künste,
Meisterklasse für Restaurierung und Konservierung) vor‘ Ihre beispielhaft
durchgeführten Analysen der Salzproblematik sowie der Konservierung und
Restaurierung der Szene ,spiegelraub‘ sind ausführlich auch auf der
beiliegenden CD-ROM dokumentiert. Manfred Koller berichtet über die Untersuchung
und Restaurierung der Wandmalerei aus der Burg Trautson und des
Grabmiles des Neithart Fuchsr.
Die CD-ROM
Die dem Band beigefügte CD-ROM enthält sämtliche uns bekannten mittelalterlichen
Bildquellen der Neidhart-Tradition. Es sind dies Wandmalereien,
Skulpturen, Holzschnitte aus der Schweiz, aus Italien, aus Deutschland und aus
Osterreich, weiters das Hochgrab mit der Liegefigur zu St. Stephan in Wien und
eine Federzeichnung aus einem Wiener Codex. Neben bereits bekannten
Werken der Neidhart-Bildtradition, zum Teil in neuesten Aufoahmen, finden
sich zahlreiche Novitäten. Dant zählen bei den Wandmalereien die Aufrrahmen
rEin weiterer Beinag zum Thema ,,Restaurienrng von Neidhadbildwerken“ wird im Heft 43
von Medium Aewm Quotidianum 2001 erscheinen: Stefan Rodler, Zu Maltechnik, Zustand
und Präsentationsproblematik des Neidhadzyklus (Diplomarbeit an der Akademie der
bildenden Künste, Meisterklasse für Restaurierung und Konservierung).
ll
:-
aus dem Bürgerhaus in Regensburg, weiters die Wiedergabe der von Friedrich
von Schmidt angefertigten Nachzeichnung aus der Burg Runkelstein2, die
Aufnahmen von der kürzlich in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes Wien
restaurierten Neidhart-Wandmalerei aus der Burg Trautson3 und die Ergebnisse
der rasterelektronenmikroskopischen bzw. röntgenmikroanalytischen Untersuchungen
von Renäta Burszän anläßlich ihrer Diplomarbeit über die Salzproblematik
in den Wiener Tuchlauben. Gänzlich neu sind die Aufuahmen von der
restaurierten Tumbahgur des Neidhart-Grabes zu St. Stephan, die Reportage von
der Graböffnung, die Aufnahmen über die Tumbakonstruktion und über die
Stratigraphie des Knochenmaterials, aber auch die über die Überreste der Gebeine.
Neben den bereits von Erhard Jöst publizierten Holzschnitten aus den
Drucken des Schwankbuches von l49l-9’7 (z) und 1566 (22) wird die komplette
Folge der Holzschnitte des Fragmentes Augsburg l49I-97 und die Ausgabe von
1537 (zt) wiedergegeben, die dankenswerterweise von Erhard Jöst als Mikrofilme..
zur Verfügung gestellt wurden. Die Federzeichnung aus dem Codex 5458
der Osterreichischen Nationalbibliothek, bereitgestellt von Veronika Pirker-
Aurenhammera, vervollständigt die bisher bekannte Kollektion an Bildzeugnissen
aus der Neidhart-Tradition.
2 Mein Dank gilt Andr6 Bechtold, der mir eine Aufirahme des Runkelsteiner Veilchenschwankes
als Diapositiv zur Verfügung stellte.
‚DI Gobert Auersperg danke ich herzlich für die Fotografieredaubnis und für die Genehmigung
zur veröffentlichung dieser Aufirahmen der Neidhartwandmalerei aus der Burg
Trautson bei Matrei.
a Veronika Pirker-Aurenhammer danke ich ganz herzlich für die Information über die Federzeichnung
im Codex 5458 der Österreichischen Nationalbibliothek.
t2konftexteJ
Methodische Überlegun gen nx Konzeption einer Datenbank
mittelhochdeutscher Texte
B arbara Heller-Schuft (Wien)
Die Spurensuche nach Aspekten mittelalterlichen Alltags in literarischen
Quellen führt zur Identifizierung von Zeichen und Mustern, die von Verfassern
verwendet werden, um ein Bild eines möglichen Alltags für die Rezipienten zu
konstruieren. Erzähltwird davon, wie es gewesen sein kann, unter Verwendung
von ,,real“ vorkommenden Zeichen, um Erkennbarkeit und Identifikation zu
gewährleisten. Dies führt zum ,,Wert“ literarischer Quellen als Grundlage der
Erforschung historischer Zusammenhänge: Konstruiert werden Bilder und Anschauungen
von idealtypischen Situationen, von Menschen und ihrer Umwelt,
von der Angemessenheit und Unangemessenheit ihres Handelns und Verhaltens.
Diese Bilder und Anschauungen können aus literarischen Texten unter
Berücksichtigung ihres gattungsspezifischen und historischen Kontextes
herausgefiltert werden und mit den Anschauungen, wie sie in anderen Quellentypen
wiederzufinden sind – etwa in religiösem Bildmaterial oder in normativen
Texten -, in Bezug gesetzt werden. Zu untersuchen ist, welche Mittel,
welche Zeichen und Muster, welche Signalwörter in unterschiedlichen
Kontexten verwendet werden, um Personen und Dinge zu charakterisieren.
Welche Stilmittel treten auf, welche Attribute und Qualitäten werden Männern
und Frauen zugemessen, um sie näher zu kennzeichnen, um sie als Mitglieder
gesellschaftlicher Gruppen identifizierbar zu machen, und wie unterscheiden
sich diese Mittel hinsichtlich des Kontextes, in dem sie auftreten?
Als zielführend für dieses Vorgehen erschien die systematische und
standardisierte Aufbereitung einer größeren Menge von Quellenmaterial für die
Verarbeitung durch ein Datenbankverwaltungssystem, die es erlaubt, gezielt
nach Merkmalen und Merkmalskombinationen in unterschiedlichen Quellentypen
zu suchen. Besondere Bedeutung ist hier der Berücksichtigung des Zusammenwirkens
von Text und Kontext in ihrem ursprünglichen Sinn beizumessen.
In Klaus Herbers Begriffsdefinition wird diese Wechselbeziehung
klar erkennbar:
l3
,,Wir wissen, wie sehr die Textmetapher dem handwerklichen
Vorg-g des Webens verpflichtet ist: texere und davon abgeleitet
textum bzw. textus bezeichnen in der Antike noch fast ausschließlich
,weben‘, ,flechten‘ oder, später, substantiviert‘ das
,Gewebe‘, das ,Geflecht‘. Erst in zweiter Bedeutug verzeichnet
beorges‘ Lateinisches Wörterbuch textus auch als Darstellung,
Inhalt, oder als ,Text‘ im heute gängigen Sinn: textus bezieht sich
dann auf das ,Gewebe der Rede‘. [„‚]
wenn somit das mittelalterliche tetctus zaweilen die Gewebemetaphorik
transportierte, erscheint dagegen contexere, abgeleitet
auchder,Kontext‘,fastpleonastisch’eigentlichunnötig’Aberes
gibt contexere, auch contexte, contextim, contextor sowie coniextus
sogar im klassischen Latein. Habe ich die Belege richtig
gesichtet,-so geht es hierbei vor allem um die Aneinanderreihung
ion Lage anLage, das Zusammenfügen verschiedener Schichten.
Das bedeutet, an etwas anzuknüpfen, ohne in das schol
Gewobene, den textus, das textum, unbedingt einzugreifen, jedo,ch
in engem kontakt mit dem Vorliegenden, mit dem bereits Geund
Verwobenen. Georges übersetzt entsprechend auch contextus
mit Zusammenfügung, Zusammensetzung, und in besonderen
Fällen auch mit Zusammenhang.“r
Als effiziente Hilfe zur schnellen Auffindung von einzelnen Wörtem, Textmerkmalen,
semantisch interessierenden Begriffen und wortfeldem soll eine
kontextorientierte computergestiitzte Aufbereitung literarischer Texte zum
einen den wortisolierend en augiff auf die Bestandteile dieses ,,Gewebes“ ermöglichen.
Darüber hinaus muss jedoch der Konnex zum volltext gewährleistet
seii, um das Aufgefundene und seine Wirkung als Bestandteil des
-,,Gewebes“
wieder zuordenbar zu machen. Dies ist die Grundlage für eine ,,innerliterarische“
komparative Quellenanalyse in Bezug auf Topos, Stereotypen,
Muster etc. Die ,,außerliteiarische“ komparative Quellenanalyse, d. h. die
zusätzliche Heranziehung anderer Quellentypen (normative Texte, Gebrauchstexte,
Bilder, archäologisches Material) – die Berücksichtigung des
außerliterarischen Kontextes, dis Anknüpfen an das bereits ,,Gewobene“ – ist
erforderlich, um die ,Ärt der Wirklichkeit“ der dargestellten Situationen in den
literarischen Quellen zu bestimmen, indem diese mit den entsprechenden
Situationen in anderen Kontexten in Beziehung gesetztwerden können2′ Durch
das Zusammenfügen, aber auch das wiederauftrennen der vielen Lagen
I Klaus Herbers, Hagiographie im Kontext – Konzeption und Zielvorstellung‘ In: Dieter
Bauer, Klaus fferbers Gfg.), Hagiographie im Kontext. Wirkungsweisen und Möglichkeiten
historischer Auswertung (Beihäge zur Hagiographie 1) Stuttgart 2000′ X-XL
2 Zum methodischen Vorgehen vgl. Gerhard Jaitz, Daily Life in Medieval Literature. ln:
Medium Aevum Quotidianum-Newsletter 2 (1984) 6-23.
t4
möslicher historischer ,,Wirklichkeiten“ lassen sich Wege finden, wie die Be-
,iun’a,.it“ des dichten Gewebes des mittelalterlichen Alltags erkennbarer werden.
