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Gesetzliche Normen für Festlichkeiten in der mittelalterlichen Stadt am Beispiel Nürnbergs

Gesetzliche Normen für Festlichkeiten
in der mittelalterlichen Stadt am Beispiel Nümbergs
Manuela Pezzetto
Das Leben im Mittelalter war weitaus intensiver vom Gegensatz „Arbeits-/
Alltag“ und „Fest/Feiertag“ geprägt als dies heute der Fall ist; durch die starke
religiöse Ausrichtung des Lebens kommt den kirchlichen Feier-, Fast- und
Bußtagen eine große Bedeutung zu. Jnsgesamt waren, je nach Region circa 80-
100 Tage im Jahr arbeitsfrei, da kirchliche Feiertage zu begehen waren, bzw. auf
die großen kirchlichen Festtage (Weihnachten, Ostern, Pfmgsten) eine ganze
arbeitsfreie Woche folgte. Erst im Spätrnittelalter, vor allem in Zusammenhang
mit dem Aufblühen des Handels und der damit verbundenen Idee von Gewinnsteigerung,
versuchte man, die Anzahl der arbeitsfreien Tage zu veningern.1
Welche Feste und Feiertage waren nun in der mittelalterlichen Stadt von
Bedeutung:
• Religiöse Feste im Jahreskreis wie Sonntage, Weihnachten, Ostern,
Pfingsten, Epiphanie, Christi Himmelfahrt, Marienfeiertage;
• Feste mit religiösem Hintergrund, mit starker Verbindung zum bäuerlich
geprägten Leben, die allerdings auch in der Stadt relevant waren: Aussaat,
Erntedank, Abgabetage für Zehente (Hl. Michael, Mattin, Maria Lichtmess);
• private Feste wie Taufe, Kindbettfeier, Hochzeit, Begräbnis;
• öffentliche Feste wie Volksfeste, Jahrmärkte, Kirchweihfeste, Fastnacht,
Prozessionen, Gesellentänze, Bruderschaftsfeierlichkeiten.2
Die Otte, an denen gefeiert wurden, waren mannigfaltig, einerseits wurden viele
Feste auf öffentlichen Plätzen begangen, sei es am Kirchplatz, dem Rathausplatz
und den oft eigens angelegten „Lindenplätzen“, andererseits gab es gerade auch
bei den „privaten“ Feiern, wie dem Kindbett oder der Hochzeit auch das eigene
Haus als Ort des Festes. Gegen Ende des Mittelalters wurden dann auch eigene
Gebäude für Festzwecke errichtet, seien es Festräume in Rathäusern oder auch
Tanz-, Braut- oder Hochzeitsbäuser. Nicht zu vergessen sind gerade in Zusammenhang
mit den Baderitualen rund um die Hochzeit dann auch die Badehäuser.
3
1 Vgl. Christian Rohr, Festkultur des Mittelalters. Graz 2002, 18-19.
2 Ebd. 17-18.
3 Ebd. 23-27.
58
Das Ziel meiner Untersuchung ist es, die Normen, die die Nürnberger
Polizeiordnungen aus dem 1 3 ., 14. und 1 5 . Jahrhundert für die Ausrichtung von
Festlichkeiten innerhalb der Stadt setzen zu untersuchen und mit der aus der
Literatur bekannten Situation in anderen Städten des deutschsprachigen Raumes
zu vergleichen. Ich möchte gleich zu Beginn darauf verweisen, dass in den
Nürnberger Ordnungen des 1 3 . und 14. Jahrhunderts nur auf Feiern zur Hochzeit,
zum Kindbett, und zum Begräbnis eingegangen wird, in der Ordnung aus
dem 1 5 . Jahrhundert gibt es dann noch einen Abschnitt, der sich mit den Karnevalsfeiern
auseinandersetzt.4
Prinzipiell kann man festhalten, dass sich die Obrigkeiten in den Städten
offensichtlich bemüßigt fi.ihlten, den Feiernden Einhalt zu gebieten, dies ist aus
den Einleitungen zu verschiedensten Stadtordnungen herauszulesen. Die Gründe
dafür waren vielfältig.
