Zur Frage des Quellenwertes mittelalterlicher Darstellungen.
„Orientalismus“ in der Ungarischen Bilderchronik
ERNÖ MAROSI
Die bildkünstlerischen Darstellungen des Mittelalters als Geschichtsquellen
und in ihrem Zeugniswert für die Archäologie und die historische Realienkunde
müssen vorerst von modernen Bilddokumenten durch die Kenntnisnahme
ihrer Darstellungsabsichten und ihres Kontextes unterschieden werden.
Daher dient ihrer Beurteilung die kunsthistorische Kritik als Grundlage,
die ihrer spezifischen Natur gerecht werden soll. Hierbei sollen unter
anderem ihr Darstellungsmodus, die durch die kunsthistorische Stilkritik
gewonnenen Aufschlüsse über die künstlerische Tradition, aus der sie entstammen,
sowie die auf demselben Weg erreichbaren Kenntnisse über das
Formenrepertoire des Künstlers in Betracht gezogen werden. Diese Problematik
wird im Folgenden anband der um 1360 gemalten Miniaturen
der Ungarischen Bilderchronik (Szechenyi-Nationalbibliothek Budapest,
Cod. lat. 404) exemplifiziert. Wenn wir dabei eine durch orientalisierende
Trachten gekennzeichnete Gruppe aus der Handschrift näher untersuchen,
beschränken wir uns absichtlich auf die Deutung dieses Trachtentyps innerhalb
einer künstlerischen Tradition, ohne die Frage nach der durch zahlreiche
Quellen belegten Existenz einer spezifisch ungarischen Tracht im
14. Jahrhundert bzw. jene nach der Entsprechung zwischen beiden, d. h.
das „Realitätsproblem“ dieser Werke, zu berühren.
* * *
Die Kopfleiste am Frontispiz der Bilderchronik (p. 1 – im Folgenden werden
die Verweise jeweils nach der Paginierung der Faksimileausgabe gegeben)
schmückt ein Repräsentationsbild, das den Herrscher – König Ludwig I.
– inmitten der Stützen seiner Regentschaft darstellt (Abb. 1 ) . Es fällt
vor allem ins Auge, daß die beiden Gruppen rechts und links nach ihrer
Tracht differenziert werden. Rechts vom König stehen auf westliche
Weise geharnischte Ritter mit Schwert und Schild ausgerüstet, deren Haltung
Aufmerksamkeit und Bereitschaft ausdrückt. Diejenigen, welche die
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Gruppe zur Linken des Königs bilden, werden durch eine bunte, kaftanartige
Kleidung und durch haubenförmige, zum Teil aus Pelz bestehende
Kopfbedeckungen gekennzeichnet. Die drei Figuren im Vordergrund tragen
Reflexbogen, Streitkolben und Säbel. Sie blicken den König ebenfalls
mit dem Ausdruck der Ergebenheit an, und die zuvorderst stehende Figur
erhebt ihre Rechte in einem Redegestus. Die beiden Gruppen entsprechen
einander in vollständiger Symmetrie als gleichwertige Elemente der
Darstellung.
Den Ausgangspunkt der Deutung dieser Gruppe bildete bisher stets
eine historische Quellenauslegung aufgrund einer kostümkundlichen, archäologischen
oder waffenkundliehen Identifizierung der Elemente. Dieses
Verfahren wurde damit auf der Annahme der absoluten Authentizität
der Darstellung begründet. Die Stützung dieser Hypothese verursacht erhebliche
chronologische Schwierigkeiten in der Fachliteratur, da sie aus
derselben (und zwar bedeutend jüngeren) Quelle Belege sowohl für die
Tracht orientalischen Charakters der landnehmenden Ungarn und für das
kumanische Kostüm des 13. Jahrhunderts1, als auch für die orientalisierende
Mode und Bewaffnung des 14. Jahrhunderts gewinnen muß. Der
Historismus des 19. Jahrhunderts trieb kostümkundliehe Studien als eine
Garantie für die Beglaubigung der Darstellung in Bildern der Historienmalerei
oder auf der Bühne. In dieser Absicht entstand das Prachtwerk
„Die Geschichte des ungarischen Kostüms“ als eine Arbeit des Malers
Mihaly Nemes mit Erläuterungen des Archäologen Geza Nagy2 • In sei-
1 Vgl. etwa die chronikalische Nachricht über den vom apostolischen Legaten Philipp
von Fermo verhängten Bann gegen Rasur des Bartes, Abschneiden der Haare und
das Tragen der kurnanischen Haube, zitiert bei Zs. Lovag, A magyar viselet a XIXIII.
szazadban [Die ungarische Tracht im 1 1 .-13. Jahrhundertj. In: Ars Hungarica 2
(1974) 381-408. – Über die Tracht der Kumanen vgl. A. Pa.I6czi-Horvath, Le costume
coman au Moyen Age. In: Acta Archaeologica XXXII (1980) 403-427; zur Deutung
der Titelvignette ebd. 404 ff.
2 A magyar viseletek törtenete [Geschichte des ungarischen KostümsJ, gezeichnet und
gemalt von M. Nemes, erläutert von G. Nagy. Budapest 1900. – Zur Methode s. G.
Nagy, Vorrede, S. IV: „Die Schwarz-weiß-Tafeln [ … J geben die Originaldenkmäler in
getreuer Kopie samt ihrer Manier und ihren Zeichenfehlern wieder. Die Farbtafeln sind
keine einfachen Kopien, für die Herrn Mihaly Nemes in solchen Fällen allein gewisse zeitgenössische
Denkmäler als Grundlagen zur Angabe der Zeittracht dienten, sondern er
verfuhr frei in der Zeichnung der Figuren sowie in ihrer Anordnung in bestimmten Stellungen.“
Über die Bilderchronik vgl. ebd. 93 ff. – Zusammenfassend über das parallele
75
nem kostümgeschichtlichen Werk wies Janos Szendrei auch auf seine Zusammenarbeit
mit dem Maler Mihaly Munkacsy in der Vorbereitung seines
historischen Gemäldes „Die Landnahme der Ungarn“ hin3 • Die diesen
Arbeiten zugrunde liegenden Thesen entsprechen einer allgemeinen Orientierung
der ungarischen Archäologie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, welche
die östliche Tracht als die wichtigste Quelle des ungarischen Kostüms
der Landnahmezeit betrachtete. Für die Kostümdarstellungen der Bilderchronik
wies man außer persische Miniaturen auch französische Handschriften,
wie diejenigen der Histoire du voyage et conqueste de Jerusalem
oder des Livre des Merveilles, als mögliche Parallelen nach4. Diese Hypothesen
wurden bald von dem für ikonographische Fragen überaus sensiblen
Kunsthistoriker Laszl6 Eber bekräftigt: ‚Wir müssen uns zwar davor
hüten, Darstellungen orientalischer Thematik etwa in französischen Codices
des 13. und 14. Jahrhunderts als völlig beglaubigte Quellen anzuerkennen,
diese Bilder stellen für uns jedoch einen außerordentlichen Wert dar,
da die Nachahmer viel geschöpft haben aus der ungarischen Tracht, die
sie nicht westlich, sondern orientalisch empfanden. Das kommt übrigens
selbst später, im 15. und 16. Jahrhundert, vor, hauptsächlich bei biblischen
Darstellungen, als die Künstler sich nicht mit phantastisch fingierten orientalischen
Trachten begnügt haben. ‚5 Dieser Gedankengang hätte wohl
bereits am Anfang einen geeigneten kritischen Ausgangspunkt zur Bewertung
der Darstellungen geschaffen. Die Forschung der Folgezeit ist jedoch
nicht diesem Weg gefolgt.
Istvan Zichy, der die Miniaturen unter Zuhilfenahme der Erfahrungen
seiner eigenen malerischen Praxis aktualisierend deutete, schrieb über
‚grimmigen Antlitze, da es öfters, ja sogar regelmäßig vorkommt, daß
Anfänger oder zumindest im Porträtieren ungeübte Zeichner die individuellen
Charakterzüge übertreiben, ja sogar wahre Zerrbilder zeichnen’6.