ZurAmsetzung
In einer Pilotphase wurden am Institut flir Realienkunde als Textcorpus die
.,o“*r,fi.f, in Nürnberg nach 1450 entstandene Neidhart-Handschrift c3 für die
Analyse mit dem Datenbanksystem rcl.erc,:4, das für die speziellen Erfordernisse
der historischen Wissenschaften konzipiert wurde und am Institut für Realienkunde
bereits für die Dokumentation und Analyse bildlicher und schriftlicher
[uellen herangezogen wirds, entsprechend aufbereitet, um vergleichende Untersi.
rchungen mit der bestehenden Bilddatenbank6 und der projektierten archäologischen
Kleinfunddatenbank des Instituts vornehmen zu können‘ Wie auch
die Beiträge dieses Bandes illustrieren, wurde das Werk Neidharts das gesamte
Soätmittelalter hindurch bis in die frtihe Neuzeit rezipiert,liegt in unterschiedlichen
Überlieferungen vor und fand außerdem in anderen Gattungen, wie
3 Die Berliner Neidhart-Handschrift c (ngf . 779). Transkription der Texte und Melodien von
Ingrid Bennewitz-Behr unter Mitwirkung von Ulrich Müller (Göppinger Arbeiten zur Germanistik
356: Neidhart-Materialien l) Göppingen 1981.
a Vgl. dant die Systembeschreibung von Manfred Thaller, rl,arco. A Database System (Halbgraue
Reihe zur Historischen Fachinformatik. Serie B: Softwarebeschreibungen ll) St.
Katharinen 1993; sowie Matthew Woollard, Peter Denley, Source-Oriented Data Processing
for Historians: a Tutorial for rl“ero (Halbgraue Reihe zur Historischen Fachinformatik. Serie
B: Softwarebeschreibungen 23) St. Katharinen 1993; Matthew Woollard, Peter Denley (Hg.),
The Sorcerer’s Apprentice: rl,aror Case Studies (Halbgraue Reihe zur Historischen
Fachinformatik, Serie A: Historische Quellenkunden 29) St. Katharinen 1996.
s VgL z. B. Elisabeth Vavra, Kunstwerke als Quellenmaterial der Sachkulturforschung. In:
Europäische Sachkultur des Mittelalters (Veröffentlichungen des lnstituts für mittelaltediche
Realienkunde Österreichs 4 : Sb. Ak. Wien, phil. hist. Klasse 374) Wien 1980, 194-232
dies., Möglichkeiten einer EDV-unterstützten Auswertung mittelalterlicher Bildquellen.
Beiträge zur Llberlieferung und Beschreibung deutscher Texte des Mittelalters (Göppinga
Arbeiten zur Germanistik 402) Göppingen 1983, 195-2ll; Helmut Hundsbichler, Approaches
to the Daily Life in the Middle Ages. Methods and Aims of the Institut für mittelalterliche
Realienkunde Österreichs. In: Medium Aevum Quotidianum-Newsletter I (1982) 19-25;
ders., Sachen und Menschen, Alltag und Geschichte. Faust und die Erkenntnis der Realität. In:
Realienforschung und Historische Quellen (Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland,
Beiheft l5) Oldenburg 1996, I l-28.
o Gerhard Jaritz, Images. A Primer of Computer-Supported Research (Halbgraue Reihe zur
historischen Fachinformatik. Serie A: Historische Quellenkunden 22) St. Katharinen 1993;
Gerhard Jaritz, Barbara Schuh, Describing the Indescribable. ln: Manfred Thaller (Hg.),
Images and Manuscripts in Historical Computing (Halbgraue Reihe zur Historischen Fachinformatik.
Serie A: Historische Quellenkunden 14 = Medium Aevum Quotidianum 25) St.
Katharinen 1992, | 43 -l 54.
15
schwänken und Spielen, die die Legende um.di_e Neidhart-Figur spinnen, sowe
in Grabmal, Fresken, rftirr“t“itt“i’und Reliefs seinen Niederschlag‘. Für die
ErforschungdesspätmittelalterlichenAlltagssinddieseTexteundBildervon
besonderem tnt“r“.r“, *“it zahlreiche iealienkundlich relevante Themen
angesprochen werden, ti“ o*u die eingehende Beschreibung des äußeren
Erscheinungsbildes sowie des unangemessenen Verhaltens der dörper‘ des
Bauemvolkes, aus der – i’onisierendei – Sicht eines Kleinadeligens‘ –
Für die angestrebte Analyse steht d;; ;aschinenles=bare Texte der
Handschrift nicht nur ut, fo’Uuufäder Volltext zu Verfügung‘ sondern darüber
hinaus auch in
„in“,
ou“t Iniorrutionr“inheiten strukturierten Form (Lied,
Strophe,Vers).UmurrfdielnhaltedesTextesdatenbankgesflttztngreifenzu
können, werden aie eeg;ife gekennzeichnet‘ die – übereinstimmend mit den
Beschreibungrk it“ri“n-ä;;ö;“ Datenbanken des Instituts für Realienkunde
– Aspekte der Alltags-*unJ iactrkulturforschung a!deck31ll‘ o3n]Uer hinaus
wurden jedoch uu.tt S“‚“i“h*tg“n berücksichtigt‘ die wichtige Informationen
für die Mentalitätsgeschichtsforschung beinhalten‘
Als in diesem änne prattita6el erwies sich die Kennzeichnung von
Realien, Qualitäten, V;; rind Konzepten (mit r‘ 9′ V bzw‘ k) und zwar auf
zweierlei Ebenen: „i““i,ia.t
, am sptaktischen Kontext orientierten, die das
vorkommen a“, e“gJff l;;t““t lrammatischen Funktion (Subjekvobjekt,
ffiag,,präliminarien“ -,,Quellengrundlge“.jn:..a.arbara
Hello-
Schuh, Astrid Reinecke, n.ut“n im Kontext, pate]tUant 1on ,,Realien‘ in der mittelalterrichen
Literatur. www’i;ös G,,pyl***.imareal.oeaw.ac.avprojects/kontexte/).
s Vgl. u. a. John M*g.tt.,-;;r’B;erntum in der Literatur und in der Wirklichkeit bei
Neidhart und in den Neidhart-Spielen. In: wotfgang Harms, Peter L‘ Johnson (H-g‘)‘ Deutsche
Literatur des späten Mitt.il“tJiri;t*co cätoäuio- 19?3) Berlin 1975′ 153-163; Erhard
Jöst, Bauemfeindlictrkeit. Oie ä.torien Jes Ritters Neiclhart Fuchs (Göppinger Arbeiten zur
Germanistik 192) Göppiö f STi; H*t-Jou“ttiL P“h‘ Ich gevriesch bi minen iaren nie
geburen also geile… N.iai“n, ,,oJerper..-Feindlichkeit und das Problem sozialen Aufstiegs
im Rahmen des Territorialisierungsprozesses in Bayem und Österreich. In: Helmut Birlüan
(Hg.), Neidhart.ron n.o.rrltu-il e-pät“ einer Neubewertung (Philologica Germanica 5) wien
1983, l-16; Jan-Dirk It’ruii“i st“tit’tten gegenhöfischer wält: Höfisches und nicht-höfisches
Sprechen bei Neidhart. il’d; rui.“i lä-pirt Müller (Hg.), Höfische Literatur, HofgärJft“
fte Höfische Lebensformen um 1200′ Düsseldorf 1986′ 409-451′
e Als Grundlage diente: bie Berliner Neidhart-Handschrift c (mgf. 7?9). Maschinenlesbare
Texte, erstellt uon rogriJ S“;;*iu-Behr, Diane Donaldson‘ George Fe’nwick Jones und
ulrich Müller, bearueitei von e,rt ia n.in.“te auf der Grundlage der Ausgabe Die Berliner
Neidhart_Handschrift c ö;;:-??rii;skription der Texte und Melodien von 6grid Bennewitz-
Behr unter Mitwirkrfig uoi’uiri“ft vilter (coppinger Arbeiten.zur Germanistik 356:
Neidhart-Materialien l) äiping.n l98l (Halbgraue ti.eitte zur Historischen Fachinformatik‘
Serie C: Datenbasen als Editionen 14) St‘ Katharinen l99l ‚
,o Der Rahmen ist frier Jää;,;.;;;“ letztlich jedes Wort Inhalte transportiert und somit
zu kennzeichnen *e,., oiäprJiir.rr“ ert“it am Text sich dann jedoch nicht mehr bewältigen
ließe und ^0″. f,o.rtJfJif“tunfällig wäre, wollte man nicht mit einigen wenigen Texten
u.u“i
„rr,
sondem mit ein“i lon* *it“ptäsentativen Menge an schriftlichen Quellen.
attribut/Prädikatsnomenrr, Prädikatr2, Adverbialien/Prädikativ’3) beschreibt
l,.J „in“t eher wortisolierend-semantisch-morphologischen, um literarische
l“ilntion“n bei der Abfassung der Texte näher analysieren zu können‘ Diesen
„i* fur“gotien liegen folgende Umschreibungen oder ,,Definitionen“ zuerunde:
ta
I Unt“r ,,Realien“ werden die Bezeichnungen für Belebtes (Pflanzen, Tiere,
personen) und Unbelebtes (Objekte, taktil Erfassbares, Ortsangaben) verstanden.
o,,Konzepte“ sind ideelle Konstrukte, Personiflrkationen weltanschaulicher
konzepte, Gefühls- und Gemütszustände, Wertvorstellungen sowie Zeitangaben‘
o ,,Verben“ kennzeichnen Tätigkeiten, Vorgänge und Zustände
o Unter ,,Qualitäten“ sind alle Substantive, Adjektive, Verben etc. z:s vetstehen,
die Realien, Konzepte aber auch Handlungen und Zustände näher
spezifrzieren.