Sehr wichtig waren fmanzielle Erwägungen. Die Ausgaben fur die
Ausrichttmg der Hochzeit durften eine gewisse Höhe nicht überschreiten, denn
es sollte sich niemand finanziell übernehmen und verschulden, was der städtischen
Wirtschaft insgesamt zum Schaden gereicht hätte. Durch die Kosteneinschränkungen
sollte auch die Anzahl der Eheschließungen gesteigert werden.
Religiöse und moralische Gründe waren ebenfalls wichtig, Sünden wie Eitelkeit,
Genusssucht, Koketterie, Müßiggang durften nicht überhand nehmen. Diese
Gründe werden auch in der Einleitl.mg zur „Hochzeitsordnung flir die Stadt und
Vorstadt“ aus dem 1 5 . Jahrhundett genannt. 5
Neithard Bulst hat einen Überblick über die Festordnungen aus deutschen
Städten erstellt, aus dem ersichtlich wird, dass zwischen 1200 und 1 500 in über
70 deutschen Städten über 500 Hochzeits-, Tauf- und Begräbnisordnungen
verfasst wurden. Davon entfallen ca. 50-60 % auf Hochzeiten, 30-35% auf
Taufen und Kindbettfeiem und 1 0 – 1 5% auf Begräbnisfeierlichkeiten.6
Was sind nun die Bereiche, die man mit den Ordnungen zu regeln
versucht? Zunächst werden Zahl und Qualität der Gäste festgelegt, dann wird
die Dauer der Feierlichkeiten bestimmt, sie darf eine gewisse Anzahl von Tagen
nicht überschreiten. Auch die Art der Bewirtung und die Menge und der maximale
Wert der Speisen werden reglementiert. Der finanzielle Aufwand fur Ge-
4 Joseph Baader, Die Nürnberger Polizeiordnungetl aus dem Xlll bis XV Jahrhundert (=
Bibliothek des Iitterarischen Vereins in Stuttgart LXIII) Sruttgart 1 8 6 1 ; abgekürzt: NPO;
Werner Schultheiß, Satzungsbücher und Satzungen aus dem 14. Jahrhundert (=Quellen zur
Geschichte und Kultur der Stadt Nüroberg 3) Niirnberg 1965, abgekürzt: Satzungen.
5 NPO 51. Neithard Bulst, Feste und Feiern unter Auf1agen. Mittelalterliche Tauf-, Hochzeitsund
Begräbnisordnungen in Deutschland und Frankreich, in: Feste und Feiern im
Mittelalter. Paderborner Symposium des Mediävistenverbandes, hg. von D. Altenburg, J.
Jamut und H.-H. Steinhoff Sigmaringen 1 9 9 1 , 48. Anke Keller, Von verbotenen Feierfreuden.
Hochzeits-, Tauf- und Begräbnisverordnungen im Frankfurt am Main und Augsburg
des 14. und 16. Jahrhunderts. Beideiberg 2012, 88-89; Rohr, Festkultur 20.
6 Bulst, Feste und Feiern unter Auflagen 40.
59
schenke wird eingeschränkt/ und die Ausgaben fur Spielleute, Getränke, Kerzen
etc. werden limitiert. 8
Vergehen gegen die Ordnungen wurden mit Geldstrafen fur Gastgeber
und Gäste bestraft, wobei die Strafen je nach Stadt unterschiedlich aussahen.