Gemäß dieser seiner Auffassung von Realismus behauptete Zichy, daß die
Vorhandensein sowohl der orientalischen als auch der westlichen Rüstung vgl. A. Kurcz,
Lovagi kultura Magyarorszagon a 13-14. szazadban [Ritterliche Kultur in Ungarn im
13.-14. Jahrhundert] . Budapest 1988, 114 ff.
3 J. Szendrei, A magyar viselet törteneti fejlödese [Entwicklungsgeschichte der ungarischen
Tracht]. Budapest 1905, 6.
4 Ebd. 9 f.
5 Besprechung von Szendrei, op. cit. (Anm. 3). In: Archaeologiai Ertesltö 1905, 430.
6 I. Zichy, A kepes Kronika miniatürjei viselettörteneti szempontbol [Die Miniaturen
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orientalisierenden Trachten und Kopfbedeckungen ‚zur Zeit König Ludwigs
des Großen für eine besonders charakteristische ungarische Tracht gehalten
wurden’7• Die Beobachtungen Zichys wurden bald von Elemer Varju weiter
entwickelt, als er zwischen echter kumanischer Tracht (eigentlicher Kaftan,
spitze Haube ohne Pelz mit aufgeschlagener Krempe) und dem ‚Nachleben
der altungarischen Kleidung aus der Zeit vor dem Tartareneinfall’8 unterschied.
Eine solche Identifizierung führten in der Waffengeschichte Gyula
Laszlo (Streitkolben, Bogen und Pfeile, Säbel als Insignien awarischer und
nomadischer Fürsten)9 bzw. Janos Kalmar10 durch.
Diese Feststellungen dienten verschiedenen Bemerkungen über die
Deutung der Gruppe, die in der Titelvignette den westlich gerüsteten Rittern
gegenübergestellt wurde, als Grundlage. Sie hießen bald ‚gehuldigte
Völker‘ (Antal P6r)11, bald ungarische Ritter einerseits und Krieger kumanischer
Abstammung bzw. Petscherregen und Szekler andererseits, mit der
Bemerkung, daß der Miniator in der altmodischen Tracht ‚vor allem nicht
die Herren, sondern den Pferdeknecht, den Sendboten, den Kundschafter,
den Hirten, den Kameltreiber darstellt‘ (E. Varju, aufgrund der historischen
Szenen)12. Gyula Laszlo entwickelte eine Hypothese, entsprechend
welcher er auf der Basis von Texten des Pseudo-Maurikios und der Geheimgeschichte
der Mongolen, vor allem aber einer Analyse des archäologischen
Befundes awarischer Fürstenbegräbnisse die drei Waffenträger der Gruppe
zur linken Hand als ungarische Herren identifizierte, die ihre Amts- bzw.
der Bilderchronik aus kostümgeschichtlicher Sicht]. In: Petrovics Elek Emlekkönyv
[Festschrift E. Petrovics]. Budapest 1934, 61.
7 Ebd. 67.
8 E. Varju, A magyar viselet a közepkorban [Die ungarische Tracht im Mittelalter]. In:
Magyar Müvelödestörtenet I [Ungarische Kulturgeschichte], hg. von S. Domanovszky.
Budapest o. J. [1935] 343. Vgl. auch G . Nagy, op. cit. (Anm. 2) 24, 101 ff.; A. Pa!ocziHorvath,
op. cit. (Anm. 1) 409 f.
9 Gy. Läszlo, Etudes archeologiques sur l’histoire de Ia societe des avars (Dissertationes
Archaeologicae Musei Nationalis Hungarici, Ser. Nova XXXIV) Budapest 1955, 144 ff.
10 J. Kalmar, Regi magyar fegyverek [Alte ungarische Waffen]. Budapest 1971, 19
ff. (Streitkolben), 62 ff. (Säbel), 133 ff. (Bogen).
11 A. Por, Az Anjouk kora. Az Anjou-häz es örökösei, 1301-1439 [Die Anjouzeit. Die
Anjoudynastie und ihre Erben, 1301-1439]. In: A magyar nemzet törtenete {Geschichte
der ungarischen Nation], hg. von S. Szilagyi. Budapest 1895, Verzeichnis der Abbildungen,
S. 641 f.
1 2 E. Varju, op. cit. (Anm. 8) 346.
77
Würdezeichen oder königliche Insignien vorzeigen13. Die beiden Seiten des
Repräsentationsbildes in der Titelvignette wurden von György Györffy als
zwei Bestandteile der königlichen Leibgarde gedeutet: ‚ … neben Ludwig
dem Großen befinden sich rechts gepanzerte Ritter, links eine verschieden
gekleidete ethnische Gruppe: ein Kurnarre mit spitzer Haube und zu seiner
Seite wohl ein Russe sowie ein Jazyger, in konischen Hüten’14. Alle diese
Hypothesen sind letzten Endes – jeweils nach dem in Fra;ge stehenden historischen
Kontext – auf eine petitio principii gegründet. Ahnlieh erscheint
auch diejenige der Kunsthistorikerin Ilona Berkovits über das ‚Königreich
Ungarn und den Herrscher mit seinen Vasallen‘ als Bildinhalt der Vignette.
Klara Csapodi-Gardonyi registriert alle vorangehenden Annahmen15.
Dem Deutungsversuch der orientalisierenden Trachten muß eine Übersicht
der historischen Illustrationen des Codex vorangeschickt werden. Die
Beobachtungen von Elemer Varju finden dadurch ihre Bestätigung, daß die
kumanische Haube eine wohlbestimmte Schicht kennzeichnet, und zwar in
den Bildern der .9eschichte Königs Laszl6 IV. des Kumanen (p. 128, 129;
siehe Abb. 9). Ahnlieh ist auch das Kostüm der Tartaren (p. 125, 128)
gestaltet. Diese Darstellungen werden durch Reflexbogen und Säbel weiter
charakterisiert. Ihr wichtigstes Attribut bildet ‚eine spitz zulaufende
Pelzhaube mit aufgeschlagener Krempe‘, die auch den vom hl. Stefan besiegten
„Kean“, ducem bulgarorum et sclavorum (p. 41), die vom hl. Ladislaus
geschlagenen Kurnauen (p. 72; siehe Abb. 5 ) , sowie einen historisch
rätselhaften Begleiter König Stefans 111. (p. 121) kennzeichnet. Dieser
Trachtentyp findet sich weder in der Titelvignette noch in den beiden
Ingressus-Darstellungen (der ersten, d. h. der Hunnen, und der zweiten,
d.h. der Magyaren), wohl dagegen in der Introitus diversarum nationum
betitelten Miniatur (Abb. 7) . . Diese Vignette illustriert einen, im wesentlichen
nur eine Aufzählung enthaltenden Text, in dem die unter Fürst Geza
und König Stefan cl. Hl. eintretenden Siedler als Bohemi, Poloni, Greci,
13 Gy. Laszl6, op. cit. (Anm. 9) 145 f.
14 Gy. Györffy, Tanulmanyok a magyar allam eredeteröl [Aufsätze über den Ursprung
des ungarischen Staates]. Budapest 1959, 89.
15 I. Berkovits, A magyar feudalis tarsadalom tükrözödese a Kepes Kr6nikaban [Die
Widerspiegelung der ungarischen Feudalgesellschaft in der Bilderchronik]. In: Szazadok
87 (1953) 90; vgl. K. Cs. Gardonyi, Beschreibung und Erklärung der Bilder. In: Kepes
Kr6nika [Ungarische Bilderchronik], Faksimileausgabe 1964, zuletzt Budapest 21987,
132.