An6and eines Textbeispieles soll dieses Vorgehen ausschnittweise illustriert
werden:ls
folio$ 13 1r
lied$001
st $ 0 1/rrühI ingserwachen
go1/ner swarcze dorn ist worden weis. /ttt oo:-
Ol/SLrrLiq2
go2/Nun hat. der maye seinen vleis./rrr oor oL/ql-ikl;k2
go3/geleget an den anger./ttr 001 ol-lvl;ql(r1)
io+/Gar zergangen ist der schne./rrr oor 0L/qlivl-irL
go5/Man siht hewer aber als ee./rrr Oo1 01/v1iqLiq2iq3
go6/Die liechten pl\’l-urnblein slvanger. /rrr oor
0L/qLitLiq2
$07 /oer maye hat die vel-d gar sch tlon beseczeLL. /III
001 01/kL;rLiqL;q2ivL
$08/mit gamillen pl\’tumlein fein./rrr oor
01,/qL (r1) ; q2(r2);q3 (13*) *-iq4
$og/fr\’ro so singen die vogelein./rrr oor
rr Ad3ektivisches Attribut, Apposition, Genitivkonstruktion, Präpositionalattribut, Prädikatsnomen,
erster Kompositumsteil.
l2 Verben, Modalverben.
r3 Adverbien, Prädikativa, prädikativer Infinitiv, Präpositionalgeflige.
ra Eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Kategorien ist auf der Website des Projektes
am Institut für Realienkunde unter dem Menüpunkt ,,Umsetzung der methodischen Vorgaben“
– ,,Allgemeine Auszeichlungskonventionen“ zu finden (Heller-Schuh, Reinecke, Realien im
Kontext, http://www.imarael.oeaw.ac.aVprojects/ kontexte).
15 Unterstrichen sind hier zur Erläuterung die Wörter, die für die Auszeichnung ausgewählt
wurden.
17
oI/qLiq2ivL;rL
$ro/rrs laids sind sie ergeczett – /rrr 001 0l-lkl;v1
t…1
Mit dem Strophertthema (hier: Frühlingserwachen) werden die Inhalte der
Strophe schlagwortartig umrissen, um thematisch gewichtete Abfragen zu ermoglichen.
Die Buchstaben r, k, q, v bezeichnen jeweils die oben genannten
uiei Kategorien, die beigeordneten Zahlen vetweisen auf die Position des Begriffes
iÄ Vers. In der ersten Verszeile (Oer sl/varcze dorn ist
irorden weis) bezeichnet also q1 die erste Qualität (swarcze), r1 die erste
Realie (dorn) und q2 die zweite Qualität (weis) im vers. In Vers 3 haben wir
mit qr (r1) ein Beispiel für eine stärker syntaktisch geprägte Auszeichnung:
Das iräpositionalobjekt (an den anger) gehört zu den sogenannten,,Qualitäten
zweiter Ordnung“, d. h. gekennzeichnet wird hier sowohl die Realie anger,
als auch dass ihr in Verbindung mit der Präposition an eine zusätzliche
öualität der lokal-direktionalen engabe beigeordnet wird.16 Das Kompositum
glamillen pI\ ‚ lumlein ist ein weiteres Beispiel für eine ,,Qualität zweiter
ördnung: hier wird der erste Teil des Kompositums, die Realie gamillen
(qr (rr)), als nähere Spezifizierung des zweiten Teils p1\’lumlein
in-terpretiert, der wiederum zusätzlich als Bestandteil eines Präpositionalobjektes
gekennzeichnet ist (q2 (rZ) ). Das Kompositum als Einheit wird mit 13 *#-
geklnnzeichnetrT, wobei #- darauf verweist, dass hierfür kein Eintrag im
Kleinen Lexer zu finden ist.
Für die weitere inhaltlich komparative und analyische Arbeit notwendig
ist die Entwicklung einer Systematik der relevanten Termini, die verwendet
werden kann, um einzelne oder sinnverwandte Bezeichnungen in sachlichen
ober- und unterkategorien zu finden. In einem Thesaurussystem bzw. codebook
werden Einzelnennungen in anfangs grob strukturierte‘ überblicksartige
Begriffsfelder geordnet, die in themenspezifisch eingegrenzte untergruppen bis
zuinormalisierten Form der vorkommenden Wörter aufgesplittet werden.
16 Weitere Erläuterungen siehe ebda.
I7 Bzw. hier als Bestandteil des Präpositionalobjektes als q3 ( 13 * ) # –
l8
Beispiel: Codebook Real ie18
Das CodebookRea].ie
. BezeiclDrurgetr von Belebteu (Pllwel, Tiereo, Persotreü). . Bezeiclürur-qel von Uubelebten [Gegeiutändeu. taldil Erfaßb u’en (fewr, talte).
Orten].
o är deu Persoueruremtugel zälüetr auc[ Benfsbezeiclunugcn rud – !’oE der io
ilurcr anr Arrsdrrck kouuenden Hrotdltug – Notrtina ageNis (ro nrer),fenet
Eig€Nau€u selbst ürctu diesc dcltt lu in eirmu solch eqgeu $iute a verstchcn
EiKl (Ne i t hart, Wi I denw I t). . strbrtflrtivi€de (Protroruilal-)Acljektive ar Bezeiclututg vou P ercotet (dns die
t@L Lle verpeisseh landpn, nu pitt ich die gaEL dieSllclnd dieJwc\;
die seiren wm erge@tt geltetr {ls Renliel1 arch*eut eile Ellipse I’orliegt
(sie spr@h t@hret alle run soltu verreiden. wds ob dir ein twlvon dzr
mlnne saitt, ah dem rcrgen fn) riten Sdttelinge d- di ggiwlwren
unbehende): detlhnetmd^ dnß iu diesel Fdllen die fiaglicletr Wotidtil bei eiuer
E!:gäEüfg des .\r$gelarsenen att ibutit veN’eodel \fiirdetr ([. ] ‚ w ob dir ein
tlwIl !f, eon dü mtw saitt. l…l- dj seiren lgggli@gf wren
wbehende.), bleibt rurbeni cksi cliligt.
*..t
,*
5
t
‚a
I
.t ‚l
I-l
I
I
t
JI
Das Codebook Reaf ie beinhaltet zunächst die beiden Gruppen Belebt und
Unbelebt, die wiederum in die Untergruppen Mensch, Tier, Pflanze
bzw. objekt, ort und sonstige Naturerscheinung unterteilt sind.
Die Dreiecke am linken Rand signalisieren, ob in diesen Kategorien noch
Untergruppen zu erwarten sind. Entwickelt wurde ein datenbankübergreifendes
Kategoriensystem, in dem sowohl die Bezeichnungen in der Textdatenbank als
auch die Beschreibungstermini der Bilddatenbank sowie der archäologischen
Kleinfunddatenbank zu thematischen Gruppen zusammengefasst verwaltet
werden. Unser Ziel ist, dass beim Navigieren durch dieses Kategoriensystem
der realienkundlich relevanten Begriffe schließlich entsprechende Belege in
ihrer Repräsentation im Text und im digitalisierten Bild aus der Text-, Bild- und
Kleinfunddatenbank angefordert werden können.
18 AUe folgenden Beispiele sind der bereits erwähnten Website des Projektes ,,Realien im
Kontext“ entnommen. Die Navigation zu diesen Seiten ist über das Menü ,,Fundstellenverzeichnis“
-,,Fundste11en“ durchzuführen. Das Projekt befindet sich in seiner Schlussphase,
d. h. dass derzeit noch nicht alle Lieder Bestandteil der Datenbank sind und auch die erforderlichen
Korrekturläufe noch nicht abgeschlossen sind. Ende des Jahres 2000 kann mit der
Fertigstellung der Datenbank zu Neidharts Liedem nach der Handschrift c gerechnet werden.
l9
.Rcalie
EI
Wcrtlel( ;-B.;i;6i-
Wrrtl€1.
EEeichJM
Mensr
Itr’ortl.
8€zetc
Miftelhochdeutsclte
\ryodlirtr
BeimAnklickendesLinksBezeichnutlgwerdenimrechtenFramedie
Wortformen sichtbar, d;;Gt fut“goti“ Ait“tt zugewiesen wurden‘
Beispiel: Codebook Realie – Frau – Bezeichnung
Wie das BeisPiel zeigt, wurden hier als Bezeichnungen für Frauen im allgemeinen
sowohl Substantive wie vrouwe, maget vnd dierne aufgenommen als auch
dabei substantivische IndefinitPronomina (manegiu, keiniu, ieglichiu, etc.) und
substanti vierte indefinite Pronominaladjektive (anderiu ). Die einzelnen Belege
werden dabei nicht in Originalschreibweise, sondern in ihrer normalisierten mittelhochdeutschen
Form im Nominativ Singular wiedergegeben, Die nachgeordneten
Zahlenangaben bei den einzelnen Wortformen geben die jeweiligen
Belegstellen in der Neidhart- Handschrift c in der Reihenfolge Lied-StroPhe-
Vers wieder Belegstelle 001 -03-01 lut die Wortform Yrouwe bedeutet: Der
erste Beleg zjJvrouwe ist zu finden in Lied 1, StroPhe 3, Vers 1
Während in diesem BeisPiel tnter Bezeichnuns alle Wortformen wledergegeben
werden, die für eine oder mehrere Frauen allgemein(!) in dieser
Handschrift in Verwendung kamen, erscheinen durch Anklicken der Links
einzeln und Gruppe jeweils separiert die gefundenen Singular-
Lel‘ Codebooks
. Mittelhochdeutsch€ t90-04-01
zeichnungen von Frauen allgemein.