Um die Umsetzung der Verordnungen auch kontrollieren zu können, griff man
auf unterschiedliche KontroJlmechanismen zurück: einerseits wurde durch den
meist doch auch öffentlichen Charakter der Feierlichkeiten (sei es beim Kirchgang
oder bei Feiern in Gasthäusern) ein Verstoß relativ leicht ersichtlich,
andererseits ließ man die Veranstalter der Feierlichkeiten schon ab dem 1 3 . Jahrhundert
einen Eid auf Einhaltung der Ordnungen ablegen. Der Bräutigam oder
der Vater musste z.B. in Göttingen am Freitag nach der Hochzeit oder der Taufe
einen Ledigungseid ablegen. Die Ordnungstexte wurden im späten Mittelalter
nicht nur verlesen, sie lagen auch im Rathaus auf, sodass sich die Veranstalter
mit den Regeln vertraut machen und ihren Eid darauf schwören konnten.9 Bei
Nichterscheinen zur Eidleisttmg oder Verstoß gegen die Verordnungen wurde
eine Strafzahlung fällig. Da aber auch Meineide geleistet wurden, kam es immer
wieder auch zur Einsetzw1g von städtischen Kontrolloren, das konnten
Ratsbeauftragte, Kämmerer, Turmwächter oder selbst Ratsherren sein, auch
verdeckte Konu·ollore wurden in manchen Städten eingesetzt. Das Ausmaß der
Strafen ist in den verschiedenen Städten unterschiedlich, man findet auch Hinweise
auf Strafreduktionen und Teilzahlungsmöglichkeiten, allerdings fehlt bisher
eine wirkliche Aufarbeitung der Quellen, was die Strafen gegen Ordnungsverstöße
betrifft.10
Vergleicht man die Regelungen aus verschiedenen Städten so kann man
im Laufe der Jahrhunderte in den meisten Fällen eine Verschärfung der Ordnungsbestimmungen
feststellen.‘ ‚ Allein die Länge der einzelnen Abschnitte
zeigt eine weitaus detailliertere Ausgestaltung der jüngeren Gesetzestexte.
Im Folgenden sollen die Bestimmungen der Nümberger Polizeiordnungen
vom 13. bis zum 1 5 . Jahrhw1dert zu den Festlichkeiten anlässlich von Hochzeiten,
Kindbett und Kindstaufen sowie Begräbnissen wltersucht werden. Die Festordnungen
finden sich in den Nürnberger Polizeiordnungen im Unterkapitel
„Sittenpolizei“ und sind in 2 Abschnitte geteilt: das 13. und 14. Jahrhundert
werden zusammengefasst, 12 das 1 5 . Jahrhundert wird extra behandelt. 13
7 Vgl. Satzungen 236.
8 Bulst, Feste und Feiern unter Auflagen 41 -42; Kelller, Feierfreuden 97-98.
9 Bulst, Feste und Feiern unter Auflagen 44.
10 Ebd. 44-47. 1 1 Vgl. Keller, Feierfreuden 1 0 1 – 1 1 8; Bulst, Feste und Feiern unter Auflagen 43-44. Vgl. auch
die unterschiedlieben Bestimmungen in den NPO.
12 l\TPO 59-69.
13 NPO 69-121.
60
HOCHZEITEN
Wenden wir uns zuerst den Feierlichkeiten rund um die Eheschließung zu. Wie
schon eingangs e1wähnt, nehmen die Bestimmungen zur Hochzeit den meisten
Raum ein, im 1 3 . und 14. Jahrhundert finden sich 2 1 Absätze, die die Hochzeit
regeln sollen, im 1 5 . Jahrhundert sind es 33 Unterpunkte, die sehr ins Detail
gehen. Dazu kommt noch eine Ordnung, die den Besuch einer auswärtigen
Hochzeit untersagt.
Die Ordnungen des 1 3 . und 14. Jahrhunderts enthalten Bestimmw1gen, die
die Geschenke an Braut und Bräutigam regeln, so dürfen beispielsweise keine
Geschenke vor der Hochzeit gemacht werden. Die Schwiegereltem dürfen dem
Schwiegersohn keinen silbernen Gürtel geben und die Braut darf weder Silber
am Gewand tragen noch Feh und andere genannte Verzierungen an der Kleidung
anbringen, tut sie es doch, soll all dieser Schmuck wieder entfemt werden.