78
lspani, Hismahelite seu Saraceni, Bessi, Armeni, Saxones, Turingi, Misnenses
et Renenses, Cumani, Latini beschrieben werden: Die Deutung
einer Gruppe in der Mitte des Bildfeldes kann als verhältnismäßig gesichert
gelten: im Fall der Reiter, die Frauen in ihren Sätteln mitbringen,
mag es sich um Ismaeliten, Petscheuegen und Kumanen handeln16 . In
demselben Bild, zerstreut in anderen Gruppen, befinden sich diejenigen
allgemein orientalisierenden Trachten, deren Repertoire die rechte Hälfte
der Titelvignette aufweist. Es handelt sich um spitz zulaufende oder abgerundete
konische Pelzhauben, um gerillte und kegelformige Hüte, Säbel,
Reflexbogen (Streitkolben begegnet man allein in der Titelvignette!), um
bunte, kaftanartige Kleider.
Die wichtigsten Stellen des Vorkommens dieser phantastischen Kostüme
sind die Hunnengeschichte (Scythia, p. 4; Jagdszene, p. 5; primus
ingressus, p. 7; Hunnenschlacht, p. 9; secundus ingressus, p. 21), König
Attila (p. 13) und manche Fürsten der Ungarn (V erbulcsu und Örs, p. 26;
siehe Abb. 18). Sie bezeichnen manchmal Elemente des Ungarnheeres (Lel
und Bulcsu, p. 34; Botond, p. 36; Bogenschützen unter den gepanzerten
Kriegern des Königs Samuel Aha, p. 47, 50; weltliche Herren bei der
Krönung des Königs Andreas I., p. 60; die Bogenschützen der Herzöge,
p. 72). Der gerillte Helm mit Ohrenschutz (p. 78) kann einen Byzantiner
andeuten, ein Ruthener wird durch Pelzhaube gekennzeichnet (p. 98),
die Krieger des Wlachenfürsten Basarab (p. 143 und 146) tragen eine
ähnliche Kopfbedeckung und Pelzmantel, während sein langhaariger Gesandter
(p. 144) einen gerillten Helm in seiner Hand trägt. Die Logik
der Darstellungen ist ziemlich klar: Tracht und Bewaffnung orientalischen
Charakters (besonders in den zum Teil schwerbewaffneten, gepanzerten
Heeren des Ungarnkönigs) kennzeichnen die osteuropäische leichte Reiterei
(jedoch nicht in ihrer kumanisch-mongolischen Version). So konnten
sie auch in der Titelvignette, unter den Stützen der Königsmacht, ihre
Aufnahme finden. Die hier Dargestellten mögen schwerbewaffnete Ritter
auf der einen Seite und leichte Ritter auf der anderen vertreten. In
diesem Zusammenhang muß erwähnt werden, daß im Begräbniszug des
Königs Kar! Robert von Ungarn drei Effigies-Ritter in seiner Rüstung und
mit seinen Wappen auftraten. Derjenige, der zum Turnier gerüstet war,
fällt hier außer Betracht, die beiden übrigen aber tragen schwere Rüstung
16 A. Pa!oczi-Horvath, op. cit. (Anm. 1) 410 ff. – Über die Hutformen in der Bilderchronik
vgi. G. Nagy, op. cit. (Anm. 2) 105 ff.
79
( arma bellica) bzw. wahrscheinlich diejenige eines Bogenschützen ( arma
tormentalia) 17.
Zeugnis von diesen leichtbewaffneten ungarischen Reitern geben sowohl
Schriftquellen als auch bildkünstlerische Darstellungen des 14. Jahrhunderts
in Italien. Letztere erfuhren jüngst häufiger ihre kunsthistorische
Bearbeitung, etwa in den kostümgeschichtlichen Studien von Stella
Mary Newton, die der Widerspiegelung der neapolitanisch-ungarischen
Diplomatie- und Kriegsbeziehungen in der Malerei des 14. Jahrhunderts
gewidmet sind18 . Diese Studien gingen von Werken des Sirnone Martini
bzw. von Bildern der Ursulalegende von Treviso aus, die bereits früher
kopiert und von Karoly Pulszky studiert wurden19. Hinsichtlich der orientalisierenden
(„ungarischen“) Elemente der Martinszenen von Sirnone
Martini in Assisi, wie Hüte, Helme und Kostüme, sowie ihrer heraldischen
Farben, wies die Verfasserin außer auf Auswirkungen des Besuchs
des Königs Karl Robert von Ungarn in Neapel im Jahre 1333, auch auf
die Tradition des in Pannonien geborenen Heiligen und auf das vorangehende
Wirken des Stifters, Kardinal Gentile da Montefiore, in Ungarn
hin. Der Auffassung Pulszky’s entgegen, die sich in den Bildausschnitten
der Kopien offenbart, erblickte sie die orientalisierenden Züge in den
17 Die Adjektivform läßt sich nicht nachweisen, vgl. die Deutung Tormentum murale
= Petrariae $pecie$, quatiendü urbium ac ca3trorum moenibu3, idem quod Bombarda,
d. h. Schleudergerät, in: Du Cange, Glossarium mediae et infimae latinitatis VIII ( 1887)
Sp. 127; vgl. dagegen A. Bartal, Glossarium mediae et infimae latinitatis Regni Hungariae.
Leipzig-Budapest 1901, 667 f.: tormentalis, tormentum wie oben, aber tornamentalü,
torneamentalis = ad tornamenturn pertinens, wobei die Leseart cum armis
tornamentalibus für dieselbe Belegstelle aus dem Chronicon Dubnicen$e 147, 132 vorgeschlagen
wird. Zu dieser nicht einwandfrei gedeuteten Textstelle vgl. J. Horvath,
Közepkori irodalmunk szekesfehervari vonatkozasai [Die auf Szekesfehervar bezogenen
Stellen in der mittelalterlichen Literatur Ungarns]. In: Szekesfehervar evszazadai 2,
hg. von A. Kralovanszky. Szekesfehervar 1972, 133, Anm. 15.
18 S. M. Newton, Tommaso da Modena, Sirnone Martini, Hungarians and St. Martin in
Fourteenth-Century Italy. In: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes XLIII
(1980) 234-248.
19 Die Rolle, die Karoly Pulszky als Besteller der Kopien spielte, findet nur bei Newton
(s. Anm. 18) ihre Erwähnung. Die Kopien sind in der Historischen Bildergalerie
des Ungarischen Nationalmuseums aufbewahrt: Inv. Nr. MTKCs 849, Bischöfe und
Jünglingsfiguren, Ausschnitt aus dem Bilde wie bei R. Pallucchini, La pittura veneziana
del Trecento. Venedig-Rom 1964, Fig. 420; lnv. Nr. MTKCs 850, Jünglingsfiguren und
Pferdeknechte, wie ebd. Fig. 419.
80
Trevisaner Wandbildern des Tommaso da Modena nicht in den Hauptfiguren,
die Ähnlickeiten mit der westlichen Kostümschicht der Bilderchronik
aufweisen, sondern in der Tracht der Reiter und der Begleitfiguren.
Die Fresken von Assisi und Treviso gaben Newton zur Unterscheidung
von zwei Darstellungstypen des ungarischen ( orientalisierenden) Kostüms
Anlaß, deren Stellung sich chronologisch eindeutig bestimmen läßt. Diese
Unterscheidung ist für die ungarische Kunstgeschichte umso wichtiger, als
sie auch auf die ungarische Buchmalerei anwendbar ist. Dementsprechend
läßt sich die in der Bilderchronik auftretende Betrachtungsweise der ethnischen
Tracht der in der ungarischen Geschichte eine Rolle spielenden
Völker als „gelehrt“ kennzeichnen, während der Bilderschmuck des Ungarischen
Anjou-Legendariums mit dem Adjektiv domestic beschrieben werden
kann20. Obwohl uns dieser Komplex allein hinsichtlich der ikonographischen
Erscheinungen interessiert, muß festgestellt werden, daß Newton
auch in der Frage der Lokalisierung der Ausführung der Miniaturen des Legendariums
Stellung nahm, und zwar stillschweigend für ihre Entstehung
in Ungarn.