20
bzw. PluralbeBeispiel:
Codebook Reatie – Frau – Gruppe
Diese Liste gibt alle Belege für Bezeichnungen von mehr als einer Frau wieder
und obwohl es sich dabei irn Text um Wortformen im Plural handelt, wird auch
hier die normalisierte mittelhochdeutsche Form des Lemmas im Nominativ Singular
zur effizienteren Gruppierung und Wiederaufhndung der Wörter für die
Ausgabe gewähltre.
In logischer Folge erscheinen nach dem Anklicken einer Subkategorie
von Frau, z. B. bei Stand/Beruf /Titel- alle Standes- und Berufsbezeichnungen
von Frauen.
In der Kategorie Worlfeld schließlich sind alle Untergliederungen von
Frau wieder aufgehoben und sämtliche Wortformen werden wiedergegeben,
die in der Quelle Frauen – in welcher Funktion auch immer – bezeichnen, d. h.
die Einträge in den spezifischen Untergruppen Name, Stand/Beruf /Titel,
Lebensalter, Körper, Beziehung etc. sind alle Bestandteil dieser Liste
von Wortformen. Dieses Vorgehen wurde gewählt, um sowohl einen stark
tn Dieses Vorgehen wwde nur bei Namen von Personen und Orten durchbrochen, weil die
unzlihligen Phantasiekonstrukte bewahrt und der Forschung zugänglich bleiben sollen. Gekennzeichnet
sind nicht-normalisierte Wortformen durch *, wie im Beispiel hier bei *Adelhait
etc.
2l
kon[t,ex Codebooks
.
. Mittclhochdedschc
selektiv geprägten als auch einen generelleren Zugang zu einem bestimmten
Begriff zu erlauben.
Beispiel: Codebook Realie – Frau – I(ortfeld
Über die bloße Auflistung der Belegstellen der ausgewählten Wörter hinausgehend
besteht die Möglichkeit verschiedene Ebenen des Kontextes eines bestimmten
Wortes anzufordern. Wird eine Belegstelle angeklickt, gelangt der
Benutzer an die entsprechende Stelle im Lied und kann den Sinnzusammenhang,
in dem das nntersuchte Wort in Verwendung kommt, nachlesen – bei
Bedarf auch das gesamte Lied.
kon[Eexte/- Codebooks
Beispiel: Real-ie – Frau – Körper – Wort-feld: /rp – Belegstelle 001-02-02
In obigem Beispiel wurde in der Liste aller Bezeichnungen für den weiblichen
Körper bei lip die Belegstelle 001-02-02 angeklickt. Am Bildschirm erscheint
die wortform leib heworgehoben im ersten Lied der Neidhart-Handschrift c,
zweite strophe, zweiter vers. Als zusätzliche Erweiterung des Kontextes
können schließlich noch literaturhistorische Informationen zum Lied I
(entsprechend auch zu allen anderen Liedern) angefordert werden, wie sie in
einem Art Liedregest zusanmengefasst sind: Die Nummerierung des Liedes in
den Ausgaben von wießner2., Beyschlag-Brunner2l, Bobertag22-und Jöst23, die
Nummerierung des Liedes in anderen Handschriften bzw. Drucken (parallel-
20 Edmund wießner (Hg.), Die Lieder Neidharts (ATB 44) 5. Aufl. Tübingen r999. “ siegfried Beyschlag, Horst Brunner (Hg.), Herr Neidhart diesen Reihen-sang. Die Texte und
Melodien der Neidhartlieder mit Übersetzungen und Kommentaren (Göppinger Arbeiten zur
Germanistik 468) Göppingen 1989. “ Felix Bobertag (Hg.), Nanenbuch. Der pfaner vom Kalenberg. peter Leu. Neithart Fuchs.
Salomon und Markolf. Bruder Rausch (Deutsche National-Literatur I l) Stuttgart 1884, Nachdruck
1964. l4l-292.
23 Erh*d Jdst @g.), Die Historien des Neithart Fuchs. Nach dem Frankfurter Druck von 1566
(Litterae 49) Göppingen I 980.
23
. Mittelfiochdeutsche
(1)
DEr swfl cze dorr ist rvor.den rveis.
Nru hat der maye seileu vleisgelegel
ar del m-qer.
Gd zetgilrgen iit dat sclüle.
Mu silrt herver aber als ee.
Die lieclrteu pl\rlurbleiu svroger.
Der mnye lült die veld gru. sch!lou beseczett.
mit eauilleu pli’hnuleil Gil.
f’r’1o so siugen die vogeleit
hs laids siud sie er‘,eeczelt.
Da fl’hu icfi lob die |ayrreu u’eib.
der rvol-retlaut globter l@
kar prirgeu hoch geruVlute.
Die sichrortalsche hard beh\’1nt.
die lob ich fiu’alles grrtt.
$o u,ol <lir rveibes g\’lute.
Weib behalt deiu er, das rvill ich dir.Raten
Dru ch deir f lilolich w€iplich arclrt
weib dü auss€lavelte fiucht.
las trureu roirurer braleu.
Ntu slhurg ichcerl der f-aryel neirl
$o irret urich eiu arler pein.
Ieh sahe die d\’lorpper tryer
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Ä rrulft“tl,x L,*,/, {‚ulalc,’Fxx,*ir.:,
,., ..-it rj
überlieferung)2a, eine kurze Inhaltsangabe, Interpretation und Beschreibung der
stilmittel des Liedes sowie Angaben zu weiterführender Literatur.
Beispiel: Regest zu Lied 1
Lied 1:
Nuneriorug unclu
Be-vrchlnS-Bnuurer'(1989): 366‘-l?5
Bobeflsg: 199-20,1
Jöst:3lr–l.h
Pd allelübelliefelrurg: f 8:w .liz ll
hilrnlts:utcabe: Souirereirr-qurg (I)lFrauenlotr (tr):Särger gibt sich ills Jöger des
Für’ster ari; ß:I);Etrgelua hilft iluu bei det Ttüschug (l’ID
Interyretntiou; EL;eLna r{ild irr Lied 001 nls der frngerourte eilBefijlutiiilritt“
t, ijt .trt
„iOtuq:
der Bnu€r Elgelruil scheril’t seilenr Feir<t (deru Ritter
Nelthrut) PGrd ruKl Klei(hug
sekudärll(€ritru: Boueke 196?. 63;Jööt 1916, l’l:
. Mittelhochdentsche
ktm ltex (‚otlcltsrol*s
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit den spezifischen Kontext, wre er
zwischen den einzelnen semantischen Gruppen bzw. einzelnen Wörtern (sowohl
in normalisierter Schreibweise als auch im Originalwortlaut der Quelle) besteht,
zu untersuchen. In komplexen Datenbankabfragen2s zu Fragen von Inszenierung
24 h diesem Beispiel handelt es sich um die Handschriften bzw. Drucke:
f – Neidhart-Sammlung Brentanos (Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin,
Ms.germ.qu.764): Paolo Marelli, Gli ,,schwanklieder“ nella tradizione Neidhartiana.
Trascrizione dai manoscrittt flclpr, traduzione, commento. Con edizione critica del
,,Bremenschwank“ (Göppinger Ärbeiten ‚or Germanistik 658) Göppingen 1999;
w – Schratsche Handschrift 1öNn Wien, series nova 3344): Ingrid Bennewitz-Behr (Hg.), Die
wiener Neidhart-Handschrift w (Östen. NB Wien, series nova 3344). Transkription der Texte
und Melodien (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 417) Göppingen 1984; z – Augsburger
Druck (Staats- und Üniu“t.itätsbibliothek Hamburg, ln scrinio 229″; Germanisches Nationalmuseum
Nümberg, NM 8″, Inc. 100996).
25 Derzeit ist aei zugrift auf Merkmalskombinationen noch nicht über die HTML-Seiten
realisiert, sondem ist noch mittels direktem Zugriff auf die Datenbank vor ort in Krems über
die spezifi sche rÄ,ercr;-Befehlssprache vorzunehmen.
24
und Konstruktion von Männlichkeit und Weiblichkeit in der mittelalterlichen
Literatur können z. B. Belegstellen zur Terminologie des weiblichen Körpers
der des männlichen Körpers in ihrem spezifischen Liedkontext gegenübergestellt
werden, gruppiert nach den vergebenen Strophenthemen, um den liedspezifischen
Kontext zu erhellen, erweitert um die entsprechenden Qualitäten, die
diesen Körper(-teile)n im Verskontext zugeteilt wurden, sowie Handlungen und
Zustände, die in Verbindung mit der Nennung des Körperlichen in den Liedern
Neidharts auftreten26.
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit bietet die kategorienübergreifenden
Suche: Die Unterteilung in Realie, Konzept, Qualität und Tätigkeit führt
zu Beschränkungen z. B. bei der wortfeldorientierten Suche. Begriffe nt bestimmten
Themen tauchen in mehr als einer der genannten vier Kategorien auf,
können jedoch zu einer Gruppe zusammengefasst werden. Entsprechende Wörter
aus dem Bereich ,,Kriegerische Handlungen“ beispielsweise sind in der
Kategorie Realie für Menschen als Krieger2l , für Mobiliar2s, Geräte2e und
Bauwerke30 zu finden, in der Kategorie Konzept sind alle Substantive3l und in
der Kategorie Tätigkeit/vorgang/zusEand alle Verben3′, die kriegerische
und kämpferische Handlungen beschreiben, enthalten. Mittels einer
Datenbankabfrage wird die Unterscheidung in Realie, Konzept, Qualität und
Verb aufgelöst und sämtliche Belegstellen zum Themenbereich ,,Kriegerische
Handlungen“ zusammengefasst wiedergegeben33.