Die Braut darf zur Hochzeit nicht mehr als eine Brautjungfer mitnehmen,
hält sie sich nicht daran, muss sie eine Strafzahlung leisten. Gleichzeitig wird
festgelegt, dass Dienstmägde nicht zur Hochzeit zugelassen sind, auch darauf
wird eine Strafe ausgesprochen:
Ez so! auch kain frowe ze hohzeiten mit ir niht mer maide fueren und
haben denne aine maget ane ob si bei ir hat ain erber tohter, deu ir oder
ires wirtes niegin ist. Swie vif si mer megde hat so muoz si ie geben 1 x
haller von der maide. Ez so/ auch dekain diensirnagt ze hohzeiten raien
noch tantzen in der burger raien oder tantz, oder si muoz geben zwene
schillinge. 14
Geregelt ist auch wie die Braut mit Kleidung ausgestattet sein darf/ muss:
Swenne ain frowe oder man ain tohter hin ze manne gibt, der schal man
me nihz geben Ieingewandes denne ain rockefein und ain mursnitz und
hemde swie vil man wi/. 15
Am leichtesten konnten sich Familien durch ein zu hohes Heiratsgut finanziell
übernehmen, daher bestimmten die Stadtväter dass es einen gewissen Anteil an
den Einkünften und dem Ve1mögen nicht übersteigen durfte.16 Auch die Anzahl
und die Qualität der Hochzeitsgäste waren den Familien nicht freigestellt,
welche Familienmitglieder und Freunde jeder der Ehepartner einladen durfte,
bestimmten die Ordnungen. Interessant ist hier, dass die des 13. und 14.
Jahrhunderts sich nur auf die Hochzeit an sich konzentrierten, im Gegensatz
dazu befassten sich die Bestimmungen des 1 5. Jahrhunderts auch intensiv mit
der Verlobung. Als Gäste wurden in Nümberg die Eltern und Schwiegereltem,
Schwiegersohn und Schwiegertochter und Geschwister akzeptie11. Wer andere
Gäste einlud, vor allem auch Knechte, Mägde oder An1men, musste 1 0 lb Haller
Strafe leisten, zusätzlich müssten die Gäste je 1 lb zahlen. Auch die Speisen-
14 NPO 60; Satzungen 182.
15 NPO 60; Satzungen 150.
16 Satzungen 150.
6 1
folge durfte ein gewisses Maß an Üppigkeit und Kostspieligkeit nicht
überschreiten, ebenso wurden die Dauer der Feier und die Anzahl der Spielleute
reglementiert. Es gab auch Regelungen fur den Kirchgang nach dem Vollzug der
Ehe und fur die Badezeremonie. 17
In einer Ergänzung der Polizeiordnungen aus dem Jahr 1 388 wird
festgehalten, dass eine Braut, die vom Land oder einer anderen Stadt nach Nüm
berg einheiratet, 4 Wochen lang noch gekleidet sein darf, wie sie möchte, dann
aber den Vorgaben der Nürnberger Luxusordnungen folgen muss. Außerdem
darf niemand seine Tochter mit einem auswärtigen Mann verheiraten, wenn
dieser nicht eine Bestätigung der Herkunftsstadt über seine eheliche Geburt und
seinen guten Leumund vorlegen kann.18
Die Ordnung aus dem 1 5 . Jahrhundert erklärt einleitend, warum sie erlassen
wurde. Die bisher erlassenen Ordnungen hatten offensichtlich nur fiir die
Bürger gegolten und den „gemainen Mann“ nicht betroffen und da
daraus denn demselben gemainen man durch versawmnus seiner arbeit
mit kirchgengen, costen, zenmgen, erung, schenckungen und ander
darlegunge manigfa/tig seheden und unrat … , geflossen sein, und um
.. so/ichs hinfiiro zu vermeyden unnd zu fürkommen, . . .
wurde die neue Ordnung erstellt und sollte nun fur alle on undterschaid gelten. 19
Es folgt eine Aufstellung der Geschehnisse bei der Verlobung und eine
genaue Festlegung, wer der Braut und dem Bräutigam gratulieren darf und wie
diese Gratulanten bewirtet werden dürfen. Weiters werden Geschenke vor der
Hochzeit untersagt, nur der Ehering ist bis zum Vollzug der Ehe als Geschenk
gestattet.20 Im 1 5 . Jalu·hundert gehen die Verordnungen soweit, dass sie vorgeben,
wie viele Pferde die Tanzlader benützen dürfen, wieviel Geld Braut und
Bräutigam fiir Essen und Trinken ausgeben dürfen.21 Zum Hochzeitskirchgang
dürfen je 12 Männer und 12 Frauen mitgebracht werden, dem Bräutigam und
seinen Begleitern wird es Lmtersagt, am Hochzeitstag vor der Heirat in einer
Wirtschaft zu speisen. Interessantenveise wird die Anzahl der zum Hochzeitsmahl
gelandenen Gäste nicht dezidiert numerisch eingeschränkt, sondern
nur mit den erlaubten Verwandtschaftsbezeichnungen festgelegt. Was allerdings
festgehalten wird, das sind verbotene Speisen: von Rebhühnern über verschiedene
Atten von Geflügel bis hin zu Reh oder Hirsch. Ein Kappaun pro Tisch ist
erlaubt, wenn jemand kein Fleisch isst, dann darf man dieser Person bis zu zwei
Gänge mit Fisch servieren. Auch die Weinsorten werden festgelegt Es wird dem
Brautpaar untersagt, den in die Hochzeit involvierten Menschen (Orgelspieler,
Stadtknechte, etc.) Essen zu schicken. Die Spielleute sollen aus der Stadt sein
17 NPO 60-62. Sazt ungen 150-151; 182-184; 257-260. Vgl. dazu auch Keller, Feierfreuden
57-69; Bulst, Feste und Feiern unter Auflagen 42-43.