In den Bildern des Ungarischen Anjou-Legendariums spielt neben zeitlosen
Kostümen eine klassische Panzertracht byzantinischen Ursprungs der
römischen Soldaten durchwegs eine wichtige Rolle, in Szenen der Leidensgeschichte
Christi und der Heiligenlegenden, wo immer das Auftreten von
Soldaten und Rittern nötig war: z. B . an der Figur des hl. Georg: Szene
XXII/4, ähnlich auch an der des hl. Ladislaus: XLIV /4, 7, 8, 9, 12,
13, 15, 162 1 . Dieser vonhersehende Trachtentyp kann kaum aus ungarischer
Tradition abgeleitet werden. Neben realen Stücken der männlichen
und weiblichen Zeittracht erscheinen die Pilgerkostüme, etwa in den Wunderszenen
des Apostels Jakobus d. Ä. (VIII/50-52) oder in der Alexiuslegende
(LIII/2, 3, 5-7), und die Kleidung von Geistlichen ebenfalls als
solche allgemeinen Charakters. Der hohe, konische Hut tritt im Codex
häufig auf, in verschiedenen Rollen, als Attribut von Schriftgelehrten und
Pharisäern (I/15, 16), des Moses und Elias (I/20) oder der Hohepriesters
(1/27). Außer dieser Rolle bildet die andere Grundschicht seiner Anwendung
diejenige zur Kennzeichnung heidnischer, meist orientalischer Weiser
oder Magier, etwa in den Legendenszenen der hll. Johannes (VII/9-11 , 16),
20 S. M. Newton, op. cit. (Anm. 18) 235.
21 Zitiert nach der Faksimileausgabe: Magyar Anjou Legendarium, hg. von F. Levardy.
Budapest 1975.
81
Jakobus d. Ä . [VIII/4, 5, 47 (siehe Abb. 2)] , Matthäus (der Schauplatz ist
Äthiopien: IX/1-4), Judas Thaddäus (Mesopotamien: Xl/1. Es ist dabei
sehr aufschlußreich, in der Legende des Sirnon Judas Thaddäus die Charakterisierung
der Ägypter und der Perser zu vergleichen) oder Sylvester
(XXXV /2, 4, 5). Dieses ziemlich folgerichtige Verfahren muß hinsichtlich
des Auftretens einer Hutform ähnlichen Typs (zum Teil federgeschmückt,
wohl zum Kennzeichnen ungarischer Herren?) in den Szenen der Laclislauslegende
in Betracht gezogen werden. Dort finden sich die perlengeschmückte
Haube des Kurnauen mit aufgeschlitzter und aufgeschlagener
Krempe, sein Antlitz mongolischen Typs mit großem Schnurrbart, sein
Säbel und sein Streitkolben völlig vereinzelt (XLIV /2, 3) und lassen sich
ohne ungarische Vorlagen kaum vorstellen. Dieser Hut bildet im Attributenrepertoire
des Codex ebenso eine Ausnahme wie der phantastische
Turban des ägyptischen Fürsten in zwei Szenen der Legende des hl. Antonius
des Einsiedlers (XLVI/5, 6). Im Vergleich mit der Ikonographie der
Ungarischen Bilderchronik läßt sich also allein eine einzige Verwandtschaft
feststellen, und zwar hinichtlich des Typs des Kumanenhutes, während andere
Attribute eine völlig verschiedene, einer Figurenkategorie des Legendarium
durchaus logisch augepaßte Funktion haben22 .
Eine Vorlage ungarischen Ursprungs für die Ladislaus-Darstellungen
im Legendarium wird allgemein angenommen, wobei man häufig auf ihre
Verwandtschaft mit Szenen der Ladislausdarstellungen in der ungarischen
Wandmalerei (siehe Abb. 10) erinnert. Diese angenommene Vorlage des
Legendariums wird jedoch ziemlich vereinzelt dagestanden haben, da si-
22 Beispiele der Kostümtypen des Legendarium in den Bologneser Buchmalerwerkstätten:
E. Erbach von Fürstenau, La miniatura bolognese del Trecento. In: L’Arte XIV
(1911) 8, Fig. 4 (Martyrium des hl. Stefan im Dekretalienkodex von St. Florian),
G. dalli Regoli, La miniatura. In: Storia dell’arte italiana 9. Turin 1980, 144. Die
orientalisierenden Züge in der Nekcsei-Bibel werden verzeichnet von C. Gnudi, La Biblia
di Demeter Nekcsei-Lip6cz, il „Leggendario“ Angioino e i rapporti fra Ia miniatura
bolognese e !’arte d’oriente. In: Evolution generate et developpements regionaux en
histoire de l’art. Actes du XXII• Congres International d’Histoire de l’Art, Budapest
1969. Budapest 1972, I, 574 ff. – Die Gegensätze hinsichtlich der Lokalisierung der
Tätigkeit dieser Werkstatt wurde zuletzt ausgedrückt in der Meinungsverschiedenheit
der Verfasser der Aufsätze über die Nekcsei-Bibel, im Beiheft der Faksimileausgabe,
Budapest 1988: F. Levardy, A Biblia miniatorai [Die Miniatoren der Bibel], S. 31,
bzw. T. Wehli, A kepek es inicialek [Die Bilder und die Initialien], S. 17 ff. und besonders
s. 29.
82
eher früh datierbare Darstellungen des Kurnauen in der Wandmalerei noch
keineswegs von einer Folgerichtigkeit zeugen, die später dem Darstellungstypus
in der Bilderchronik entsprechend zu beobachten ist23 . An den
Wandmalereien in Kakaslomnic (Velka Lomnica) ist seine Kopfbedeckung
ein phantastischer, mit Schwingen geschmückter Hut oder Helm, in Ocsa
mag es sich wohl um eine ähnliche Form gehandelt haben, während in Gelence
(Ghelinta) sein Attribut eine eiserne Beckenhaube mit einer Spitze
ist. Seine wichtigste Waffe ist dabei überall ein Säbel. Die spitze Haube
mit aufgeschlitzter und aufgeschlagener Krempe erscheint in der Wandmalerei
als obligates Attribut des Kumanen wohl erst seit der Spätzeit des
14. Jahrhunderts. Die Herausbildung dieser Darstellungsweise ist dementsprechend
wohl im 14. Jahrhundert vor sich gegangen. Sie ist wohl nicht
weniger eine „gelehrte“ Erfindung gewesen als die folgerichtige Darstellung
anderer Attribute im Legendarium. Parallelen zu diesem Prozeß der Charakterisierung
von Orientalen lassen sich in Mitteleuropa vereinzelt nachweisen,
etwa sogar bei einem der Nachtragsmaler der Mauesse-Handschrift (Kristan von Luppin, ein Thüring – siehe Abb. 11) oder in der Tradition
der Illustrierung der Hedwigslegende (ihre Verwandtschaft bzw. Tartaren
in der Szene der Schlacht von Liegnitz)24•
Eine wissenschaftliche Bearbeitung des „gelehrten“ Orientalisierens
nahm gegen die Jahrhundertwende ihren Anfang, zur seihen Zeit also,
als auch die Bemerkungen der ungarischen Forscher Szendrei und Eber
entstanden. Zumal sie nicht fortgesetzt wurden, hat die ungarische Forschung
der Bilderchronik an diesem Punkt eine wichtige Spur verlassen.
In der Analyse des mittelalterlichen „Orientalismus“ spielte Charles Diehl
eine ausschlaggebende Rolle, der etwa die Nubier und die Mongolen bei
Giotto auf den Sklavenhandel, auf Orientreisen und auf den Austausch
von Gesandten zurückführte. Er schrieb erneute Impulse dem Auftritt der
griechischen Gesandtschaft am Konzil von Florenz im Jahre 1438 zu, sowie
den venezianisch-türkischen Beziehungen, insbesondere der Tätigkeit des
23 Ihre Übersicht – mit abweichenden chronologischen Schlüssen – bei A . Pal6cziHorvath,
op. cit. (Anm. 1) 416 ff.