Kriterien bei der Auszeichnung und Verkodung des Textes
Die datenbankgestützte verarbeitung historischen Quellenmaterials steht im
Zusammenhang mit spezifischen methodischen Problemen: Bei der Aufbereitung
des Materials wird eine Interpretation oftmals bereits vorweggenom-
26 Zur Geschlechtergeschichte als Forschungsanliegen der Germanistik vgl. u.a. Ingrid Bennewitz,
Helmut Tervooren (Hg.), Manlichiu wip, wiplich man. z;ur Konstruktion der Kategorien
,Körper‘ und ,Geschlecht‘ in der deutschen Literatur des Mittelalters (Beihefte zur Zeitschrift
für deutsche Philologie 9) Berlin 1999 und Alois M. Haas, Ingrid Kasten (Hg.), Schwierige
Frauen – schwierige M?inner in der Literatur des Mittelalters. Bern 1999. “ Kategorie Realie-Belebt-Mensch- lMann, Frau, unspezifisch] Beruf/Titel-Krieger. -Stand/
28 Kategorie Real ie-Unbelebt-Ob j ekt-Mobil iar-Iirtehrtechnik/FoIter.
2e Kategorie ReaIie-Unbelebt-Ob j ekt-€erät-Wehrtechnik/Folter.
30 Kategorie Real ie-unbelebt-ort-Bauwerk-prof an-wehrtechnik/FoIter . 3l Kategorie Konzept-Tätigkeit/Vorgang/zustana-nynamik-Kampf .
12 Kategorie Tätigkeit/v organg / zuslanä-oynamik-Kampf . “ Hierbei handelt es sich wieder um einen zugiff auf Merkmalskombinationen, der in der
Pilotphase des Projekts nicht als interaktive Abfrage über die HTML-Seiten implementiert
werden konnte, sondern als direkter Datenbankzugriff in der entsprechenden rl,ero>
Terminologie erfolgt.
25
men – es entsteht eine Metaquelle, die das Ergebnis der Untersuchung zumtndest
beeinflusst, wenn nicht gar determiniert3a.
Von besonderer Schwierigkeit – die einen intensiven Diskussionsprozess
auslöste – erwies sich daher für das Projektteam die Entscheidung, welche Bedeutung
des Wortes im Text als flir die Untersuchung relevant ausgezeichnet
bzw. verkodet werden sollte, d. h.
o sollte die Bedeutung des Wortes unter Berücksichtigung des inner- sowie
auch außertextlichen Kontexts gewählt werden,
. sollte die Grundbedeutung des Wortes gewählt werden, eine Herangehensweise,
die eine konsequente etymologische Betrachtung der Sprache voraussetzt
und somit keine Übereinstimmung mit dem möglichen Arbeitsaufivand
und dem Forschungsanliegen des Projektes findet3s,
r oder sollte das Wort vielmehr aus seinem Kontext herausgelöst in seinem
wörtlichen, materiellen Sinn verstanden und dem Benutzer der Datenbank
zugänglich gemacht werden?
Dies führt zu der Frage, ob
o die Herangehensweise geleitet sein sollte vom durch die Forschung
geprägten Blick auf vermeintliche mittelalterliche Mentalitäten, der beispielsweise
den lip der Frau in der Minnelyrik nicht als die reale Repräsentation
des weiblichen Körpers ,,lesen“ würde,
e oder ob bewusst ,,anachronistisch“ vorgegangen werden sollte, wobei das
Weltbild der Bearbeiterlnnen den zentralen Ausgangspunkt der Textbetrachtung
bildet, um neue Perspektiven zu eröffnen und nicht Gefahr zu
laufen ein bestehendes Bild (aus Neidhart-Forschung bzw. zu vermeintlich
mittelalterlichen Vorstellungen) zu erhäften. Dem lip der Frau würde hierbei
eben auch die Bedeutun g des Leibs, Körpers zugeordnet werden.
Wir gelangten zu der Entscheidung, dass prinzipiell von der Bedeutung des
Wortes im Kontext ausgegangen werden soll. Wenn diese aus dem Zusammenhang
nicht zweifelsfrei erschlossen werden kann, erfolgt eine Mehrfachzuweisung
zu den entsprechenden Kategorien.Die dörper sind daher sowohl als
,,Dorfbewohner“36 verkodet als auch als ,,Tö1pe1″37, gdch sowohl als ,,schnell“38,
als auch als ,plötzlich“3e und ,jähzomig“a0. Weiters sollte nicht nur die Interpretation
von Wörtem in ihrem Kontext oder die Berücksichtigung der
3a Zu dieser Problematik im allgemeinen vgl. Wolfgang Levermam, Kontextsensitive
Datenverwaltung (Halbgraue Reihe zur historischen Fachinformatik. Serie B: Softwarebeschreibungen
8) St. Katharinen 1991.
15 Vgl. mieder: mueder ) gewölbter Bauch.
16 Kategorie Real ie – Belebt – Mensch- unspez i f i sch- Stand/Beruf /TiteI –
Land-Gruppe.
37 Kategorie Realie-Bel-ebt -Mensch-unspezif isch-Rest -cruppe .
38 Kategorie Qual ität -Dynamik .
3e Kategorie Qual- ität – temporal /durat iv.
a0 Kategorie Qual ität – Gef ühl /cemüt .
26
metaphorischen Ebene – wie sie z. B. in dem Ausdruck den Hut nehmen vorliegt
– Basis für die Zuordnung der Wörter zu semantischen Gruppen sein,
sondern zusätzlich ist auch die wörtliche Bedeutung zu vermerken und zu
verkoden, um einen Zugang zu bieten, der auch den Blick aufdas Fremde, das
Gegensätzliche, auf die uns ferne Verwendung von Wörtern thematisiert. Im
genannten Beispiel – den Hut nehrnen – bleibt also sowohl der Hut als Realie
erhalten, als auch der Vorgang des Abschiednehmens bei den Verben.
Aufgrund dieser Überlegungen schien es uns aber auch erforderlich, den
Benutzern der Online-Datenbank die einzelnen Wörter losgelöst aus dem Interpretationszusammenhang
und unabhängig von ihrem Kontext zusätzlich anzubieten.
Als Orientierungs- und Suchhilfe nach Wörtern unabhängig von ihrer
semantischen Zuweisung sind in Form einer komfortablen Konkordanz
sämtliche Wortformen in normalisierter Form alphabetischen Listen rJ entnehmen,
die es ermöglichen in schneller Weise einen Überblick über das
(Gesamt-)Auftreten einzelner Wörter zu erlangen. Die Listen enthalten sämtliche
aufgenommenen Wörter ohne Unterscheidung, ob es sich um Realien,
Konzepte, Qualitäten oder Tätigkeiten etc. handelt. Durch Aktivieren der jeweils
angeführten Belegstellen gelangt man wiederum unmittelbar zur Textstelle.
Beispiel:
Alphabetische wortl-iste – Fundstellen: alt*
Codebooks
, Rrali:
A B c D E F G H J K L M
N o P a R s T U w x Y z
KoEpt
Qudift
Mittclhochdcürchc
,
27
Um unser Vorgehen zusätzlich transparent zu halten, als Korrekturhilfe, aber
auch als Mittel zur Auffindung von semantisch verwandten Begriffen sind unter
Fundstellen mit Katesorien alphabetische Wortlisten abrufbar, die neben der
not-utitiot“n Wortform auch die zugewiesene semantische Kategorie wiedergeben
sowie nun jene Belegstellen, wo das wort in entsprechender verwendung
auftritt.
Beispiel: Afphabetische Wortliste – Fundstellen mit Katesorien: alt*
Ausblick auf Anwendungsmöglichkeiten
Nach Einbindung weiterer unterschiedlicher Textrelikte lässt sich an das
bereitgestellte Materialcorpus auf dreifache Weise herangehen:
Erstens ließe sich unter Berücksichtigung der zeitlichen Komponente
untersuchen, wie gleiche Themen in verschiedenen Genres der schriftlichen
Überlieferung behandelt werden, etwa:
28
kon[t’exbeJ- Codebooks
. Mittelhochdcutschc
o Werden gleiche Motive in den verschiedenen Textgattungen (Liedern,
Schwänken, Spielen) mit unterschiedlichen, der Erwartung der Rezipienten
angepassten Bezeichnungen beschrieben?ar
o In welcher Art unterscheidet sich die Beschreibung von gleichen Motiven bei
literarischen, normativen und didaktischen Quellen?