18 Satzungen 262.
19 NPO 71.
20NPO 73. 21 NPO 73ff.
62
oder mit dem Bräutigam oder der Braut von auswärts kommen, allerdings wird
im gleichen Absatz erlaubt, auch auswärtige Spielleute einzusetzen.22 Auch im
1 5 . Jahrhundert werden die Geschehnisse nach der Hochzeit, von Nachfeiern bis
zum Bad geregelt.
Eine besondere Regelung gilt den auswärtigen Hochzeiten. Wenn also ein
Bürger oder eine Bürgerin in eine andere Stadt heiratet, dann dürfen nur die
engsten Verwandten eingeladen werden und mit zur Hochzeit kommen. Festgelegt
wird auch, dass die Hochzeitsgesetze der Stadt Nümberg, die die Kleider,
Anzahl der Gäste und Geschenke regeln, dann auch in der fremden Stadt fur die
Nümberger gültig sind?3
KINDBETT UND TAUFE
Die Regelungen des 13. tmd 14. Jahrhunderts zur Tauffeier sind schnell abgehandelt,
es gibt hierzu nämlich nur einen Absatz, der lediglich die Zahl der
Gäste beschränkt:
Es sol auch ze kainer kinttauf!e mer gen denne vier frawen unde die
gevatern, und auch nit mer manne denne vier man und die gevatern. Swer
daz bricht, der gibt funf pfunt und der da mit get, der geit ain pfunt, ez sei
frowe oder man. Ez sol auch zu einer ieclichen kint tauf niht mer frauwen
mit gen dann vier frawen und vier man hintz dem wein, bei der vorgenanten
puezz. 24
Im 15. Jahrhundert erstrecken sich die Bestimmungen dann über sechs weitaus
detailliertere Abschnitte. So wird es untersagt, das Kind in Seidentüchem oder
einem Tuch das mit Seide, Perlen, Gold oder Silber verziert ist, zur Taufe zu
tragen, 25 auch sind nur 1 2 Frauen zur Taufe zugelassen und drei Frauen, die
währenddessen bei der Mutter bleiben?6
Rigoros ist das Verbot der Anwesenheit von Männem bei der Taufe, mit
Ausnahme von Kindsvater und Paten:
Es soll fürbas kain mannssbilde mit ainicher kynndtawf! geen oder dabey
sein, aussgenommen der vater des kynnds, das getawfft wirdet, und der
gefatter desselben kynnds 27
Damit sollten möglicherweise ausufemde Feiem rund um das Kindbett und die
Taufe verhindert werden. Aus diesem Grund wurde auch bestimmt, dass die
Frauen, die mit dem Kind aus der Kirche kamen, nur mit Lebkuchen und bestimmtem
Wein bewiltet werden durften. Keinesfalls wollte der Rat, dass sich
zahlreiche Menschen beteiligten, er furchtete wohl Unruhe in den engen Gassen.
22 NPO 72-84.
23 NPO 86-87.
24 NPO 59; Satzungen 148; 184. Und eine Ergänzung aus dem Jahr 1 3 8 8 Satzungen 259.
25 Lt. Satzungen 265 schon Ende des 14. Jahrhunderts. 26 NPO 69-70. 27 NPO 69-70.
63
Daher durften nur folgende Personen eingeladen werden die Mutter und das
Neugeborene zu besuchen: die Mutter der Wöchnerin, Großmutter, Schwager
und Schwägerin, Geschwister und Paten. Auch für diesen Anlass gibt es wieder
eine Auflistung der zu kredenzenden Speisen, flir ungeladene Gäste sehen die
Regelungen wieder andere Bewirtung vor.