24 Codex Manesse. Die Miniaturen der Großen Heidelberger Liederhandschrift, hg.
und erläutert von Ingo F. Walther unter Mitarbeit von G. Siebert. Frankfurt/Main
1988, Tafel 73; Z. Drobna, Die gotische Zeichnung in Böhmen. Prag 1956, Anm. 38, 40.
83
Gentile Bellini am Hofe Mohammeds II.25• Diehl ging von der Behauptung
aus, daß die orientalische couleur locale exacte et vrai in der italienischen
Malerei genau wiedergegeben wurde. Goetz, der weitere Beispiele für das
italienische Interesse für orientalische Typen sammelte, nahm eine Intensivierung
des oberflächlichen, auf das Kostüm gerichteten Interesses um
1438 an, wobei er eine wesentliche Rolle des Kennenlernens weiterer orientalischer
Menschentypen und Trachten den iranischen, kasarischen, tartarischen
und südrussischen Elementen im Gefolge und unter den Söldnern
des Paläologenhofs zuschrieb. Eine weitere Wandlung nahm er 1453, um
den Fall Konstantinopels, an, als sich die Gelegenheit unmittelbarer Studien
eröffnete. Daneben rechnete er mit einem Nachleben orientalisierender
Tendenzen konventionellen Typs bis tief in das 17. Jahrhundert, bis
Rembrandt. In diesem Prozeß schrieb er der allmählich stärkeren Vorherrschaft
der türkischen Tracht seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
eine entscheidende Rolle zu26. Das Schrifttum über die Erscheinungen
des „Orientalismus“ ist seitdem fast unübersichtlich umfangreich geworden
und nimmt ständig zu: als jüngstes Beispiel mag etwa der Kongreßbeitrag
von Hidemichi Tanaka über die mongolischen Inschriften an Kleidersäumen
der Figuren Giottos in der Paduaner Scrovegni-Kapelle erwähnt werden,
die er auf Reiseerlebnisse des Marco Polo zurückführte27•
Mit einer extensiven Vermehrung und bedenkenlosen Überbewertung
der Beispiele des „Orientalismus“ rechnete jedoch Leonardo Olschki bereits
1944 ab. Er nahm im Hintergrund der ethnischen Individualisierung
bei Giotto und im asiatischen Exotismus des 14. Jahrhunderts Forderungen
der historischen Treue an, während er auf der anderen Seite betonte,
daß die an Heuchelei grenzende Phantastik von physiognomischen Studien
und Kostümstudien ethnographischen Charakters selbst die Reisebeschreibungen
beherrschte. In diesem allumfassenden Exotismus kam den importieren
Kostbarkeiten des orientalischen Luxus (etwa im Kreis des selbst
25 Ch. Diehl, La peinture orientaliste en Italie au temps de Ia Renaissance. In: Revue
de !’Art ancien et moderne XIX (1906) 5-16, 143-156.
26 H. Goetz, Oriental Types and Scenes in Renaissance and Baroque Painting. In: The
Burlington Magazine LXXIII (1938) 50-62, 105-1 15. – Über orientalisierende Elemente
der byzantinischen Tracht, insbesondere über das Skaramangion vgl. N. P. Kondakov,
Les costumes orientaux a la cour byzantine. In: Byzantion I (1924) 7-49.
27 H. Tanaka, The Mongolian script in Giotto’s paintings at the Scrovegni Chapel at
Padua. In: XXV. Internationaler Kongress für Kunstgeschichte, Wien 1983, Bd. 6:
Europäische Kunst um 1300. Wien 1986, 167-172.
84
in seinem Namen den Großkhan der Tartaren nachahmenden Cangrande
della Scala) und den Orientalen, die durch den Sklavenhandel in die italienischen
Städte kamen, eine weit größere Rolle zu als den prachtvollen Gesandtschaften,
die durch den fureur asiatique eine kritiklose Überschätzung
erfuhren28.
Das Orientalisieren, das etwa bei Giotto (Franziskuslegende, Feuerprobe),
Ambrogio Lorenzetti (Martyrium von Ceuta) oder Andrea da Firenze
(Ecclesia militans, Cappella degli Spagnuoli)29 im Zeichen der historischen
Wahrscheinlichkeit seinen Anfang nahm, fand in der französischen
höfischen Buchmalerei des 14. Jahrhunderts seine Fortsetzung, wo die
orientalisierenden Trachten im gleichen ikonographischen Kreis ihre Verwendung
als Unterscheidungsmerkmale finden wie im Ungarischen AnjouLegendarium.
Die Anlässe der Darstellungen bilden Propheten, Juden
und Römer (am Parament von Narbonne trägt der Hauptmann sogar einen
Zopf! – siehe Abb. 12)30 • Diese Tendenz erreichte ihren Gipfelpunkt
in der Hofkunst des frühen 15. Jahrhunderts, etwa in den Bibelillustrationen
aus dem Kreis des Boucicotmeisters, in den Reiseszenen der Merveilles
du monde (siehe Abb. 14 und 15), an den Karthagern der Titus-Liviuslliustrationen
(siehe Abb. 16)31. Im Fall der Herzogs Johann ohne Furcht
lassen sich das historische und exotische Interesse, die sich in den Merveil-
28 L. Olschki, Asiatic Exoticism in Italian Art of the Early Renaissance. In: The Art
Bulletin 26 (1944) 95-106; vgl. G. Sangiorgi, Le stoffe e Je vestiti tombali di Cangrande
della Scala. In: Bollettino d’Arte I (1922) 443-457 und Fig. 16, mit der Rekonstruktion
der Tracht.
29 N. von Holst, Zur Ikonographie des Pfingstbildes in der Spanischen Kapelle. In:
Mitteilungen des kunsthistorischen Instituts in Florenz 16 (1972) 261-268; J. Gardner,
Andrea di Bonaiuto and the Chapterhouse Frescoes in Santa Maria Novella. In: Art
History 2, 2 (1979) 107-138. Der türkische Turban spielt wohl als Attribut in den
Darstellungen Mohammeds in der Hölle eine Rolle: vgl. J. Polzer, Aristotle, Mohammed
and Niellolas V. in Hell. In: Art Bulletin XLVI (1964) 463 tr.
30 M. Meiss, French Painting in the Time of Jean de Berry. The Late Fourteenth
Century and the Patronage of the Duke. London-New York 1967, Tafelband 1 .
31 Meiss, op. cit., The Boucicot Master. 1968, 80 f., 1 1 5 f., 116-122. – Über die
Tendenz der Illustrationen orientalischer Reisen, den Text der Reisebeschreibungen im
Sinne konventioneller Vorstellungen zu berichtigen, vgl. R. Wittkower, Marco Polo und
die Bildtradition der „Wunder des Ostens“ (Originalausgabe: Oriente Poliano. Rom
1957). In: ders., Allegorie und Wandel der Symbole in Antike und Renaissance. Köln
1977, 151-179.
85
/es offenbaren, sogar auf persönliche Beweggründe, auf seine Teilnahme an
der Schlacht von Nikopolis, zurückführen32. Dieses Milieu, dessen imperiale
Symbolik nach der Vision des Philippe de Mezieres (Sange du vieil
pelerin, 1 389) in der utopistischen Vorstellung des in Jerusalem residierenden
französischen Königs gipfelt, eröffnete einen großen Spielraum ‚der
Entwicklung solcher intellektuell versierter Maler, wie der Gehrüder Limburg‘
33. Die kaiserliche Ikonographie der Tres riches heures entspricht
dem Gedanken der translatio imperii, in dem die Aktualisierung der Aracoelilegende,
die Darstellung der Heiligen Drei Könige als morgenländische
Könige und als zeitgenössische Fürsten zugleich wurzelt (siehe Abb. 17).