Eine zweite Möglichkeit besteht im vergleich der schriftlichen Neidhart-
Tradition mit bildlichen Neidhart-Darstellungen, die sich im selben thematischen
Motivkreis bewegen:
o Welche Motive des Textes werden in den Darstellungen visualisiert? r Wie sieht der Grad der Übereinstimmung zwischen Text und Bild aus, welche
Informationen wurden weggelassen, welche kamen dazu ?
o Ist das wort-Bild-verhältnis zwischen dem Text des Neithart Fuchs und seinen
Holzschnitten ein anderes als das zwischen Neidhart-Texten und solchen
bildlichen Darstellungen ihrer Themen, die nicht zur unmittelbaren Illustration
eines Textes, sondern gesondert von ihm geschaffen wurden, wie z. B.
die Fresken?
und drittens schließlich ließen sich nach der Einbindung weiterer Textdatenbanken
aus anderen Kontexten systematische vergleiche zwischen Kleiderordnungen,
Predigten etc. (als normativ-didaktische euellentypen), literarischen
Texten, den Darstellungen in der Bilddatenbank (idealtypische Situationen
repräsentierend) sowie deren ,,realen“ Entsprechungen in der archäologischen
Kleinfu nddatenbank durchführen :
o welche Topoi, didaktische Motive und symbolische Inhalte können in Texten
und Bildern gefunden werden?
o welche Mittel (Zeichen und Muster) werden verwendet, um positives und
negatives Handeln in diesen Medien darzustellen?
o In welcher Art unterscheidet sich die Beschreibung von objekten, wie z. B.
Kleidung und schmuck, in literarischen Texten von deren Darstellung in
religiösem Bildmaterial und archäologischen Funden?
al Z. B. als untersttitzendes Werkzeug bei Untersuchungen, wie sie Patricia Harant vorgenommen
hat, nämlich im Neidhart-colpus ,,quer durch alle mit dem Namen und der Motivik verbundene
Texte nach dem Verbindenden der,,Neidhart-Gattung“ zu suchen.; vgl. ihren Beitrag in diesem Band: Liedrezeption in den Neidhartspielen. Der lange weg N:eidharts – von
Reuental nach Zeiselmauer.
29
Gertrud Blaschitz (Hg.)
NEIDHARTREZEPTION
IN WORT UND BILI)
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-r. Ji\)l
“!
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.,i .6 – 2,/1
l,lAao
Krems 2000
Inhalt
Vorwort 9
Einleitung l0
Neidhart in der Datenbank
Barbara Heller-Schuh, konftextel. Methodische Uberlegungen
zur Konzeption einer Datenbank mittelhochdeutscher Texte l3
Wandmalereien in der Tradition Neidharts
Roland Böhmer, Neidhart im Bodenseegebiet.
Zur Ikonographie der Neidhartdarstellungen in der
Ostschweizer Wandmalerei des 14. Jahrhunderts 30
, Nikolaus Henkel, Ein Neidharttanz des 14. Jahrhunderts
in einem Regensburger Bürgerhaus 53
Elga Lanc, Neidhart-Schwänke in Bild und Wort
aus der Burg Trautson bei Matrei 7l
Gertrud Blaschitz und Barbara Schedl, Die Ausstattung eines Festsaales
im mittelalterlichen Wien. Eine ikonologische und textkritische
Untersuchung der Wandmalereien des Hauses ,,Tuchlauben 19″ …………… 84
Neithard, Neithart Fuchs und das Grabmal zu St. Stephan
Richard Perger, Neithart in Wien tt2
Friedrich Dahm, Das,,l.{eidhart-Grabmal“ im Wiener Stephansdom.
Untersuchungen zur Bau- und Restauriergeschichte
5
123
Karl Großschmidt, Die Skelettreste des Minnesängers
Neidhart von Reuental und dessen Epigonen Neithart Fuchs.
Eine Identifizierung
Gertrud Blaschitz, Das sog. Neidhart-Grabmal zu St. Stephan und andere
Dichtergräber
Neidhartschwänke und Neidhartspiele
Erhard Jöst, Den Bawrn zu leydfahr ich dahere. Text und Bild
im,,Neithart Fuchs“
Erhard Jöst, Wiltu neithart wissen… Der Reliefzyklus an der Meißener
Albrechtsburg
Patricia Harant, Liedrezeption in den Neidhartspielen. Der lange Weg
Neidharts – von Reuental nach Zeiselmauer
Restaurierung yon Neidhartbildwerken
Renäta Burszän, Salzproblematik der mittelalterlichen Wandmalereien
in Wien, ,,Tuchlauben 19″ sowie Konservierung / Restaurierung
der Szene,,Spiegelraub“
Manfred Koller, Untersuchung und Restaurierung von Bildwerken
des Neidhartkreises in Wien und Tirol
Inhalt der beilieeenden CD-ROM (Aktivierung mittels Aufruf von
index. htm)
Wandmalereien
Diessenhofen,fur Zinne“
Zijrrich,fum Brunnenhof‘
Zürich,Zum Griesemann“
Winterthur,Zum Grundstein“
Regensburg, Glockengasse 14
Burg Trautson
Burg Runkelstein
Wien,,,Tuchlauben 19″
156
l7t
189
210
219
249
278
6
SkulPturen
Albrechtsburg in Meißen
Neidhart-Grabmal zu St. Stephan in Wien
Historische Aufrrahmen
Hochgrab
Chronolo gie der Graböffnung
Figur und Sockelrelief nach der Restaurierung
Holzschnitte
Die Schwanksammlung,,Neithart Fuchs“
Inkunabel Augsburg l49l-97 (z)
Fragment Augsburg I49l-97
Inkunabel Nümberg 1537 (zt)
Inkunabel Frankturt 1566 (*)
Federzeichnung
7
‚ Vorwort
Der vorliegende Band präsentiert Ergebnisse einer voT Institut für
n“uti“nmoa“ des Mittelalters und der frühen Neuzeit der Osteneichischen
etuO.tni“ der Wissenschaften und den Werkstätten des Östeneichischen Bundesdenkmalamtes
veransüalteten Tagung im Oktober 1999. Anlass für die Tagong
*ur einerseits das am Institut für Realienkunde laufende Projekt Realien
im kontext – Datenbank von ,,Realien“ in der mittelhochdeutschen Literalo“,
dut auf einem Text des Minnesängers Neidhart von Reuental basiert und im
Sinne ein“t kontextuellen Methode die Neidhart-Bildtradition in die Projektarbeit
einbezieht. Andererseits erfolgte zur gleichen Zeit im Bundesdenkmalamt
Wien die Restaurierung von Originalen der Neidhart-Bildtradition, und die
abermalige Restaurierung der Wandmalereien aus den Wiener Tuchlauben war
bereits in Diskussion. Nach diesem Arbeitsgespräch erlangte das Kremser
,“Irleidhartprojekt“ nicht nur neue Dynamik und weitere Dimensionen, sondern
auch Aktualität.
Die vorliegende Publikation ist das Ergebnis einer äußerst erfreulichen
interdisziplinären Zusammenarbeit, die neueste Forschungsberichte zu Neidhart
und Neithart Fuchs aus Denkmalpflege, Kunstgeschichte, Germanistik, Geschichte
und EDV bringt.
Ich danke Gerhard Jaritz, dem Herausgeber der Zeitschrift ,Medium
aevum quotidianum“, für die Aufnahme der Publikation als Sonderband.
Mein Dank gilt ganzbesonders Elisabeth vavra, Barbara Schedl und Karl
Brunner für viele hilfreiche Gespräche. Für tatkräftige und geduldige Unterstützung
danke ich Birgit Karl, Gundi Tarcsay und Peter Böttcher.
Gertrud Blaschitz
9
—
Der Band
Einleitung
Das Ziel des Pilotprojektes Realien im Kontext – Datenbank von ,,Realien,. in
der mittelhochdeutschen Literatur war es, in Erg?inzung zu der äInstitut für
Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit b-estehenden Bilddaten_
bank methodische Grundlagen für den Aufbau einer Textdatenbank zu entwickeln,
die den Zugriffaufrealienkundlich relevante Bezeichnungen in den verschi“
denen Texttypen ermöglichen und die Abfrage nach äegdiren oder
Begrifßkombinationen in beiden Datenbanken erlauben soll. üie für die
Bilddatenbank wurde auch bei der Textdatenbank das Datenbankverwaltungssystem
rLero, in Anwendung gebracht. Anhand der umfangreichsten sammlu-ng von Neidhartliedern des Spätmittelalters, der Berliner Händschrift c, wurden
Grundlagen für die Textanalyse dichterischer euellen erarbeitet lBarbara Heller_
Schuh).
zeugen einer lebhaften Neidhartrezeption* sind in vier schweizer
städten wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert überliefert. Rolanä Böhmer
untersucht die Neidhart-wandmalereien in den ehemaligen Habsburlerlanden
und unternimmt deren Einordnung in die zeitgenössische-profane we’stscrr*ei
zer wandmalerei. – Ebenfalls dem 14. Jahrhundert zuzuordnen ist der harttanz“ in ,,Neit- einem Regensburger Bürgerhaus, der r9g4 bei Renovierungsarbeiten
entdeckt wurde, über den Nikolaus Henkel schreibt. Die von den werkstätten des Bundesdenkmalamtes wien unter der Leitung von Manfred
lMgallterel id urchgeführre Restaurierung der wandmalerei aus der nu?g üuut.on u.i machte das Manko, dasJ diesem wandbild bis dato
-t“in“
ikono_
graphische würdigung zuteil wurde, deutlich. Elga Lanc uoter.u“nf äi“ Darstel_
lung der Neidhartschwänke in Bild und wort undlegt somit erstmals eine studie zu diesem wesentlichen Zeugnis der Neidhart-Bildädition in stiJti.oi-vor. Der Artikel ,,Die Ausstattung einis Festsaales im mittelalterlichen wien.. von Ger_ trud Blaschitz und Barbara Schedr unternimmt den versuch, aie tglg entdeck-
Zur Schreibung: Im sinne.der Neidhartrezeption wird nur dann die Schreibung Neithart an_ gewandt, wenn eindeutig Neithart Fuchs, der Hotnann ottos des Fröhlichen (1330_1339) gemeint ist.
l0
ten Wandmalereien der Wiener Tuchlauben in den Kontext der mündlichen,
srt ritti“tr“n und ikonographischen Neidhartüberlieferung zu stellen.