Wie bei den Hochzeiten wird darauf geachtet, dass nicht zu kostbare
Geschenke gemacht werden, ab einem gewissen Wert darf das Geschenk der Paten
nicht mehr akzeptiert werden. Auch die Geschenke, die andere Besucher den
Kynden auf die Wiege legen, werden kontrolliert. Die Dauer des Kindbetts wird
auf zwei Monate beschränkt. 28
BEGRÄBNISSE
Auch daftir sind die Regelungen im 1 3 . und 14. Jahrhundert überschaubar, es
wird festgelegt, wieviel man für die Kerzen ausgeben darf, wie viele Kerzen es
sein dürfen und dass man nur am 7. und am 30. Tag nach dem Tod, sowie am
Jahrestag eine Kerze aufs Grab stellen darf. Festgehalten wird auch, dass
niemand in einer Kirche, es sei Pfarr- oder Klosterkirche, begraben werden darf,
außerdem darf niemand zur Totenklage auf den Gräbern sitzen. 29
Die Verordnung des 1 5 . Jahrhunderts stellt zu Begüm klar, dass die neue
Ordnung erlassen wurde, da es über die Zeit zu immer größeren Feiern und
Ansammlungen von Menschen in den Häusern der Verstorbenen gekommen ist.
Da dies aber die hennde! und geschefte der Besucher einschränkt, sollen diese
Zusammenkünfte in Zukunft nicht mehr in diesem Ausmaß erlaubt sein. Es
sollen also nur mehr folgende Männer in das Haus des Verstorbenen eingelassen
werden: der leibliche Vater, Ehemänner, Großväter, Söhne, Enkel, Brüder,
Schwäger, Schwiegersöhne und die im Haus lebenden Männer, andere Männer
können nur am Tag der Bestattung in die Kirche kommen. Zu den Treffen am
siebenten und dreißigsten Tag nach dem Tod und dem Jahrtag sind nur die
Eltern, Großeltern, Kinder w1d Ehe􀀤atten zugelassen, sonst soll sie niemand
besuchen, noch zur Kirche begleiten. 0
Es soll niemand, der in das Haus des Verstorbenen kommt bewirtet
werden, die Strafe bei Missachtung dieser Regel liegt immerhin bei 1 0 Gulden,
für die eingangs erwähnten Bestimmungen liegt die Pönale nur bei 3 Gulden.
Die Ordnung regelt in den folgenden Abschnitten genau, wie viel fiir ein
Begräbnis ausgegeben werden darf, es dürfen auch nur zwei See1schwestem
beim Leichnam sein, jede der beiden soll fiir Lohn, Essen und Trinken nicht
mehr als 1 2 Pfennig, an den beiden Gedenktagen nicht mehr als 8 Pfennig
erhalten. Außerdem sollen sie nicht mehr zwischen dem Begräbnis und dem 7.
Tag danach am Grab sitzen.
281\TPO 70-71 . Vgl. dazu Kelter, Feierfreuden 71-74 und 126-127.
29 NPO 67-68; Satzungen 158.
30NPO 109-110.
64
Interessant ist auch, dass festgesetzt wird, dass kein Bürger und keine
Bürgerin ein eigenes Leichentuch haben sollen, sondern dass die Pfan-e das
Leichentuch ausgeben soll; diese Leichentücher dürfen auch nur zwischen dem
Begräbnis und dem siebenten Tag ausgebreitet werden und dann noch einmal
am dreißigsten Tag. Weitere Bestinunungen befassen sich mit dem erlaubten
Maximalwert der Leichenschilder und wo diese aufgehän􀀣t werden diilfen, auch
die Größe des Schildes muss vom Rat genehmigt werden. 1
Abschließend soll hier noch festgehalten werden, dass sich die angeführten
Bestirrunungen auf die Stadt Nümberg beziehen, dass diese in anderen
Städten teils ähnlich, teils jedoch auch durchaus unterschiedlich ausfallen. Ein
umfassender Vergleich mit anderen Städten oder eine detaillierte Schildemng
der einzelnen Festabläufe muss hier ausbleiben.