Diese Deutungsweise wirkte in der orientalisierenden Historisierung der
mittelalterlichen Malerei weiter und hat auch die lombardische Hofkunst
geprägt34. Sie beeinflußte auch die böhmische Malerei des 15. Jahrhunderts
(z. B. tschechisches Altes Testament, Prag, Universitätsbibliothek
XVI. A 34 )35 und hat eine Rolle in der Ikonographie Sigismunds, etwa in
der Darstellungstradition des Konzils von Konstanz, gespielt36.
Ein spezifischer Aspekt der Ikonologie der historisierenden Trachtdarstellungen,
ihre Bedeutung für die Geschichte des Theaters, wurde ebenfalls
von Stella Mary Newton bearbeitet, wobei die ioculatores-Gruppe exotischen,
zum Teil türkischen Charakters der Terence des ducs-Handschrift
die Auffassung im Umkreis des Herzogs von Berry wohl kennzeichnen
32 Meiss, op. cit. 1968, 43; vgl. G. Pochat, Figur und Landschaft. Eine historische
Interpretation der Landschaftsmalerei von der Antike bis zur Renaissance. Ber!in-New
York 1973, 219 f.
33 M. Bath, Imperial renovatio symbolism in the Tres riches heures. In: Simiolus 1 7
(1987) 5 ff., hier 21.
34 Beispiele bei A. Cadei, Studi di miniatura lombarda. Giovannino de Grassi, Belbello
da Pavia. Rom 1984, Fig. 39, 40, 41, 57.
35 Drobna, op. cit. (Anm. 24) Tafel 125.
36 Orientalisierende Trachten im Gefolge König Sigismunds z. 8. in der Darstellung der
Prozession mit der goldenen Rose, in: Ulrich von Richental, Das Konzil von Konstanz,
Faksimileausgabe. Konstanz-Starnberg 1964, fol. 38v-39r; vgl. auch die Bilder aus der
Aulendorier-Handschrift in: Ulrich von Richental, Chronik des Konzils zu Konstanz,
hg. von 0. H. Brandt. Leipzig 1913, 73-74, bzw. die Trachten in der Belehnungsszene
der Ungarn, ebd. 101. – Zu orientalisierenden Elementen der Ikonographie Sigismunds
vgl. vor allem: E. R. Knauer, Kaiser Sigismund. Eine ikonographische Nachlese. In:
Festschrift für Otto von Simson. Frankfurt/Main 1977, 176 ff.
86
mag37. Die orientalisierende Tracht altmodischen Charakters des Eunuchs
sollte in den Zuschauern den Eindruck der Altertümlichkeit – d. h. des
historischen Charakters – erwecken.
Diese, in einem allgemeinen Sinne orientalisierende Tracht wurde seit
dem späten 15. Jahrhundert – besonders bei höfischen Feierlichkeiten –
durch Nationaltrachten abgelöst. Außer Aufzeichnungen über die Bräuche
an italienischen Fürstenhöfen sind für das ungarische Kostüm besonders
die illustrierten Werke Kaiser Maxirollians I. wichtig38. In der gleichen Zeit
bildete die Verwendung der Tracht der allmählich vordringenden Türken
als historisches Kostüm einen Wendepunkt in der seit dem frühen 15. Jahrhundert
andauernden Tradition der orientalisierenden Tendenzen. Dieser
Wandel läßt sich auch in der Illustrationstradition der ungarischen Chronik
spüren, etwa im Fall des Holzschnittes des Einzugs der sieben ungarischen
Fürsten in der Brünner Ausgabe der Thuroczi-Chronik (Abb. 8),
dessen Komposition offensichtlich von der Miniatur des Primus ingressus
in der Bilderchronik (p. 21, mit veränderten Einzelheiten) entlehnt
wurde, wobei die Tracht der Fürsten und des Volkes in türkischem Sinne
abgewandelt wurde. Diese modernisierte Kompositionsübernahme läßt es
als wahrscheinlich annehmen, daß der Redaktion des Bilderschmucks der
gedruckten Ausgabe die Bilderchronik selbst oder eine ihrer illustrierten
Kopien als Vorlage gedient haben mag39• Dieses türkische Orientalisieren
wurde von den Schlachtenbildern der Augsburger Ausgabe der Chronik
auch frei nachvollzogen.
Die „orientalisierenden“ Darstellungen in der Bilderchronik gehören
also in den Kreis der Kostümbilder, die einen Kontrast bzw. eine Distanz
der Gegenwart gegenüber andeuten und somit zu den ersten Zeichen des historischen
Bewußtseins in Europa zählen. Wie läßt sich aber diese Behauptung,
die für die historischen Szenen ohne Zweifel zutrifft, mit der Unter-
37 S. M. Newton, Renaissance Theatre Casturne and the Sense of the Historie Past.
London 1975, 30 f., 63 ff., Abb. 5.
38 Newton, op. cit. (Anm. 37) 136 (Hochzeit des Gian Galeazzo Sforza und der Isabella
von Aragonien, Mailand 1489); 175 ff. (die Feste Kaiser Maximilians I.). – Grundlegend
zur Historizität der Kostümdarstellung, der alten Tracht, besonders derjenigen der
internationalen Gotik: L. v. Wilckens, Das „historische“ Kostüm im 16. Jahrhundert.
Spiegel des historischen Begreifens. In: Waffen- und Kostümkunde 3 (1961) 28-46.
39 E. Malyusz, A Thur6czy-kr6nika es forrasai [Die Thur6czi-Chronik und ihre Quellen].
Budapest 1967, 92 f. – Thur6czi über die Türken als Bewahrer skythischer Tracht und
Rüstung: ebd. 121.
87
scheidung der zwei Arten der Stützen des Throns im Repräsentationsbild
der Titelvignette vereinen? Allein die Absicht der Zusammenfassung und
der Stellung unter dieselbe Königsmacht, sowohl der Vornehmen traditionellen
Typs als auch derer, die ein neueres Rittertum vertreten, kann zur
Erklärung herangezogen werden. Diese Absicht mag ein zentrales Element
der im Bilde exemplifizierten weisen Regierung darstellen. Die Vornehmen
in orientalisierender Tracht treten dadurch als traditionsgetreue Nachfolger
ihrer hunnischen und ungarischen Vorfahren aus der Landnahme- und
der Arpadenzeit auf, stolz auf ihre Erbrechte. Die zwei verschiedenen
Gruppen beiderseits des königlichen Throns geben etwa einem ähnlichen
Gedanken Ausdruck wie die heraldische Symbolik der beiden Felder des
Ungarn-Anjou-Allianzwappens.
Es entsteht notwendigerweise die Frage, ob wir einem richtigen Weg
folgen, wenn wir uns immer stärker von der Annahme der konkreten Realitätsbezogenheit
dieser Darstellung entfernen und in unserer Deutung sogar
abstrakten Zügen der heraldischen Zeichensprache annähern. Diese
Hypothese wird allerdings durch die Konformität der Chronikillustrationen
mit zeitgenössischen orientalisierenden Darstellungen im Ausland und
die Rolle der Attribute als Bildzeichen unterstützt. In dieser Hinsicht liefert
eine doppelte Figurenreihe im Codex der Historia destructionis Troiae
von Guido delle Colonne in der Genfer Bibliotheca Bodmeriana eine gleichsam
verblüffende Parallele zum genealogischen Zyklus der Bilderchronik.
Es handelt sich um die griechischen und trojanischen Personen der trojanischen
Geschichte (siehe Abb. 19), wobei im Genfer Codex die Griechen
auf antikisierende Weise und die Trojaner als Asiaten dargestellt werden.