Im Themenbereich Neidhart, Neithart Fuchs und das Grabmal zu St.
Stephan bringt Richard Perger ein Resümee seiner historischen Studien über
N“ittturt Fuchs in wien. Im Laufe der Restaurierung der Tumbafigur des
Neidhart-Fuchs-Grabes zu st. Stephan unter der Leitung von Manfred Koller
wurde die Notwendigkeit einer Renovierung der gesamten Tumba erkannt, was
deren Abbau bedingte: Die erforderliche Graböffnung im April 2000 ermöglichte
erstmals eine genaue kunsthistorische Analyse des Hochgrabes (Friedrich
Dahm) sowie die anthropologische Untersuchung der darin befindlichen
Knochen (Karl Großschmid|. Eine Synopse dieser aktuellen Forschungsergebnisse
versucht die Herausgeberin.
Im Komplex Neidhartschwänke und Neidhartspiele bringt Erhard Jöst
Interpretationen zur Rezeptionsgeschichte der Wort-Bild-Relation der Neithartschwänke
in den Ausgaben des Schwankbuches und auf den Reliefs der Albrechtsburg
in Meißen. Patricia Harant beschäftigt sich mit der Liedrezeption in
den Neidhartspielen.
Im Kapitel ,,Restaurierung von Neidhartbildwerken“ wird die Notwendigkeit
einer abermaligen Restaurierung der Neidhart-Wandmalereien in den
Wiener Tuchlauben aus der Zeit um 1400 begründet; Renäta Burszän stellt in
diesem Band die wichtigsten Ergebnisse ihrer Diplomarbeit über die Salzschäden
der mittelalterlichen Wandmalereien (Akademie der bildenden Künste,
Meisterklasse für Restaurierung und Konservierung) vor‘ Ihre beispielhaft
durchgeführten Analysen der Salzproblematik sowie der Konservierung und
Restaurierung der Szene ,spiegelraub‘ sind ausführlich auch auf der
beiliegenden CD-ROM dokumentiert. Manfred Koller berichtet über die Untersuchung
und Restaurierung der Wandmalerei aus der Burg Trautson und des
Grabmiles des Neithart Fuchsr.
Die CD-ROM
Die dem Band beigefügte CD-ROM enthält sämtliche uns bekannten mittelalterlichen
Bildquellen der Neidhart-Tradition. Es sind dies Wandmalereien,
Skulpturen, Holzschnitte aus der Schweiz, aus Italien, aus Deutschland und aus
Osterreich, weiters das Hochgrab mit der Liegefigur zu St. Stephan in Wien und
eine Federzeichnung aus einem Wiener Codex. Neben bereits bekannten
Werken der Neidhart-Bildtradition, zum Teil in neuesten Aufoahmen, finden
sich zahlreiche Novitäten. Dant zählen bei den Wandmalereien die Aufrrahmen
rEin weiterer Beinag zum Thema ,,Restaurienrng von Neidhadbildwerken“ wird im Heft 43
von Medium Aewm Quotidianum 2001 erscheinen: Stefan Rodler, Zu Maltechnik, Zustand
und Präsentationsproblematik des Neidhadzyklus (Diplomarbeit an der Akademie der
bildenden Künste, Meisterklasse für Restaurierung und Konservierung).
ll
:-
aus dem Bürgerhaus in Regensburg, weiters die Wiedergabe der von Friedrich
von Schmidt angefertigten Nachzeichnung aus der Burg Runkelstein2, die
Aufnahmen von der kürzlich in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes Wien
restaurierten Neidhart-Wandmalerei aus der Burg Trautson3 und die Ergebnisse
der rasterelektronenmikroskopischen bzw. röntgenmikroanalytischen Untersuchungen
von Renäta Burszän anläßlich ihrer Diplomarbeit über die Salzproblematik
in den Wiener Tuchlauben. Gänzlich neu sind die Aufuahmen von der
restaurierten Tumbahgur des Neidhart-Grabes zu St. Stephan, die Reportage von
der Graböffnung, die Aufnahmen über die Tumbakonstruktion und über die
Stratigraphie des Knochenmaterials, aber auch die über die Überreste der Gebeine.
Neben den bereits von Erhard Jöst publizierten Holzschnitten aus den
Drucken des Schwankbuches von l49l-9’7 (z) und 1566 (22) wird die komplette
Folge der Holzschnitte des Fragmentes Augsburg l49I-97 und die Ausgabe von
1537 (zt) wiedergegeben, die dankenswerterweise von Erhard Jöst als Mikrofilme..
zur Verfügung gestellt wurden. Die Federzeichnung aus dem Codex 5458
der Osterreichischen Nationalbibliothek, bereitgestellt von Veronika Pirker-
Aurenhammera, vervollständigt die bisher bekannte Kollektion an Bildzeugnissen
aus der Neidhart-Tradition.
2 Mein Dank gilt Andr6 Bechtold, der mir eine Aufirahme des Runkelsteiner Veilchenschwankes
als Diapositiv zur Verfügung stellte.
‚DI Gobert Auersperg danke ich herzlich für die Fotografieredaubnis und für die Genehmigung
zur veröffentlichung dieser Aufirahmen der Neidhartwandmalerei aus der Burg
Trautson bei Matrei.
a Veronika Pirker-Aurenhammer danke ich ganz herzlich für die Information über die Federzeichnung
im Codex 5458 der Österreichischen Nationalbibliothek.
t2
Gertrud Blaschitz (Hg.)
NEIDHARTREZEPTION
IN WORT UND BILI)
\.::J till
-r. Ji\)l
“!
itqrr.[J.
.,i .6 – 2,/1
l,lAao
Krems 2000
Inhalt
Vorwort 9
Einleitung l0
Neidhart in der Datenbank
Barbara Heller-Schuh, konftextel. Methodische Uberlegungen
zur Konzeption einer Datenbank mittelhochdeutscher Texte l3
Wandmalereien in der Tradition Neidharts
Roland Böhmer, Neidhart im Bodenseegebiet.
Zur Ikonographie der Neidhartdarstellungen in der
Ostschweizer Wandmalerei des 14. Jahrhunderts 30
, Nikolaus Henkel, Ein Neidharttanz des 14. Jahrhunderts
in einem Regensburger Bürgerhaus 53
Elga Lanc, Neidhart-Schwänke in Bild und Wort
aus der Burg Trautson bei Matrei 7l
Gertrud Blaschitz und Barbara Schedl, Die Ausstattung eines Festsaales
im mittelalterlichen Wien. Eine ikonologische und textkritische
Untersuchung der Wandmalereien des Hauses ,,Tuchlauben 19″ …………… 84
Neithard, Neithart Fuchs und das Grabmal zu St. Stephan
Richard Perger, Neithart in Wien tt2
Friedrich Dahm, Das,,l.{eidhart-Grabmal“ im Wiener Stephansdom.
Untersuchungen zur Bau- und Restauriergeschichte
5
123
Karl Großschmidt, Die Skelettreste des Minnesängers
Neidhart von Reuental und dessen Epigonen Neithart Fuchs.
Eine Identifizierung
Gertrud Blaschitz, Das sog. Neidhart-Grabmal zu St. Stephan und andere
Dichtergräber
Neidhartschwänke und Neidhartspiele
Erhard Jöst, Den Bawrn zu leydfahr ich dahere. Text und Bild
im,,Neithart Fuchs“
Erhard Jöst, Wiltu neithart wissen… Der Reliefzyklus an der Meißener
Albrechtsburg
Patricia Harant, Liedrezeption in den Neidhartspielen. Der lange Weg
Neidharts – von Reuental nach Zeiselmauer
Restaurierung yon Neidhartbildwerken
Renäta Burszän, Salzproblematik der mittelalterlichen Wandmalereien
in Wien, ,,Tuchlauben 19″ sowie Konservierung / Restaurierung
der Szene,,Spiegelraub“
Manfred Koller, Untersuchung und Restaurierung von Bildwerken
des Neidhartkreises in Wien und Tirol
Inhalt der beilieeenden CD-ROM (Aktivierung mittels Aufruf von
index. htm)
Wandmalereien
Diessenhofen,fur Zinne“
Zijrrich,fum Brunnenhof‘
Zürich,Zum Griesemann“
Winterthur,Zum Grundstein“
Regensburg, Glockengasse 14
Burg Trautson
Burg Runkelstein
Wien,,,Tuchlauben 19″
156
l7t
189
210
219
249
278
6
SkulPturen
Albrechtsburg in Meißen
Neidhart-Grabmal zu St. Stephan in Wien
Historische Aufrrahmen
Hochgrab
Chronolo gie der Graböffnung
Figur und Sockelrelief nach der Restaurierung
Holzschnitte
Die Schwanksammlung,,Neithart Fuchs“
Inkunabel Augsburg l49l-97 (z)
Fragment Augsburg I49l-97
Inkunabel Nümberg 1537 (zt)
Inkunabel Frankturt 1566 (*)
Federzeichnung
7
‚ Vorwort
Der vorliegende Band präsentiert Ergebnisse einer voT Institut für
n“uti“nmoa“ des Mittelalters und der frühen Neuzeit der Osteneichischen
etuO.tni“ der Wissenschaften und den Werkstätten des Östeneichischen Bundesdenkmalamtes
veransüalteten Tagung im Oktober 1999. Anlass für die Tagong
*ur einerseits das am Institut für Realienkunde laufende Projekt Realien
im kontext – Datenbank von ,,Realien“ in der mittelhochdeutschen Literalo“,
dut auf einem Text des Minnesängers Neidhart von Reuental basiert und im
Sinne ein“t kontextuellen Methode die Neidhart-Bildtradition in die Projektarbeit
einbezieht. Andererseits erfolgte zur gleichen Zeit im Bundesdenkmalamt
Wien die Restaurierung von Originalen der Neidhart-Bildtradition, und die
abermalige Restaurierung der Wandmalereien aus den Wiener Tuchlauben war
bereits in Diskussion. Nach diesem Arbeitsgespräch erlangte das Kremser
,“Irleidhartprojekt“ nicht nur neue Dynamik und weitere Dimensionen, sondern
auch Aktualität.