31 NPO 110-114. Vgl. dazu Keller, Feierfreuden 75-i7 und 106.
65
MEDIUM AEVUM
QUOTIDIANUM
67
KREMS 2014
HERAUSGEGEBEN
VON GERHARD JARlTZ
GEDRUCKT MIT UNTERSTÜTZUNG DER KULTURABTEILUNG
DES AMTES DER IEDERÖSTERREICHISCHEN LA DESREGIERUNG
niederOsterreich kultur
Titelgraphik: Stephan J. Tramer
ISSN 1 029-0737
Herausgeber: Medium Aevum Quotidianum. Gesellschaft zur Erforschung der materiellen
Kultur des Mittelalters, Körnermarkt 13, 3500 Krems, Österreich. Für den Inhalt verantwortlich
zeichnen die Autoren, ohne deren ausdrückliche Zustimmung jeglicher Nachdruck, auch
in Auszügen, nicht gestattet ist.- Druck: Grafisches Zentrum an der Technischen Universität
Wien, Wiedner Hauptstraße 8-10, 1040 Wien.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 o o o o o o o o o o o o o o o o o o O o o o o o o o o o o 5
Margit J. Smith, A Vety Portable Boethius: De consolatione philosophice,
MS 84 at the Beinecke Library of Rare Books and Manuscripts
at Yale University . . . . . . . . oo .. o o o o o o o o o o o o o o O O O OOOooo o o oo o O O o o o o o oooooooo o o 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 6
Melitta Weiss Adamson, Lost in Translation? The Arrival
of Byzantine Viniculture in Fifteenth-Century Bavaria 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 26
Ilse Aiglsperger, Kirche und Vergnügen:
Mäßigung des Vergnügens in theologisch-didaktischen Schriften
am Beispiel Bertholds von Regensburg 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 37
Käthe Sonnleitner, Das rechte Maß:
Der Umgang spätmittelalterlicher Städte
mit Vergnügungsstätten am Beispiel Nürnbergs 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 00 0 0 0 0 0 48
Manuela Pezzetto, Gesetzliche Normen für Festlichkeiten
in der mittelalterlichen Stadt am Beispiel Nümbergs o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o 58
Anschriften der Autorinnen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 . . 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 . . 0 0 0 0 0 . . . . 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 . 0 0 0 0 0 0 66
Vorwort
Der vorliegende Band von Medium Aevum Quotidianum beinhaltet zwei
Schwerpunkte. Zum einen vernlittelt er wichtige Forschungsergebnisse zu Alltag
und materieller Kultur des Mittelalters aus dem nordamerikanischen Raum.
Margit J. Snlith lässt uns an ihren Untersuchungen teilhaben, welche sie seit
Jahren zu einer der bedeutensten internationalen Spezialistinnen zum nlittelalterlichen
Beutelbuch haben werden lassen. Melitta Weiss Adamson, eine der anerkanntesten
Vertreterinnen der Forschung zum mittelalterlichen Nahrungswesen,
analysiert komparativ eine bayerische deutschsprachige Handschrift des 15.
Jahrhunderts zu Weinbau und Weinkultur. Dieselbe stellt eine Übersetzung von
Burgundie von Pisa, De vindemiis, aus dem 12. Jahrhundert dar, welch letzteres
Werk auf Teilen der Geoponika, einem byzantinischen landwirtschaftlichen
Handbuch des 10. Jahrhunderts, bemht.
Der zweite Schwerpunkt des Bandes vermittelt die überarbeiteten
deutschsprachigen Versionen dreier Vorträge von Vet1reterümen der Universität
Graz, welche dieselben beim internationalen Medieval Congress 2013 an der
Universität Leeds zum Hauptthema des Kongresses, „Pleasure“, präsentiet1en.
Alle drei Beiträge beschäftigen sich mit der Auseinandersetzung von kirchlichen
bzw. städtischen Autoritäten des süddeutschen Raumes mit Vergnügen und
Festlichkeit und damit auftretenden gesellschaftlichen Problemen.
Gerhard Jaritz
5

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