Dux Nestor trägt einen ähnlichen Herzogshut wie die Fürsten und Herzöge
in der Bilderchronik, und die Kronen von Priamus (siehe Abb. 20) und
Menon sind auch ähnlich gestaltet. Die Attribute des Paris sind Reflexbogen
und Pfeil; Protesilaus und Antenor tragen ein kaftanartiges Kleid
und spitze Haube mit aufgeschlagener Krempe; eine ähnliche Tracht kennzeichnet
auch Aeneas40• Trojaner mit ähnlichen „schlafmützenartigen“
Kopfbedeckungen treten auch in den historischen Szenen auf. Andere
Kostümelemente und die Architektur erinnern ebenfalls an den Stil der
Bilderchronik. Hugo Buchthai hat eine Deutung der orientalischen Trachten
geboten, durch welche der Maler die Trojaner im mysteriösen Orient
40 H. Buchthal, Historia Troiana. Studies in the History of Mediaeval Secular Illustration.
London-Leiden 1971, pl. 46-47.
88
lokalisierte41 , und er wies auch darauf hin, daß die Kopfbedeckungen, die
die Trojaner auszeichnen, wohl aus dem Mißverstehen der phrygischen
Mützen einer Vorlage der Spätantike – wahrscheinlich einer illustrierten
Virgil-Handschrift – entstammen 42. Die Ausführung der Miniaturen wurde
– Levi d‘ Ancona folgend – Giustino del fu Gherardino da Forli zugeschrieben
und um 1370 datiert. Ein wichtiges Element in der Beweisfühmng
Buchthals bildete die Annahme eines gemeinsamen Vorbilds, dem sowohl
im Codex der Bodmeriana als auch in der Madrider Guidohandschrift gefolgt
wurde. In der letzteren kam es nachweislich zu einer stilistischen
Erneuerung der Bildtradition unter dem Einfluß der Wiener Genesishandschrift.
Diese letztere, kunstgeschichtlich ungemein wichtige Tatsache, das
Phänomen eines antikisierenden Klassizismus, der seine Parallelen an den
Mosaiken des Battisterio von San Marco in Venedig und in den Bildern der
Pa/a feriale des Paolo Veneziano findet, brachte Buchthai mit der Person
des Dogen Andrea Dandolo in Zusammenhang. Die Bestrebung, ‚künstlich
– auf trügerische Weise – eine in der Tat nie gewesene künstlerische Qualität
schaffen zu wollen’43, führte er auf die Sage der trojanischen Abstammung
der Venezianer zurück. Buchthals oben angeführter Ausdruck
sowie die von ihm vorgeschlagene Unterscheidung zwischen den Codices
in Madrid und in Genf deuten zwei mögliche Wege des Historisierens an,
wobei die Madrider Handschrift gegenüber dem Genfer Codex eher eine
volkstümliche Version darstellen mag. Der Einfluß dieser Version oder ihrer
Vorlage kann bei der Illustrierung der Ungarischen Bilderchronik eine
Rolle gespielt haben.
Die Ursache dieser Zusammenhänge scheint in der Kenntnis der venezianischen
Beziehungen der ungarischen Chronistik auf der Hand zu liegen.
41 Ebd. 34.
42 Ebd. 41.
43 Ebd. 61. – Zu den paduanisch-bolognesischen Beziehungen der venezianischen
Buchmalerei und zum Einfluß des Pseudo-Nicolo vgl. Pallucchini, op. cit. (Anm. 19)
84 f. – Die Fragen des bolognesischen Stilursprungs der Permi3sioni des Andrea
Dandolo (1342, Museo Correr) stehen im Mittelpunkt des Fragenkreises; vgl. T. Velmans,
Deux manuscrits illumines indedits et !es influences reciproques entre Byzance
et l’ltalie. In: Cahiers archeologiques XXXIX (1970) 230 ff. Früher befaßte sich mit
diesen Beziehungen I. Berkovits, A budapesti Egyetemi Könyvtar Dante-kodexe s a
XIII. es XIV. szazadi velencei miniaturafesteszet törtenete [Der Dante-Codex der Budapester
Universitätsbibliothek und die Geschichte der venezianischen Buchmalerei des
13-14. Jahrhunderts] . Budapest 1928, 7 ff.
89
Der Gestaverfasser Sirnon Kezai hat – wohl dank seiner Ausbildung in Padua
– die Geschichte der Gründung Venedigs von Trojanern in die ungarische
chronikalische Tradition eingeführt, während auf der anderen Seite
diejenigen Angaben über die Geschichte der Hunnen, die Paulus Minorita
von Kezai übernahm, durch seine Vermittlung ihren Weg in die Chronik
des Andrea Dandolo fanden44. Das historisierend-orientalisierende Darstellungsschema
für die Trojaner erfolgte aus der Geschichte der Hunnen,
die er herausgearbeitet hat, und führt wiederum ins venezianische Quellengebiet
dieses Textes zurück. Zur Illustrierung der ungarischen Chronik
mag – wohl den Zusammenhängen entsprechend, die durch die Textbeziehungen
bereits vorbereitet waren – eine jüngere, gegen Mitte des 14. Jahrhunderts
illuminierte Handschrift als Vorlage benützt worden sein, welche
wie die gemeinsame Vorlage der beiden Guido-Handschriften ausgesehen
haben kann. lliustrator und Scriptor mögen in dieser Hinsicht auch, wie im
Laufe der Ausgestaltung der Bilderchronik im allgemeinen, eng zusammengearbeitet
haben, da die gelehrte Benützung der Elemente der trojanischen
Geschichte dieselbe historische Tendenz betonte, die der Redaktor durch
einen Versuch der Richtigstellung der in der ungarischen chronikalischen
Tradition überlieferten biblischen Abstammung der Magyaren vertrat45.
Die Aufmerksamkeit für die trojanische Geschichte in der ungarischen Historiographie
des Mittelalters geht bekanntlich bereits auf die Frühzeit des
13. Jahrhunderts, auf die Gesta des Anonymus, zurück, für die der Alexanderroman
als Vorbild gewählt wurde. Auf diese Weise erscheint uns die
44 S. Eckhart, A pann6niai hun törtenet keletkezese [Die Entstehung der Geschichte
der Hunnen in Pannonien]. In: Szazadok LXI-LXII (1927-28) 465-491 , 605-632. –
Über die Annahme der Beziehungen zwischen Andrea Dandolo und dem Chronisten
Johannnes Küküllei: T. Kardos, Közepkori kultura, közepkori költeszet. A magyar
irodalom keletkezese [Mittelalterlidle Kultur, mittelalterlidle Dichtung. Die Entstehung
der ungarischen Literatur]. Budapest 1941, 168; E. Malyusz, Kr6nika-problemak
[Chronik-Probleme]. In: Szazadok 100 (1966) 755. – Die den Thesen von Kardos zugrundeliegenden
Übereinstimmungen werden von A. Kurcz, Anjou-kori törtenetirasunk
kerdesehez [Zur Frage der ungarischen Geschichtsschreibung in der Anjouzeit]. In: Irodalomtörteneti
Közlemenyek LXVIII (1964) 358, 361, auf Topoi zurückgeführt.
45 E. Malyusz, op. cit. (wie Anm. 39) 30 f. – Mit lombardisch-venezianischen stilistischen
Beziehungen rechnete im Schrifttum zur Bilderchronik allein I. Berkovits, A
Kepes Kr6nika es Szent Istvan kiralyt abnizol6 miniatunii [Die Bilderchronik und ihre
den hl. König Stefan darstellenden Miniaturen]. In: Magyar Könyvszemle 1938, Sonderdruck,
13 f.
90
„orientalisierende“ Schicht der Illustrationen der Ungarischen Bilderchronik
als die Selbstdeutung, ja sogar als ein Selbstbildnis einer Nation, die
sich mit den Trojanern als gleichwertig fühlte und sich aus Skythien ableitete.
Die in Frage stehenden Bilder gehören somit einer anderen Realitätsebene
an als die angeblich genauen Wiedergaben der Tracht und der
Rüstung, weshalb ihr Quellenwert auch woanders liegen muß.
91
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L König Ludwig L von Ungarn unter den Vornehmen seines Landes.
Titelvignette der Ungarischen Bilderchronik,
Szechenyi-Nationalbibliothek Budapest, Cod.lat. 404, p. 1
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2. Der auferstandene Pilger erzählt das Wunder des hl. Jakobus.