Die vorliegende Publikation ist das Ergebnis einer äußerst erfreulichen
interdisziplinären Zusammenarbeit, die neueste Forschungsberichte zu Neidhart
und Neithart Fuchs aus Denkmalpflege, Kunstgeschichte, Germanistik, Geschichte
und EDV bringt.
Ich danke Gerhard Jaritz, dem Herausgeber der Zeitschrift ,Medium
aevum quotidianum“, für die Aufnahme der Publikation als Sonderband.
Mein Dank gilt ganzbesonders Elisabeth vavra, Barbara Schedl und Karl
Brunner für viele hilfreiche Gespräche. Für tatkräftige und geduldige Unterstützung
danke ich Birgit Karl, Gundi Tarcsay und Peter Böttcher.
Gertrud Blaschitz
9
—
Der Band
Einleitung
Das Ziel des Pilotprojektes Realien im Kontext – Datenbank von ,,Realien,. in
der mittelhochdeutschen Literatur war es, in Erg?inzung zu der äInstitut für
Realienkunde des Mittelalters und der frühen Neuzeit b-estehenden Bilddaten_
bank methodische Grundlagen für den Aufbau einer Textdatenbank zu entwickeln,
die den Zugriffaufrealienkundlich relevante Bezeichnungen in den verschi“
denen Texttypen ermöglichen und die Abfrage nach äegdiren oder
Begrifßkombinationen in beiden Datenbanken erlauben soll. üie für die
Bilddatenbank wurde auch bei der Textdatenbank das Datenbankverwaltungssystem
rLero, in Anwendung gebracht. Anhand der umfangreichsten sammlu-ng von Neidhartliedern des Spätmittelalters, der Berliner Händschrift c, wurden
Grundlagen für die Textanalyse dichterischer euellen erarbeitet lBarbara Heller_
Schuh).
zeugen einer lebhaften Neidhartrezeption* sind in vier schweizer
städten wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert überliefert. Rolanä Böhmer
untersucht die Neidhart-wandmalereien in den ehemaligen Habsburlerlanden
und unternimmt deren Einordnung in die zeitgenössische-profane we’stscrr*ei
zer wandmalerei. – Ebenfalls dem 14. Jahrhundert zuzuordnen ist der harttanz“ in ,,Neit- einem Regensburger Bürgerhaus, der r9g4 bei Renovierungsarbeiten
entdeckt wurde, über den Nikolaus Henkel schreibt. Die von den werkstätten des Bundesdenkmalamtes wien unter der Leitung von Manfred
lMgallterel id urchgeführre Restaurierung der wandmalerei aus der nu?g üuut.on u.i machte das Manko, dasJ diesem wandbild bis dato
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graphische würdigung zuteil wurde, deutlich. Elga Lanc uoter.u“nf äi“ Darstel_
lung der Neidhartschwänke in Bild und wort undlegt somit erstmals eine studie zu diesem wesentlichen Zeugnis der Neidhart-Bildädition in stiJti.oi-vor. Der Artikel ,,Die Ausstattung einis Festsaales im mittelalterlichen wien.. von Ger_ trud Blaschitz und Barbara Schedr unternimmt den versuch, aie tglg entdeck-
Zur Schreibung: Im sinne.der Neidhartrezeption wird nur dann die Schreibung Neithart an_ gewandt, wenn eindeutig Neithart Fuchs, der Hotnann ottos des Fröhlichen (1330_1339) gemeint ist.
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ten Wandmalereien der Wiener Tuchlauben in den Kontext der mündlichen,
srt ritti“tr“n und ikonographischen Neidhartüberlieferung zu stellen.
Im Themenbereich Neidhart, Neithart Fuchs und das Grabmal zu St.
Stephan bringt Richard Perger ein Resümee seiner historischen Studien über
N“ittturt Fuchs in wien. Im Laufe der Restaurierung der Tumbafigur des
Neidhart-Fuchs-Grabes zu st. Stephan unter der Leitung von Manfred Koller
wurde die Notwendigkeit einer Renovierung der gesamten Tumba erkannt, was
deren Abbau bedingte: Die erforderliche Graböffnung im April 2000 ermöglichte
erstmals eine genaue kunsthistorische Analyse des Hochgrabes (Friedrich
Dahm) sowie die anthropologische Untersuchung der darin befindlichen
Knochen (Karl Großschmid|. Eine Synopse dieser aktuellen Forschungsergebnisse
versucht die Herausgeberin.
Im Komplex Neidhartschwänke und Neidhartspiele bringt Erhard Jöst
Interpretationen zur Rezeptionsgeschichte der Wort-Bild-Relation der Neithartschwänke
in den Ausgaben des Schwankbuches und auf den Reliefs der Albrechtsburg
in Meißen. Patricia Harant beschäftigt sich mit der Liedrezeption in
den Neidhartspielen.
Im Kapitel ,,Restaurierung von Neidhartbildwerken“ wird die Notwendigkeit
einer abermaligen Restaurierung der Neidhart-Wandmalereien in den
Wiener Tuchlauben aus der Zeit um 1400 begründet; Renäta Burszän stellt in
diesem Band die wichtigsten Ergebnisse ihrer Diplomarbeit über die Salzschäden
der mittelalterlichen Wandmalereien (Akademie der bildenden Künste,
Meisterklasse für Restaurierung und Konservierung) vor‘ Ihre beispielhaft
durchgeführten Analysen der Salzproblematik sowie der Konservierung und
Restaurierung der Szene ,spiegelraub‘ sind ausführlich auch auf der
beiliegenden CD-ROM dokumentiert. Manfred Koller berichtet über die Untersuchung
und Restaurierung der Wandmalerei aus der Burg Trautson und des
Grabmiles des Neithart Fuchsr.
Die CD-ROM
Die dem Band beigefügte CD-ROM enthält sämtliche uns bekannten mittelalterlichen
Bildquellen der Neidhart-Tradition. Es sind dies Wandmalereien,
Skulpturen, Holzschnitte aus der Schweiz, aus Italien, aus Deutschland und aus
Osterreich, weiters das Hochgrab mit der Liegefigur zu St. Stephan in Wien und
eine Federzeichnung aus einem Wiener Codex. Neben bereits bekannten
Werken der Neidhart-Bildtradition, zum Teil in neuesten Aufoahmen, finden
sich zahlreiche Novitäten. Dant zählen bei den Wandmalereien die Aufrrahmen
rEin weiterer Beinag zum Thema ,,Restaurienrng von Neidhadbildwerken“ wird im Heft 43
von Medium Aewm Quotidianum 2001 erscheinen: Stefan Rodler, Zu Maltechnik, Zustand
und Präsentationsproblematik des Neidhadzyklus (Diplomarbeit an der Akademie der
bildenden Künste, Meisterklasse für Restaurierung und Konservierung).
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:-
aus dem Bürgerhaus in Regensburg, weiters die Wiedergabe der von Friedrich
von Schmidt angefertigten Nachzeichnung aus der Burg Runkelstein2, die
Aufnahmen von der kürzlich in den Werkstätten des Bundesdenkmalamtes Wien
restaurierten Neidhart-Wandmalerei aus der Burg Trautson3 und die Ergebnisse
der rasterelektronenmikroskopischen bzw. röntgenmikroanalytischen Untersuchungen
von Renäta Burszän anläßlich ihrer Diplomarbeit über die Salzproblematik
in den Wiener Tuchlauben. Gänzlich neu sind die Aufuahmen von der
restaurierten Tumbahgur des Neidhart-Grabes zu St. Stephan, die Reportage von
der Graböffnung, die Aufnahmen über die Tumbakonstruktion und über die
Stratigraphie des Knochenmaterials, aber auch die über die Überreste der Gebeine.
Neben den bereits von Erhard Jöst publizierten Holzschnitten aus den
Drucken des Schwankbuches von l49l-9’7 (z) und 1566 (22) wird die komplette
Folge der Holzschnitte des Fragmentes Augsburg l49I-97 und die Ausgabe von
1537 (zt) wiedergegeben, die dankenswerterweise von Erhard Jöst als Mikrofilme..
zur Verfügung gestellt wurden. Die Federzeichnung aus dem Codex 5458
der Osterreichischen Nationalbibliothek, bereitgestellt von Veronika Pirker-
Aurenhammera, vervollständigt die bisher bekannte Kollektion an Bildzeugnissen
aus der Neidhart-Tradition.
2 Mein Dank gilt Andr6 Bechtold, der mir eine Aufirahme des Runkelsteiner Veilchenschwankes
als Diapositiv zur Verfügung stellte.
‚DI Gobert Auersperg danke ich herzlich für die Fotografieredaubnis und für die Genehmigung
zur veröffentlichung dieser Aufirahmen der Neidhartwandmalerei aus der Burg
Trautson bei Matrei.
a Veronika Pirker-Aurenhammer danke ich ganz herzlich für die Information über die Federzeichnung
im Codex 5458 der Österreichischen Nationalbibliothek.
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