Ungarisches Anjou-Legendarium, Szene VIII/47,
Biblioteca Apostolica Vaticana, Cod. lat. 8541, fol. 34v
3. Die Kumanenschlacht des hl. Ladislaus.
Wie Abb. 2, Szene XLIV /11, fol. 82r
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Oft lf .lliCCnl Plßlmi Cnnt At pcr pour tnrb arpua an
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···–·-· – ..
4. Der Tod des hl. Ladislaus. 5. Die Kuma.nenscblacht der Herzöge und Ringkampf des hl. Ladislaus.
Wie Abb. 3, Szene XLIV /18, fol. 84r Wie Abb. 1, p. 72
6. Der Sieg des hl. König Stefan über Fürst Ajtony.
Wie Abb. I, pl. 6
7. Einzug verschiedener Völker. Wie Abb. 1 , p. 32
95
8. Die sieben Fürsten der Ungarn.
Holzschnitt aus J. Thur6czi, Chronika Hungarorum, Brünn 1486
9. König Ladislaus IV. „der Kumane“. Wie Abb. 1, p. 128
96
10. Ringkampf des hl. Ladislaus mit dem Kumanen.
Ausschnitt aus der Wandmalerei an der Nordwand
der ehemaligen Pfarrkirche Szekelyderzs (Dirjiu), 1417
97
1 1 . Kristan von Luppin, ein Thuring.
Manessische Liederhandschrift, Universitätsbibliothek, Heidelberg
98
12. Detail der Kreuzigung vom Parament von Narbonne. Paris, Louvre
99
13. Das Land der Tartaren. Fleur des histoires,
Paris, Bibliotheque Nationale Ms. fr. 12201, fol. 17v
100
…..
0
…..
14. Fest am Hofe des Großkhans.
Le Livre des merveilles, Paris, Bibliotheque Nationale, Ms. fr. 2810, f. 44
–
0
16. Die Krönung Hannibals. Titus Livius, Histoire romane,
CambridgefMass., Harvard College Library, Richardson 32, II, fol. 263
……
0
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17. Das Treffen der Heiligen Drei Könige.
Tres riches heures, Chantilly, Musee Conde, fol. 51 v
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18. Die Fürsten Verbulcsu und Örs. Wie Abb. 1, p. 26
105
19. Die Fürsten der Trojaner. Guido de Columnis, Historia destructionis Troiae
Genf, Biblioteca Bodmeriana, fol. 26
106
n: \bt ,:’*trr:.cr· 7h.�:..r dbhct
nl&.:f2″tt.nec ut·t��t,.ilntfnot. t-.:tt-.
20. König Priamus und sein Gefolge. Wie Abb. 19, fol. 69v
107
MEDIUM AEVUM QUOTIDIANUM
HERAUSGEGEBEN VON GERHARD JARITZ
22
Alltag und materielle Kultur
im mittelalterlichen Ungarn
HERAUSGEGEBEN VON
A N D RAS K U BINYI
UND
JOZSEF L A SZLOVSZ KY
K REMS 199 1
GEDRUCKT MIT UNTERSTÜTZU!\’G DER KULTURABTEILUNG
DES AMTES DER NIEDERÖSTERREICHISCHEN LANDESREGIERUNG
Umschlagbild: Die sieben Fürsten der Ungarn. Holzschnitt aus J. Thur6czi,
Chronica Hungarorum. Brünn 1486.
Alle Rechte vorbehalten
– ISBN 3-90 1094 02 4
Herausgeber: Medium Acvum Quotidianum. Gesellschaft zur Erforschung der materiellen
Kultur des Mittelalters, Körnermarkt 13, A-3500 Krems, Österreich – Druck:
CopyTU Gcs. m. b. H., Wiedner Hauptstraße 8-10, A-1050 Wien.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
ANDRAS KUBINYI, Über das Alltagsleben im spätmittelalterlichen
Ungarn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
J OZSEF LASZLOVSZKY, Social Stratification and Material
Culture in 10’h-14’h Century Hungary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
IMRE HüLL, Die materielle Kultur im Mittelalter – die ungarische
Mittelalterarchäologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
ERNÖ MAROSI, Zur Frage des Quellenwertes mittelalterlicher
Darstellungen. „Orientalismus“ in der Ungarischen
Bilderchronik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4
KATALIN SZENDE, “ … es sey vil oder wenig, groß oder
kchlain.“ Besonderheiten und Unterschiede in der materiellen
Kultur der Einwohnerschaft der königlichen Freistädte
Preßburg und Ödenburg {1450-1490) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
Adressen der Verfasser 119
Vorwort
Der Lehrstuhl für mittelalterliche und frühneuzeitliche Archäologie an der
Philosophischen Fakultät der Eötvös Lorand-Universität Budapest hat sich
zum Ziel gesetzt, die Erforschung der materiellen Kultur Ungarns im Mittelalter
und in der frühen Neuzeit zu fördern. Da eine große Anzahl von
Sachgütern nur mit Hilfe der Archäologie erforscht werden können, gehört
diese zu den wichtigsten Disziplinen, die sich mit der Untersuchung materieller
Kultur beschäftigen. Im Sinne einer Interdisziplinarität sollen dabei
auch Schriftzeugnisse und Bildquellen berücksichtigt werden.
Finanzielle Unterstützung zur systematischen Durchführung der geplanten
Arbeiten erhalten wir vom ungarischen Wissenschaftlichen Landesforschungsfonds
(OTKA). Diese ermöglicht uns, Tagungen zu organisieren,
Ausgrabungen durchzuführen und das erforschte wissenschaftliche
Material mit Hilfe von EDV zu verarbeiten. Im Sommer 1990 begannen
wir mit der Ausgrabung der mittelalterlichen Dorfwüstung Sap und
der Marktwüstung Tiszavarsany. Daneben vergaben wir Themen zur Erforschung
der materiellen Kultur als Diplomarbeiten und Dissertationen.
Katalin Szende z. B. verglich die Soproner Bürgertestamente mit dem dortigen
Ausgrabungsmaterial, Sandor Petenyi bearbeitete mittelalterliches
Spielzeug und stellte einen Katalog der bei Ausgrabungen gefundenen diesbezüglichen
Objekte zusammen. Bisher wurde eine Tagung veranstaltet,
für Herbst 1991 ist eine weitere zur materiellen Kultur der frühen Neuzeit
geplant.
Dieser Band enthält die Vorträge der am 13. Dezember 1988 in Budapest
abgehaltenen Tagung „Mittelalterliche materielle Kultur in Ungarn“ .
Leider können nicht alle Manuskripte der Vorträge veröffentlicht werden,
da zum Zeitpunkt der Drucklegung des vorliegenden Bandes drei Beiträge
nicht eingelangt waren. Wir bedauern diesen Umstand sehr, da jene Abhandlungen
wichtige Informationen zu unserem Thema sowohl in ethnographischer
als auch archäologischer Hinsicht lieferten. Folgende Vorträge
fehlen: Tarncis Hofer, Die Erforschung der ungarischen mittelalterlichen
7
materiellen Kultur und die Ethnographie. – Istvan Fodor: Unsere materielle
Kultur in der Landnahmezeit. – Laszlo Selme·czi: Das Problem der
materiellen Kultur und des Ethnikums im mittelalterlichen Ungarn.
Ich habe eine Studie meiner Schülerin Katalin Szende hinzugefügt,
die sie an der Internationalen Konferenz zum 500. Todestag des Königs
Matthias Corvinus im Oktober 1990 vorgestellt hat.
Schließlich möchte ich mich bei der Schriftleitung von Medium Aevum
Quotidianum und besonders bei Gerhard Jaritz für die Publikation des
Tagungsbandes bedanken.
Dank gebührt auch meinem Oberassistenten Jozsef Laszlovszky, der
bei der Organisation der Tagung und der Einrichtung der Manuskripte
wichtige Arbeit geleistet hat.
Andras Kubinyi
8